Betreff
Erinnerungsveranstaltung zur 75. Wiederkehr der Pogromnacht am 9.1 1.1938, Antrag der Bürgeraktion vom 19.03.2013
Vorlage
WP 09-14 SV 51/245
Aktenzeichen
III/51
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Die Stadt hat zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht mit ,,Wir gegen rechts – Eine Woche für Hilden und gegen das Vergessen‘‘ ein beeindruckendes Zeichen der Erinnerung gesetzt. Die damit praktizierte Kultur gegen das Vergessen gilt es fortzusetzen und weiterzuentwickeln.

 

Vor nunmehr 75 Jahren hat die Judenverfolgung in Hilden ganz besonderes grausam gewütet. Die Menschenfeindlichkeit von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenhass hatten in unserer Stadt in besonderes teuflisches Gesicht. Um auch Jugendlichen die schrecklichen Folgen des damaligen Verfolgungswahns aufzuzeigen und die Gefahren jeglichen radikalen Fanatismus ins Bewusstsein zu rücken, sind vor allem junge Menschen, wie zum Beispiel das Jugendparlament, in Vorbereitung und Durchführung des Veranstaltungswochenendes einzubeziehen.


Antragstext:

 

Antrag zur Ratssitzung am 10.04.2013

Erinnerungsveranstaltung zur 75. Wiederkehr der Pogromnacht am 9.11.1938

 

Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen:

 

Die Stadt Hilden gedenkt mit einem Aktionswochenende unter der Schirmherrschaft des Bürgermeisters der 75. Wiederkehr der Pogromnacht am 9.11.1938 und setzt im November 2013 die im Jahr 2008 mit der Aktionswoche  ,,Wir gegen rechts – Eine Woche für Hilden und gegen das Vergessen‘‘ so beeindruckend entwickelte Erinnerungskultur fort. Das Veranstaltungswochenende soll der Bevölkerung, insbesondere Jugendlichen der Stadt, Möglichkeiten zum demokratischen Engagement und zur Partizipation aufzeigen. Dazu gehören zum Beispiel kulturelle Darbietungen und Ausstellungen, die einen direkten Bezug zur Pogromnacht 1938 haben und eine aktive Auseinandersetzung besonders mit der lokalen Geschichte ermöglichen.

 

Bei der Vorbereitung des Aktionswochenendes sind Schulen, Einrichtungen, Kirchen, Verbände und Organisationen zur Mitarbeit einzuladen, um mit ihren Ideen und Beiträgen auf der Grundlage eines breiten gesellschaftlichen Konsenses ein würdiges Erinnern in der gesamten Stadt zu unterstützen.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Das Amt für Jugend, Schule und Sport hat im Jahre 2008, es jährte sich die Reichspogromnacht zum 70. Mal, eine umfängliche Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Wir gegen rechts – Eine Woche für Hilden und gegen das Vergessen“ organisiert. Ursächlich hierfür war ein von der Bürgeraktion in den Rat am 21.11.2007 eingebrachter Antrag, der überfraktionell Zustimmung fand.

 

Das Konzept der Veranstaltungswoche wurde im Jugendhilfeausschuss im Sommer 2008 (WP 09-04 51/346) ausführlich vorgestellt. Die Durchführung fand vom 03.11. bis 9.11. 2008 statt. Ein Resümee erfolgte ebenfalls im Rahmen einer Sitzungsvorlage (WP 04-09 51/404) im Jugendhilfeausschuss am 12.02.2009. Einen sehr guten Überblick über die Veranstaltungsreihe bietet noch heute die Internetseite www.wir-gegen-rechts-hilden.de.

 

Das Ziel dieser Veranstaltung war es, Hildener Bürgerinnen und Bürger für das Thema zu sensibilisieren, zu informieren und ihnen Raum für eigenes Engagement zu geben. Im Zentrum dieser Veranstaltungen stand die Hildener Jugend. Es war eine Aktionswoche von Hildener Jugendlichen für Hildener Jugendliche. Daher nahm das Hildener Jugendparlament eine besondere Rolle bei Planung und Umsetzung der Maßnahmen ein.

 

In der Summe ergaben diese Grundgedanken der Woche „Wir gegen Rechts“ schließlich 50 Einzelveranstaltungen - unterschiedlichster Art - die Eingang in das Programmheft der Aktionswoche fanden. Vom Konzert bis zum Kino, vom Gespräch bis zum Seminar und von der Lesung bis zur Ausstellung.

 

Zur Umsetzung dieser Maßnahmen wurde eine außerplanmäßige Summe von 20.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Kosten der Aktionswoche beliefen sich schlussendlich auf 26.700 Euro.

 

Auch für das Jahr 2013, in dem sich am 9. November zum fünfundsiebzigsten Mal die entsetzlichen Ereignisse jähren, die unter der Bezeichnung Reichspogromnacht zu einem traurigen Bestandteil der deutschen Geschichte wurden, gibt es Planungen des Jugendparlamentes. Zudem jährt sich in diesem Jahr die Machtergreifung der Nationalsozialisten zum 80. Mal. 

 

Jugendliche des Jugendparlaments haben sich Anfang des Jahres zu einem Arbeitskreis zusammengefunden, der sich mit den Folgen der Machtergreifung vor 80 Jahren beschäftigt. Der Arbeitstitel lautet "Die Folgen der Machtergreifung für Kinder und Jugendliche". 

 

Die Jugendlichen haben sich in vier Arbeitsteams aufgeteilt, die sich jeweils mit unterschiedlichen  Schicksalen von Kindern und Jugendlichen zur Zeit des Nationalsozialismus beschäftigen:

 

  1. Indoktrinierte Kinder und Jugendliche (also die Generation, die in ihrer Jugend keine Chance hatte, etwas anderes als HJ und BDM kennen zu lernen)
  2. Verfolgte Kinder und Jugendliche (in Hilden sind drei Stolpersteine für ermordete Kinder und Jugendliche dieser Gruppe verlegt)
  3. Jugendliche, die als Zwangsarbeiter nach Hilden kamen (erst im Januar 2013 wurden Stolpersteine für zwei 17-jährige Mädchen verlegt, die zur Zwangsarbeit verschleppt wurden, in Hilden eingesetzt und hier ums Leben gekommen sind.)
  4. Kinder und Jugendliche, die als Flüchtlinge aus den Ostgebieten nach Hilden kamen.

 

Das Jugendparlament arbeitet dabei eng mit dem Stadtarchiv Hilden, dem Arbeitskreis Stolpersteine, dem AWO "Treff der Generationen" und bald wahrscheinlich auch mit dem Seniorenzentrum Erikaweg zusammen.

 

Nach den Osterferien wird das Jugendparlament über die Presse nach alten Bildern von Hilden, Briefen aus dieser Zeit, Gegenständen und vor allem Zeitzeugen suchen. Wie sah es früher in Hilden aus, wo sind Kinder und Jugendliche zur Schule gegangen, welche Spiele wurden gespielt, was passierte in der HJ/BDM, welches Schicksal haben die verfolgten / verschleppten Kinder und Jugendlichen erlitten und wie war es, nach einer Flucht in Hilden ein "neues Leben" zu beginnen .Dieser öffentliche Aufruf nach Zeitzeugen und Bildmaterial, wird die Thematik auch in den öffentlichen Raum transportieren.

 

Sich mit Schicksalen von Jugendlichen im selben Alter auseinanderzusetzen; auch in der eigenen Familie zu fragen, was bekannt ist und erlebt wurde, schlägt einen weiten Bogen aus der Vergangenheit in das Leben der Jugendlichen hier und heute. Geschichte und Geschehnisse mit Orten in Verbindung bringen, die die Jugendlichen von heute kennen, macht das "Geschichte lernen" und das "aus der Geschichte lernen" für Jugendliche greifbar, spürbar und nachhaltig.

 

Das ganze Material/die Rechercheergebnisse sollen zu einer Dokumentation/Ausstellung zusammengestellt werden. Derzeit läuft die Anfrage an die Stadtbücherei, ob dort eine Präsentation rund um den 9.11.13 möglich ist. Im Anschluss ist eine Wanderausstellung in den Schulen geplant.

 

Deutlich wird, dass sich das Jugendparlament differenziert und vor allem aus eigenem Antrieb, ohne Hinführung von außen mit der Thematik beschäftigt. Dieser Ansatz wird von Seiten des Amtes für Jugend, Schule und Sport vollumfänglich begrüßt.

Zudem beschäftigt sich das Jugendparlament jährlich mit der Thematik „Nationalsozialismus“ bzw. „Rassismus“. Ganz unabhängig von „runden“ Jahrestagen. Denn nur so ist gewährleistet, dass möglichst viele Jugendliche in die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema kommen.

 

Neben dem Jugendparlament gibt es auch Veranstaltungen seitens des Kulturamtes. Zu nennen ist hier die Fortsetzung der Veranstaltungsfolge zu Texten jüdischer Autorinnen/Autoren, die während der NS-Diktatur verfolgt wurden. Diese literarisch-musikalische Veranstaltung mit Katharina Gun Oehlert und Karola Pasquay widmet sich in diesem Jahr Texten von Else Lasker-Schüler. Des Weiteren wird der Leiter des Stadtarchivs, Herr Dr. Antweiler, eine Stadtführung zur Reichspogromnacht für Jugendliche anbieten.

 

Bekanntermaßen wird die jährliche Gedenkveranstaltung zum 9. November gemeinsam vom Arbeitskreis "Stolpersteine", der Evangelischen Erwachsenenbildung und der Stadt Hilden durchgeführt. Im Hinblick auf die 75. Wiederkehr der Reichspogromnacht wurde Anfang des Jahres Kontakt aufgenommen zum Arbeitskreis „Stolpersteine“. Eine Rückmeldung, aus diesem Anlass einen anderen Ablauf oder eine zusätzliche Veranstaltung zu planen, liegt noch nicht vor.

 

Die Gestaltung weiterer, zusätzlicher Angebote und Projekte unter Beteiligung von Schulen, Kirchen, Verbänden etc. ist dem Fachamt aus mehreren Gründen nicht mehr möglich.

 

  • Es stehen keinerlei Personalressourcen zur Verfügung. Die Umsetzung eines solchen Projektes, insbesondere mit diesem kurzen zeitlichen Vorlauf (in 2008 standen 12 Monate zur Verfügung, aktuell nur 6 Monate) benötigt ausreichend Personalkapazitäten. Die Projekt-Planungen und somit der Personaleinsatz für das laufende Jahr sind jedoch längst abgeschlossen, d.h. die in Frage kommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zeitlich und inhaltlich bereits anderweitig gebunden

Die Planung wurde bereits im November 2012 im Arbeitsprogramm 2013 des Fachamtes dokumentiert und dem Jugendhilfeausschuss zur Kenntnis gebracht.

Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Fachamt, sondern auch für beteiligte Organisationen und weitere Ämter, wie bspw. das Kulturamt. Aber auch für externe Partner wie Künstler, Autoren, etc.

Die Umsetzung wäre nur möglich, wenn zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt werden würde. Hier ist aufgrund von Erfahrungswerten von mindestens 10 Wochenstunden zur Vorbereitung auszugehen. Hinzu käme, je nach Veranstaltungen und Aktionen nochmal ein hoher Personaleinsatz in unmittelbarer Vorbereitung und bei der Durchführung und auch Nachbereitung des Wochenendes. Nach einer überschlägigen Schätzung ist hier mit Mitteln in Höhe von ca. 6000 € zu rechnen.

  • Es stehen keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Veranstaltungswoche in 2008 hatte einen Finanzierungsbedarf von knapp 27.000 €. Wie hoch die Kosten für ein Veranstaltungswochenende wären, kann nicht qualifiziert geschätzt werden, da dies maßgeblich von den Inhalten abhängt. Kosten entstehen jedoch für Flyer, Plakate, Honorare für Referenten, Musiker, Künstler etc. Es muss mit Kosten in Höhe von ca. 7.000-10.000 € gerechnet werden.

 

 

Die bestehenden Planungen seitens des Kulturamtes sowie des Amtes für Jugend, Schule und Sport, insbesondere des Jugendparlamentes, stellen aus Sicht der Verwaltung ein adäquates Gedenken, Erinnern und vor allem auch aktives Auseinandersetzen mit dem dunklen Kapitel deutscher Geschichte dar.

 

 

gez. Horst Thiele

Bürgermeister


Finanzielle Auswirkungen  

 

Finanzielle Auswirkungen (ja/nein)

ja

Produktnummer / -bezeichnung

 

 

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Haushaltsjahr:

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Die Mittel stehen in folgender Höhe zur Verfügung:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Mehrbedarf besteht in folgender Höhe:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Deckung ist gewährleistet durch:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen für den o. a. Zweck Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung:

Bei positiver Beschlussfassung müssen Haushaltsmittel zusätzlich bereitgestellt werden.

 

 

Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Klausgrete