Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
Erläuterungen und Begründungen:
Das Kinderschutzsystem Hilden zeigt Wirkung, gleichzeitig steigen die
Fallzahlen. Beide Entwicklungen hängen miteinander zusammen. In der SV 51/343
wurde im JHA am 05.06.08 bereits auf die steigenden Fallzahlen im Bereich der
Hilfen zur Erziehung und die stark gestiegene Fallbelastung des Allgemeinen
Sozialen Dienstes hingewiesen. Die Verwaltung stellte mit Beschluss vom
05.06.08 kurzfristig eine halbe zusätzliche Personalstelle im Allgemeinen
Sozialdienst, zunächst befristet bis zum 31.12.08, zur Verfügung. Diese konnte
kurzfristig zum 01.07.08 besetzt werden. Zur Entlastung des Allgemeinen
Sozialdienstes und der Stärkung des Kinderschutzsystems wurden
Stellenplananträge gestellt, die zurzeit geprüft werden.
Die Fallzahlen im Bereich Hilfen zur Erziehung sind seit dem letzten
Bericht (Stand März 2008) weiter gestiegen (03/08: 256 Fälle, 07/08: 263
Fälle).
Hohe Fallzahlen weisen weiterhin die ambulanten Hilfen nach §27,2 SGB
VIII auf:
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Januar |
Februar |
März |
April |
Mai |
Juni |
Juli |
August |
September |
Oktober |
November |
Dezember |
2006 |
46 |
55 |
59 |
55 |
55 |
51 |
48 |
46 |
46 |
47 |
47 |
50 |
2007 |
52 |
55 |
60 |
68 |
88 |
83 |
80 |
73 |
76 |
79 |
83 |
87 |
2008 |
89 |
86 |
90 |
97 |
100 |
91 |
93 |
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|
|
Ebenfalls hohe Fallzahlen weisen die stationären Hilfen nach §34 SGB
VIII auf:
Die prognostizierten Mehrausgaben im Bereich der ambulanten Hilfen nach
§27,2 SGB VIII und den stationären Hilfen nach §34 SGB VIII sind maßgeblich
durch die Effektivität des Kinderschutzsystems bedingt. Die fortschreitende
Vernetzung führt zur Erkennung von mehr Hilfebedarfen und mehr ambulanten und
stationären Maßnahmen zum Schutz des Kindeswohls (ambulante Kontrollaufträge
und stationäre Unterbringungen). Hinzu kommen 3 stationäre Unterbringungen, die
in 2007/2008 veranlasst werden mussten, da trotz ambulanter Hilfe ein
Schulbesuch von Jugendlichen nicht sicherzustellen war.
Insbesondere der starke Anstieg bei den Heimunterbringungen führt zu
erheblichen, voraussichtlich auch mittelfristigen Belastungen des Budgets für
Hilfen zur Erziehung. Die Kosten für eine Heimunterbringung betragen zurzeit in
Hilden zwischen 114€ und 181€ pro Tag. Diese Kosten sind erheblich, bilden aber
noch nicht einmal die Kosten für Spezialintensivangebote mit bis 275€ pro Tag
ab. Die konkrete Form der Unterbringung ist abhängig von den Anforderungen des
Einzelfalls. Soweit wie möglich werden in Hilden weiterhin ortsnahe
Jugendhilfeeinrichtungen genutzt, die, wie das Ev. Kinderheim, einen Tagessatz
von um die 114€ haben. Hierdurch kann der Kostenanstieg, angesichts der hohen
Fallzahlsteigerungen, nicht verhindert, aber reduziert werden.
Ebenfalls angestiegen sind die Fälle der Eingliederungshilfe nach §35a
SGB VIII:
Der Anstieg der Kosten im Bereich der Eingliederungshilfe ist maßgeblich
durch vermehrte Ausgabe für seelisch behinderte junge Menschen, unter anderem
aus dem Bereich des Autismus, bedingt. Hinzukommen gestiegene Fallzahlen für
heilpädagogische Förderungen und Therapien im Bereich Legasthenie und
Dyskalkulie. Der Bereich der Eingliederungshilfe wurde in der Finanzplanung für
2008 um 58.000€ reduziert, da die bereitgestellten Mittel in den vergangenen
Jahren nicht verbraucht wurden. Das erwartete Einsparpotential konnte somit
nicht realisiert werden.
Die Anzahl Kindeswohlüberprüfungen liegen mit 49 Fällen in 2008 (Stand
Ende Juli 2008) mit 9 Fällen über dem Vorjahreszeitraum und entsprechen damit
der Anzahl aus dem Vergleichszeitraum 2006. Die Anzahl der Kindeswohlüberprüfungen
hält sich damit auf einem hohen Niveau.
Die Fallzahlsteigerungen führen, nach der derzeitigen Prognose, zu einer
Überschreitung der Haushaltsansätze im Bereich der Hilfen zur Erziehung von
insgesamt 364.000 €.
Analyse der HzE-Empfänger
In einem ersten Schritt zur systematischen Überprüfung von zusätzlichen
Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Hilfen zur Erziehung wurden die
Empfänger von Hilfen zur Erziehung
analysiert:
Zwei Faktoren finden sich jeweils bei über 50% der Leistungsempfänger
bzw. deren Herkunftsfamilie: Alleinerziehende haben einen Anteil von 62% und
Empfänger von Leistungen der ARGE oder des Arbeitsamtes einen Anteil von 53%.
Hohe Werte weist auch der Anteil der psychisch kranken Eltern mit 26% und der
Anteil der Eltern mit Suchterkrankungen mit 20% auf. Der Anteil der Eltern mit
Migrationshintergrund liegt ebenfalls bei 20%. Alleinerziehende und arme
Familien sind damit auch in Hilden überdurchschnittlich stark von
erzieherischen Notsituationen betroffen. Diese Werte unterstreichen die
Bedeutung von Präventionsprojekten wie PALME, Kurs für Alleinerziehende, und
KIPKEL, Projekt zur Betreuung von Kindern psychisch kranker Eltern. Die
dargestellten Werte korrespondieren mit einem fortschreitenden Zerfall
familiärer Strukturen und einer gesellschaftlichen Zunahme von Armut. Die
steigenden Fallzahlen im Bereich der Hilfen zur Erziehung machen deutlich, dass
durch entsprechende Präventionsprojekte gesellschaftliche Entwicklungen
aufgefangen, aber nicht grundlegend verändert werden können. Es wird weiter
untersucht werden, an welchen Stellen in Hilden Präventionsprogramme noch
sinnvoll eingesetzt werden können, um gesellschaftliche Veränderungsprozesse
aufzufangen und damit auch hohe Folgekosten zu begrenzen.
Prognose:
Die hohen Fallzahlen werden nicht kurzfristig gesenkt werden können. Die
Fallkosten und die interne Ablauforganisation unterliegen einer fortlaufenden
Kontrolle und Optimierung. Neue Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der
Prävention werden geprüft. Es ist aber davon auszugehen, dass die fortschreitende
Vernetzung und Prävention weiterhin zu einer früheren Erkennung von Hilfebedarfen
und damit zu mehr Fällen führen wird. Die Konsequenz bei den Interventionen in
Schulverweigerungsfälle sollte fortgesetzt werden, da dies eine notwendige
Unterstützung der Bildungsverläufe in Hilden darstellt.
Insgesamt ist daraufhin zuweisen, dass die Früherkennung nicht nur zu
mehr Fällen, sondern, durch die Effektivität der geleisteten Hilfen, auch zu
einem höheren Lebenswert für Familien in Hilden und einem größeren Schutz für
Kinder führt. Nach der Auswertung des Institutes e/l/s zur Zielereichungsquote
im Bereich der Hilfen zur Erziehung in Hilden werden in über 80% aller Fälle
die Zielbereiche Förderung der Entwicklung des Kindes, Förderung der Erziehungskompetenz,
Lösung familiärer Probleme und Situationsklärung (Clearing / Diagnostik) vollständig
oder zum Teil erreicht. Lediglich im Zielbereich „Verbesserung der familiären
Beziehungen“ wird ein geringer Wirkungsgrad erreicht.
Empfehlung:
Die Fallzahlsteigerungen führen, nach der derzeitigen Prognose, zu einer
Überschreitung der Haushaltsansätze im Bereich der Hilfen zur Erziehung von
voraussichtlich insgesamt 364.000 €, die dann überplanmäßig zur Verfügung
gestellt werden müssten. Zur Reduzierung von Prognoseunsicherheiten wird die
Beantragung der überplanmäßigen Mittel über eine gesonderte Beschlussvorlage
für den Haupt- und Finanzausschuss, am 26.11.08, und den Rat, am
17.12.08, erfolgen.
Günter Scheib
Finanzielle
Auswirkungen: |
ja |
|
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Produktnummer |
060301 |
Bezeichnung: |
Bereitstellung
von Hilfen innerhalb u. außerhalb von Familien |
|
Investitions-Nr.: |
|
|
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Mittel
stehen zur Verfügung: |
ja |
|
||
Haushaltsjahr: |
2008 |
|
||
Der
Mehrbedarf besteht für folgendes Produkt: |
|
|||
Kostenstelle |
Kostenträger |
Konto |
Betrag
€ |
Sichtvermerk
Kämmerer |
5120000020 |
0603010040 (Inobhutnahmen
§42) |
533500 |
- 60.000 |
|
5120000020 |
0603010020 (Ambulante
Erziehungshilfen §27,2) |
533400 |
-171.000 |
|
5120000020 |
0603010080 (Heimpflege
§34) |
533500 |
-279.000 |
|
5120000020 |
0603010030 (Eingliederungshilfe
innerhalb v.E. §35a) |
533400 |
-14.000 |
|
5120000020 |
0603010030 (Eingliederungshilfe
außerhalb v.E. §35a) |
533500 |
-26.000 |
|
Die
Deckung ist durch folgendes Produkt gewährleistet: |
||||
Kostenstelle |
Kostenträger |
Konto |
Betrag
€ |
|
5120000020 |
0603010050 (Tagesgruppe
§32) |
533500 |
50.000 |
|
5120000020 |
0603010070 (Vollzeitpflege
§33) |
533400 |
49.000 |
|
5120000020 |
0603010090 (Junge Volljährige
innerhalb v.E. §41) |
533400 |
50.000 |
|
5120000020 |
0603010090 (Hilfe für
junge Volljährige §41 außerhalb v.E.) |
533500 |
37.000 |
|
Finanzierung: |
|