Beschlussvorschlag:
„Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Die rechtliche Situation
Das
Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und
Väter durch Unterhaltsvorschuss oder –ausfallleistungen –
Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) – wurde zum 1. Januar 1980 als überbrückende
familienpolitische Leistung eingeführt, um die Unterhaltsansprüche von Kindern
Alleinerziehender zu sichern. Diese bedarfs- und einkommensunabhängige
Sozialleistung (§ 68 Nr. 14 SGB I) wurde durch die Ausweitung von Bezugsdauer
und –alter regelmäßig fortentwickelt.
Derzeit
hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss (siehe § 1 UVG), wer
- das zwölfte Lebensjahr noch nicht
vollendet hat,
- im Bereich dieses Gesetzes bei einem
seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von
seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt, und
- nicht oder nicht regelmäßig
a)
Unterhalt von dem anderen Elternteil oder
b)
wenn dieser oder ein Stiefelternteil verstorben ist, Waisenbezüge erhält
(geregelt in § 2 Abs. 1 und 2 UVG).
Die
maximale Leistungsdauer beträgt 72 Monate (§ 3 UVG).
Sofern
die öffentlichen Kassen Leistungen nach dem UVG zahlen, geht der Unterhaltsanspruch
des Kindes gegen den anderen Elternteil in Höhe der öffentlichen Leistungen auf
das Land über.
Die
Aufgabenwahrnehmung nach diesem Bundesgesetz obliegt den Kreisen und kreisfreien
Städten, sowie denjenigen kreisangehörigen Gemeinden, bei denen eigene Jugendämter
eingerichtet sind. Der Bund und das Land NRW erstatten den Gemeinden 46,667 %
der Aufwendungen. Das Kindergeld wird auf die Leistungen nach dem UVG
angerechnet.
Der
Rückgriff auf den Unterhaltsschuldner/die Unterhaltsschuldnerin ist durch § 7
UVG geregelt.
Refinanzierungsquote
Die
Refinanzierungsquote, die auch als Rückholquote oder Rückgriffsquote bezeichnet
wird, wird durch die Gegenüberstellung der Ausgaben und der Einnahmen in dem
jeweiligen Kalenderjahr berechnet. Dabei werden die gesamten Ausgaben, also auf
der Ausgabenseite die Unterhaltsvorschussleistungen und die Ausfallleistungen,
den Rückgriffseinnahmen gegenüber gestellt. Das bedeutet, dass eine 100 %-
Refinanzierungsquote ausgeschlossen ist – denn in den Fällen einer
Ausfallleistung (der familienferne Elternteil ist verstorben oder unterhaltsrechtlich
nicht leistungsfähig) kann kein Rückgriff erfolgen.
In
diesem Zusammenhang soll auf den
aktuellen Bericht der Bundesregierung „zur Entwicklung der Einnahmen nach § 8
Abs. 2 UVG“ (GZ: II C 4 FJ 1037/06/0001) hingewiesen werden. Diesen Ausführungen
liegt ein Beschluss des Haushaltsausschusses v. 10. November 2011 zugrunde.
Hier wird die Bundesregierung gebeten, dem Haushaltsausschuss bis zum 30. Juni
2012 einen Bericht vorzulegen, wobei darzulegen war, welche Gründe für die
Stagnation der Einnahmen des Bundes vorliegen, inwiefern eine Erhöhung der
Rückholquote erreicht werden kann und welche Maßnahmen hierfür ggfs. erforderlich
sind.
Es
wird die bundesweite Rückgriffsquote von 2007 bis 2011 aufgeführt und eine
Darstellung der Rückgriffsquoten –aufgeschlüsselt nach Bundesländern – für das
Jahr 2011.
Hier
ist ersichtlich dass die Quoten von 11,1% (Bremen) bis 32,1 % (Bayern) stark
schwankend sind. Nordrhein-Westfalen befindet sich mit 18,2 % im Mittelfeld.
Der
Bericht gibt auch Auskunft über „vermutete Ursachen für die Höhe der Rückgriffsquote“
Es
wird unterschieden nach rechtlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Faktoren.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Faktoren wird ein Zusammenhang zwischen Rückgriffsquote,
Erwerbstätigenquote und SGB II-Quote erkannt. Tendenziell korrespondieren die
Rückgriffsquoten der Länder mit den
wirtschaftlichen Daten der Länder. Ein Vergleich beispielsweise der
Erwerbstätigenquoten bzw. der SGB II-Quoten zwischen den Bundesländern zeigt,
dass niedrige Rückgriffsquoten in den Ländern mit niedrigen Erwerbstätigenquoten
und/oder hohen SGB II-Quoten zusammen treffen. Umgekehrt ist in den Ländern mit
einer verhältnismäßig hohen Rückgriffsquote eine hohe Erwerbstätigenquote und/oder
eine niedrige SGB II-Quote feststellbar.
Ein
Vergleich für das Jahr 2011 der Bundesländer NRW und Bayern verdeutlicht dies
sehr anschaulich:
Land |
Rückgriffsquote % |
Erwerbstätigenquote % |
SGB II-Quote % |
Bayern |
32,1 |
74,6 |
4,6 |
NRW |
18,2 |
67,7 |
11,4 |
Das
Ergebnis zeigt, dass eine Vergleichbarkeit der beiden Bundesländer strukturell
nicht möglich ist.
Letztendlich
beinhaltet der o.a. Bericht Maßnahmen des Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend und der für die Unterhaltsleistung nach dem UVG
zuständigen Landesministerien zur Verbesserung des Rückgriffs. Hier sei
besonders auf den Entwurf des Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetzes
hingewiesen, den die Bundesregierung am 20. Dezember 2011 beschlossen hat. Er
sieht u.a. Verbesserungen für den Verwaltungsvollzug und insbesondere für den
Rückgriff vor. So sollen zur Verbesserung des Rückgriffs die Informations- und
Ermittlungsmöglichkeiten der Unterhaltsvorschussstellen erheblich verbessert
werden, damit sie schneller und umfassender Informationen über potentielle Unterhaltsschuldner
und –schuldnerinnen erhalten können. Nach dem ursprünglichen Zeitplan der
Bundesregierung sollte der –zustimmungspflichtige- Gesetzentwurf in
wesentlichen Teilen zum 1. Juli 2012 in Kraft treten. Tatsache ist, dass die
Erste Beratung im Bundestag erst am 25. Oktober 2012 erfolgt ist.
Die Hildener Situation
In
der „Externen Organisationsuntersuchung der Gesamtverwaltung zur langfristigen
Konsolidierung des Haushaltes der Stadt Hilden“ von Oktober 2011 hatte die
beauftragte Fa. BSL Public Sector Managementberatung GmbH zum Thema
Refinanzierungsquote folgende Aussage getätigt (Empfehlung 21):
„Bei
der Heranziehung nach UVG erreicht die Stadt Hilden mit einer angesetzten Refinanzierungsquote
von rund 13 % einen Refinanzierungsbetrag von 75.000 €. Unter Berücksichtigung
von kommunalen Erfahrungen bei der Heranziehung wird eine Refinanzierungsquote
von 30 % als realistisch angesetzt“.
In
ihrer Stellungnahme hatte die Verwaltung dargelegt, dass die Forderungen von
BSL als unrealistisch anzusehen sind, da zum einen die Steuerungsmöglichkeiten
seitens der Stadt sehr gering sind und zum anderen die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen. Nicht nachvollziehbar war
für die Verwaltung auch, dass BSL bei der Darstellung der höheren
Refinanzierungsquote auf Erfahrungen der bayerischen Kommunen verweist. Der
o.a. Bericht der Bundesregierung bestätigt die Einschätzungen der Verwaltung
umfassend.
Ausblick
Aufgrund
einer sehr guten Ertragslage in 2011 bezogen auf die Konten „Übergeleitete
Unterhaltsansprüche gegen bürgerlich-rechtliche Unterhaltsvorschussleistende“
und „Rückzahlung gewährter Hilfen“ fällt das Rechnungsergebnis 2011 gegenüber
der geplanten Refinanzierungsquote von 16,38 % mit 32,3 % um fast 100 % höher
aus.
Inzwischen
liegen auch die Rückholquoten für das zweite Halbjahr 2011 für den Regierungsbezirk
Düsseldorf vor. Sie lauten wie folgt:
Durchschnittliche Quote |
19,91 % |
Bester
Wert |
38,64 % |
Niedrigster
Wert |
6,11 % |
Damit
befindet sich Hilden im oberen Bereich. Da auch die Ertragslage 2012 als gut bezeichnet
werden kann, sollte die Haushaltsplanung 2013ff eine vorsichtige Anhebung der
bisher geplanten Refinanzierungsquote von 20,75 % auf 28,3 % vorsehen.
gez.
Horst Thiele
Finanzielle Auswirkungen  nein