Betreff
Erlass einer neuen Sondernutzungssatzung
Vorlage
WP 04-09 SV 32/015
Aktenzeichen
I/32-MS
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

 

Der Rat der Stadt Hilden beschließt nach vorhergehender Beratung im Haupt- und Finanzausschuss, dass die Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt Hilden (Sondernutzungssatzung) vom 25.04.1988, in Kraft getreten am 01.06.1988, mit Wirkung vom 01.01.2010 außer Kraft tritt.

 

Gleichzeitig stimmt der Rat der Stadt Hilden dem vorgelegten Entwurf über die Neufassung der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt Hilden und deren In-Kraft-Treten zum 01.01.2010 zu.

 

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

 

1.   Allgemeines

 

Der Städte- und Gemeindebund hat im Januar 2008 eine neue Mustersatzung für Sondernutzungen im Straßenraum als Empfehlung an die Kommunen vorgelegt. Das bisherige Muster, welches auch Grundlage für die aktuelle Sondernutzungssatzung der Stadt Hilden ist, stammt aus dem Jahr 1984. Seither hat sich der kommunale Blickwinkel auf innerörtliche Straßen deutlich geändert. Der Aufenthaltsfunktion der Straße wird im Vergleich zur Verkehrsfunktion eine steigende Bedeutung beigemessen. Dies gilt insbesondere für zentrale öffentliche Plätze und im Bereich von Fußgängerzonen. Es besteht eine große Nachfrage nach Sondernutzungen, vor allem des örtlichen Einzelhandels, sein Warenangebot und seine Werbung auch auf der öffentlichen Straße zu präsentieren, während die Kommunen historische Ortskerne und andere städtebaulich attraktive Bereiche vor Verschmutzung, Verschandelung und überbordender Werbung schützen wollen. Mit der Mustersatzung wird zudem eine deutliche Hinwendung zur barrierefreien Mobilität im Straßenraum verfolgt.

 

Den verstärkten Bemühungen der Kommunen, die Gestaltung und die gegebenen Eigenheiten des Ortsbildes bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu berücksichtigen, trägt die Mustersatzung ebenfalls Rechnung. Beispielhaft ist hier die einheitliche Möblierung der Außengastronomie in historischen Ortskernen zu nennen.

In der Rechtsprechung ist zwischenzeitlich anerkannt, dass auch Belange des Straßen- und Stadtbildes abgewogen werden dürfen, soweit sie einen Bezug zur Straße aufweisen. Hierzu ist allerdings nach einigen obergerichtlichen Entscheidungen ein konkretes Gestaltungskonzept mit dem Ziel, dem jeweiligen Innenstadtbereich oder Ortsteil eine bestimmte Ausstrahlungswirkung zu verleihen, erforderlich.

 

Die neue Mustersatzung enthält ferner eine Regelung zur kommerziellen Werbung und zur Wahlwerbung. Hiermit wird einem verstärkten Bedürfnis der Städte und Gemeinden Rechnung getragen, Plakaten und anderen Werbeträgern Schranken zu setzen. Die straßenrechtlichen und somit satzungsrechtlichen Regulierungsmöglichkeiten beschränken sich jedoch im Wesentlichen nur auf Größe und Anzahl solcher Werbeträger.

 

Mit der Mustersatzung soll auch ein Beitrag zur Beseitigung von Barrieren im öffentlichen Straßenraum geleistet werden. Barrierefreiheit ist ein sachliches Abwägungskriterium, das bei der Erteilung oder auch Versagung von Sondernutzungserlaubnissen berücksichtigt werden muss. Sondernutzungen, die Barrieren aufstellen, sollen restriktiv gehandhabt und bei Erlaubnis mit höheren Gebühren belegt werden. Einrichtungen im Straßenraum, die Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen dienen, sollen als Sondernutzungen hingegen privilegiert behandelt werden, z.B. durch Gebührenfreistellung oder –reduzierung.

 

Ein weiterer wesentlicher Unterschied ergibt sich auch im Aufbau der Mustersatzung und in der inhaltlichen Bewertung einzelner Nutzungsformen. Die neue Mustersatzung zeichnet sich durch eine in sich nachvollziehbarere Struktur aus und definiert dabei zunächst den Gemein- und Anliegergebrauch und führt dann erst die Unterschiede zwischen erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Formen der Sondernutzung auf. Dies allein führt zur mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz.

 

Die Erfahrungen der letzten über 20 Jahre haben auch dazu geführt, dass einzelne Nutzungsformen in ihrer Einstufung neu zu bewerten waren. Der zunehmenden Bedeutung des Gemein- und Anliegergebrauchs ist beispielsweise dadurch Rechnung getragen worden, dass das kurzzeitige Lagern von u.a. Baustoffen (z.B. Palette Steine) am Tag der Lieferung auf einem Parkstreifen dem Anliegergebrauch zugerechnet wird, somit keine Sondernutzung mehr darstellt.

 

Die neue StGB-Mustersatzung wurde mit dem Ministerium für Bauen und Verkehr sowie dem Innenministerium des Landes NRW abgestimmt und unter Einbindung kommunaler Vertreter sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung erarbeitet. Da sich Satzungsaufbau und –inhalt der neuen Mustersatzung wesentlich von der alten Mustersatzung und somit auch der aktuellen Sondernutzungssatzung der Stadt Hilden unterscheidet, bedarf es einer grundsätzlichen Neufassung der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt Hilden in der vorgelegten Form.

 

 

2. Erläuterungen zum Entwurf der neuen Sondernutzungssatzung

 

Der vorgelegte Satzungsentwurf (Anlage 1) übernimmt überwiegend die Regelungen der Mustersatzung. Abweichungen oder Ergänzungen wurden dort berücksichtigt, wo ortspezifische Besonderheiten und Erfahrungswerte dies erforderlich und sinnvoll machen.

 

Die beigefügte Anlage 2 soll als Gegenüberstellung die Unterschiede zwischen der aktuellen Sondernutzungssatzung und dem Satzungsentwurf verdeutlichen. Konkreterer Erläuterungsbedarf zu einzelnen Unterschieden zwischen Mustersatzung und Satzungsentwurf besteht aus Sicht der Verwaltung wie folgt:

 

§ 1  Abs. 2 - Sachlicher Geltungsbereich

In Ermangelung von Einrichtungen zur Erhebung der Maut im Hildener Stadtgebiet ist dies im Satzungsentwurf unberücksichtigt geblieben.

 

§ 2  Abs. 2 - Gemeingebrauch, Anliegergebrauch

Das dem Anliegergebrauch zuzurechnende Abstellen von Abfallbehältern ist um den Zusatz „und häuslichem Sperrgut“ und die Konkretisierung „frühestens am Abend“ im Entwurfstext erweitert worden, da dies auch Regelungsinhalt der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Hilden ist.

 

§ 3 Abs. 2 – Erlaubnisfreie Sondernutzungen

Absatz 2 des Entwurftextes ist aus Gründen der Konkretisierung um den allgemeinen Zusatz  „Gestaltungssatzungen“ erweitert worden und nimmt dabei aktuell Bezug auf die Gestaltungssatzung „Werbeanlagen Mittelstraße“.

 

§ 5 - Werbeanlagen

Abs. 1 Buchst. a) verweist auf die in dieser Form in der Mustersatzung nicht oder nicht so konkret geregelten § 6 (Plakatierungen) und § 7 (Wahlsichtwerbung) des Satzungsentwurfs.

 

Abs. 2 beschränkt die Anzahl der erlaubnisfähigen Werbeanlagen, die tage- oder stundenweise an der Stätte der Leistung aufgestellt werden. Hiervon sind vordergründig die sog. „Kundenstopper“ erfasst. Insbesondere im Fußgängerbereich ist es hier zwischenzeitlich zu „Auswüchsen“ gekommen, die das Stadtbild nachhaltig negativ beeinträchtigen und eine Beschränkung erfordern.

 

§ 6 – Plakatierungen

Die neu aufgenommenen Regelungen zu Abs. 1 sind bereits seit einiger Zeit gängige Praxis in Hilden. Ursächlich für die restriktive Handhabung im Hinblick auf Anzahl, Größe und farbliche Gestaltung war, dass legale aber auch illegale Plakatierungen zunehmend das Erscheinungsbild im Stadtgebiet prägten. Zwar können auch weiterhin illegale Plakatierungen im Vorfeld nicht verhindert werden, die Limitierung legaler Plakatierungen und das Verbot der Verwendung von Leuchtfarben haben sich aber bisher positiv ausgewirkt.

 

Die stückzahlmäßige Begrenzung (maximal 25) gilt nicht für die Wahlsichtwerbung und kann für brauchtumsbezogene Werbung ausnahmsweise erweitert werden. Weitere Ausnahmen sollten aber möglichst nicht zugelassen werden.

 

Die in Abs. 2 getroffene, deklaratorische Regelung übernimmt die bereits in § 4 Abs. 3a der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung enthaltene Sonderregelung zu den Plakatierungen in der Fußgängerzone, so dass hier ein Kontext zwischen den beiden ortsrechtlichen Bestimmungen hergestellt wird.

 

§ 7 – Wahlsichtwerbung

Erstmalig findet die Wahlsichtwerbung in der Mustersatzung Berücksichtigung, somit ein Thema, welches immer wieder vor dem Hintergrund der Chancengleichheit im Wahlkampf Gegenstand veraltungsrechtlicher Auseinandersetzungen gewesen ist, auch in Hilden. Mit Datum vom 28.01.1997 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf (16 K 135 22/94) in dem Verfahren STATT-Partei ./. Stadt Hilden die Praxis der Genehmigung von Plakatierungen im Rahmen des Kommunalwahlkampfes 1994 für unzulässig erklärt und mit diesem Urteil landesweit Beachtung gefunden.

 

Vor dem Hintergrund der „abgestuften Chancengleichheit“, ist der Stadt Hilden seinerzeit aufgegeben worden, insgesamt eine ausreichende Anzahl an Plakatierungen zuzulassen und diese in einem richtigen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Vereinigungen zu verteilen. Dass dabei anzuwendende Verfahren mit seiner 5%-igen Mindestanzahl an den insgesamt zugelassenen Wahlwerbemöglichkeiten für jede Partei und jede Vereinigung führt in der Konsequenz zu einer großzügig bemessenen Mindestzahl für „kleine“ Parteien und Vereinigungen zu Lasten (= Kürzung) der größeren Parteien und Vereinigungen. Dieses Verfahren ist durch den Rat der Stadt Hilden in seiner Sitzung vom 22.04.1998 beschlossen worden und findet seitdem in Hilden auch seine Anwendung. Ebenfalls wurde auch die in den Satzungsentwurf übernommene Regelung zur Anzahl der „Wesselmanntafeln“ beschlossen.

 

Die für die Ermittlung der Gesamtanzahl an Werbemöglichkeiten bisher angewendete und maßgebliche Regelung in Abs. 1 Buchst. a) „Eine Werbefläche je 80 Einwohner“ bedarf aus Sicht der Verwaltung keiner Änderung. Die bisherige Rechtsprechung zur „Abgestuften Chancengleichheit“ hat bislang folgende Hinweise gegeben: Im Grundsatz ist ein Plakat je 70, in einer Großstadt je 100 Einwohner, zuzulassen. Die Hildener Regelung erscheint vor diesem Hintergrund ausgewogen und angemessen.

 

§ 8 – Gewerbliche Informations- und Werbeveranstaltungen

In § 8 des Entwurfs wird unter anderer Überschrift die Regelung des § 6a der aktuellen Satzung übernommen.

 

§ 9 Abs. 3 – Erlaubnisantrag

Über die Mustersatzung hinausgehend übernimmt Abs. 3 des Entwurfs die Besonderheit der wiederkehrenden und dabei für ein Jahr gültigen Erlaubnis aus § 7 Abs. 3 der aktuellen Satzung. Hierbei handelt es sich um die klassischen, gewerblichen Formen der Sondernutzung in Form von Warenauslagen und gewerblichen Hinweisschildern („Kundenstopper“).

 

§ 10 – Erlaubnis

Über die Mustersatzung hinausgehend wird in Abs. 1 des Entwurfs die Begrifflichkeit der „Beeinträchtigung des Stadtbildes“ durch den Zusatz „denkmalgeschützte Bereiche, sowie Bereiche, für die Gestaltungssatzungen vorliegen“, konkretisiert.

 

In Abs. 2 des Entwurfs wird über die Mustersatzung hinausgehend die Erfüllung der sich nach § 2 des Landesabfallgesetzes NRW ergebenden Pflichten durch die Erlaubnisnehmer verbindlich erklärt. Hierunter fällt beispielsweise die Verwendung umweltverträglicher und recyclebarer Verpackungsmaterialien, Teller, Becher etc.

 

Abs. 3 des Entwurfs berücksichtigt den praxisbezogenen Regelfall, insbesondere bei Sondernutzungen durch Baustelleneinrichtungen, dass die Erlaubnisnehmer verpflichtet sind, notwendige Verlängerungen einer Erlaubnis nicht nur selbstständig, sondern auch rechtzeitig mitzuteilen.

 

Die in Abs. 5 zusätzlich dargestellte Rechtsfolge des Widerrufes bei Nichtbeachtung der erlaubnisrelevanten Bedingungen und Auflagen hat an dieser Stelle deklaratorische Wirkung.

 

§ 11 – Verkehrssicherungspflicht, Haftung, Ersatzanspruch

Diese Regelung ist aus der aktuellen Satzung übernommen worden und in dieser Deutlichkeit nicht in der Mustersatzung enthalten.

 

§ 12 - Gebühren

Abs. 1 des Entwurfs enthält eine Regelung zur „Mindestgebühr“ und ist aus der aktuellen Satzung übernommen worden. Die Mindestgebühr findet beispielsweise bei kleinen und kurzzeitigen Baustelleneinrichtungen Anwendung.

 

Gebührentarif zu § 12

Die Verwaltung empfiehlt, die maßnahmenbezogenen Gebührentarife der aktuellen Satzung in unveränderter Höhe zu übernehmen. Ein interkommunaler Vergleich auf Kreisebene, aber auch mit der Landeshauptstadt Düsseldorf, hat ergeben, dass die bisher veranschlagten Gebühren angemessen sind und sich im Quervergleich im „oberen Mittelfeld“ bewegen.

 

§ 15 – Gebührenverzicht, Gebührenerstattung, Härtefallregelung

Die Mustersatzung stellt den Gebührenverzicht als „Kann-Bestimmung“ in das Ermessen der Gemeinden. Der Satzungsentwurf hingegen übernimmt die bereits langjährig praktizierte „Hildener Regelung“ der Gebührenfreistellung für nicht gewerbsmäßig kulturelle, politische oder religiöse Zwecke und auch für gemeinnützig anerkannte Veranstalter. Letzteres umfasst die Hildener Vereine.

 

In Abs. 3 des Satzungsentwurfs ist zusätzlich die sog. „Härtefallregelung“ aus § 13 der Mustersatzung übernommen worden. Hierdurch besteht die Möglichkeit in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zu den Bestimmungen der Satzung treffen zu können.

 

Nichtübernahme sonstiger Bestimmungen aus der aktuellen Satzung

§ 13 Abs. 2 und 3 „Sonstige Benutzung“ sind für den Satzungsentwurf entbehrlich, da keine sondernutzungsrelevanten, sondern in Bezug auf Absatz 1 zusätzliche, aber nicht wesentliche informatorische Aussagen getroffen werden. Abs. 1 ist hingegen zur Abgrenzung von Sondernutzung und Sonstiger Benutzung in § 4 Abs. 4 des Satzungsentwurfs übernommen worden.

 

Der Hinweis des § 14 „Märkte“ ist für die „neue“ Sondernutzungsatzung entbehrlich.

 

 

3.   In-Kraft-Treten

 

Ein In-Kraft-Treten zum 01.Januar 2010 hat den Vorteil, dass es im laufenden Jahr 2009 zu keinen Überschneidungen von erteilten Genehmigungen nach altem und neuem Recht kommt.

 

 

 

 

Günter Scheib