Betreff
Entwicklung der Situation im Bereich der Hilfen zur Erziehung
Vorlage
WP 04-09 SV 51/362
Aktenzeichen
III/51 Scha
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Das Kinderschutzsystem Hilden zeigt Wirkung, gleichzeitig steigen die Fallzahlen. Beide Entwicklungen hängen miteinander zusammen. In der SV 51/343 wurde im JHA am 05.06.08 bereits auf die steigenden Fallzahlen im Bereich der Hilfen zur Erziehung und die stark gestiegene Fallbelastung des Allgemeinen Sozialen Dienstes hingewiesen. Die Verwaltung stellte mit Beschluss vom 05.06.08 kurzfristig eine halbe zusätzliche Personalstelle im Allgemeinen Sozialdienst, zunächst befristet bis zum 31.12.08, zur Verfügung. Diese konnte kurzfristig zum 01.07.08 besetzt werden. Zur Entlastung des Allgemeinen Sozialdienstes und der Stärkung des Kinderschutzsystems wurden Stellenplananträge gestellt, die zurzeit geprüft werden.

 

Die Fallzahlen im Bereich Hilfen zur Erziehung sind seit dem letzten Bericht (Stand März 2008) weiter gestiegen (03/08: 256 Fälle, 07/08: 263 Fälle).

 

 

 


 

Hohe Fallzahlen weisen weiterhin die ambulanten Hilfen nach §27,2 SGB VIII auf:

 

 

Januar

Februar

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

2006

46

55

59

55

55

51

48

46

46

47

47

50

2007

52

55

60

68

88

83

80

73

76

79

83

87

2008

89

86

90

97

100

91

93

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ebenfalls hohe Fallzahlen weisen die stationären Hilfen nach §34 SGB VIII auf:

 

 

 

 

Die prognostizierten Mehrausgaben im Bereich der ambulanten Hilfen nach §27,2 SGB VIII und den stationären Hilfen nach §34 SGB VIII sind maßgeblich durch die Effektivität des Kinderschutzsystems bedingt. Die fortschreitende Vernetzung führt zur Erkennung von mehr Hilfebedarfen und mehr ambulanten und stationären Maßnahmen zum Schutz des Kindeswohls (ambulante Kontrollaufträge und stationäre Unterbringungen). Hinzu kommen 3 stationäre Unterbringungen, die in 2007/2008 veranlasst werden mussten, da trotz ambulanter Hilfe ein Schulbesuch von Jugendlichen nicht sicherzustellen war.

 

Insbesondere der starke Anstieg bei den Heimunterbringungen führt zu erheblichen, voraussichtlich auch mittelfristigen Belastungen des Budgets für Hilfen zur Erziehung. Die Kosten für eine Heimunterbringung betragen zurzeit in Hilden zwischen 114€ und 181€ pro Tag. Diese Kosten sind erheblich, bilden aber noch nicht einmal die Kosten für Spezialintensivangebote mit bis 275€ pro Tag ab. Die konkrete Form der Unterbringung ist abhängig von den Anforderungen des Einzelfalls. Soweit wie möglich werden in Hilden weiterhin ortsnahe Jugendhilfeeinrichtungen genutzt, die, wie das Ev. Kinderheim, einen Tagessatz von um die 114€ haben. Hierdurch kann der Kostenanstieg, angesichts der hohen Fallzahlsteigerungen, nicht verhindert, aber reduziert werden.

 


 

Ebenfalls angestiegen sind die Fälle der Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII:

 

 

 

 

Der Anstieg der Kosten im Bereich der Eingliederungshilfe ist maßgeblich durch vermehrte Ausgabe für seelisch behinderte junge Menschen, unter anderem aus dem Bereich des Autismus, bedingt. Hinzukommen gestiegene Fallzahlen für heilpädagogische Förderungen und Therapien im Bereich Legasthenie und Dyskalkulie. Der Bereich der Eingliederungshilfe wurde in der Finanzplanung für 2008 um 58.000€ reduziert, da die bereitgestellten Mittel in den vergangenen Jahren nicht verbraucht wurden. Das erwartete Einsparpotential konnte somit nicht realisiert werden.


 

Die Anzahl Kindeswohlüberprüfungen liegen mit 49 Fällen in 2008 (Stand Ende Juli 2008) mit 9 Fällen über dem Vorjahreszeitraum und entsprechen damit der Anzahl aus dem Vergleichszeitraum 2006. Die Anzahl der Kindeswohlüberprüfungen hält sich damit auf einem hohen  Niveau.

 

 

Die Fallzahlsteigerungen führen, nach der derzeitigen Prognose, zu einer Überschreitung der Haushaltsansätze im Bereich der Hilfen zur Erziehung von insgesamt 364.000 €.


Analyse der HzE-Empfänger

 

In einem ersten Schritt zur systematischen Überprüfung von zusätzlichen Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Hilfen zur Erziehung wurden die Empfänger von Hilfen zur Erziehung

analysiert:

 

 

Zwei Faktoren finden sich jeweils bei über 50% der Leistungsempfänger bzw. deren Herkunftsfamilie: Alleinerziehende haben einen Anteil von 62% und Empfänger von Leistungen der ARGE oder des Arbeitsamtes einen Anteil von 53%. Hohe Werte weist auch der Anteil der psychisch kranken Eltern mit 26% und der Anteil der Eltern mit Suchterkrankungen mit 20% auf. Der Anteil der Eltern mit Migrationshintergrund liegt ebenfalls bei 20%. Alleinerziehende und arme Familien sind damit auch in Hilden überdurchschnittlich stark von erzieherischen Notsituationen betroffen. Diese Werte unterstreichen die Bedeutung von Präventionsprojekten wie PALME, Kurs für Alleinerziehende, und KIPKEL, Projekt zur Betreuung von Kindern psychisch kranker Eltern. Die dargestellten Werte korrespondieren mit einem fortschreitenden Zerfall familiärer Strukturen und einer gesellschaftlichen Zunahme von Armut. Die steigenden Fallzahlen im Bereich der Hilfen zur Erziehung machen deutlich, dass durch entsprechende Präventionsprojekte gesellschaftliche Entwicklungen aufgefangen, aber nicht grundlegend verändert werden können. Es wird weiter untersucht werden, an welchen Stellen in Hilden Präventionsprogramme noch sinnvoll eingesetzt werden können, um gesellschaftliche Veränderungsprozesse aufzufangen und damit auch hohe Folgekosten zu begrenzen.

 

 

Prognose:

Die hohen Fallzahlen werden nicht kurzfristig gesenkt werden können. Die Fallkosten und die interne Ablauforganisation unterliegen einer fortlaufenden Kontrolle und Optimierung. Neue Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Prävention werden geprüft. Es ist aber davon auszugehen, dass die fortschreitende Vernetzung und Prävention weiterhin zu einer früheren Erkennung von Hilfebedarfen und damit zu mehr Fällen führen wird. Die Konsequenz bei den Interventionen in Schulverweigerungsfälle sollte fortgesetzt werden, da dies eine notwendige Unterstützung der Bildungsverläufe in Hilden darstellt.

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt ist daraufhin zuweisen, dass die Früherkennung nicht nur zu mehr Fällen, sondern, durch die Effektivität der geleisteten Hilfen, auch zu einem höheren Lebenswert für Familien in Hilden und einem größeren Schutz für Kinder führt. Nach der Auswertung des Institutes e/l/s zur Zielereichungsquote im Bereich der Hilfen zur Erziehung in Hilden werden in über 80% aller Fälle die Zielbereiche Förderung der Entwicklung des Kindes, Förderung der Erziehungskompetenz, Lösung familiärer Probleme und Situationsklärung (Clearing / Diagnostik) vollständig oder zum Teil erreicht. Lediglich im Zielbereich „Verbesserung der familiären Beziehungen“ wird ein geringer Wirkungsgrad erreicht.

 

 

 

Empfehlung:

 

Die Fallzahlsteigerungen führen, nach der derzeitigen Prognose, zu einer Überschreitung der Haushaltsansätze im Bereich der Hilfen zur Erziehung von voraussichtlich insgesamt 364.000 €, die dann überplanmäßig zur Verfügung gestellt werden müssten. Zur Reduzierung von Prognoseunsicherheiten wird die Beantragung der überplanmäßigen Mittel über eine gesonderte Beschlussvorlage

für den Haupt- und Finanzausschuss, am 26.11.08, und den Rat, am 17.12.08, erfolgen.

 

 

 

 

Günter Scheib

 


Finanzielle Auswirkungen:

ja

 

Produktnummer

 060301

Bezeichnung:

Bereitstellung von Hilfen innerhalb u. außerhalb von Familien

Investitions-Nr.:

 

 

Mittel stehen zur Verfügung:

ja

 

Haushaltsjahr:

2008

 

Der Mehrbedarf besteht für folgendes Produkt:

 

Kostenstelle

Kostenträger

Konto

Betrag €

Sichtvermerk Kämmerer

 

 

5120000020

0603010040

(Inobhutnahmen §42)

533500

- 60.000

5120000020

0603010020

(Ambulante Erziehungshilfen §27,2)

533400

-171.000

5120000020

0603010080

(Heimpflege §34)

533500

-279.000

5120000020

0603010030

(Eingliederungshilfe innerhalb v.E. §35a)

533400

-14.000

5120000020

0603010030

(Eingliederungshilfe außerhalb v.E. §35a)

533500

-26.000

Die Deckung ist durch folgendes Produkt gewährleistet:

Kostenstelle

Kostenträger

Konto

Betrag €

5120000020

0603010050

(Tagesgruppe §32)

533500

50.000

5120000020

0603010070

(Vollzeitpflege §33)

533400

49.000

5120000020

0603010090

(Junge Volljährige innerhalb v.E. §41)

533400

50.000

5120000020

0603010090

(Hilfe für junge Volljährige §41 außerhalb v.E.)

533500

37.000

Finanzierung: