Betreff
Bericht über die UVG-Refinanzierungsquote
Vorlage
WP 09-14 SV 50/081
Aktenzeichen
III/50 - Ort
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.“

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die rechtliche Situation

Das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschuss oder –ausfallleistungen – Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) – wurde zum 1. Januar 1980 als überbrückende familienpolitische Leistung eingeführt, um die Unterhaltsansprüche von Kindern Alleinerziehender zu sichern. Diese bedarfs- und einkommensunabhängige Sozialleistung (§ 68 Nr. 14 SGB I) wurde durch die Ausweitung von Bezugsdauer und –alter regelmäßig fortentwickelt.

 

Derzeit hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss (siehe § 1 UVG), wer

  1. das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
  2. im Bereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt, und
  3. nicht oder nicht regelmäßig

a)    Unterhalt von dem anderen Elternteil oder

b)    wenn dieser oder ein Stiefelternteil verstorben ist, Waisenbezüge erhält (geregelt in § 2 Abs. 1 und 2 UVG).

 

Die maximale Leistungsdauer beträgt 72 Monate (§ 3 UVG).

 

Sofern die öffentlichen Kassen Leistungen nach dem UVG zahlen, geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil in Höhe der öffentlichen Leistungen auf das Land über.

 

Die Aufgabenwahrnehmung nach diesem Bundesgesetz obliegt den Kreisen und kreisfreien Städten, sowie denjenigen kreisangehörigen Gemeinden, bei denen eigene Jugendämter eingerichtet sind. Der Bund und das Land NRW erstatten den Gemeinden 46,667 % der Aufwendungen. Das Kindergeld wird auf die Leistungen nach dem UVG angerechnet.

 

Der Rückgriff auf den Unterhaltsschuldner/die Unterhaltsschuldnerin ist durch § 7 UVG geregelt.

 

Refinanzierungsquote

Die Refinanzierungsquote, die auch als Rückholquote oder Rückgriffsquote bezeichnet wird, wird durch die Gegenüberstellung der Ausgaben und der Einnahmen in dem jeweiligen Kalenderjahr berechnet. Dabei werden die gesamten Ausgaben, also auf der Ausgabenseite die Unterhaltsvorschussleistungen und die Ausfallleistungen, den Rückgriffseinnahmen gegenüber gestellt. Das bedeutet, dass eine 100 %- Refinanzierungsquote ausgeschlossen ist – denn in den Fällen einer Ausfallleistung (der familienferne Elternteil ist verstorben oder unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig) kann kein Rückgriff erfolgen.

In diesem Zusammenhang  soll auf den aktuellen Bericht der Bundesregierung „zur Entwicklung der Einnahmen nach § 8 Abs. 2 UVG“ (GZ: II C 4 FJ 1037/06/0001) hingewiesen werden. Diesen Ausführungen liegt ein Beschluss des Haushaltsausschusses v. 10. November 2011 zugrunde. Hier wird die Bundesregierung gebeten, dem Haushaltsausschuss bis zum 30. Juni 2012 einen Bericht vorzulegen, wobei darzulegen war, welche Gründe für die Stagnation der Einnahmen des Bundes vorliegen, inwiefern eine Erhöhung der Rückholquote erreicht werden kann und welche Maßnahmen hierfür ggfs. erforderlich sind.

Es wird die bundesweite Rückgriffsquote von 2007 bis 2011 aufgeführt und eine Darstellung der Rückgriffsquoten –aufgeschlüsselt nach Bundesländern – für das Jahr 2011.

Hier ist ersichtlich dass die Quoten von 11,1% (Bremen) bis 32,1 % (Bayern) stark schwankend sind. Nordrhein-Westfalen befindet sich mit 18,2 % im Mittelfeld.

Der Bericht gibt auch Auskunft über „vermutete Ursachen für die Höhe der Rückgriffsquote“

Es wird unterschieden nach rechtlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Faktoren. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Faktoren wird ein Zusammenhang zwischen Rückgriffsquote, Erwerbstätigenquote und SGB II-Quote erkannt. Tendenziell korrespondieren die Rückgriffsquoten der  Länder mit den wirtschaftlichen Daten der Länder. Ein Vergleich beispielsweise der Erwerbstätigenquoten bzw. der SGB II-Quoten zwischen den Bundesländern zeigt, dass niedrige Rückgriffsquoten in den Ländern mit niedrigen Erwerbstätigenquoten und/oder hohen SGB II-Quoten zusammen treffen. Umgekehrt ist in den Ländern mit einer verhältnismäßig hohen Rückgriffsquote eine hohe Erwerbstätigenquote und/oder eine niedrige SGB II-Quote feststellbar.

Ein Vergleich für das Jahr 2011 der Bundesländer NRW und Bayern verdeutlicht dies sehr anschaulich:

 

Land

Rückgriffsquote

%

Erwerbstätigenquote

%

SGB II-Quote

%

Bayern

32,1

74,6

4,6

NRW

18,2

67,7

11,4

 

Das Ergebnis zeigt, dass eine Vergleichbarkeit der beiden Bundesländer strukturell nicht möglich ist.

 

Letztendlich beinhaltet der o.a. Bericht Maßnahmen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der für die Unterhaltsleistung nach dem UVG zuständigen Landesministerien zur Verbesserung des Rückgriffs. Hier sei besonders auf den Entwurf des Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetzes hingewiesen, den die Bundesregierung am 20. Dezember 2011 beschlossen hat. Er sieht u.a. Verbesserungen für den Verwaltungsvollzug und insbesondere für den Rückgriff vor. So sollen zur Verbesserung des Rückgriffs die Informations- und Ermittlungsmöglichkeiten der Unterhaltsvorschussstellen erheblich verbessert werden, damit sie schneller und umfassender Informationen über potentielle Unterhaltsschuldner und –schuldnerinnen erhalten können. Nach dem ursprünglichen Zeitplan der Bundesregierung sollte der –zustimmungspflichtige- Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen zum 1. Juli 2012 in Kraft treten. Tatsache ist, dass die Erste Beratung im Bundestag erst am 25. Oktober 2012 erfolgt ist.

 

Die Hildener Situation

In der „Externen Organisationsuntersuchung der Gesamtverwaltung zur langfristigen Konsolidierung des Haushaltes der Stadt Hilden“ von Oktober 2011 hatte die beauftragte Fa. BSL Public Sector Managementberatung GmbH zum Thema Refinanzierungsquote folgende Aussage getätigt (Empfehlung 21):

 

„Bei der Heranziehung nach UVG erreicht die Stadt Hilden mit einer angesetzten Refinanzierungsquote von rund 13 % einen Refinanzierungsbetrag von 75.000 €. Unter Berücksichtigung von kommunalen Erfahrungen bei der Heranziehung wird eine Refinanzierungsquote von 30 % als realistisch angesetzt“.

 

In ihrer Stellungnahme hatte die Verwaltung dargelegt, dass die Forderungen von BSL als unrealistisch anzusehen sind, da zum einen die Steuerungsmöglichkeiten seitens der Stadt sehr gering sind und zum anderen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen. Nicht nachvollziehbar war für die Verwaltung auch, dass BSL bei der Darstellung der höheren Refinanzierungsquote auf Erfahrungen der bayerischen Kommunen verweist. Der o.a. Bericht der Bundesregierung bestätigt die Einschätzungen der Verwaltung umfassend.

 

 

Ausblick

Aufgrund einer sehr guten Ertragslage in 2011 bezogen auf die Konten „Übergeleitete Unterhaltsansprüche gegen bürgerlich-rechtliche Unterhaltsvorschussleistende“ und „Rückzahlung gewährter Hilfen“ fällt das Rechnungsergebnis 2011 gegenüber der geplanten Refinanzierungsquote von 16,38 % mit 32,3 % um fast 100 % höher aus.

 

Inzwischen liegen auch die Rückholquoten für das zweite Halbjahr 2011 für den Regierungsbezirk Düsseldorf vor. Sie lauten wie folgt:

 

Durchschnittliche Quote

19,91 %

Bester Wert

38,64 %

Niedrigster Wert

6,11 %

 

Damit befindet sich Hilden im oberen Bereich. Da auch die Ertragslage 2012 als gut bezeichnet werden kann, sollte die Haushaltsplanung 2013ff eine vorsichtige Anhebung der bisher geplanten Refinanzierungsquote von 20,75 % auf 28,3 % vorsehen.

 

 

gez. Horst Thiele

 


 

Finanzielle Auswirkungen   nein