Betreff
Bildungsdokumentation
Vorlage
WP 04-09 SV 51/192
Aktenzeichen
III/51.1 - Schg
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Jugendhilfeausschuss nimmt den vorliegenden Bericht über die Bildungsdokumentation in städt. Kindertageseinrichtungen zustimmend zur Kenntnis.“

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Bildungsvereinbarung

Zur Stärkung des Bildungsauftrags der Tageseinrichtungen für Kinder in NRW hat die Landesregierung mit den Spitzenverbänden der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege sowie mit den Kirchen eine Vereinbarung über Bildungsziele, Bildungsbereiche und einen offenen Bildungsplan, der Grundlage für Bildungsprozesse in nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen sein soll, abgeschlossen. Die zum 01.08.2003 in Kraft getretene „Vereinbarung zu den Grundsätzen über die Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen für Kinder – Bildungsvereinbarung NRW“ konkretisiert den in § 2 Abs. 1 GTK NRW festgeschriebenen eigenständigen Bildungsauftrag der Tageseinrichtungen für Kinder. Die Bildungsvereinbarung vereinheitlicht und intensiviert mit Beginn des Kindergartenjahres 2003/2004 die Bildungsarbeit in allen Tageseinrichtungen in NRW. Sie verfolgt das Ziel, die Kinder in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen und ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Selbstbildungspotentiale zu nutzen. Es geht dabei nicht nur um die Aneignung von Wissen und kognitiven Fertigkeiten, sondern um eine ganzheitliche Förderung und Begleitung aller Entwicklungsbereiche. Der Begriff „Bildung“ umfasst mehr als die Aneignung von Wissen und Fertigkeiten. Vielmehr geht es in gleichem Maße darum, Kinder insbesondere in den sensomotorischen, motorischen, emotionalen, ästhetischen, kognitiven, sprachlichen und mathematischen Entwicklungsbereichen zu begleiten, zu fördern und herauszufordern.

 

Die Bildungsvereinbarung beschreibt wichtige Grundsätze für eine Förderung des frühkindlichen Bildungsprozesses im Elementarbereich. Hierzu gehören auch die Entwicklung von Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit und Identität. Teil der Vereinbarung ist eine Handreichung, in der für die Bereiche Bewegung, Spiel, Gestalten, Medien, Sprache und Natur Ziele und Methoden zur Anregung und Förderung beschrieben sind. Die Handreichung soll eine allgemeine Orientierung für die Träger und Leitungen der Tageseinrichtungen darstellen. Diese führen die Bildungsarbeit nach einem trägereignen oder einrichtungsspezifischen Bildungskonzept durch.

Mit den verabredeten Grundsätzen über die Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen für Kinder soll ein Grundstein für die frühkindliche Bildung im Elementarbereich gelegt werden, auf dem der kontinuierliche Bildungsprozess eines jeden Kindes ergänzend zur Erziehung und Bildung durch die Eltern oder Erziehungsberechtigten aufbauen kann.

 

Adressaten einer Bildungsdokumentation

Die Bildungsvereinbarung gibt weiterhin vor, dass die Beobachtung und deren Auswertung von der pädagogischen Fachkraft notiert und als Niederschrift des Bildungsprozesses des einzelnen Kindes dokumentiert werden. Beobachtung und Dokumentation bieten die Chance zur Weiterentwicklung der pädagogischen Arbeit und stellen eine Basis für die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Eltern und Schule dar. Die Bildungsdokumentation dient der Erzieherin in erster Linie um die Entwicklung von Kindern zu reflektieren und daraus Schlüsse für ihre künftige pädagogische Arbeit zu ziehen. Bildungsdokumentationen stellen auch eine Art der Rückmeldung dar: Sie geben der Erzieherin Gelegenheit, sich Entwicklungen vor Augen zu führen, für die sie zwar nicht allein verantwortlich ist, an denen sie aber einen wichtigen Anteil hat.

In zweiter Linie richtet sich die Dokumentation an die Kinder. Kinder sind ermutigt und bestätigt, wenn sie erfahren, dass das, was sie tun, so wichtig genommen wird, dass es aufgezeichnet und gesammelt wird. Nach kurzer Zeit beteiligen sie sich selbst an dieser Arbeit.

Die Eltern sind die dritte wichtige Zielgruppe. Eltern sollen ständig Informationen über die Entwicklungsschritte ihrer Kinder gegeben werden.

Und schließlich wird eine Bildungsdokumentation für die Schule angelegt, um über Persönlichkeit und positive Entwicklungen – aber nicht über Defizite – zu informieren.

 

Voraussetzung für eine solche Dokumentation ist die schriftliche Einverständniserklärung der Eltern. Ohne Einwilligung der Eltern dürfen keine Informationen aus der Dokumentation an Dritte weitergegeben werden. Die Weitergabe von mündlichen und schriftlichen Informationen aus der Bildungsdokumentation ist nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Eltern möglich. Die Bildungsdokumentation wird den Erziehungsberechtigten ausgehändigt, wenn das Kind die Einrichtung verlässt. Die Eltern entscheiden über eine Weiterleitung der Bildungsdokumentation an die Schule. Die Aufbewahrung der Bildungsdokumentation ist somit nur bis zum Ende des Kindergartenvertrages erforderlich.

 

 

Bildungsdokumentation im Rahmen der Einschulung

Die Einwilligung der Eltern ist nicht nur rechtlich von Bedeutung. Eltern sollten exakt wissen, welcher Zweck mit Beobachtung und Dokumentation verfolgt wird, weshalb Daten an Grundschulen übermittelt werden sollen und dass sie ihre Einwilligung ohne Nachteile für ihr Kind auch verweigern können. Diese Transparenz schafft eine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern im Interesse der Kinder. So werden der positive Effekt der pädagogischen Arbeit und das Vertrauen in die Arbeit der Tageseinrichtungen und der Schule gestärkt.

Bildungsvereinbarung und Schulfähigkeitsprofil geben den jeweiligen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen Orientierung für die Gestaltung ihrer Arbeit und für die Ausgestaltung der Kooperation. Da die pädagogischen Fachkräfte in den Kindergärten neben den Entwicklungen der Gesamtpersönlichkeit der Kinder auch ihre besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten kennen, können sie im Rahmen der Einschulung wichtige Informationen mit Einverständnis der Eltern an die Grundschule weitergeben.

 

Es ist  notwendig, dass Kindertageseinrichtungen und Grundschulen regelmäßig zusammenarbeiten und gemeinsam mit den Eltern Verantwortung für eine beständige, ganzheitliche Bildungsentwicklung übernehmen. Die enge Verzahnung von Elementar- und Primarbereich dient einer frühen, optimalen Förderung der Kinder. Ziel dabei ist es auch, jedem einzelnen Kind einen gelingenden Übergang zur Grundschule zu ermöglichen. Die Grundschule knüpft an Ihre wichtige Bildungs- und Erziehungsarbeit an und fördert die Fähigkeit der Kinder weiter. Das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder (MSJK) hat ein für alle Beteiligten handhabbares Verfahren entwickelt, das einen eingeschränkten Datenaustausch zwischen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen mit Einwilligung der Eltern ermöglicht.

Die Lehrkräfte der Grundschulen werden und sollen auch künftig intensiv kooperieren und regelmäßig zu gemeinsamen Gesprächen zusammenkommen. Dabei stehen die gegenseitige Information über das Bildungs- und Erziehungsgeschehen, die Darstellung des jeweils eigenen Arbeitsansatzes und seiner Zielsetzung sowie der Austausch über Formen praktischer Zusammenarbeit, regelmäßige gegenseitige Hospitationen oder Besuche und gegebenenfalls gemeinsame Projekte im Mittelpunkt.

 

 

Anforderungen an die Bildungsdokumentation

Ø      Die Dokumentation des Bildungsprozesses gemäß der Bildungsvereinbarung bedarf in jedem Fall der schriftlichen Einverständniserklärung der Eltern. Verweigern die Eltern die Zustimmung, ist der Weg zu einer Bildungsdokumentation versperrt.

Ø      Die Eltern sind bei der Aufnahme über den Zweck der Dokumentation zu informieren.

Ø      Die Eltern haben jederzeit das Recht, der Dokumentation zu widersprechen, Einblick in Dokumentation zu nehmen, ihre Herausgabe zu fordern oder die bereits erteilte Einwilligung zur Dokumentation zurückzunehmen.

Ø      Die Eltern werden darüber hinaus informiert, dass sich aus der Verweigerung ihrer Zustimmung zur Dokumentation oder einer nachträglichen Rücknahme der Zustimmung keine Nachteile ergeben.

Ø      Schriftliche Aufzeichnungen von Beobachtungen, Auswertungen und Planungen der pädagogischen Konsequenzen gehören zum beruflichen Handwerkszeug der pädagogischen Fachkraft. Auch wenn die Eltern ihr Einverständnis zur Bildungsdokumentation verweigern, dürfen entsprechende Aufzeichnungen zur eigenen Verwendung und fachlichen Planung der pädagogischen Mitarbeiterin angelegt werden.

Ø      Die Bildungsdokumentation soll in erster Linie die Weiterentwicklung der Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen des Kindes herausstellen und beschreiben. In der Bildungsdokumentation sollen die Formulierungen so gewählt werden, dass Stigmatisierungen ausgeschlossen sind und die wertschätzende Haltung gegenüber dem Kind und seinen Entwicklungsschritten zum Ausdruck kommt. Eine positive Grundtendenz soll erkennbar sein.

Ø      Da Bildungsdokumentationen personenbezogene und persönliche Daten und Arbeitsunterlagen beinhalten, sind sie immer unter Verschluss zu halten.

 

 

Bildungsdokumentation in städtischen Kindertageseinrichtungen

Auf der Grundlage der am 1. August 2003 in Kraft getretenen Bildungsvereinbarung NRW und der vom Ministerium entwickelten Arbeitshilfe für die Umsetzung der Bildungsvereinbarung in Tageseinrichtungen für Kinder haben die Fachberaterin und die Leiterinnen der Städt. Kindertageseinrichtungen in einer Arbeitsgruppe eine für alle städt. Kindertageseinrichtungen verbindliche Form der Dokumentation entwickelt.

 

In den städt. Kindertageseinrichtungen wird für jedes Kind ein „Baumbuch“ angelegt, in dem aufgezeigt wird, wie weit das Kind mit seinem Lernen gekommen ist und welche Ziele es schon erreicht hat. Dabei werden die Stärken, nicht die Mängel dokumentiert. Denn: „Jedes Kind soll in seinem eigenen Tempo klettern dürfen und in dem Takt lernen, wie sich Interesse und Reife einfinden.” Diese Dokumentation ist ein wichtiges Werkzeug der Pädagogen, um die Entwicklung des Kindes und die eigene Arbeit zu reflektieren, sie bildet eine Unterlage für individuelle Förderpläne und erleichtert den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Darüber hinaus kann das Kind mit Hilfe einer solchen Dokumentation seiner eigene Entwicklung und seinem eigenen Lernen folgen.

 

Zum Ende seiner Kindergartenzeit erhält jedes Kindergartenkind – sofern die Eltern der Bildungsdokumentation zugestimmt haben – seine Bildungsdokumentation.

 

Zum Inhalt der Bildungsdokumentation zählen:

 

Ø      Eine Kurzfassung der Konzeption hinsichtlich der Zielsetzung der pädagogischen Arbeit und damit der „Besonderheit“ dieser Kindertageseinrichtung

Ø      Ein Steckbrief des Kindes mit Bilden

Ø      Beschreibung seiner Kindergartenzeit

Ø      Ein Photo „seines“ Kindergartens

Ø      Ein Bild „seiner“ Kindergartengruppe

Ø      Beschreibung, was das Kind besonders gut kann

Ø      Projekte und Aktionen, an denen das Kind während seiner Kindergartenzeit teilgenommen hat

Ø      Darstellung, die seine Entwicklung sichtbar machen (z.B. Zeichnungen, Kleine Geschichten, Foto’s, Schneideübungen

Ø      Die 5 Bäume des Wissens und des Könnens:

 

1.      Bildungsbereich Bewegung

2.      Bildungsbereich Natur und Kulturelle Umwelt

3.      Bildungsbereich Spiel, Gestalten und Medien

4.      Bildungsbereich Sprache und Kommunikation

5.      Bildungsbereich Soziale und emotionale Kompetenz

 

Der Baum des Wissens und des Könnens ist in 3 verschiedene Farbbereiche eingeteilt:

 

                                   Rosa               4 Jahre

                                   Gelb                5 Jahre

                                   Grün                6 Jahre

 

Die farbliche Kennzeichnung macht deutlich, zu welchem Zeitpunkt das Kind die jeweilige Fähigkeit erreicht hat: alle Fähigkeiten, die das Kind nach seinem vierten Geburtstag schon beherrschte, werden mit einem Textmarker pinkfarben angestrichen, nach seinem fünften Geburtstag gelb und nach seinem sechsten Geburtstag grün. So kann man sehen, was das Kind schon früh konnte oder womit es sich in seiner Entwicklung noch etwas Zeit gelassen hat.

 

 

 

Alle städtischen Kindertageseinrichtungen verwenden bei den Bildungsdokumentationen den gleichen Aufbau.

Zur Verdeutlichung ist die Bildungsdokumentation von Max Mustermann dieser Sitzungsvorlage beigefügt.

 

 

 

 

 

 

Günter Scheib