Betreff
Integriertes Klimaschutzkonzept für die Stadt Hilden
Vorlage
WP 09-14 SV 66/153
Aktenzeichen
IV/66.3-Hen
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussvorschlag:

 

1. Der Rat der Stadt Hilden nimmt nach Vorberatung im Ausschuss für Klima- und Umweltschutz das Integrierte Klimaschutzkonzept für die Stadt Hilden zur Kenntnis.

2. Die Verwaltung wird beauftragt zu den Haushaltsplanberatungen eine Prioritätenliste für die Umsetzung von Maßnahmen vorzulegen, in der die jeweiligen Kosten benannt und mögliche Fördermöglichkeiten aufgezeigt werden.


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Veranlassung

 

Der Rat der Stadt  Hilden hat im Oktober 2011 beschlossen, erstmalig ein sogenanntes „Integriertes Kommunales Klimaschutzkonzept“ (IKSK) für das Stadtgebiet Hilden zu erstellen. Hierzu wurde 2012 ein entsprechender Förderantrag gestellt und in der Folge positiv beschieden. Gefördert wurde das Klimaschutzkonzept durch die Bundesrepublik Deutschland, vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

 

 

Die praktische Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und damit die Reduzierung des CO2-Ausstoßes erfolgt vor allem auf der regionalen bzw. kommunalen Ebene. Als bürgernächste staatliche Ebene haben die Kommunen den direkten Kontakt zur Bevölkerung und können eine zentrale Vorbildfunktion einnehmen. Über die Kommunen kann so der Wandel von der fossilen zu einer nachhaltigen Energieversorgungsstruktur eingeleitet werden.

 

Eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung ist sowohl für unsere heutige Gesellschaft als auch für das konfliktfreie Zusammenleben der nächsten Generationen von zentraler Bedeutung. Um sicherzustellen, dass die Energieversorgung in Zukunft mit vertretbarem  Aufwand, geringer Umweltbelastung und für eine wachsende Weltbevölkerung gesichert ist, müssen jetzt wichtige Entscheidungen getroffen sowie Maßnahmen entwickelt und eingeleitet werden.

Auf globaler (z.B. Kyoto-Protokoll) und nationaler Ebene (z.B. das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz) sind hierzu bereits eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt und Maßnahmen eingeleitet worden.

 

Mit der Erarbeitung des Gesamtkonzeptes wurde die Adapton Energiesysteme AG aus Aachen beauftragt. Der Teilbereich Verkehr  wurde vom Büro StadtVerkehr aus Hilden bearbeitet. Die Koordination von Seiten der Stadtverwaltung wurde vom Tiefbau- und Grünflächenamt übernommen.

 

In der Sitzungsvorlage wird eine zusammenfassende Übersicht über das Klimaschutzkonzept gegeben. Detaillierte Angaben sind dem der Sitzungsvorlage beigefügten Abschlussbericht sowie dem  Anhang mit den Maßnahmensteckbriefen zu entnehmen. 11 ausgewählte Maßnahmen wurden dabei für eine Priorisierung vorgeschlagen.

 

 

Ablauf Arbeitsschritte

 

Die Anforderungen an die Erstellung von Klimaschutzkonzepten ergeben sich im Wesentlichen aus der „Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der Klimaschutzinitiative sowie aus dem entsprechenden Merkblatt „Erstellung von Klimaschutzkonzepten“ des Bundesumweltministeriums (BMU).

 

Gemäß diesen Vorgaben wurden auch bei der Erstellung des Klimaschutzkonzeptes für die Stadt Hilden die folgenden Arbeitsschritte durchgeführt:

 

•           Erstellung einer Energie- und CO2-Bilanz

•           Ermittlung der CO2 Minderungspotenziale

•           Durchführung einer Akteursbeteiligung

•           Ausarbeitung eines Maßnahmenkatalogs

•           Entwicklung eines Controlling-Konzepts

•           Erstellung eines Konzepts für die Öffentlichkeitsarbeit

 

 

 

Beteiligungsverfahren

 

Im Unterschied zu früheren Energiekonzepten, die häufig „von Experten für Experten“ geschrieben wurden, werden bei integrierten kommunalen Klimaschutzkonzepten von Anfang an alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen einbezogen, um so an der Entstehung des Konzepts mitzuwirken oder zu „partizipieren“.

Dieser partizipative Ansatz ist ausschlaggebend für die Akzeptanz und die Identifikation mit dem Klimaschutzkonzept bei den regionalen Entscheidungsträgern und der Bevölkerung. Der Prozess wurde daher bereits zu Projektbeginn initiiert und bis zur Präsentation der Ergebnisse fortgeführt. Die wichtigsten partizipativen Elemente waren:

 

•           Einrichtung eines Klimabeirates (Verwaltung, Politik, Umweltverbände, Energieversorger,  Wohnungsbau …etc.)

 

•           Durchführung von insgesamt 3 Workshops

 

-Verkehr und Mobilität

-Ökoprofit in Hilden - ein Beitrag für den Klimaschutz

-Energetische Sanierung im Gebäudebestand

 

•           Bürgerbefragung (Online-Befragung)

 

 

Die im Rahmen des o.g. Beteiligungsverfahrens eingebrachten Erkenntnisse, Ideen und Vorschläge wurden maßgeblich in die Entwicklung der konkreten Maßnahmen eingebracht.

 

 

 

Ergebnisse der CO2-Bilanz für Hilden

 

Nach Durchführung einer umfangreichen Datenerhebung und Datenaufbereitung wurde mit der Bilanzierungssoftware ECORegion der Firma ECOSPEED eine CO2-Bilanz für Hilden erstellt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Aufteilung der CO2-Emission in Hilden für das Jahr 2010 unterteilt nach Verbrauchssektoren.

 

 

Verbrauchssektor

CO2-Emissionen [Tonnen]

Spez. CO2-Emissionen [Tonnen je Einwohner]

Wirtschaft

190.217

3,4

Haushalte

136.869

2,5

Verkehr

162.043

2,9

Kommunale Einrichtungen

4.490

0,1

Gesamt

493.619

8,9

 

                         

                                                                                                           

 

 

Danach fallen in den Sektoren, Wirtschaft, Verkehr und private Haushalte die größten CO2-Emissionen an, während der Anteil der kommunalen Einrichtungen sehr klein ist.

Um eine bessere Einordnung der Hildener Werte vornehmen zu können, wurden diese mit den CO2.Bilanzen sowie den Strukturdaten ausgewählter Städte in NRW (Meerbusch, Würselen) verglichen. Danach lassen sich folgende Aussagen ableiten:

 

 

 

•           Die pro-Kopf-Emissionen im Sektor Wirtschaft in Hilden weisen auf eine - im Vergleich der aufgeführten Städte – ausgeprägte gewerbliche  Wirtschaftsstruktur hin. Diese Aussage lässt sich auch anhand des Anteils der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Arbeitsort) belegen, der in Hilden mit 369 Beschäftigten je 1.000 Einwohner den höchsten Wert aufweist. Insbesondere im Vergleich mit Meerbusch zeigt Hilden somit keine Merkmale einer reinen „Wohnstadt“ auf.

•           Die pro-Kopf-Emissionen der Haushalte sind aufgrund der kompakten Bebauung in Hilden und des - im Vergleich - hohen Anteils an Mehrfamilienhäusern von ca. 30% vergleichsweise gering.

•           Die pro-Kopf-Emissionen im Sektor Verkehr liegen bei allen Städten auf einem ähnlich hohen Niveau. Dies liegt unter anderem an einer vergleichbar hohen PKW Dichte.

•           Die kommunalen Einrichtungen machen in allen Städten nur einen sehr geringen Anteil von 0,1 t pro Kopf an den Gesamtemissionen aus.

 

 

 

 

Einsparpotentiale und Klimaschutzziele

 

Im Weiteren wurde eine Analyse durchgeführt, die die CO2-Minderungspotentiale in Hilden ermitteln soll. Hierbei wurde nach 3 Teilbereichen differenziert.

 

•           Einsparpotentiale zur Senkung des Energiebedarfs

•           KWK-Potentiale zur effizienten Bereitstellung von Strom und Wärme

•           Erneuerbare Potentiale zur Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien

 

Anhand unterschiedlicher Szenarien (Szenario Trend und Szenario Einsparung) wurden das erschließbare Einsparpotential ermittelt und bewertet (siehe hierzu im Einzelnen Kapitel 6 des Abschlussberichtes).

 

Nach Auswertung aller Daten werden im Gutachten für Hilden die nachfolgenden Klimaschutzziele vorgeschlagen:

 

Zeitraum

CO2-Emissionen

Stromverbrauch

Wärmeverbrauch

Kraftstoffverbrauch

Bezugsjahr 2010   

Ist-Emissionen

8,9 t/EW

Ist-Verbrauch: 307.000 MWh

Ist-Verbrauch: 729.000 MWh

Ist-Verbrauch: 542.000 MWh

bis 2020

CO2-Vermeidung: 11% (52.000 t)

Verbleibende Emissionen: 8 t/EW

441.000 t

Einsparung: 6%

Erzeugung durch KWK: 6%

Substitution durch erneuerbare Energien: 7%

Einsparung: 8%

Erzeugung durch KWK: 4%

Substitution durch erneuerbare Energien: 3%

Einsparung: 4%

bis 2030

CO2-Vermeidung: 33% (164.000 t)

Verbleibende Emissionen: 5,9 t/EW

329.000 t

Einsparung: 24%

Erzeugung durch KWK: 15%

Substitution durch erneuerbare Energien: 13%

Einsparung: 26%

Erzeugung durch KWK: 10%

Substitution durch erneuerbare Energien: 7%

Einsparung: 22%

 

                                                                                             

           

             

           

Die vorgeschlagenen Klimaschutzziele lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Reduzierung der CO2-Emissionen um:

 

•           11% bis 2020

•           33% bis 2030

 

Laut Aussage des Gutachtens lassen sich die vorgeschlagenen Klimaschutzziele erreichen durch:

 

•           Einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien

•           Reduzierung des Energieverbrauchs um rund ein Viertel, bspw. durch einen Anstieg der Sanierungsquote und dem Einsatz energieeffizienter elektrischer Geräte.

•           Einen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vor allem im Bereich der Mehrfamilienhäuser und der Wirtschaft.

•           Optimierung der innerstädtischen Angebote als Alternative zum motorisierten Individualverkehr

 

 

 

Maßnahmenkatalog

 

Der Maßnahmenkatalog ist ein Hauptbestandteil des Klimaschutzkonzepts. Er dient dazu, die Handlungsoptionen der Stadt Hilden aufzuzeigen, mit denen sie selbst oder in Kooperation mit Akteuren die Klimaschutzziele erreichen kann. Damit hat der Maßnahmenkatalog grundsätzlichen Empfehlungscharakter. 

 

Insgesamt wurden 31 Maßnahmen aus 6 den Handlungsfeldern

 

Kommunikation und Information (KL)

Verwaltung (SV)

Erneuerbare Energien und Energieversorgung (EE)

Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft (IGL)

Bauen und Wohnen (BW)

Verkehr (V)

 

entwickelt. Die einzelnen Steckbriefe zu den nach Handlungsfeldern aufgelisteten Maßnahmen sind im Anhang zum Abschlussbericht aufgeführt. Es standen Maßnahmen im Vordergrund, die bei überschaubarem finanziellem Aufwand hohe Emissionsminderungen bieten. Ausgewählte Maßnahmen wurden in einer Prioritätenliste zusammengestellt und in einer Sitzung dem Klimabeirat zur Diskussion gestellt. Die Prioritätenliste bildet einen konkreten Handlungsplan zur Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen.

 

Kurz- mittelfristiger Handlungsplan

Maßnahme (Maßnahmennummer gem. IKSK)

•           Klimaschutzmanager (Kl-1)

•           Kommunales Energiemonitoring (SV-2)

•           Bürgerwindpark (EE-1)

•           Austausch von Nachtspeicherheizungen (EE-5)

•           Ökoprofit und Energieberatung für Gewerbe und Industrie (IGL-1)

•           Aufbau Beraternetzwerk und Optimierung Energieberatung (BW-1)

•           „Muster-Sanierung“ eines Wohngebäudes (BW-4)

•           Mobilitätsmanagement (V-1)

•           Verbesserung der Querungsmöglichkeiten Innenstadt (V-3)

•           Verknüpfung von Fahrrad und ÖPNV (B&R Hilden Süd) (V-4)

•           Energietag Hilden (KI-3)

 

 

 

 

Ausblick und weitere Vorgehensweise

 

Aufgrund des geringen Anteils der CO2-Emissionen der kommunalen Liegenschaften kann die Stadt Hilden die Klimaschutzziele nur erreichen, wenn alle Verbraucher in die Umsetzung der Maßnahmen einbezogen werden. Die Handlungsperspektiven für die Stadt sind daher:

 

•           Vorbildfunktion wahrnehmen

•           Informieren

•           Lenken und koordinieren

 

Weiterhin wurde deutlich, dass in Hilden nur ein vergleichsweise geringes Potential zum Ausbau erneuerbarer Energien vorhanden ist. Das Klimaschutzkonzept empfiehlt daher, den Fokus in Zukunft insbesondere auf die nachhaltige Entwicklung der Wärmeversorgung, vor allem durch Erhöhung der Energieeffizienz inkl. der Nahwärmeversorgung sowie der Energieeinsparung, zu legen.

Diese Erkenntnisse wurden bei der Entwicklung des Maßnahmenkatalogs und bei der Priorisierung der Maßnahmen berücksichtigt.

 

 

Bei der Umsetzung der Maßnahmen soll der Klimabeirat auch in Zukunft eine koordinierende und unterstützende Rolle einnehmen. In ihm werden erforderliche Beschlüsse abgestimmt und Empfehlungen ausgesprochen.

 

Für die operative Maßnahmenkoordination und -umsetzung wird die Einstellung eines Klimaschutzmanagers empfohlen. Aufgrund der begrenzten personellen Ressourcen in der Verwaltung können andernfalls viele Maßnahmen nur zum Teil oder gar nicht umgesetzt werden.

 

Zur Finanzierung der Maßnahmen ist es sinnvoll, Fördermittel im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative zu  beantragen (hier sind zum Beispiel der Klimaschutzmanager, aber auch die Umsetzung von Mobilitätsprojekten/ B&R Hilden Süd als förderfähige Maßnahmen zu nennen).

Daneben gilt es, weitere Akteure einzubeziehen und als Sponsoren zu gewinnen - bspw. die Stadtwerke, Finanzinstitute oder Wirtschaftsverbände.

 

Einzelne Maßnahmen wurden bereits während des Aufstellungszeitraumes  des Klimaschutzkonzeptes angestoßen bzw. befinden sich bereits in der Umsetzungsphase (Carsharing-Angebot in Hilden, Teilnahme Ökoprofit,  Energiekonzept Neubebauung ehem. Albert Schweitzer Schule)

 

 

Mit der Erstellung des Klimaschutzkonzepts Hilden wurden die Perspektiven und Chancen deutlich, die im kommunalen Klimaschutz liegen. Klimaschutz ist dann praktikabel und umsetzbar, wenn ökologische und ökonomische Interessen gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Betrachtung der Wertschöpfung hat gezeigt, dass mit der Senkung der CO2 -Emissionen in Hilden bzw. den ausgelösten Investitionen wirtschaftliche Impulse gegeben werden. Somit trägt der Klimaschutz auch zur Wirtschaftsförderung bei.

Das Klimaschutzkonzept schafft hierfür die Grundlage und dient als kommunaler Handlungsleitfaden. Mit dem vorliegenden „Handlungsplan“ kann kurzfristig mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen werden – unter der Voraussetzung der politischen Beschlussfassung und der Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel.

 

 

Wie schon oben erwähnt wurde das Konzept von dem Büro Adapton Energiesysteme AG aus Aachen in Zusammenarbeit mit dem Büro StadtVerkehr aus Hilden bearbeitet. Das Büro Adapton wird in der Sitzung die wesentlichen Teile des Konzepts vortragen.

 

 

 

 

 

 

Thiele