Betreff
Bildungsstadt Hilden - Entwicklung eines Konzeptes für ein lokales Bildungsnetzwerk -
Vorlage
WP 04-09 SV 51/381
Aktenzeichen
III/51 UB
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, ein Konzept zur Entwicklung eines lokalen Bildungsnetzwerks „Bildungsstadt Hilden“ zu erarbeiten und in einer der nächsten Sitzungen im Jugendhilfeausschuss vorzulegen.“

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Bildung als kommunales Thema

 

Die Gestaltung der Bildungsqualität wird in Zukunft von hoher Bedeutung sein. Dies gilt im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang genauso wie in den lokalen Bezügen vor Ort. Dabei ist die Frage, wie sich eine Kommune mit den Bildungschancen und –angeboten für ihre Bürgerinnen und Bürger aufstellt, von elementarer Bedeutung für ihre Zukunftsfähigkeit.

 

Der Bildungsbegriff ist dabei aber weit vielschichtiger als die schulische Ausbildung und ein entsprechender Abschluss, wenngleich dieser eine Schlüsselkompetenz für eine erfolgreiche Lebensperspektive darstellt. Bildung vollzieht sich aber ebenso im sozialen und emotionalen Bereich. Auch das Lernen im informellen Bereich, beispielsweise in Peergroups oder Cliquen wird für eine wachsende Gruppe zu einer zunehmend bedeutsameren Art des Bildungserwerbes. Weiterhin ist kulturelle Bildung mit Angeboten der Musikschule, des Kulturamts und von Jugendkunstschulen ein bedeutsamer Teil des außerschulischen Bildungssektors. Die Stadt stellt mit ihren Institutionen wie Bibliothek, Archiv und Museum außerschulisch Bildungsressourcen zur Nutzung bereit. Schließlich ist auch für junge Menschen mit schulischen oder sozialen Defiziten eine Brücke zur Bildung zu erhalten. Entsprechende Programme der Volkshochschulen, der Berufsbildenden Schulen oder der Kompetenzagenturen stehen beispielhaft für diese Ansätze. Nur ein konzertiertes Vorgehen, ein abgestimmtes System und ein oder mehrere klare und gut definierte Bildungsziele einer Kommune können für möglichst viele junge Menschen eine Basis schaffen, damit sie mit ihren Lebensentwürfen an der gesellschaftlichen Entwicklung partizipieren können.

 

Diese Zusammenhänge haben bereits eine Reihe von Städten als zentrale Ressource für sich erkannt und so beginnt man dort mit einem systematischen Management des Bildungsbereiches. Wie aus den obigen Erläuterungen bereits deutlich wird, stößt man hier jedoch an die Problematik, dass sich die Bildungsträger in unterschiedlichen organisatorischen Zuordnungen befinden. Am deutlichsten wird dies im schulischen Bereich, wo sich die Zuständigkeiten der Träger auf Kommune und Bezirksregierung verteilen. Schülerinnen, die im schulisch-pädagogischen Kontext scheitern, tauchen häufig gleichzeitig in den Systemen der Jugendhilfe auf. Zwei Systeme wirken im Extremfall demnach pädagogisch auf einen jungen Menschen ein, ohne sich miteinander abzustimmen.

 

Nun ist die Situation in Hilden prinzipiell geprägt von einem konstruktiven und vernetzten Miteinander der Institutionen. Dennoch ist bei dem breiten Spektrum von Bildungswegen, Bildungsmöglichkeiten und Bildungsinstitutionen die Notwendigkeit einer koordinierenden und bündelnden Instanz gegeben. Gerade wegen der hohen Dichte der Angebote ergibt sich hieraus die Chance einer effektiven Arbeit.

 

 

Situationsanalyse

 

Die Stadt Hilden hat in den vergangen Jahren bereits eine Vielzahl von Initiativen einer ganzheitlichen Förderung der Bildung und Erziehung ergriffen, um besonders auch die Bildungschancen und die soziale Integration benachteiligter Kinder und Jugendlicher zu verbessern. Genannt seinen hier:

-          Sozialräumliche Ausrichtung der Jugendhilfe

-          Hildener Kinderschutzkonzept

-          „Hilda“ – Familienbildung in Hilden – Einrichtung von Elternschulangeboten

-          Umfassende Sprachfördermaßnahmen – Kooperationsabsprachen Kindertagesstätten – Grundschulen

-          Gezielte Elternkonferenzen in der Muttersprache (Marokkanisch, Türkisch)

-          KOMM-IN 2007/2008 -  „Bildung und Erziehung – Sprachförderung“

-          KOMM-IN 2008/2009 – Partizipation durch stadtteilorientierte MultiplikatorInnennetzwerke

-          Ganztagsprojekt an der Theodor-Heuss Schule

-          Kommunale Elternkonferenz

-          OGATA-Angebote in städt. Trägerschaft

-          Landesprogramm „Schule und Kultur“

-          Bildungspartner Bibliothek und Schule (seit 2001)

-          Projekt JeKi der Musikschule („Jedem Kind ein Instrument“)

-          Umfangreiche Angebote zur kulturellen Bildung

 

 

Es zeigt sich allerdings, dass eine gezieltere, abgestimmte, strategische Koordination und Steuerung der Weiterentwicklung der Förder- und Angebotslandschaft (Stadt, Schule, Vereine, Gruppen und Initiativen) notwendig ist, um Transparenz zu schaffen und den eingeschlagenen Weg noch erfolgreicher zu gestalten.

 

Die Zuständigkeiten für die diversen Projekte und Fragestellungen im Bereich Bildung und Erziehung liegen entweder beim Kreis Mettmann (Schulaufsicht, Gesundheitsamt), bei der Stadt Hilden (Amt für Jugend, Schule und Sport, Kulturamt, Amt für Soziales und Integration) oder bei den freien Trägern der Jugendhilfe. Selbstverständlich spielen auch die Eltern eine wesentliche Rolle bei dem schulischen Erfolg ihrer Kinder.

 

Entsprechend der fragmentierten Zuständigkeit sind auch unterschiedliche politische Gremien für einzelne Inititativen und Projekte zuständig. Eine vollständige Bestandsaufnahme und ein abgestimmtes Vorgehen ist bisher noch nicht erfolgt.

 

Die Einbindung des Integrationsbeirats, der Migrantenselbstorganisationen oder entprechender Elterninitiativen sowie ehrenamtlich im Bildungbereich Tätigen sollte ebenfalls weiter verstärkt werden. Für Eltern mit Zuwanderungsgeschichte ohne eigene Schullaufbahn in Deutschland (aus bildungsfernen Schichten) ist die Bedeutung und die Handlungslogik der unterschiedlichen Angebote und Aktivitäten oft nur schwer nachvollziehbar.

 

 

Schlußfolgerungen aus der Situationsanalyse

 

Die Komplexität der aufgezeigten Förder- und Bildungslandschaft lässt sich nur steuern, wenn zwischen den verschiedenen Akteurs- und Verantwortungsebenen einschließlich der Politik ein Konsens über die gemeinsame strategische Grundausrichtung hergestellt und die Förder- und Bildungslandschaft so aufeinander abgestimmt wird, dass die einzelnen Aktivitäten ineinander greifen und sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Dadurch wird gewährleistet, dass die einzelnen Angebote und Optionen für Pädagogen, Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern erkennbar und sinnvoll nutzbar sind.

 

Konzeptentwicklung „Bildungsstadt“

 

-                     Leitgedanken einer perspektivischen Entwicklung

 

Um Kinder und Jugendliche zu befähigen, aktive Gestalter der Gesellschaft und ihrer Lebenswelt zu sein, braucht es die Aufmerksamkeit und Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Diese Aufgabe kann keine Gruppe und Institution allein leisten. Die Stadt Hilden will deshalb Akteure, die für Bildung, Betreuung, Beratung und Erziehung zuständig sind, dabei unterstützen, ihre gemeinsame Verantwortung für Kinder und Jugendliche zu erkennen und wahrzunehmen. Zu diesen Akteuren zählen: Schule, Sport, Kirche, Wirtschaft, Betriebe, Kammern, Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe, Kultureinrichtungen sowie bürgerschaftliche Initiativen. Das Hauptziel aller Aktivitäten besteht darin, die Bildungsqualität und Partizipationschancen von jungen Menschen unter Einbeziehung ihrer Eltern zu verbessern.

 

Angebote sollten deshalb in Zukunft unter Berücksichtigung der spezifischen sozialräumlichen Verhältnisse gemeinsam mit den Beteiligten geplant und bedarfs- und ressourcenorientiert umgesetzt werden. Handlungsleitende Prinzipien dieser zu entwickelnden neuen Qualität von Zusammenarbeit sind gegenseitige Wertschätzung und Transparenz sowie eine abgestimmte, flexible und reflektierte Vorgehensweise. Bildung wird unter dem Blickwinkel der Koproduktion sowohl zwischen den jungen Menschen und den am Prozess der Bildung beteiligten Erwachsenen, als auch zwischen den einzelnen Angeboten, Orten und Maßnahmen gesehen.

 

-                     Einbindung in den Familienbericht 2009

 

Für das Jahr 2009 strebt das Fachamt die Entwicklung eines Familienberichtsystems an. Der Auftakt wird eine breit gefächerte Untersuchung der Ausgangslage in der Stadt Hilden sein. Hier werden Bildungsfragen ein entscheidender Faktor sein. Dies gilt sowohl für die Fragen der Bestandserhebung, wie auch für den Bereich der Erwartungen von Hildener Familien, die dann in konkreten Handlungsansätzen im Betreuungs- und Bildungsbereich einmünden werden.

 

-                     Rolle der Jugendhilfeplanung     

 

Jugendhilfeplanung ist lokal, wie auch überregional im Umbruch. Sie entwickelt sich vom reinen Führungsinstrument der Jugendhilfe in eine Vernetzungsinstanz zu den Bereichen der Schulentwicklungs- und Sozialplanung. Daher liegen die Schwerpunkte immer weniger im reinen Aufbereiten von Zahlen, Daten und Fakten und immer mehr im Management von sozialen Veränderungsprozessen. Die Bezugsgröße dieses Managements ist der Ort, an dem Menschen (miteinander) leben, also der Sozialraum.

 

Die Hildener Jugendhilfeplanung ist durch die fachliche Zuständigkeit der Stadtteil- und Sozialraumarbeit seit vielen Jahren so aufgestellt. Planung ist nicht alleinige Aufgabe des Jugendhilfeplaners, sondern die, aller im jeweiligen System professionell und ehrenamtlich tätigen und relevanten  Kräfte. Der Jugendhilfeplaner registriert, bündelt, moderiert und vernetzt die Planungsprozesse.

 

Jugendhilfeplanung ist von ihrer Organisation ein Ansatz, der quer zur fachlichen Versäulung der Jugendhilfe (Soziale Dienste, Kitas, Jugendförderung etc.), eine sach- und projektorientierte Vernetzung der Arbeitfelder moderiert. Dabei wird auch schon aktuell der Einbezug angrenzender Bereiche erfolgreich vorangetrieben (Polizei, Schule etc.) Die Bezugsgröße dieser Vernetzung ist aber bislang die Jugendhilfe. In einem möglichen Bildungskonzept würde dieser eingrenzende Rahmen überwunden. Der Vernetzungsbezug würde auf das Thema Bildung und die hiermit verbundenen Ziele ausgeweitet. Vorhandene Ressourcen können hier genutzt werden.

 

-                     Rolle der Jugendarbeit

 

Außerschulische Jugendbildung ist nach §11 Abs.3 1. des SGB VIII Aufgabe der Jugendarbeit. In Hilden ist die Jugendarbeit sozialräumlich, also dezentral und nach inhaltlichen Schwerpunkten (Kultur, Sport, Medien) aufgestellt. Diese Schwerpunkte erfüllen bereits jetzt einen herausgehobenen Bildungsanspruch.

 

Die Vernetzung der Jugendförderung und ihrer Einrichtungen mit Schule hat Tradition und kommt gerade aktuell auf Touren. Was als Ordnungspartnerschaft begann (Landespreis 2005) wird zur Bildungspartnerschaft weiterentwickelt (vgl. SV 51- 382) und dokumentiert ein erfolgreiches Zusammenwachsen der Institutionen im Sinne der Jugendlichen.

 

Andererseits gerät die offene Jugendarbeit aber perspektivisch unter Zugzwang. Die Entwicklung von  Ganztagsschulen und Betreuungsprojekten nagt bereits heute am Kundenstamm der Einrichtungen. Die demografischen Entwicklungen werden das Potential der möglichen Nutzerinnen und Nutzer weiter vermindern.

 

Die strategische Antwort der Jugendarbeit darauf kann in der offensiven Beteiligung an der Ausgestaltung einer Bildungsstadt Hilden bestehen. Jugendarbeit positioniert sich als eigenständiger Bildungsträger und zwar in den ihr ureigensten Bereichen der sozialen, emotionalen und informellen Bildung. Die Vernetzung dieser Bildungsbereiche mit dem schulischen Sektor könnte genau den Unterschied ausmachen, der ein ordentliches Ganztagsschulkonzept von einem dauerhaft erfolgreichen unterscheidet.

 

Auch hier wäre es möglich vorhandene Ressourcen mit auf den Weg zu einer Bildungsstadt Hilden zu nehmen, ohne dass die Jugendarbeit ihre originären Aufgaben vernachlässigt. Ein Synergieschub aus der systematischen Vernetzung der Institutionen ist zu erwarten.

 

 

Fazit

 

Zur Abschätzung der Chancen aber auch der Erfordernisse bedarf es eines qualifizierten Konzepts für eine Bildungsstadt Hilden.

 

Kommunen sind Lebens- und Lernort von Kindern und Jugendlichen. Sie müssen bei der Verbesserung der Bildungs- und Entwicklungschancen eine besondere Verantwortung übernehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Akteure stärker als bisher zusammenarbeiten. Erforderlich ist ein lokales Bildungsnetzwerk, das die vorhandenen Ressourcen bündelt und ein ganzheitliches Konzept verfolgt. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, ein Konzept für ein lokales Bildungsnetzwerk in Hilden zu entwickeln und den Weg zur Bildungsstadt Hilden vorzubereiten. Das Konzept soll in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt werden.