Beschlussvorschlag:
„Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die
Verwaltung, ein Konzept zur Entwicklung eines lokalen Bildungsnetzwerks
„Bildungsstadt Hilden“ zu erarbeiten und in einer der nächsten Sitzungen im Jugendhilfeausschuss
vorzulegen.“
Erläuterungen und Begründungen:
Bildung als kommunales Thema
Die Gestaltung der
Bildungsqualität wird in Zukunft von hoher Bedeutung sein. Dies gilt im gesamtgesellschaftlichen
Zusammenhang genauso wie in den lokalen Bezügen vor Ort. Dabei ist die Frage,
wie sich eine Kommune mit den Bildungschancen und –angeboten für ihre
Bürgerinnen und Bürger aufstellt, von elementarer Bedeutung für ihre Zukunftsfähigkeit.
Der
Bildungsbegriff ist dabei aber weit vielschichtiger als die schulische
Ausbildung und ein entsprechender Abschluss, wenngleich dieser eine
Schlüsselkompetenz für eine erfolgreiche Lebensperspektive darstellt. Bildung
vollzieht sich aber ebenso im sozialen und emotionalen Bereich. Auch das Lernen
im informellen Bereich, beispielsweise in Peergroups oder Cliquen wird für eine
wachsende Gruppe zu einer zunehmend bedeutsameren Art des Bildungserwerbes.
Weiterhin ist kulturelle Bildung mit Angeboten der Musikschule, des Kulturamts
und von Jugendkunstschulen ein bedeutsamer Teil des außerschulischen
Bildungssektors. Die Stadt stellt mit ihren Institutionen wie Bibliothek,
Archiv und Museum außerschulisch Bildungsressourcen zur Nutzung bereit. Schließlich
ist auch für junge Menschen mit schulischen oder sozialen Defiziten eine Brücke
zur Bildung zu erhalten. Entsprechende Programme der Volkshochschulen, der
Berufsbildenden Schulen oder der Kompetenzagenturen stehen beispielhaft für
diese Ansätze. Nur ein konzertiertes Vorgehen, ein abgestimmtes System und ein
oder mehrere klare und gut definierte Bildungsziele einer Kommune können für möglichst
viele junge Menschen eine Basis schaffen, damit sie mit ihren Lebensentwürfen
an der gesellschaftlichen Entwicklung partizipieren können.
Diese
Zusammenhänge haben bereits eine Reihe von Städten als zentrale Ressource für
sich erkannt und so beginnt man dort mit einem systematischen Management des
Bildungsbereiches. Wie aus den obigen Erläuterungen bereits deutlich wird,
stößt man hier jedoch an die Problematik, dass sich die Bildungsträger in
unterschiedlichen organisatorischen Zuordnungen befinden. Am deutlichsten wird
dies im schulischen Bereich, wo sich die Zuständigkeiten der Träger auf Kommune
und Bezirksregierung verteilen. Schülerinnen, die im schulisch-pädagogischen
Kontext scheitern, tauchen häufig gleichzeitig in den Systemen der Jugendhilfe
auf. Zwei Systeme wirken im Extremfall demnach pädagogisch auf einen jungen
Menschen ein, ohne sich miteinander abzustimmen.
Nun ist die
Situation in Hilden prinzipiell geprägt von einem konstruktiven und vernetzten
Miteinander der Institutionen. Dennoch ist bei dem breiten Spektrum von
Bildungswegen, Bildungsmöglichkeiten und Bildungsinstitutionen die
Notwendigkeit einer koordinierenden und bündelnden Instanz gegeben. Gerade
wegen der hohen Dichte der Angebote ergibt sich hieraus die Chance einer effektiven
Arbeit.
Situationsanalyse
Die Stadt Hilden hat in den vergangen Jahren bereits eine Vielzahl von
Initiativen einer ganzheitlichen Förderung der Bildung und Erziehung ergriffen,
um besonders auch die Bildungschancen und die soziale Integration
benachteiligter Kinder und Jugendlicher zu verbessern. Genannt seinen hier:
-
Sozialräumliche Ausrichtung der Jugendhilfe
-
Hildener Kinderschutzkonzept
-
„Hilda“ – Familienbildung in Hilden – Einrichtung
von Elternschulangeboten
-
Umfassende Sprachfördermaßnahmen –
Kooperationsabsprachen Kindertagesstätten – Grundschulen
-
Gezielte Elternkonferenzen in der Muttersprache
(Marokkanisch, Türkisch)
-
KOMM-IN 2007/2008 -
„Bildung und Erziehung – Sprachförderung“
-
KOMM-IN 2008/2009 – Partizipation durch
stadtteilorientierte MultiplikatorInnennetzwerke
-
Ganztagsprojekt an der Theodor-Heuss Schule
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Kommunale Elternkonferenz
-
OGATA-Angebote in städt. Trägerschaft
-
Landesprogramm „Schule und Kultur“
-
Bildungspartner Bibliothek und Schule (seit 2001)
-
Projekt JeKi der Musikschule („Jedem Kind ein Instrument“)
-
Umfangreiche Angebote zur kulturellen Bildung
Es zeigt sich allerdings, dass eine gezieltere,
abgestimmte, strategische Koordination und Steuerung der Weiterentwicklung der
Förder- und Angebotslandschaft (Stadt, Schule, Vereine, Gruppen und
Initiativen) notwendig ist, um Transparenz zu schaffen und den eingeschlagenen
Weg noch erfolgreicher zu gestalten.
Die Zuständigkeiten für die diversen Projekte und
Fragestellungen im Bereich Bildung und Erziehung liegen entweder beim Kreis
Mettmann (Schulaufsicht, Gesundheitsamt), bei der Stadt Hilden (Amt für Jugend,
Schule und Sport, Kulturamt, Amt für Soziales und Integration) oder bei den
freien Trägern der Jugendhilfe. Selbstverständlich spielen auch die Eltern eine
wesentliche Rolle bei dem schulischen Erfolg ihrer Kinder.
Entsprechend der fragmentierten Zuständigkeit sind auch
unterschiedliche politische Gremien für einzelne Inititativen und Projekte
zuständig. Eine vollständige Bestandsaufnahme und ein abgestimmtes Vorgehen ist
bisher noch nicht erfolgt.
Die Einbindung des Integrationsbeirats, der
Migrantenselbstorganisationen oder entprechender Elterninitiativen sowie
ehrenamtlich im Bildungbereich Tätigen sollte ebenfalls weiter verstärkt
werden. Für Eltern mit Zuwanderungsgeschichte ohne eigene Schullaufbahn in
Deutschland (aus bildungsfernen Schichten) ist die Bedeutung und die
Handlungslogik der unterschiedlichen Angebote und Aktivitäten oft nur schwer
nachvollziehbar.
Schlußfolgerungen aus der Situationsanalyse
Die Komplexität der aufgezeigten Förder- und Bildungslandschaft lässt
sich nur steuern, wenn zwischen den verschiedenen Akteurs- und
Verantwortungsebenen einschließlich der Politik ein Konsens über die gemeinsame
strategische Grundausrichtung hergestellt und die Förder- und Bildungslandschaft
so aufeinander abgestimmt wird, dass die einzelnen Aktivitäten ineinander
greifen und sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Dadurch wird
gewährleistet, dass die einzelnen Angebote und Optionen für Pädagogen,
Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern erkennbar und sinnvoll nutzbar sind.
Konzeptentwicklung
„Bildungsstadt“
-
Leitgedanken einer perspektivischen Entwicklung
Um Kinder und Jugendliche zu befähigen, aktive Gestalter der
Gesellschaft und ihrer Lebenswelt zu sein, braucht es die Aufmerksamkeit und
Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Diese Aufgabe kann keine Gruppe und
Institution allein leisten. Die Stadt Hilden will deshalb Akteure, die für
Bildung, Betreuung, Beratung und Erziehung zuständig sind, dabei unterstützen,
ihre gemeinsame Verantwortung für Kinder und Jugendliche zu erkennen und
wahrzunehmen. Zu diesen Akteuren zählen: Schule, Sport, Kirche, Wirtschaft,
Betriebe, Kammern, Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe,
Kultureinrichtungen sowie bürgerschaftliche Initiativen. Das Hauptziel aller
Aktivitäten besteht darin, die Bildungsqualität und Partizipationschancen von
jungen Menschen unter Einbeziehung ihrer Eltern zu verbessern.
Angebote sollten deshalb in Zukunft unter Berücksichtigung der
spezifischen sozialräumlichen Verhältnisse gemeinsam mit den Beteiligten
geplant und bedarfs- und ressourcenorientiert umgesetzt werden.
Handlungsleitende Prinzipien dieser zu entwickelnden neuen Qualität von
Zusammenarbeit sind gegenseitige Wertschätzung und Transparenz sowie eine
abgestimmte, flexible und reflektierte Vorgehensweise. Bildung wird unter dem
Blickwinkel der Koproduktion sowohl zwischen den jungen Menschen und den am
Prozess der Bildung beteiligten Erwachsenen, als auch zwischen den einzelnen
Angeboten, Orten und Maßnahmen gesehen.
-
Einbindung in den
Familienbericht 2009
Für das Jahr 2009 strebt das Fachamt die Entwicklung eines
Familienberichtsystems an. Der Auftakt wird eine breit gefächerte Untersuchung
der Ausgangslage in der Stadt Hilden sein. Hier werden Bildungsfragen ein entscheidender
Faktor sein. Dies gilt sowohl für die Fragen der Bestandserhebung, wie auch für
den Bereich der Erwartungen von Hildener Familien, die dann in konkreten
Handlungsansätzen im Betreuungs- und Bildungsbereich einmünden werden.
-
Rolle der Jugendhilfeplanung
Jugendhilfeplanung ist lokal, wie auch überregional im Umbruch. Sie
entwickelt sich vom reinen Führungsinstrument der Jugendhilfe in eine
Vernetzungsinstanz zu den Bereichen der Schulentwicklungs- und Sozialplanung.
Daher liegen die Schwerpunkte immer weniger im reinen Aufbereiten von Zahlen,
Daten und Fakten und immer mehr im Management von sozialen
Veränderungsprozessen. Die Bezugsgröße dieses Managements ist der Ort, an dem
Menschen (miteinander) leben, also der Sozialraum.
Die Hildener Jugendhilfeplanung ist durch die fachliche Zuständigkeit
der Stadtteil- und Sozialraumarbeit seit vielen Jahren so aufgestellt. Planung
ist nicht alleinige Aufgabe des Jugendhilfeplaners, sondern die, aller im
jeweiligen System professionell und ehrenamtlich tätigen und relevanten Kräfte. Der Jugendhilfeplaner registriert,
bündelt, moderiert und vernetzt die Planungsprozesse.
Jugendhilfeplanung ist von ihrer Organisation ein Ansatz, der quer zur
fachlichen Versäulung der Jugendhilfe (Soziale Dienste, Kitas, Jugendförderung
etc.), eine sach- und projektorientierte Vernetzung der Arbeitfelder moderiert.
Dabei wird auch schon aktuell der Einbezug angrenzender Bereiche erfolgreich
vorangetrieben (Polizei, Schule etc.) Die Bezugsgröße dieser Vernetzung ist
aber bislang die Jugendhilfe. In einem möglichen Bildungskonzept würde dieser
eingrenzende Rahmen überwunden. Der Vernetzungsbezug würde auf das Thema Bildung
und die hiermit verbundenen Ziele ausgeweitet. Vorhandene Ressourcen können
hier genutzt werden.
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Rolle der
Jugendarbeit
Außerschulische Jugendbildung ist nach §11 Abs.3 1. des SGB VIII Aufgabe
der Jugendarbeit. In Hilden ist die Jugendarbeit sozialräumlich, also dezentral
und nach inhaltlichen Schwerpunkten (Kultur, Sport, Medien) aufgestellt. Diese
Schwerpunkte erfüllen bereits jetzt einen herausgehobenen Bildungsanspruch.
Die Vernetzung der Jugendförderung und ihrer Einrichtungen mit Schule
hat Tradition und kommt gerade aktuell auf Touren. Was als
Ordnungspartnerschaft begann (Landespreis 2005) wird zur Bildungspartnerschaft
weiterentwickelt (vgl. SV 51- 382) und dokumentiert ein erfolgreiches
Zusammenwachsen der Institutionen im Sinne der Jugendlichen.
Andererseits gerät die offene Jugendarbeit aber perspektivisch unter
Zugzwang. Die Entwicklung von
Ganztagsschulen und Betreuungsprojekten nagt bereits heute am Kundenstamm
der Einrichtungen. Die demografischen Entwicklungen werden das Potential der
möglichen Nutzerinnen und Nutzer weiter vermindern.
Die strategische Antwort der Jugendarbeit darauf kann in der offensiven
Beteiligung an der Ausgestaltung einer Bildungsstadt
Hilden bestehen. Jugendarbeit positioniert sich als eigenständiger
Bildungsträger und zwar in den ihr ureigensten Bereichen der sozialen, emotionalen
und informellen Bildung. Die Vernetzung dieser Bildungsbereiche mit dem schulischen
Sektor könnte genau den Unterschied ausmachen, der ein ordentliches Ganztagsschulkonzept
von einem dauerhaft erfolgreichen unterscheidet.
Auch hier wäre es möglich vorhandene Ressourcen mit auf den Weg zu einer
Bildungsstadt Hilden zu nehmen, ohne
dass die Jugendarbeit ihre originären Aufgaben vernachlässigt. Ein
Synergieschub aus der systematischen Vernetzung der Institutionen ist zu erwarten.
Fazit
Zur Abschätzung
der Chancen aber auch der Erfordernisse bedarf es eines qualifizierten Konzepts
für eine Bildungsstadt Hilden.
Kommunen sind
Lebens- und Lernort von Kindern und Jugendlichen. Sie müssen bei der Verbesserung
der Bildungs- und Entwicklungschancen eine besondere Verantwortung übernehmen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Akteure stärker als bisher
zusammenarbeiten. Erforderlich ist ein lokales Bildungsnetzwerk, das die
vorhandenen Ressourcen bündelt und ein ganzheitliches Konzept verfolgt.
Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, ein Konzept für ein lokales Bildungsnetzwerk
in Hilden zu entwickeln und den Weg zur Bildungsstadt Hilden vorzubereiten. Das
Konzept soll in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt
werden.