Betreff
Anregung gem. § 24 GO NRW:
Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne ruhend stellen
Vorlage
WP 09-14 SV 61/211
Aktenzeichen
IV/61.1 Groll_STEP
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussvorschlag der Antragsteller :

 

1.    Der Stadtentwicklungsausschuss beschließt,
dass die zum Zeitpunkt dieses Bürgerantrages anhängigen Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne ruhend gestellt werden, bis der in Neuaufstellung befindliche Flächennutzungsplan (FNP) ausführlich mit den Bürgern unserer Stadt diskutiert und rechtskräftig beschlossen ist.

 

2.    Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt den Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses zur Kenntnis.


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Im Juli 2013 wurde der als Anlage 1 beigefügte „Bürgerantrag“ (Anregung und Beschwerde gem. § 24 GO NRW) gestellt.

 

Ziel des Antrages ist es, einen Beschluss herbeizuführen, nach dem „die zum Zeitpunkt dieses Bürgerantrages anhängigen Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne ruhend gestellt werden, bis der in Neuaufstellung befindliche Flächennutzungsplan (FNP) ausführlich mit den Bürgern [der Stadt Hilden] diskutiert und rechtskräftig beschlossen ist“.

 

Im Weiteren wird dieser Antrag begründet (siehe Anlage 1).
Eine breit in der Öffentlichkeit diskutierte Flächennutzungsplanung könne Aussagen darüber erbringen, wie es mit der Stadt Hilden und dem Flächenverbrauch in der Stadt Hilden, mit der „Bebauungsdichte“ und den Standorten für Gemeinbedarfseinrichtungen weitergehen könne.
Erst anschließend könnten alle Bauleitplanverfahren (Bebauungspläne, Flächennutzungsplanänderungen) auf Basis einer gesamtstädtisch abgestimmten Festlegung weiter bearbeitet oder ggfs. eingestellt werden.
Im Endeffekt erhoffen sich die Antragsteller, dass durch die stadtweite Diskussion über den „neuen“ Flächennutzungsplan letztlich viele bisher nicht bebaute Areale unbebaut bleiben. So könne der „grüne Standortvorteil“ Hildens gewahrt bleiben.

 

Es wird aber aus dem Kreis der Antragsteller auch deutlich, dass der unmittelbare Anlass des Antrages in den Aufstellungsverfahren zu den Bebauungsplänen Nr. 151A (An den Linden/Ohligser Weg/Kirschenweg), Nr. 254 (Kunibertstraße/Lindenstraße/Am Lindengarten/ Am Wiedenhof) sowie Nr. 255 (Karnaper Straße/Schürmannstraße/Diesterwegstraße) zu finden ist.

Dazu kommt das Verfahren zur 46. Änderung des Flächennutzungsplanes ebenfalls für den Bereich Kunibertstraße/Lindenstraße/Am Wiedenhof (Gelände der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule).

 

In allen vier Fällen handelt es sich um Bauleitplanverfahren, mit denen der Bau von Wohngebäuden ermöglicht werden soll.

 

Aus Sicht der Verwaltung muss der Antrag abgelehnt werden, da er gleich auf mehreren nicht zutreffenden Annahmen beruht:

 

  • Die „Ruhestellung“ von Bauleitplanverfahren bedeutet nicht, dass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gebaut werden könnte. Vielmehr gelten natürlich alle bestehenden Bebauungspläne und auch das sonstige Baurecht nach § 34 BauGB unbegrenzt weiter.
  • Alle eben genannten Bebauungsplan-Aufstellungsverfahren beruhen auf den aktuellen gesetzlichen Vorgaben und auf konformen Beschlüssen der gewählten kommunalen Gremien; eine Gefährdung von Umwelt- und/oder Lebensqualitäten in Hilden ist damit nicht verbunden.
  • Ein Flächennutzungsplan ist ausschließlich behördenverbindlich, hat jedoch keine unmittelbare Rechtswirkung auf Privatpersonen. Alleine mit einer neuen FNP-Ausweisung lassen sich keine Freiräume/ Grünflächen zurückgewinnen.
  • Es werden in Hilden nicht nur solche Bebauungspläne aufgestellt, die bisher nicht bebaute Brach- oder Freiflächen für eine (Wohn-) Bebauung freigeben. Bebauungspläne werden genauso aufgestellt für den Ausschluss von Vergnügungsstätten, für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben, für die Modernisierung von Innenstadtflächen. Es sei in diesem Zusammenhang auf die Sitzungsvorlage „Bericht über den Stand der Bauleitplanverfahren (Juli 2013)“ in der gleichen Ausschuss-Sitzung verwiesen.

In vielen Fällen würde eine Ruhestellung von Bauleitplanverfahren daher direkt und/oder indirekt einen Schaden für die Stadt Hilden und ihre Bewohner hervorrufen.

  • Die Antragsteller irren, wenn sie meinen, man könne die in einer Stadt leerstehenden Wohnungen ohne weiteres gegenrechnen gegen die Zahl geplanter Neubauten. Tatsächlich entsprechen viele Altbauten (auch Einfamilienhäuser) in vielerlei Hinsicht nicht mehr den aktuellen Marktanforderungen. Als Stichworte seien hier genannt: die steigende Zahl der Ein-Personen-Haushalte erfordert mehr Wohneinheiten, ebenso die steigenden Ansprüche hinsichtlich der Wohnfläche pro Person. Zu beachten ist auch die zunehmende Forderung nach Barrierefreiheit in privaten Wohnungen. Alle drei Aspekte entziehen sich der kommunalen Einfluss-Sphäre, führen aber unweigerlich zu Neubauten.
  • Die Stadt Hilden hat bisher mit viel Erfolg und sehr intensiv das Prinzip des „Flächenrecycling“ angewendet, sowohl für Wohnungsbau als auch für gewerbliche Flächen. Auf diese Weise war es möglich, die beiden großen Freiräume der Stadt, nämlich den Bereich des Hildener Stadtwaldes (östlich der A 3, nördlich und südlich der Elberfelder Straße) und den Bereich An den Gölden (südlich der Itter und westlich der Güterzugtrasse) vor Nutzungsansprüchen zu schützen. Trotzdem konnte die Stadt sich als solche gut entwickeln. Nach keinen städtebaulichen Kriterien kann man in Hilden besonders benachteiligte Quartiere finden, die sich als Folge des Flächenrecycling ergeben hätten. Flächenrecycling reduziert den Siedlungs-Druck auf unbebaute Außenbereiche, ohne dabei die Innenbereiche übermäßig zu belasten. Dies wird auf Bebauungsplan-Ebene immer, etwa durch entsprechende Verkehrs- und Lärmgutachten, nachgewiesen.
  • In der Regel ist es keine Frage der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes, sondern der politischen Entscheidungen, ob freiwerdende städtische Grundstücke (etwa von aufgegebenen Schulstandorten) verkauft werden und für z.B. eine Wohnnutzung zur Verfügung gestellt werden. Diese Entscheidung wird aber regelmäßig im Rahmen der anschließenden Bauleitplanung noch einmal in einer städtebaulichen Abwägung beleuchtet.

 

Insgesamt lassen sich aus fachlicher Sicht keine Gründe erkennen, warum dem Antrag gefolgt werden sollte.

Ein „Planungsstopp“ ist schlechterdings nicht vorstellbar, schon alleine aufgrund der Tatsache, dass sich eine Stadt in einem permanenten Entwicklungsprozess befindet, hervorgerufen durch zahlreiche endogene und exogene Faktoren, die sich nicht mit den Mitteln der Bauleitplanung fassen lassen, auf die aber (u.a.) mit den Mitteln der Bauleitplanung reagiert werden muss. Ein profundes Beispiel hierfür ist die Entwicklung der Schülerzahlen in Verbindung mit einem veränderten Schulwahlverhalten. Ein weiteres Beispiel ist die zunehmende Alterung der Bevölkerung, verbunden mit einer Abkehr von großen Gärten und einer Hinwendung zum „innerstädtischen Wohnen“.

 

Darüber hinaus laufen die Arbeiten zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes bereits seit geraumer Zeit. Insbesondere war es erforderlich, eine größere Anzahl z.T. höchst komplexer Fachgutachten auf gesamtstädtischer Ebene zu koordinieren und zu betreuen. Zuletzt vorgestellt wurde hierzu die „Windpotenzialstudie“ für Hilden. Als nächstes wird das „Störfall-Gutachten“ zu bewerten sein.

Von Seiten der Verwaltung werden alle Ergebnisse dieser stadtweiten Untersuchungen bereits heute in die aktuelle Bauleitplanung einbezogen. Dies beruht auch auf der Erkenntnis, dass gesetzliche und inhaltliche Vorgaben die zukünftigen Spielräume in der Flächennutzungsplanung für Hilden relativ gering halten. Im Vergleich zu dem heute geltenden FNP 1993 werden sich in einer Neubearbeitung aus Sicht der Verwaltung nur wenige Änderungen ergeben.

 

Dies spiegelt sich u.a. wieder in den Anregungen der Stadt Hilden zur Neuaufstellung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk Düsseldorf (siehe hierzu Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 61/146; STEA am 30.05.2012).

Im Segment der Wohnbauflächen werden keine neuen „Reserveflächen“ für Hilden beantragt, im Segment der gewerblich-industriellen Nutzungen lediglich eine Fläche (Freizeitanlage im Bereich zwischen Gerresheimer Straße/ Nordring/ Autobahn A 46), die bereits heute gewerblich und baulich genutzt wird. Auch hier handelt es sich also wieder um einen Fall von „Flächenrecycling“, um eine „Umetikettierung“ einer bereits baulich beanspruchten naturfernen Fläche.

 

Die Verwaltung ist sich sehr wohl über die flächentechnischen Beschränkungen der Stadt Hilden bewusst und berücksichtigt diese bei allen bauleitplanerischen Arbeiten.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, den Bürgerantrag abzulehnen.

 

An dieser Stelle noch ein Hinweis zum Thema Zuständigkeit:

 

In der Hauptsatzung der Stadt Hilden (Stand 07/2012) wird in § 9 der Umgang mit Anregungen und Bedenken geregelt.
Aus § 6 Abs. 4 Stadtentwicklungsausschuss Nr. 9 ergibt sich, dass dem Stadtentwicklungsausschuss die abschließende Entscheidung über alle verfahrenseinleitende und begleitende Beschlüsse im Rahmen der Bauleitplanung mit Ausnahme der Abwägung und des Satzungsbeschlusses übertragen wurde.

Deshalb hat – entgegen der Formulierung der Antragsteller – gemäß § 9 Abs. 3 b) der Stadtentwicklungsausschuss über den Antrag zu entscheiden. Der Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses wird dem Haupt- und Finanzausschuss anschließend mitgeteilt, der die Entscheidung mit einer Empfehlung an den Fachausschuss zurückverweisen könnte.

 

gez.

H. Thiele