Betreff
Schulprojekt „Saitenspiel“ der Musikschule Hilden
Vorlage
WP 04-09 SV 41/066
Aktenzeichen
III/41 MSH
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Kulturausschuss nimmt den Bericht zum Schulprojekt „Saitenspiel“ der Musikschule Hilden zur Kenntnis.“

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Schulprojekt der Musikschule und der Theodor-Heuss-Schule Hilden

 

 

„Saitenspiel“

 

„Musik ist eine besonders komplexe menschliche Fähigkeit, die an unser Gehirn höchste Ansprüche stellt. Bedenkt man zusätzlich, dass Musik…oft in einer Gemeinschaft geschieht (von der man sich wiederum durch ein Solo absetzen kann) unmittelbar belohnend wirkt, Angst reduziert und Gedächtnisleistungen auf unterschiedlichen Ebenen trainiert, so wird die Bedeutung von Musik für die Entwicklung junger Menschen deutlich. Dies erklärt auch, warum es Musik in allen Kulturen und zu allen Zeiten gab. Wir sollten diesen ungeheuren Spaß also ernster nehmen. Nicht weil die Musik gut ist für die Intelligenz, die Sprachentwicklung oder die mathematischen Fähigkeiten, sondern weil die Musik an sich etwas sehr Gutes ist. Und weil junge Menschen unendlich viel lernen, wenn sie ein Instrument lernen – z.B.

 

-      dass man durch Ãœben besser wird

-      dass man etwas kann

-      dass man zusammen, im Orchester, noch besser wird

-      dass man auf ein Ziel, ein Konzert, hinarbeiten kann

 

und vieles mehr.“

(Aus einem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer – Neurologie – zum Thema „Der Einfluss von Musik auf andere Lebensbereiche und das allgemeine Lernen“, erschienen in der NMZ – Ausgabe Juni 2005)

 

„Musik für alle…“

Nach den Lehrplanvorgaben des Landes NRW erhalten Kinder im Laufe ihres 5. Schuljahres 1 bis 2 Stunden Musikunterricht. Hierbei erwerben sie einige grundlegende Kenntnisse über Musik und unsere Musiktraditionen. Außerdem sollen sie für die Beschäftigung mit Musik interessiert werden. Mehr kann in dem bewusst allgemein gehaltenen Musikunterricht der Hauptschule nicht geleistet werden. Hinzu kommt, dass höchstens 20% des laut Stundentafel zu erteilenden Musikunterrichts von dafür ausgebildeten Lehrkräften erteilt wird. Gleiches gilt auch für Hauptschulen, in denen den spezifischen Merkmalen von Musik eine besonders große integrative Bedeutung zukommen sollte, sowohl für junge Menschen mit sozialem Problemhintergrund wie auch für solche mit Migrationshintergrund.

 

Eine gezielte Vorbereitung auf das Erlernen eines Instrumentes, die individuelle Betreuung und Beratung von der Elementarausbildung bis zum Instrumentalunterricht bleibt der Musikschule vorbehalten, vorausgesetzt, dass die Eltern diesen umfassenden Musikunterricht ermöglichen wollen und (insbesondere auch finanziell) können.

 

Nur eine Kooperation von Musikschule und Schule kann allen Kindern, unabhängig vom finanziellen und soziokulturellen Hintergrund der Familie, eine wirklich intensive Beschäftigung mit Musik bis zum Erlernen eines Instrumentes ermöglichen. Dabei können und sollen Inhalte und Ziele auf die jeweiligen Voraussetzungen abgestimmt werden.

 

„…durch Kooperation“

Die Herkunft der Kinder mit Migrationshintergrund in unseren Schulen ist zum einen die Türkei, die anderen kommen aus dem osteuropäischen bzw. südosteuropäischen Raum. Bei einer derart zusammengesetzten Schulklasse kann man von einer multikulturellen Vielfalt sprechen. Der Begriff multikulturell beinhaltet die Feststellung unterschiedlicher Kulturen. Die daran gestellten Ansprüche eines integrativen Lernens und Lebens sind der gegenseitige Respekt vor der jeweils anderen Kultur und die Individualität jedes einzelnen. Bei aller Bemühung um Integration sollte die kulturelle Eigenart des einzelnen Kindes nicht verloren gehen. Die Schule verfolgt das Ziel der Integration auf dem Weg des interkulturellen Lernens  und nach dem Prinzip der ausgleichenden Erziehung.

 

Ein wesentlicher Bestandteil des interkulturellen Lernens ist der Bereich der musischen Erziehung. Eine intensive Beschäftigung mit Musik hat nachweislich auch positive Auswirkungen auf das ästhetische Verhalten, die auditive Wahrnehmung, die Lernbereitschaft, das Sozialverhalten und allgemein auf die motorischen Fähigkeiten.

 

„Musik verbindet“

Musik ist fester Bestandteil unser aller Leben.

 

Musik ist ein wesentlicher Bestandteil unserer kulturellen Identität.

Sie verbindet und sie unterscheidet uns voneinander. Jedes Land, jede Kultur hat ihre eigene Volksmusik und entsprechende Instrumente, auf denen – insbesondere zur Begleitung traditioneller Lieder – vorzugsweise musiziert wird. Das sind häufig Saiteninstrumente, die sich sowohl zur akkordischen Begleitung als auch zum Spielen von Melodien eignen und zudem auch noch leicht zu transportieren sind.

 

Das sind beispielsweise im mittel-, west- und südeuropäischen Raum die uns allen bekannte Gitarre, in der Türkei die dort sehr populäre Baglama und in Russland und den umliegenden Staaten die Balalaika.

 

Ziele

Neben einer verbesserten musikalischen Bildung ist vorrangiges Ziel dieses Projektes, den Kindern über die Musik einen direkten Zugang zum eigenen kulturellen Hintergrund zu erschließen. Bei den Kindern ausländischer Herkunft sowie auch bei deutschen Kindern (und deren Eltern) werden außerdem durch die Gegenüberstellung und Kombination der unterschiedlichen Instrumente und der dazugehörigen Musik Barrieren gegenüber den häufig als fremd empfundenen Kulturen abgebaut. Das jeweils Fremde wird kennen gelernt und nach und nach verstanden werden.

 

Die Kinder können frei wählen, welches der angebotenen Instrumente sie erlernen möchten. Auf allen Instrumenten werden sowohl Lieder aus dem jeweiligen Herkunftsland als auch aus den beiden anderen Kulturkreisen musiziert, so dass die Kinder sowohl die Unterschiede als auch das Verbindende in der Musik der verschiedenen Kulturen unmittelbar erleben können.

 

Gleichzeitig wird hierdurch den Familien ausländischer Herkunft die Schwellenangst genommen, im Umgang mit öffentlichen Institutionen wie der Musikschule, damit den Kindern im Rahmen dieses Projektes und darüber hinaus eine musikalische Ausbildung ermöglicht wird.

 

Durchführung

Die Kinder des 5. oder (und) 6. Schuljahres der Theoder-Heuss-Hauptschule erhalten für die Dauer eines Schuljahres einmal pro Woche 45 Minuten Unterricht im Fach Gitarre, Balalaika und Balağma. Das sind überraschender Weise 43 Kinder und damit nahezu sämtliche Schülerinnen und Schüler des 5. Schuljahres, die in 6 Gruppen freitags in der 3. und 4. Schulstunde in den Räumen der Theodor-Heuss-Schule unterrichtet werden. Der Unterricht wird von einem türkischen Lehrer (Bağlama); einer russischen Lehrerin (Balalaika, Domra) und einem deutschen Lehrer (Gitarre) erteilt und beinhaltet Lieder und Musik aus allen drei Kulturen (türkisch, russisch, deutsch). Die Schülerinnen und Schüler haben sich zuvor für ein Instrument entschieden und haben dieses für die Projektdauer unentgeltlich zum Üben ausgeliehen bekommen. Die Projektdauer ist von August 2007 bis Juli 2008 – also ein Schuljahr.

 

Aber auch die übrigen Kinder der Schule werden zum einen durch das gemeinsame Singen der jeweiligen Lieder und eine thematische Ausdehnung des Projektthemas auf den Bereich Sport und „Zirkus“ einbezogen. Dieses internationale Schulprojekt wird zum Abschluss des Schuljahres im Sommer 2008 als Sommerfest oder Schulveranstaltung aufgeführt werden, bei dem die Ergebnisse und das Erlernte dieses Integrationsprojektes vorgestellt werden.

 

Die Finanzierung ist durch Mittel des Amtes für Soziales und Integration sichergestellt. Dabei liegt die Überlegung zugrunde, dass speziell für die an diesem Projekt beteiligte Klientel nach vorliegenden Erfahrungen kein höheres Monatsentgelt als 5 € erwartet werden kann. Gleichzeitig sollen aus den zu Anfang genannten Gründen möglichst viele Kinder erreicht und beteiligt werden. Der Erfolg mit der nahezu vollzähligen Beteiligung aller Schülerinnen und Schüler des 5. Schuljahres zeigt, dass diese Überlegung richtig war. Somit erhalten eher kulturferne junge Menschen die Gelegenheit, sich durch das Erlernen eines Instrumentes ihres Kulturkreises kreativ mit ihrer und der Kultur ihrer Mitschüler auseinander zu setzen. Die  Instrumentenbeschaffung wird durch einen Zuschuss der SPARDA-Bank West (über den Verband der Musikschulen) sichergestellt.

 

Die laufenden Kosten für das Projekt betragen für das Schuljahr 2007/2008

            - für 3 Lehrkräfte:

 

7.680 €

Die Einnahmen setzen sich zusammen aus dem

 

            - Zuschuss vom Amt für Soziales und Integration

5.280 € 

            - und den Beiträgen der Schülerinnen und Schüler.

2.400 €

 

Von der SPARDA-Bank West stehen für die Anschaffung von Instrumenten 5.000 € zur Verfügung.

 

           

Eine Übersicht der wesentlichen Informationen wird während der Sitzung in einer PowerPoint-Präsentation vorgestellt.

 

 

 

Günter Scheib