Erläuterungen zum
Antrag:
Schuleinzugsbereiche
garantieren eine flächendeckende Versorgung der Hildener Familien mit
Grundschulen im nahen Wohnumfeld ihrer Kinder. Sie verhindern Schließungen von
an sich erfolgreichen Grundschulen aufgrund kurzfristiger und gegebenenfalls
temporärer lokaler Entwicklungen, die in kurzen Zeiträumen wieder obsolet
werden können. Sie verhindern weiterhin die zwangsläufige Inkaufnahme von
langen Schulwegen und die Gefahr einer möglichen Herausnahme von Kindern aus
den gewohnten sozialen Gruppen „ihrer Straße“ oder ihrer Kita. Vor allem aber
tragen sie erheblich zur Integration von Kindern mit „Migrationshindergrund“
bei, da soziale Segregation in reinen „Ausländerklassen“ verhindert wird.
Antragstext:
Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen,
Schuleinzugsbereiche für die Stadt Hilden wieder einzuführen.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Bis zum Jahr 2008 gab es in
Nordrhein-Westfalen Schulbezirksgrenzen. Eltern und Schüler hatten keine freie
Wahl der Grundschule und waren gezwungen, die ortsnahe Grundschule zu wählen,
egal ob diese ihrer Vorstellung entsprach oder nicht. Nach Wegfall der Schulbezirksgrenzen
ist es Eltern möglich, ihre Kinder an einer anderen als der wohnortnächsten
Grundschule anzumelden. Gründe für die Wahl der Grundschule können beruflicher
oder organisatorischer Art sein oder darauf beruhen, dass Eltern der Auffassung
sind, dass die Wunsch-Grundschule die besonderen und individuellen Fähigkeiten
ihrer Kinder im besonderen Maße berücksichtige.Â
Nach Abschaffung der
Schulbezirke ist die Wahl einer anderen als der nächstgelegenen Schule
allerdings nur im Rahmen der Aufnahmekapazität der jeweiligen Schule möglich.
Seine Grenze finde der Wunsch der Eltern selbstverständlich dann, wenn die
Aufnahmekapazität der Schule erschöpft ist oder die Zahl der Anmeldungen die
Mindestgröße überschreitet.
Das
Schulgesetz in der z.Zt. gültigen Fassung stellt den Kommunen frei, die Schulbezirksgrenzen
für Grundschulen wieder einzuführen.
Die Wiedereinführung
der Schulbezirke hat Vor- und Nachteile: Einerseits sind Schulbezirke ein
Steuerungselement und könnten mehr Planungssicherheit bieten. Andererseits wird
die Einführung aber auch zu einer erheblichen Elternunzufriedenheit führen.
Die
Kindertageseinrichtung als erste Bildungsstätte ist von den Eltern frei
wählbar. Die Kindertageseinrichtungen sind zum einen in unterschiedlicher
Trägerschaft (Kirche, Stadt, Vereine) und zum anderen findet hier bereits eine
Schwerpunktbildung, z. B. erweiterte Bewegungsangebote, Musikangebote, statt.
Aus der Tatsache heraus, dass erste Freundschaften geschlossen werden, wählen
Eltern dann eine bestimmte Grundschule, um diese Freundschaften aufrecht zu
erhalten oder die Profilbildung zu intensivieren. Würde man die
Schulbezirksgrenzen wieder einführen, würde man diesen Weg wieder unterbrechen.
Zumal durch Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulgutachten die Eltern nach
der Grundschulzeit erneut die Wahlmöglichkeit bei der weiterführenden Schule haben.
Mit der Wiedereinführung von
Grundschulbezirksgrenzen würde einerseits das Wahlrecht der Eltern
eingeschränkt ohne das andererseits nennenswerte Vorteile für eventuell bislang
benachteiligte Kinder erkennbar wären. Außerdem haben Grundschulen häufig ein
spezielles Profil entwickelt, das nicht für alle Eltern von Interesse ist. Es
ist nur konsequent, dass auch Kinder aus dem gesamten Stadtgebiet eine solche
Schule besuchen dürfen.
Die Wiedereinführung von
Schulbezirken würde zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand führen, denn
dann müssten Ausnahmegenehmigungen für die Eltern erteilt werden, die ihr Kind
aus beruflichen oder aus organisatorischen Gründen wie z.B. Betreuung an einer
anderen Schule anmelden wollen. Da sich in Hilden die Verschiebungen in einem
vertretbaren Maß bewegen, wird aus Verwaltungssicht eine Wiedereinführung der
Schulbezirke für nicht erforderlich gehalten.
Auch zur Zeit der Schulbezirke
hat nicht jedes Kind die für seinen Wohnort zuständige Grundschule besucht. Aus
wichtigem Grund waren Ausnahmen möglich. Wie man gegenüber der Schulaufsichtsbehörde
die Genehmigung einer solchen Ausnahme durchsetzt, wussten vor allem Eltern aus
bildungsnahen Familien, so dass sie Mittel und Wege gefunden haben, ihre Kinder
an der Wunsch-Grundschule anzumelden. Insoweit bestand ein „Gerechtigkeitsproblem“. Vor dem
Wegfall der Schulbezirksgrenzen sind in Hilden 7,5 Prozent der Schüler
gewandert, nach dem Wegfall sind es 22 Prozent. Bildungsfernen und sozial
benachteiligten Familien wurde der Zugang zur Wunsch-Grundschulen verwehrt,
weil sie sich in den Regelsystemen nicht auskennen. Durch die Aufhebung der
Schulbezirke wird der Zugang zu Schulen allen Familien ermöglicht, egal aus welchem
sozialen Umfeld sie kommen.
Nach Aussage des MSW NRW haben
die Schulbezirksgrenzen in der Vergangenheit nicht davor bewahrt, dass sich die
Grundschulen vor allem in sozialen Brennpunkten aufgrund der Zusammensetzung
ihrer Schülerschaft zu „Problemschulen“ entwickelten. Der Grund ist nicht dem Umstand
geschuldet, dass die Schulen zwangsläufig ein Abbild der sozialen Verhältnisse
in ihrem jeweiligen Einzugsbereich darstellen. Gerade in Wohngegenden mit einem
hohen Anteil eher schlecht integrierter Migrantenfamilien setzen sich die
sozialen Probleme im Umfeld „Schule“ fort. Hierbei wirken sich mangelnde Sprachkenntnisse
der Schülerinnen und Schüler besonders nachteilig auf die Fähigkeit zu einem
erfolgreichen Unterrichtsbesuch aus. Wünschenswert wäre eine Stärkung der
bestehenden „Problemschulen“ durch zusätzliche Lehrerstellen. Für diese Schulen
ist insbesondere Ganztagsunterricht in einer rhythmisierten Form sinnvoll. Auch
ist die Sprachförderung im Vorschulalter zu intensivieren, um einen höheren
Grad von „Schulfähigkeit“ bei den Schulanfängern zu gewährleisten.
Auch nach dem Wegfall der
Schulbezirke haben die Eltern selbstverständlich das Recht, ihr Kind bei der
wohnortnächsten Grundschule anzumelden. Die Eltern haben einen durchsetzbaren Anspruch
darauf, dass ihr Kind dort aufgenommen wird. Soweit die Aufnahmekapazität es
zulässt, können darüber hinaus auch andere Kinder aufgenommen werden, die
weiter von der Schule entfernt wohnen. Die ganz überwiegende Mehrheit der
Eltern wählt nach wie vor die wohnortnächste Grundschule für ihr Kind. Es
sollte den Eltern freistehen, ihr Kind auch an einer anderen Schule anzumelden,
ohne sich dafür vor der Schulaufsichtsbehörde rechtfertigen zu müssen. Seine Grenze
findet der Wunsch selbstverständlich dann, wenn die Aufnahmekapazität der
Schule erschöpft ist oder die Zahl der Anmeldungen die Mindestgröße
unterschreitet. Mit der Festlegung von
Zügigkeiten hat der Rat zudem ein sinnvolles und wirkungsvolles Steuerungsinstrument,
sodass große Wanderungsbewegungen durch die Begrenzung der Zügigkeit
verhindert werden. Die als Anlage beigefügte Statistik weist die
Wanderungsbewegungen bezogen auf die einzelnen Grundschulen aus.
Zudem muss deutlich benannt
werden, dass der heutige Zuschnitt der Schulbezirke, nicht dem vormaligen
Zuschnitt entspräche und somit noch ein Schulsterben beschleunigen würde. Die
neuen Zuschnitte müssten für jede Schule ein ausreichendes Schülerpotential
bieten, dies ist aber aufgrund der rückläufigen Schülerzahlen (demographischer
Wandel und Stopp der Vorverlegung des Einschulungsalters) zum Teil kaum noch
möglich. Es entstünden somit Einzugsbezirke, deren Schülerpotential sich
bereits bei Zuschnitt am unteren Rand der erforderlichen Mindestzahlen bewegen
würden. Schulen die nur über ein solch kleines Schülerpotential verfügen,
geraten somit zwangsläufig in die Situation in einer der Folgejahre keine
Eingangsklasse mehr bilden zu können. Sie hätten keinerlei Möglichkeit über
eine entsprechende Profilierung Schüler zur einer Anmeldung an ihrer Schule zu
bewegen.Â
Eine Umfrage des Städte- und
Gemeindebundes Ende 2010 ergab, dass über 90 Prozent der Gemeinden an der
freien Schulwahl festhalten wollen. Nur 5 bis 10 Prozent der Kommunen erwägen
demnach eine Wiedereinführung von starren Schulbezirksgrenzen. Die freie Wahl
der von Eltern gewünschten Grundschule hat sich damit flächendeckend in NRW
durchgesetzt. Zum Vorteil der Schüler ist ein Qualitätswettbewerb um das beste
und individuell passgenaue schulische Angebot entstanden, das die Leistungsfähigkeit unseres Schulwesens
stärkt. Der Städtetag NRW erklärte ausdrücklich, dass sich die ursprünglichen
Befürchtungen hinsichtlich der Folgen einer Aufhebung der Schulbezirke nicht
bestätigt hätten. Dies wird auch durch umfangreiche Aussagen einer Vielzahl von
Kommunen bestätigt. Die freie Grundschulwahl entspricht dem
verantwortungsbewussten Willen der Eltern. So lehnten in der Anhörung zur
Änderung des Schulgesetzes viele betroffene Elternvereinigungen eine
Rückwärtsentwicklung und die Wiedereinführung von Schulbezirken sowie die
hiermit verbundene Beschränkung der Entscheidungsrechte von Eltern und Schülern
ab. Feste Schulbezirke für GrundschulenÂ
beschneiden die Schulwahl erheblich. Viele Schulen haben in den
vergangenen Jahren schulische Profile gebildet um somit den Eltern ein
attraktives Angebot zu unterbreiten. Starre Schulbezirksgrenzen und eine
hiermit verbundene Zuweisung von Schülern würden diesen qualitativen Wettbewerb
zukünftig beenden.
Die Schulleitungen der Hildener
Grundschulen haben sich mit überzeugender Mehrheit ebenfalls gegen die
Wiedereinführung der Schulbezirksgrenzen ausgesprochen.
Horst Thiele
Finanzielle Auswirkungen Nein Â