Beschlussvorschlag:
„Der Kulturausschuss nimmt den Bericht zum Schulprojekt „Saitenspiel“
der Musikschule Hilden zur Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Schulprojekt der
Musikschule und der Theodor-Heuss-Schule Hilden
„Saitenspiel“
„Musik ist eine besonders komplexe
menschliche Fähigkeit, die an unser Gehirn höchste Ansprüche stellt. Bedenkt
man zusätzlich, dass Musik…oft in einer Gemeinschaft geschieht (von der man
sich wiederum durch ein Solo absetzen kann) unmittelbar belohnend wirkt, Angst
reduziert und Gedächtnisleistungen auf unterschiedlichen Ebenen trainiert, so
wird die Bedeutung von Musik für die Entwicklung junger Menschen deutlich. Dies
erklärt auch, warum es Musik in allen Kulturen und zu allen Zeiten gab. Wir
sollten diesen ungeheuren Spaß also ernster nehmen. Nicht weil die Musik gut
ist für die Intelligenz, die Sprachentwicklung oder die mathematischen
Fähigkeiten, sondern weil die Musik an sich etwas sehr Gutes ist. Und weil
junge Menschen unendlich viel lernen, wenn sie ein Instrument lernen – z.B.
- dass man durch Ãœben besser wird
- dass man etwas kann
- dass man zusammen, im Orchester, noch besser
wird
- dass man auf ein Ziel, ein Konzert,
hinarbeiten kann
und vieles mehr.“
(Aus einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Manfred
Spitzer – Neurologie – zum Thema „Der Einfluss von Musik auf andere
Lebensbereiche und das allgemeine Lernen“, erschienen in der NMZ – Ausgabe Juni
2005)
„Musik
für alle…“
Nach den Lehrplanvorgaben des Landes NRW erhalten
Kinder im Laufe ihres 5. Schuljahres 1 bis 2 Stunden Musikunterricht. Hierbei
erwerben sie einige grundlegende Kenntnisse über Musik und unsere
Musiktraditionen. Außerdem sollen sie für die Beschäftigung mit Musik
interessiert werden. Mehr kann in dem bewusst allgemein gehaltenen
Musikunterricht der Hauptschule nicht geleistet werden. Hinzu kommt, dass
höchstens 20% des laut Stundentafel zu erteilenden Musikunterrichts von dafür
ausgebildeten Lehrkräften erteilt wird. Gleiches gilt auch für Hauptschulen, in
denen den spezifischen Merkmalen von Musik eine besonders große integrative
Bedeutung zukommen sollte, sowohl für junge Menschen mit sozialem
Problemhintergrund wie auch für solche mit Migrationshintergrund.
Eine gezielte Vorbereitung auf das Erlernen
eines Instrumentes, die individuelle Betreuung und Beratung von der
Elementarausbildung bis zum Instrumentalunterricht bleibt der Musikschule
vorbehalten, vorausgesetzt, dass die Eltern diesen umfassenden Musikunterricht
ermöglichen wollen und (insbesondere auch finanziell) können.
Nur eine Kooperation von Musikschule und
Schule kann allen Kindern, unabhängig vom finanziellen und soziokulturellen
Hintergrund der Familie, eine wirklich intensive Beschäftigung mit Musik bis
zum Erlernen eines Instrumentes ermöglichen. Dabei können und sollen Inhalte
und Ziele auf die jeweiligen Voraussetzungen abgestimmt werden.
„…durch
Kooperation“
Die Herkunft der Kinder mit
Migrationshintergrund in unseren Schulen ist zum einen die Türkei, die anderen
kommen aus dem osteuropäischen bzw. südosteuropäischen Raum. Bei einer derart
zusammengesetzten Schulklasse kann man von einer multikulturellen Vielfalt
sprechen. Der Begriff multikulturell beinhaltet die Feststellung
unterschiedlicher Kulturen. Die daran gestellten Ansprüche eines integrativen
Lernens und Lebens sind der gegenseitige Respekt vor der jeweils anderen Kultur
und die Individualität jedes einzelnen. Bei aller Bemühung um Integration
sollte die kulturelle Eigenart des einzelnen Kindes nicht verloren gehen. Die
Schule verfolgt das Ziel der Integration auf dem Weg des interkulturellen
Lernens und nach dem Prinzip der ausgleichenden
Erziehung.
Ein wesentlicher Bestandteil des
interkulturellen Lernens ist der Bereich der musischen Erziehung. Eine
intensive Beschäftigung mit Musik hat nachweislich auch positive Auswirkungen
auf das ästhetische Verhalten, die auditive Wahrnehmung, die Lernbereitschaft,
das Sozialverhalten und allgemein auf die motorischen Fähigkeiten.
„Musik
verbindet“
Musik ist fester Bestandteil unser aller
Leben.
Musik ist ein wesentlicher Bestandteil
unserer kulturellen Identität.
Sie verbindet und sie unterscheidet uns
voneinander. Jedes Land, jede Kultur hat ihre eigene Volksmusik und
entsprechende Instrumente, auf denen – insbesondere zur Begleitung traditioneller
Lieder – vorzugsweise musiziert wird. Das sind häufig Saiteninstrumente, die
sich sowohl zur akkordischen Begleitung als auch zum Spielen von Melodien
eignen und zudem auch noch leicht zu transportieren sind.
Das sind beispielsweise im mittel-, west- und
südeuropäischen Raum die uns allen bekannte Gitarre, in der Türkei die dort sehr populäre Baglama und in Russland und den umliegenden Staaten die Balalaika.
Ziele
Neben einer verbesserten musikalischen
Bildung ist vorrangiges Ziel dieses Projektes, den Kindern über die Musik einen
direkten Zugang zum eigenen kulturellen
Hintergrund zu erschließen. Bei den Kindern ausländischer Herkunft sowie
auch bei deutschen Kindern (und deren Eltern) werden außerdem durch die Gegenüberstellung
und Kombination der unterschiedlichen Instrumente und der dazugehörigen Musik
Barrieren gegenüber den häufig als fremd empfundenen Kulturen abgebaut. Das
jeweils Fremde wird kennen gelernt und nach und nach verstanden werden.
Die Kinder können frei wählen, welches der
angebotenen Instrumente sie erlernen möchten. Auf allen Instrumenten werden
sowohl Lieder aus dem jeweiligen Herkunftsland als auch aus den beiden anderen
Kulturkreisen musiziert, so dass die Kinder sowohl die Unterschiede als auch das Verbindende in der Musik der verschiedenen
Kulturen unmittelbar erleben können.
Gleichzeitig wird hierdurch den Familien
ausländischer Herkunft die Schwellenangst
genommen, im Umgang mit öffentlichen Institutionen wie der Musikschule,
damit den Kindern im Rahmen dieses Projektes und darüber hinaus eine
musikalische Ausbildung ermöglicht wird.
Durchführung
Die Kinder des 5. oder (und) 6. Schuljahres
der Theoder-Heuss-Hauptschule erhalten für die Dauer eines Schuljahres einmal
pro Woche 45 Minuten Unterricht im Fach Gitarre, Balalaika und BalaÄŸma. Das
sind überraschender Weise 43 Kinder und damit nahezu sämtliche Schülerinnen und
Schüler des 5. Schuljahres, die in 6 Gruppen freitags in der 3. und 4.
Schulstunde in den Räumen der Theodor-Heuss-Schule unterrichtet werden. Der Unterricht
wird von einem türkischen Lehrer (Bağlama); einer russischen Lehrerin
(Balalaika, Domra) und einem deutschen Lehrer (Gitarre) erteilt und beinhaltet Lieder und Musik aus allen drei Kulturen
(türkisch, russisch, deutsch).
Die Schülerinnen und Schüler haben sich zuvor für ein Instrument entschieden
und haben dieses für die Projektdauer unentgeltlich zum Üben ausgeliehen
bekommen. Die Projektdauer ist von August 2007 bis Juli 2008 – also ein
Schuljahr.
Aber auch die übrigen Kinder der Schule
werden zum einen durch das gemeinsame Singen der jeweiligen Lieder und eine
thematische Ausdehnung des Projektthemas auf den Bereich Sport und „Zirkus“
einbezogen. Dieses internationale Schulprojekt wird zum Abschluss des Schuljahres
im
Sommer 2008 als Sommerfest oder Schulveranstaltung aufgeführt werden, bei dem
die Ergebnisse und das Erlernte dieses Integrationsprojektes vorgestellt
werden.
Die Finanzierung
ist durch Mittel des Amtes für Soziales und Integration sichergestellt. Dabei
liegt die Überlegung zugrunde, dass speziell für die an diesem Projekt
beteiligte Klientel nach vorliegenden Erfahrungen kein höheres Monatsentgelt
als 5 € erwartet werden kann. Gleichzeitig sollen aus den zu Anfang genannten
Gründen möglichst viele Kinder erreicht und beteiligt werden. Der Erfolg mit
der nahezu vollzähligen Beteiligung aller Schülerinnen und Schüler des 5.
Schuljahres zeigt, dass diese Ãœberlegung richtig war. Somit erhalten eher
kulturferne junge Menschen die Gelegenheit, sich durch das Erlernen eines
Instrumentes ihres Kulturkreises kreativ mit ihrer und der Kultur ihrer
Mitschüler auseinander zu setzen. DieÂ
Instrumentenbeschaffung wird durch einen Zuschuss der SPARDA-Bank West
(über den Verband der Musikschulen) sichergestellt.
Die laufenden Kosten für das Projekt betragen für das Schuljahr
2007/2008 |
|
           - für 3 Lehrkräfte: |
7.680 € |
Die Einnahmen
setzen sich zusammen aus dem |
|
           - Zuschuss vom Amt
für Soziales und Integration |
5.280 € |
           - und den Beiträgen
der Schülerinnen und Schüler. |
2.400 € |
Von der
SPARDA-Bank West stehen für die Anschaffung von Instrumenten 5.000 €
zur Verfügung. |
         Â
Eine Ãœbersicht der
wesentlichen Informationen wird während der Sitzung in einer
PowerPoint-Präsentation vorgestellt.
Günter Scheib