Beschlussvorschlag:
„Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zum Gesetzentwurf zur frühen
Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – Kibiz) zur Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses
Mit Schreiben vom
25.09.2007 hat die Bürgeraktion Hilden (BA) eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses
zum geplanten Kinderbildungsgesetz NRW (Kibiz) beantragt, in der allen Beteiligten
- Erzieherinnen und Erziehern, Eltern und örtlichen Trägern - die Möglichkeit
der Anhörung geboten wird. Die Ergebnisse dieser Sitzung soll der Fachausschuss
ggfs. im Rahmen einer Resolution der Landesregierung zur Kenntnis bringen. In
Absprache mit der Fraktion ist geplant, dass nach einem Kurzvortrag zum Inhalt
des Gesetzesentwurfs von Kibiz einige Trägerverträger bzw. Leitungen von
Kindertageseinrichtungen (u.a. Ev. Kirche, Kath. Kirche, AWO, Paritätischer
Wohlfahrtsverband) und stellvertretend für die Elternschaft ein Vertreter einer
Elterninitiative (Träger einer Kindertageseinrichtung) Statements abgeben und
im Anschluss Gelegenheit besteht, noch Fragen zu formulieren.
Die Verwaltung ist
bemüht, für den Kurzvortrag zum Kibiz Herrn Breuksch und Frau Friedrich als Vertreter des Ministeriums
für Generationen, Familie, Frauen und Integration als Referenten zu gewinnen.
Beide Fachleute haben bereits bei der Veranstaltung Mitte Juni sehr kompetent
und informativ den Gesetzentwurf Kibiz vorstellt, was die Teilnehmer bereits
während der Veranstaltung zu der Bitte veranlasste, eine ähnliche Veranstaltung
nach Verabschiedung des Kibiz und Vorliegen der Ausführungsbestimmungen
durchzuführen. Zu dieser Veranstaltung waren u.a. die Trägervertreter, die
Leitungen der Kindertageseinrichtungen, Fachberatungen und Mitglieder des
Jugendhilfeausschusses eingeladen.
Gesetzentwurf
zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – Kibiz)
Am 22. Mai 2007 hat die Landesregierung den
"Gesetzentwurf zur frühen Bildung und Förderung von Kindern
(Kinderbildungsgesetz - Kibiz)" verabschiedet und dem Landtag zugeleitet.
Das neue Gesetz Kibiz soll das alte Gesetz
über Tageseinrichtungen für Kinder NRW (GTK NRW) aus dem Jahre 1993 ablösen. Es
soll am 1. August 2008 - zum Kindergartenjahr 2008/2009 - in Kraft treten.
Im Zentrum des Gesetzes stehen neben dem
verstärkten Ausbau des Betreuungsangebotes für Unterdreijährige insbesondere
die frühe Bildung und Förderung von Kindern und mehr Flexibilität für die
Eltern bei der Nutzung des Angebots. Die Kernelemente des Gesetzes sind:
·
die Stärkung des Bildungs- und Erziehungsauftrags
im frühen Kindesalter,
·
ein umfassender Ausbau der Betreuungsangebote für
Kinder unter drei Jahren,
·
die Sicherung einer vielfältigen Angebotsstruktur,
·
eine Orientierung der Betreuungszeiten am unterschiedlichen
Bedarf der Familien,
·
die Pauschalisierung des Finanzierungssystems,
·
die Aufnahme der Sprachförderung als gesetzliche
Regelaufgabe,
·
Stärkung des Gesundheitsschutzes von Kindern, um
auf Vernachlässigung und Kindesmisshandlung frühzeitig reagieren zu können,
·
Regelung der Zusammenarbeit mit den Eltern, den
Grundschulen und anderen Einrichtungen,
·
die gesetzliche Verankerung der Familienzentren und
·
die Aufwertung der Kindertagespflege als
gleichwertige Alternative zu den Tageseinrichtungen.
Darüber hinaus regelt das Gesetz die in der Diskussion besonders umstrittene
öffentliche Förderung und Finanzierung der Einrichtungen. Als
Berechnungsgrundlage dienen "Kindpauschalen".
Der
Gesetzesentwurf Kinderbildungsgesetz NRW (Kibiz) wurde am 13.06.2007 in den
Landtag eingebracht (1. Lesung), an die sich eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen und Interessenvertretungen
am 28. / 29.08.2007 anschloss. Die Dokumentation der Anhörung ist unter www.landtag.nrw.de
nachzulesen: insgesamt 36 Organisationen haben schriftlich zu den 86 Fragen
Stellung genommen.
Das neue Gesetz
hat zahlreiche Fragen aufgeworfen, zum einen bei den Fachkräften in den Einrichtungen
und zum anderen äußern auch Eltern Ihre Sorge darüber, ob die gewohnte Qualität
auch weiterhin gesichert ist. Dies war Anlass für eine Demonstration vor dem Landtag NRW am 15.09.2007, an der u.a.
Eltern, Erzieherinnen / Erzieher, Vertreter verschiedenster Institutionen und
Vertreter politischer Parteien teilnahmen.
Verwaltungsseitig
wird durchaus begrüßt, dass das Gesetzesvorhaben auf eine Modernisierung des
Finanzierungssystems und vor allem auf eine dauerhafte Beteiligung des Landes
an der Finanzierung des Ausbaus der U-Drei-Betreuung sowie auf eine Verbesserung
der Bildungsarbeit in den Tageseinrichtungen für Kinder ausgerichtet ist.
Gleichwohl gibt es
zahlreiche Kritikpunkte und einen umfangreichen Nachbesserungsbedarf. Dabei ist
folgendes besonders herauszustellen:
-
Die vorgesehene mit Höchstgrenzen versehene
Förderung im U-Drei Bereich berücksichtigt lediglich die Ausbauverpflichtungen
nach dem TAG. Dies geht von einer Zielquote von 20 % aus. Schon die von der
Stadt Hilden im Jahr 2004 vorgenommene Auswertung der Elternbefragung ergab eine
anzustrebende Versorgungsquote von 25 %. Der nun bundespolitisch diskutierte
Ausbau bis 2013 geht darüber weit hinaus. Die Verteilung der U-Drei-Kontingente
ist derzeit noch unklar. Die Städte, die bereits jetzt – wie in Hilden 13 %
- und damit hohe Versorgungsquoten
haben, könnten benachteiligt werden. Eine Begrenzung des Ausbaus unterhalb der
zukünftigen Bundesziele wäre weder bedarfsgerecht noch zukunftsorientiert.
-
Nach wie vor ist die Regelung zu den
Elternbeiträgen nicht zu akzeptieren. Völlig unrealistisch ist die Annahme, die
Elternbeiträge würden einen Anteil an der Gesamtfinanzierung in Höhe von 19 %
erreichen. In Hilden sind es derzeit noch günstige 15-16 %. In den
Ruhrgebietsstädten betragen die Anteile 10-12 %. Wichtig ist zudem, dass der Gesetzgeber
zu einer landeseinheitlichen Beitragstabelle zurückkehrt; ansonsten wird es
sozial- und bildungspolitische Schieflagen im Land geben. Die Angebote für Familien in Kindertageseinrichtungen
müssen bezahlbar bleiben.
-
Die Finanzierung der Familienzentren mit nur 12.000
€ pro Jahr ist völlig unzureichend. Die Erwartungen können so nicht erfüllt
werden. Zudem zeigt sich schon jetzt, dass die Familienzentren unter Umständen
weitere räumliche Ressourcen benötigen. Dazu muss es eine Investitionsförderung geben.
-
Die Mischform bei der Finanzierung von Kind- und
Gruppenpauschalen wirft erhebliche Umsetzungsprobleme auf. Im jetzigen Entwurf
ist ein Gruppenelement kaum noch zu erkennen. Hier entstehen erhebliche
finanzielle Risiken für die Träger. Zudem ist eine Praktikabilität des Gesetzes
nicht erkennbar.
Auch die
intensive Diskussion im Rahmen der Landtagsanhörung am 28./29.08.2007 zum Gesetzentwurf
der Landesregierung „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz
– Kibiz)“ machte u.a. deutlich, dass hinsichtlich des Finanzierungssystems und dessen Umsetzung zu den Regelungen des
KiBiz erheblicher Korrekturbedarf besteht.
Im Anschluss an die
Landtagsanhörung fanden Gespräche zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände
der Freien Wohlfahrtspflege und den kommunalen Spitzenverbänden statt. Ziel war
es, Gemeinsamkeiten zu eruieren und Vorschläge zu entwickeln, damit diese noch
im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens Berücksichtigung finden können.
Insbesondere zu der Kernfrage, wie die zukünftige Finanzierung geregelt sein sollte, konnte ein Konsens verbunden mit konkreten
Formulierungsvorschlägen erzielt werden. Der Lösungsvorschlag
greift das System der Kindpauschalen auf und ergänzt es durch ein neues
Element, das „Einrichtungsbudget“.
Nach Einschätzung der Spitzenverbände der öffentlichen und freien
Wohlfahrtspflege zeigt der Lösungsvorschlag einen Weg auf, die Finanzierung der
Kinderbetreuung in den Einrichtungen auf eine Grundlage zu stellen, die die
Risiken zwischen Einrichtungs- und Finanzierungsträgern gerechter verteilt.
Daneben bleiben weitere Kritikpunkte offen, wie etwa die Finanzierung der
Sprachförderung, der Familienzentren oder die Kommunalisierung der Elternbeiträge.
Demzufolge gelten nach
Darstellung der kommunalen Spitzenverbände die ursprünglichen Stellungnahmen weiter.
Als Anlage ist die Pressemitteilung der kommunalen Spitzenverbände beigefügt.
Die
Landesarbeitsgemeinschaft der Öffentlichen und Freien Wohlfahrtspflege in NRW
hat diese Vorschläge den im Landtag vertretenen Fraktionen am 19.09.2007 mit
der Bitte um Unterstützung zugeleitet. Die Finanzierungsvorschläge werden durch die Landesregierung intensiv
geprüft – inwieweit sie vom Gesetzgeber aufgegriffen werden bleibt
abzuwarten.
Für den 24.10.2007 ist die zweite und für den
25.10.2007 die dritte Lesung des Gesetzentwurfs vorgesehen mit dem Ziel,
dass das Gesetz verabschiedet wird und wie geplant zum 01.08.2008 in Kraft
tritt.
In Vertretung
Horst Thiele
1. Beigeordneter
Personelle
Auswirkungen |
Nein |