Betreff
Novelle des Baugesetzbuches 2007, hier: Bericht über die wesentlichen Änderungen
Vorlage
WP 04-09 SV 61/143
Aktenzeichen
IV/61.1 Scharf
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt den Bericht über die wesentlichen Änderungen des Baugesetzbuches zum 01.01.2007 zur Kenntnis“


Baugesetzbuch-Novelle 2007

 

Ziele und Anlass der Novelle

 

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom 11. November 2005 sieht vor, dass zur Verminderung der Flächeninanspruchnahme und zur Beschleunigung wichtiger Planungsvorhaben, vor allem in den Bereichen Arbeitsplätze, Wohnbedarf und Infrastrukturausstattung, das Bau- und Planungsrecht für entsprechende Vorhaben zur Stärkung der Innenentwicklung vereinfacht und beschleunigt werden soll. Mit dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte werden diese zentrale Anliegen aufgegriffen und durch eine Novellierung des Baugesetzbuches umgesetzt.

 

Das Gesetz trat am 01.01.2007 in Kraft.

 

Mit dieser Sitzungsvorlage und einem kurzen Vortrag in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses möchte die Verwaltung Ihnen die wichtigsten Neuerungen kurz vorstellen:

 

 

Bebauungspläne der Innenentwicklung

 

Das Kernelement der erneuten Novelle des BauGB ist der neue Typus der „Bebauungspläne der Innenentwicklung“, für die ein beschleunigtes Verfahren möglich ist: Nach Paragraf 13 BauGB wird der neue Paragraf 13a mit folgendem Wortlaut eingeführt:

 

„§ 13a BauGB Bebauungspläne der Innenentwicklung

 

(1)   Ein Bebauungsplan, für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder anderen Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung), kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt

       1.  weniger als 20 000 m2, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder

       2.  20 000 m2 bis weniger als 70 000 m2, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Abs. 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.

       Wird im Bebauungsplan wieder eine zulässige Grundfläche noch eine Größe der Grundfläche festgesetzt, ist bei der Anwendung des Satzes 2 die Fläche maßgeblich, die bei der Durchführung des Bebauungsplanes voraussichtlich versiegelt wird. Das beschleunigte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Das beschleunigte Verfahren ist auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen.

(2)   Im beschleunigten Verfahren

       1   gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 entsprechend;

       2.  kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen;

       3.  soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur  Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;

       4.  gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 5 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.

(3)   Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,

       1.  dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 einschließlich der hierfür  wesentlichen Gründe, und

      2.   wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Abs. 1 stattfindet.

       Die Bekanntmachung nach Satz 1 kann mit der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 erfolgt die Bekanntmachung nach Satz 1 nach Abschluss der Vorprüfung des Einzelfalls.

(4)   Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung und Ergänzung eines Bebauungsplans.“

 

Das beschleunigte Verfahren soll also anwendbar sein auf die Aufstellung, Änderung und Ergänzung eines Bebauungsplans, der Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung). Bebauungspläne der Innenentwicklung sind abzugrenzen von Bebauungsplänen, die gezielt Flächen außerhalb der Ortslagen einer Bebauung zuführen. Bebauungspläne der Innenentwicklung erfassen damit solche Planungen, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. In Betracht kommen insbesondere Gebiete, die im Zusammenhang bebaute Ortsteile im Sinne des § 34 darstellen, innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche brachgefallene Flächen sowie innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete mit einem Bebauungsplan, der infolge notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werden soll. Ebenfalls grundsätzlich in den Anwendungsbereich des geplanten beschleunigten Verfahrens können Bebauungspläne zur Steuerung des Nutzungsgefüges im beplanten oder unbeplanten Innenbereich fallen, soweit hier nicht bereits das vereinfachte Verfahren einschlägig ist (Steuerung von Einzelhandel). Grenzfälle sind gegeben, wenn es sich um Flächen handelt, die im Grenzbereich zwischen Innen- und Außenbereich liegen und in denen bauliche Nutzungen entfallen sind. Vorhaben im bisherigen Außenbereich können nicht dem Anwendungsbereich des neuen § 13a zugeordnet werden, auch wenn sie zur Entlastung des Innenbereichs beitragen (z.B. Umgehungsstraße). Es ist den Kommunen grundsätzlich freigestellt, ob sie ein Bebauungsplanverfahren für Bebauungspläne der Innenentwicklung im „normalen“ Verfahren oder, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, im beschleunigten Verfahren aufstellen. Für die Aufstellung von Bebauungsplänen nach § 13a wurden außerdem Größenbeschränkungen getroffen. Bebauungspläne mit einer festgesetzten versiegelbaren Grundfläche von bis zu 20.000 m² können regelmäßig nach § 13a aufgestellt werden, bei Bebauungsplänen mit einer festgesetzten Grundfläche von 20.000 bis 70.000 m² muss eine Prüfung durchgeführt werden. In dieser Prüfung muss überschlägig festgestellt werden, ob der Plan voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat oder nicht. Die Regelung, wonach Bebauungspläne mitzurechnen sind, die sich in einem engen, sachlichen und räumlichen Zusammenhang befinden, soll verhindern, dass über die Stückelung von Bebauungsplänen große Vorhaben über das beschleunigte Verfahren abgewickelt werden.

Bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung gelten überwiegend die Regelungen und Beschleunigungsmöglichkeiten des vereinfachten Verfahrens nach § 13. Außerdem kann bei Bebauungsplänen nach § 13a auf die strategische Umweltprüfung verzichtet werden kann. Die erheblichen Umweltauswirkungen sind jedoch auch im beschleunigten Verfahren ohne förmliche Umweltprüfung zu ermitteln, abzuwägen und in der Planbegründung darzulegen. Im beschleunigten Verfahren nach § 13a kann ein Bebauungsplan, der von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch ohne Änderung und Ergänzung des Flächennutzungsplans aufgestellt werden. Der Flächennutzungsplan soll im Wege der Berichtigung später angepasst werden.

 

 

Weitere Verfahrenserleichterungen ergeben sich daraus, dass auf Grundlage eines Bebauungsplanes nach § 13a, in denen der Bebauungsplan weniger als 20 000 Quadratmeter Grundfläche festsetzt, Eingriffe in Natur und Landschaft nicht ausgleichspflichtig sind. Da hierunter die Qualität der städtebaulichen Planung extrem leiden kann, bleibt es der Gemeinde unbenommen, einen Ausgleich trotzdem zu berücksichtigen und geeignete Festsetzungen zum Schutz von Grünflächen zu treffen. Zudem besteht auch beim beschleunigten Verfahren die Notwendigkeit, die Belange von Natur und Landschaft zu ermitteln und zu bewerten. Zu beachten ist, dass es den Gemeinden freigestellt ist, bei sensiblen Grünbeständen von der Anwendung des beschleunigten Verfahrens abzusehen. Um Grünbestände langfristig zu sichern, kommt dem Flächennutzungsplan zukünftig eine besondere Position als Instrument einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu.

 

 

Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche

 

Ermöglicht werden sollen hier Bebauungspläne, mit denen im nicht beplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche (z.B. Innenstädte oder Nahversorgungszentren) gezielt Bestimmungen über die Zulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen und damit insbesondere von Einzelhandelsbetrieben getroffen werden. Nach dem neuen Absatz 2a kann für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile zur Erhaltung, Stärkung oder Verhinderung der Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen und sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Nach § 9 Abs. 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

 

„(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.“

 

Der § 9 Abs. 2a erfordert dabei nicht die Festlegung eines Baugebiets im Sinne der Baunutzungsverordnung, so dass diesbezügliche Nutzungskonflikte (z.B. Gemengelagen) in einem Bebauungsplan, der der Sicherung zentraler Versorgungsbereiche dient, ausgeblendet werden können. Der Begriff „Zentraler Versorgungsbereich“ umfasst Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen, also insbesondere Innenstadtzentren vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nichtstädtischen Gemeinden. Die Neuregelung stärkt die Bedeutung städtebaulicher Konzepte wie z.B. Einzelhandelskonzepte und vor allem die des Flächennutzungsplanes, da solche Konzepte Grundlage für die Feinsteuerung von Baugebieten sind.

 

 

Vorhabenbezogene Bebauungspläne

 

Die Neuregelungen sollen Hemmnisse in diesem Bereich reduzieren und die Anwendungsmöglichkeiten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erweitern, um so auch dessen Akzeptanz in der Verwaltungspraxis zu erhöhen. Der Gesetzestext wird in § 12 um den Absatz 3a wie folgt ergänzt:

 

„(3a)  Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.“

 

Die Neuregelung soll ermöglichen, in dem dem Vorhaben- und Erschließungsplan zu Grunde liegenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan eine bauliche oder sonstige Nutzung auch allgemein festsetzen zu können, vor allem durch Festsetzung eines Baugebiets nach der Baunutzungsverordnung. Die Zulässigkeit eines Vorhabens soll jedoch auf solche Vorhaben beschränkt bleiben, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger in einem Durchführungsvertrag verpflichtet. Eine andere Nutzung kann aber ohne Änderung des Bebauungsplans zulässig werden, wenn hierfür die entsprechende Änderung des Durchführungsvertrages vorgenommen wird. In der bisherigen Anwendungspraxis des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes war für die zulässige Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten ein enger Rahmen zu ziehen, so das auch geringfügige Änderungen des Vorhabens immer auch eine Änderung des Bebauungsplans zur Folge gehabt hätten. Deshalb ist von dem Planungsinstrument des § 12 bisher oft kein Gebrauch gemacht worden. Die geplante Neuregelung beseitigt dieses Hemmnis und kann das Instrument attraktiver machen.

 

 

Erleichterung des innerstädtischen Wohnens

 

Der bisherige § 34 Abs. 3a BauGB betrifft die erleichterte Zulassung zusätzlicher baulicher Maßnahmen im Zusammenhang mit vorhandenen Gewerbe- und Handwerksbetrieben im nicht beplanten Innenbereich. Neu geregelt durch die BauGB Novelle 2006/ 2007 ist die Einbeziehung von Erweiterung, Änderung und Erneuerung von zu Wohnzwecken dienenden vorhandenen Gebäuden. Damit können solche Vorhaben, wenn sie städtebaulich vertretbar sind, durch Ermessensentscheidung zugelassen werden, auch wenn die Gebäudehülle nicht nur unwesentlich verändert und erweitert wird. Der Wortlaut des § 34 Abs. 3a wird wie folgt geändert:

 

„(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

           1. der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs oder der Erweiterung, Änderung und Erneuerung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken dient,

          2.  städtebaulich vertretbar ist und

          3.  auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können.“

 

Damit kann z.B. für ein Ausbauvorhaben eines bestehenden Wohngebäudes, bei dem durch An- und Aufbauten das Maß der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung an sich überschritten wird, im Einzelfall auf Grund einer Ermessensentscheidung eine Genehmigung erteilt werden. Für bestimmte Fälle ist damit abweichend von der bisherigen Praxis kein Bebauungsplanverfahren erforderlich. Es ist jedoch unzulässig, durch ein Vorhaben i.S.d. § 34 Abs. 3a BauGB die Umstrukturierung eines ganzen Gebietes einzuleiten. Die Beschränkung auf den Einzelfall schränkt die Anwendungsbreite des § 34 Abs. 3a ein, kann aber zur Vermeidung von Fehlentwicklungen wichtig sein. Die Vorschrift kann jedoch trotz der genannten Einschränkung, die aber in der Praxis leicht unterschiedlich ausgelegt werden könnten, eine umfassende Möglichkeit, auch solche Wohnbauvorhaben zuzulassen, suggerieren, die über den ohnehin weit reichenden Rahmen des § 34 BauGB hinausgehen. Dies kann grade in einer sehr dicht besiedelten Kommune wie Hilden zu gewissen Problemen bei der Wahrung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung führen. Es kann bei locker bebauten Gebieten zu problematischen Nachverdichtungstendenzen führen, welche dann den vermehrten Einsatz einer Bebauungsplanung nach sich ziehen. Die Begründung bei ablehnenden Bescheiden von Wohnbauvorhaben, die sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, dürfte sich künftig schwieriger gestalten, vor allem wenn solche Baugenehmigungen vermehrt eingeklagt werden oder in einem Gebiet einem Nachbarn bereits erteilt wurden (sog. Bezugsfallwirkung).

 

 

Überprüfungspflicht für Flächennutzungspläne

 

Die Streichung der Überprüfungspflicht für Flächennutzungspläne (§ 5 Abs. 1 Satz 3) dient der verwaltungsmäßigen Entlastung der Gemeinden und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass es ohnehin der kommunalen Praxis entspräche, Flächennutzungspläne bei städtebaulichem Bedarf (z.B. bei entsprechenden städtebaulichen Änderungen und Anpassungsprozessen) regelmäßig einer Überprüfung zu unterziehen.

 

 

Ausschluss von Einwendungen
(Präklusionsklausel)

 

Durch die Neufassung des § 47 Abs. 2a der Verwaltungsgerichtsordnung ist geregelt, dass im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nur noch solche Einwendungen geltend gemacht werden können, die bereits im vorhergehenden Beteiligungsverfahren benannt worden sind.

Der Wortlaut des § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde daher wie folgt ergänzt:

 

„Der Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, ist unzulässig, soweit die den Antrag stellende Person Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung ( § 3 Abs. 2 BauGB) oder im Rahmen der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit ( § 13 Abs. 2 Nr.2 und § 13a Abs.2 Nr.1 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist“

 

Die Hinweispflicht (die auch im Baugesetzbuch ergänzt wurde) stellt sicher, dass die Betroffenen über ihre Möglichkeit und Pflicht, Einwendungen frühzeitig zu erheben, ausreichend informiert sind. Die vorgesehene Regelung stärkt die Bedeutung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung innerhalb des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans. Außerdem wird das Verschieben der Auseinandersetzung mit Problemen, die bereits während der Planaufstellung erkennbar waren, auf das gerichtliche Verfahren bewusst erschwert, was wiederum die Rechtssicherheit der Bebauungspläne erheblich stärkt. Als problematisch könnte sich jedoch erweisen, dass Bürger nun, um auf jeden Fall den Klageweg offen zu halten, bereits im Beteiligungsverfahren jede mögliche und denkbare Einwendung tätigen.

 

 

Verkürzung der Klagfrist für Normenkontrollanträge

 

Eine weitere wichtige Neuerung im Zusammenhang mit der Novellierung des Baugesetzbuches ist die weitere Verkürzung der Frist für die Stellung von Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne auf ein Jahr gegenüber der 2 Jahresfrist im EAG Bau aus dem Jahr 2004 und der vorherigen 7-Jahresfrist. Der Wortlaut des § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde wie folgt geändert:

 

„(2)   Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen“

 

 

 

 

( Günter Scheib)