Betreff
Antrag der BA/CDf - Dichtheitsprüfungen nach § 61a LWG NRW
Vorlage
WP 09-14 SV 66/070
Aktenzeichen
IV/66-Dr
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Die Fraktion BA/CDF hat in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 29.6.2011 vorgenannten Antrag zur Dichtheitsprüfung nach § 61a LWG NRW gestellt.

 

 

 

 

 

 


Antragstext:

 

 

 

Dringlicher Antrag

in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 29.06.2011

zur Erweiterung der Tagesordnung um den TOP:

„Dichtheitsprüfungen nach § 61a LWG NRW“

 

Der Haupt- und Finanzausschuss möge beschließen: 

„Der Bürgermeister wird beauftragt, im Namen der Stadt Hilden den Landtag von NRW aufzufordern, die Pflicht zur Überprüfung der Dichtheit bestehender Abwasserkanäle (§ 61a LWG NRW) zu überprüfen bzw. auch auszusetzen bis eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung verabschiedet wurde. 

 

Der Bürgermeister wird gebeten zu prüfen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die vom Rat der Stadt Hilden in diesem Zusammenhang beschlossenen Satzung ausgesetzt werden kann.

 

Begründung:

Solange die Bundesrechtsverordnung zu § 61 Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) noch fehlt, sollte NRW nicht als Vorreiter Regelungen treffen, die einem künftigen bundeseinheitlichen Vorgehen widersprechen könnten. 

Durch § 61a Landeswassergesetz (LWG) werden die Grundstücksbesitzer in Nordrhein-Westfalen verpflichtet, die Dichtigkeit der Grund- und Anschlussleitungen bis zum Anschlusspunkt an den öffentlichen Kanal nachzuweisen. 

Die Überprüfungen der privaten Abwasserleitungen können bei vielen Hauseigentümern aufgrund der daraus entstehenden Sanierungskosten zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Für einige Bürger werden die Kosten nicht zu finanzieren sein, so dass auch soziale Härtefälle auftreten können. 

Der Sinn der Überprüfungsmaßnahmen ist unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit von Umweltschutzaspekten und Finanzaufwendungen mehr als zweifelhaft und betroffenen Bürgern so gut wie nicht zu vermitteln. 

Es ist den Betroffenen auch nicht zu vermitteln, dass in NRW je nach kommunalen Gegebenheiten die Dichtigkeitsprüfungen äußerst starr vorgeschrieben sind, im benachbarten Niedersachsen dazu aber deutlich flexiblere Gestaltungsansätze gesetzlich fixiert sind. Zwischen der Gesamtheit der Bundesländer bestehen ohnehin gravierende Unterschiede. NRW stellt dabei die höchsten Anforderungen. 

Ein Großteil der Bundesländer sieht derzeit kein Erfordernis für landesspezifische Regelungen zur Dichtheitsprüfung, sondern favorisiert ein im Einzelfall zwischen Kommune und privatem Grundstückseigentümer abgestimmtes Vorgehen zur Beseitigung entwässerungstechnischer Missstände. 

Die Rahmenbedingungen werden dabei durch die Satzungsbefugnisse der Kommunen vor Ort geregelt. 

Diese Vorgehensweise ermöglicht eine aus umweltschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvolle Durchführung, die gleichzeitig eine unnötige Belastung aller Grundstückseigentümer und Wohnungsgesellschaften vermeidet. 

 

Walter Corbat, stellv. Fraktionsvorsitzender BA/CDf

 

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Thematik rund um die Dichtheitsprüfung wird in ganz NRW viel diskutiert. Insbesondere die zu erwartenden Sanierungskosten machen vielen Grundstückseigentümern Sorgen und haben in einzelnen Städten Bürgerinitiativen auf den Plan gerufen. Inzwischen hat sich deutlich heraus kristallisiert, dass die Abschaffung der Dichtheitsprüfung in Düsseldorf politisch keine Chancen auf Erfolg hat. Die berechtigte Forderung nach einem Vollzug mit Augenmaß hat jedoch durchaus Gehör gefunden. Am 17.06.2011 hat das Nordrhein-Westfälische Umweltministerium MUNLV einen Runderlass veröffentlicht, der den Vollzug des § 61a rechtsverbindlich konkretisiert.

Nachfolgend werden einige der Kernpunkte des neuen Runderlasses aufgeführt und der Umgang damit in Hilden erläutert:

1. Abgrenzung TV-Inspektion/Dichtheitsprüfung                                                                                                       
TV-Inspektion wird als Dichtheitsnachweis anerkannt. Bisher war die Regelung, dass außerhalb von Wasserschutzgebieten die TV-Inspektion als Dichtheitsprüfung zugelassen wurde. In Wasserschutzgebieten wurde bisher die physikalische Dichtheitsprüfung mittels Luft- oder Wasserdruck gefordert. Nunmehr wird durch den neuen Erlass eine klare Aussage getroffen, dass die TV-Inspektion als Dichtheitsprüfung sowohl außerhalb, als auch innerhalb von Wasserschutzgebieten (3a + 3b) zugelassen wird. In Hilden wurde schon vor Veröffentlichung des Erlasses so gehandelt. Die erforderliche Satzungsänderung sollte mit Sitzungsvorlage 60/027 vom 11.4.2011 am 8.6.2011 im UKS und 20.7.2011 im Rat beraten werden. Durch Verschiebung des UKS wird die Beratung erst am 12.9.2011 im UKS erfolgen.


2. Art der Dichtheitsprüfung
Neben der TV-Inspektion sind nach wie vor auch alle anderen physikalischen Dichtheitsprüfungen zugelassen. Mit dem Erlass wird ausdrücklich eine Wasserfüllstandsprüfung (Druckhöhe begrenzt auf Oberkante Kellerfußboden) zugelassen. Die Druckprüfung nach DIN EN 1610 mit 5 Meter Wassersäule (0,5 bar Druck) wird auf Neubaumaßnahmen und „wesentliche Änderungen“ eingeschränkt. Dies sollte der sachlich ohnehin unzutreffenden Behauptung, eine Dichtheitsprüfung „prüfe die Rohre kaputt“, endgültig die Grundlage entziehen.

3. Terminierung außerhalb von Wasserschutzgebieten
Die zeitliche Koppelung der Untersuchung privater Leitungen mit der Untersuchung öffentlicher Kanäle im Zuge des Vollzugs der SüwVKan (Selbstüberwachungsverordnung Kanal) wird von einer kommunalen Option zum verbindlichen Regelfall.

In Hilden wurde mit der optischen Inspektion des öffentlichen Kanalnetzes schon 1990 begonnen, sodass unter Einhaltung des geforderten Untersuchungsumfanges die 2. Untersuchung des Kanalnetzes in diesem Jahr abgeschlossen wird. Eine Kopplung mit der Untersuchung von privaten Grundstücksleitungen ist deshalb nicht mehr möglich.


 

4. Terminierung
Der MUNLV-Runderlass macht zur Terminierung der Dichtheitsprüfung in Wasserschutzgebieten keine Aussagen. Insofern gelten die bestehenden Vorgaben einer Prüfung noch vor 2015 hier unverändert fort.

Die erforderliche Satzung zur Verkürzung der Fristen in Wasserschutzzonen wurde in Hilden schon Anfang 2010 beschlossen.

Eine Verlängerung der Fristen bis 2013 außerhalb der Wasserschutzzone ist gebietsbezogen möglich, jedoch an verschiedenen Voraussetzungen geknüpft. Dieser Fristverlängerung ist derzeit in Arbeit. Die erforderlichen Satzungen sollen im Herbst 2011 zur Beratung gestellt werden.


5. Muster-Dichtheitsbescheinigung
Dem Runderlass ist eine Muster-Dichtheitsbescheinigung beigefügt, die künftig verbindlich zu verwenden ist.

Bisher wurde den Sachkundigen ein hildenspezifisches Formular als Bescheinigung vorgegeben,allerdings nicht als „Muss“. Es sollten nur alle erforderlichen Angaben auf einer Bescheinigung bestätigt werden. 

6. Sanierung: Erfordernis und Fristen
Der Runderlass vom 17.06.2011 regelt exakt, welche Arten von Schäden in welchen Zeiträumen  saniert werden müssen. Es gibt künftig drei Arten von optisch dokumentierten Schäden mit entsprechenden Fristvorgaben:
Starke Schäden sind umgehend, d. h. binnen 6 Monaten zu sanieren
Mittelschwere Schäden sind in angemessener Frist, aber spätestens nach 5 Jahren, zu sanieren
Bagatellschäden müssen gar nicht oder nur auf Wunsch des Grundstückseigentümers saniert werden; sie sind bei nachfolgenden Prüfungen zu beobachten
Die Einstufung der Schäden ist anhand der vorgelegten optischen Befunde in jedem Einzelfall durch die Gemeinde (und nicht durch die Inspekteure) vorzunehmen. Dies dürfte einen erheblichen Bedarf an fachlich qualifiziertem Personal in den technischen Fachverwaltungen nach sich ziehen!
Die Schaffung der Schadenklasse „Bagatellschäden“ dürfte für eine erhebliche Reduzierung des tatsächlichen Sanierungsvolumens sorgen und ist somit das wesentliche Entgegenkommen des neuen Runderlasses.

 

Mit dem Erlass vom 17.6.2011 sind bis dahin unklare Regelungen konkretisiert worden und im Sinne der Grundstückseigentümer neu formuliert worden, sodass auch im Einzelfall sinnvolle, wirtschaftliche und auch soziaverträgliche Entscheidungen getroffen werden können.

 

 

 

 

 

Horst Thiele