Betreff
Gesetzentwurf zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - Kibiz) - Antrag der Fraktion Bürgeraktion vom 25.09.2007 -
Vorlage
WP 04-09 SV 51/306
Aktenzeichen
III/51.1 -Schg
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zum Gesetzentwurf zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – Kibiz) zur Kenntnis.“

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses

 

Mit Schreiben vom 25.09.2007 hat die Bürgeraktion Hilden (BA) eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses zum geplanten Kinderbildungsgesetz NRW (Kibiz) beantragt, in der allen Beteiligten - Erzieherinnen und Erziehern, Eltern und örtlichen Trägern - die Möglichkeit der Anhörung geboten wird. Die Ergebnisse dieser Sitzung soll der Fachausschuss ggfs. im Rahmen einer Resolution der Landesregierung zur Kenntnis bringen. In Absprache mit der Fraktion ist geplant, dass nach einem Kurzvortrag zum Inhalt des Gesetzesentwurfs von Kibiz einige Trägerverträger bzw. Leitungen von Kindertageseinrichtungen (u.a. Ev. Kirche, Kath. Kirche, AWO, Paritätischer Wohlfahrtsverband) und stellvertretend für die Elternschaft ein Vertreter einer Elterninitiative (Träger einer Kindertageseinrichtung) Statements abgeben und im Anschluss Gelegenheit besteht, noch Fragen zu formulieren.

 

Die Verwaltung ist bemüht, für den Kurzvortrag zum Kibiz Herrn Breuksch und  Frau Friedrich als Vertreter des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration als Referenten zu gewinnen. Beide Fachleute haben bereits bei der Veranstaltung Mitte Juni sehr kompetent und informativ den Gesetzentwurf Kibiz vorstellt, was die Teilnehmer bereits während der Veranstaltung zu der Bitte veranlasste, eine ähnliche Veranstaltung nach Verabschiedung des Kibiz und Vorliegen der Ausführungsbestimmungen durchzuführen. Zu dieser Veranstaltung waren u.a. die Trägervertreter, die Leitungen der Kindertageseinrichtungen, Fachberatungen und Mitglieder des Jugendhilfeausschusses eingeladen.

 

 

 

Gesetzentwurf zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – Kibiz)

 

Am 22. Mai 2007 hat die Landesregierung den "Gesetzentwurf zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - Kibiz)" verabschiedet und dem Landtag zugeleitet.

Das neue Gesetz Kibiz soll das alte Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder NRW (GTK NRW) aus dem Jahre 1993 ablösen. Es soll am 1. August 2008 - zum Kindergartenjahr 2008/2009 - in Kraft treten.

Im Zentrum des Gesetzes stehen neben dem verstärkten Ausbau des Betreuungsangebotes für Unterdreijährige insbesondere die frühe Bildung und Förderung von Kindern und mehr Flexibilität für die Eltern bei der Nutzung des Angebots. Die Kernelemente des Gesetzes sind:

 

·         die Stärkung des Bildungs- und Erziehungsauftrags im frühen Kindesalter,

·         ein umfassender Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren,

·         die Sicherung einer vielfältigen Angebotsstruktur,

·         eine Orientierung der Betreuungszeiten am unterschiedlichen Bedarf der Familien,

·         die Pauschalisierung des Finanzierungssystems,

·         die Aufnahme der Sprachförderung als gesetzliche Regelaufgabe,

·         Stärkung des Gesundheitsschutzes von Kindern, um auf Vernachlässigung und Kindesmisshandlung frühzeitig reagieren zu können,

·         Regelung der Zusammenarbeit mit den Eltern, den Grundschulen und anderen Einrichtungen,

·         die gesetzliche Verankerung der Familienzentren und

·         die Aufwertung der Kindertagespflege als gleichwertige Alternative zu den Tageseinrichtungen.


Darüber hinaus regelt das Gesetz die in der Diskussion besonders umstrittene öffentliche Förderung und Finanzierung der Einrichtungen. Als Berechnungsgrundlage dienen "Kindpauschalen".

 

Der Gesetzesentwurf Kinderbildungsgesetz NRW (Kibiz) wurde am 13.06.2007 in den Landtag eingebracht (1. Lesung), an die sich eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen und Interessenvertretungen am 28. / 29.08.2007 anschloss. Die Dokumentation der Anhörung ist unter www.landtag.nrw.de nachzulesen: insgesamt 36 Organisationen haben schriftlich zu den 86 Fragen Stellung genommen.

 

Das neue Gesetz hat zahlreiche Fragen aufgeworfen, zum einen bei den Fachkräften in den Einrichtungen und zum anderen äußern auch Eltern Ihre Sorge darüber, ob die gewohnte Qualität auch weiterhin gesichert ist. Dies war Anlass für eine Demonstration vor dem Landtag NRW am 15.09.2007, an der u.a. Eltern, Erzieherinnen / Erzieher, Vertreter verschiedenster Institutionen und Vertreter politischer Parteien teilnahmen.

 

Verwaltungsseitig wird durchaus begrüßt, dass das Gesetzesvorhaben auf eine Modernisierung des Finanzierungssystems und vor allem auf eine dauerhafte Beteiligung des Landes an der Finanzierung des Ausbaus der U-Drei-Betreuung sowie auf eine Verbesserung der Bildungsarbeit in den Tageseinrichtungen für Kinder ausgerichtet ist.

 

Gleichwohl gibt es zahlreiche Kritikpunkte und einen umfangreichen Nachbesserungsbedarf. Dabei ist folgendes besonders herauszustellen:

 

-          Die vorgesehene mit Höchstgrenzen versehene Förderung im U-Drei Bereich berücksichtigt lediglich die Ausbauverpflichtungen nach dem TAG. Dies geht von einer Zielquote von 20 % aus. Schon die von der Stadt Hilden im Jahr 2004 vorgenommene Auswertung der Elternbefragung ergab eine anzustrebende Versorgungsquote von 25 %. Der nun bundespolitisch diskutierte Ausbau bis 2013 geht darüber weit hinaus. Die Verteilung der U-Drei-Kontingente ist derzeit noch unklar. Die Städte, die bereits jetzt – wie in Hilden 13 % -  und damit hohe Versorgungsquoten haben, könnten benachteiligt werden. Eine Begrenzung des Ausbaus unterhalb der zukünftigen Bundesziele wäre weder bedarfsgerecht noch zukunftsorientiert.

 

-          Nach wie vor ist die Regelung zu den Elternbeiträgen nicht zu akzeptieren. Völlig unrealistisch ist die Annahme, die Elternbeiträge würden einen Anteil an der Gesamtfinanzierung in Höhe von 19 % erreichen. In Hilden sind es derzeit noch günstige 15-16 %. In den Ruhrgebietsstädten betragen die Anteile 10-12 %. Wichtig ist zudem, dass der Gesetzgeber zu einer landeseinheitlichen Beitragstabelle zurückkehrt; ansonsten wird es sozial- und bildungspolitische Schieflagen im Land geben. Die  Angebote für Familien in Kindertageseinrichtungen müssen bezahlbar bleiben.

 

-          Die Finanzierung der Familienzentren mit nur 12.000 € pro Jahr ist völlig unzureichend. Die Erwartungen können so nicht erfüllt werden. Zudem zeigt sich schon jetzt, dass die Familienzentren unter Umständen weitere räumliche Ressourcen benötigen. Dazu muss es  eine Investitionsförderung geben.

 

-          Die Mischform bei der Finanzierung von Kind- und Gruppenpauschalen wirft erhebliche Umsetzungsprobleme auf. Im jetzigen Entwurf ist ein Gruppenelement kaum noch zu erkennen. Hier entstehen erhebliche finanzielle Risiken für die Träger. Zudem ist eine Praktikabilität des Gesetzes nicht erkennbar.

 

 

 

 

Auch die intensive Diskussion im Rahmen der Landtagsanhörung am 28./29.08.2007 zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – Kibiz)“ machte u.a. deutlich, dass hinsichtlich des Finanzierungssystems und dessen Umsetzung zu den Regelungen des KiBiz erheblicher Korrekturbedarf besteht.


Im Anschluss an die Landtagsanhörung fanden Gespräche zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und den kommunalen Spitzenverbänden statt. Ziel war es, Gemeinsamkeiten zu eruieren und Vorschläge zu entwickeln, damit diese noch im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens Berücksichtigung finden können. Insbesondere zu der Kernfrage, wie die zukünftige Finanzierung geregelt sein sollte, konnte ein Konsens verbunden mit konkreten Formulierungsvorschlägen erzielt werden. Der Lösungsvorschlag greift das System der Kindpauschalen auf und ergänzt es durch ein neues Element, das „Einrichtungsbudget“.

Nach Einschätzung der Spitzenverbände der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege zeigt der Lösungsvorschlag einen Weg auf, die Finanzierung der Kinderbetreuung in den Einrichtungen auf eine Grundlage zu stellen, die die Risiken zwischen Einrichtungs- und Finanzierungsträgern gerechter verteilt. Daneben bleiben weitere Kritikpunkte offen, wie etwa die Finanzierung der Sprachförderung, der Familienzentren oder die Kommunalisierung der Elternbeiträge. Demzufolge gelten nach Darstellung der kommunalen Spitzenverbände die ursprünglichen Stellungnahmen weiter. Als Anlage ist die Pressemitteilung der kommunalen Spitzenverbände beigefügt.

 

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Öffentlichen und Freien Wohlfahrtspflege in NRW hat diese Vorschläge den im Landtag vertretenen Fraktionen am 19.09.2007 mit der Bitte um Unterstützung zugeleitet. Die Finanzierungsvorschläge werden durch die Landesregierung intensiv geprüft – inwieweit sie vom Gesetzgeber aufgegriffen werden bleibt abzuwarten.

 

Für den 24.10.2007 ist die zweite und für den 25.10.2007 die dritte Lesung des Gesetzentwurfs vorgesehen mit dem Ziel, dass das Gesetz verabschiedet wird und wie geplant zum 01.08.2008 in Kraft tritt.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

 

Horst Thiele

1. Beigeordneter

 


Personelle Auswirkungen

Nein