Beschlussvorschlag:
„Der Jugendhilfeausschuss nimmt den vorliegenden Bericht über die
Bildungsdokumentation in städt. Kindertageseinrichtungen zustimmend zur
Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Bildungsvereinbarung
Zur Stärkung des
Bildungsauftrags der Tageseinrichtungen für Kinder in NRW hat die Landesregierung
mit den Spitzenverbänden der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege sowie mit
den Kirchen eine Vereinbarung über Bildungsziele, Bildungsbereiche und einen
offenen Bildungsplan, der Grundlage für Bildungsprozesse in
nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen sein soll, abgeschlossen. Die zum 01.08.2003 in Kraft getretene „Vereinbarung zu den
Grundsätzen über die Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen für Kinder –
Bildungsvereinbarung NRW“ konkretisiert den in § 2 Abs. 1 GTK NRW
festgeschriebenen eigenständigen Bildungsauftrag der Tageseinrichtungen für
Kinder. Die Bildungsvereinbarung vereinheitlicht und intensiviert mit
Beginn des Kindergartenjahres 2003/2004 die Bildungsarbeit in allen
Tageseinrichtungen in NRW. Sie verfolgt das Ziel, die Kinder in der Entwicklung
ihrer Persönlichkeit zu unterstützen und ihnen Gelegenheit zu geben, ihre
Selbstbildungspotentiale zu nutzen. Es geht dabei nicht nur um die Aneignung
von Wissen und kognitiven Fertigkeiten, sondern um eine ganzheitliche Förderung
und Begleitung aller Entwicklungsbereiche. Der
Begriff „Bildung“ umfasst mehr als die Aneignung von Wissen und Fertigkeiten.
Vielmehr geht es in gleichem Maße darum, Kinder insbesondere in den
sensomotorischen, motorischen, emotionalen, ästhetischen, kognitiven, sprachlichen
und mathematischen Entwicklungsbereichen zu begleiten, zu fördern und
herauszufordern.
Die
Bildungsvereinbarung beschreibt wichtige Grundsätze für eine Förderung des
frühkindlichen Bildungsprozesses im Elementarbereich. Hierzu gehören auch die
Entwicklung von Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit und Identität. Teil der
Vereinbarung ist eine Handreichung, in der für die Bereiche Bewegung, Spiel,
Gestalten, Medien, Sprache und Natur Ziele und Methoden zur Anregung und Förderung
beschrieben sind. Die Handreichung soll eine allgemeine Orientierung für die
Träger und Leitungen der Tageseinrichtungen darstellen. Diese führen die
Bildungsarbeit nach einem trägereignen oder einrichtungsspezifischen
Bildungskonzept durch.
Mit den
verabredeten Grundsätzen über die Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen für
Kinder soll ein Grundstein für die frühkindliche Bildung im Elementarbereich
gelegt werden, auf dem der kontinuierliche Bildungsprozess eines jeden Kindes
ergänzend zur Erziehung und Bildung durch die Eltern oder
Erziehungsberechtigten aufbauen kann.
Adressaten einer Bildungsdokumentation
Die Bildungsvereinbarung gibt weiterhin vor, dass die Beobachtung und
deren Auswertung von der pädagogischen Fachkraft notiert und als Niederschrift
des Bildungsprozesses des einzelnen Kindes dokumentiert werden. Beobachtung und Dokumentation bieten die Chance zur Weiterentwicklung
der pädagogischen Arbeit und stellen eine Basis für die
partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Eltern und Schule dar. Die
Bildungsdokumentation dient der Erzieherin in erster Linie um die Entwicklung
von Kindern zu reflektieren und daraus Schlüsse für ihre künftige pädagogische
Arbeit zu ziehen. Bildungsdokumentationen stellen auch eine Art der Rückmeldung
dar: Sie geben der Erzieherin Gelegenheit, sich Entwicklungen vor Augen zu
führen, für die sie zwar nicht allein verantwortlich ist, an denen sie aber
einen wichtigen Anteil hat.
In zweiter Linie richtet sich die Dokumentation an die Kinder. Kinder
sind ermutigt und bestätigt, wenn sie erfahren, dass das, was sie tun, so
wichtig genommen wird, dass es aufgezeichnet und gesammelt wird. Nach kurzer
Zeit beteiligen sie sich selbst an dieser Arbeit.
Die Eltern sind die dritte wichtige Zielgruppe. Eltern sollen ständig
Informationen über die Entwicklungsschritte ihrer Kinder gegeben werden.
Und schließlich wird eine Bildungsdokumentation für die Schule angelegt,
um über Persönlichkeit und positive Entwicklungen – aber nicht über Defizite –
zu informieren.
Voraussetzung für
eine solche Dokumentation ist die schriftliche Einverständniserklärung der
Eltern. Ohne Einwilligung der Eltern dürfen keine Informationen aus der
Dokumentation an Dritte weitergegeben werden. Die Weitergabe von mündlichen und
schriftlichen Informationen aus der Bildungsdokumentation ist nur mit
ausdrücklichem Einverständnis der Eltern möglich. Die Bildungsdokumentation
wird den Erziehungsberechtigten ausgehändigt, wenn das Kind die Einrichtung
verlässt. Die Eltern entscheiden über eine Weiterleitung der Bildungsdokumentation
an die Schule. Die Aufbewahrung der Bildungsdokumentation ist somit nur bis zum
Ende des Kindergartenvertrages erforderlich.
Bildungsdokumentation im Rahmen der Einschulung
Die Einwilligung der Eltern ist nicht nur rechtlich von Bedeutung.
Eltern sollten exakt wissen, welcher Zweck mit Beobachtung und Dokumentation
verfolgt wird, weshalb Daten an Grundschulen übermittelt werden sollen und dass
sie ihre Einwilligung ohne Nachteile für ihr Kind auch verweigern können. Diese
Transparenz schafft eine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den
Eltern im Interesse der Kinder. So werden der positive Effekt der pädagogischen
Arbeit und das Vertrauen in die Arbeit der Tageseinrichtungen und der Schule
gestärkt.
Bildungsvereinbarung
und Schulfähigkeitsprofil geben den jeweiligen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen
und Grundschulen Orientierung für die Gestaltung ihrer Arbeit und für die Ausgestaltung
der Kooperation. Da die pädagogischen Fachkräfte in den Kindergärten neben den
Entwicklungen der Gesamtpersönlichkeit der Kinder auch ihre besonderen
Fähigkeiten und Fertigkeiten kennen, können sie im Rahmen der Einschulung
wichtige Informationen mit Einverständnis der Eltern an die Grundschule
weitergeben.
Es ist notwendig, dass Kindertageseinrichtungen und Grundschulen
regelmäßig zusammenarbeiten und gemeinsam mit den Eltern Verantwortung für eine
beständige, ganzheitliche Bildungsentwicklung übernehmen. Die enge Verzahnung
von Elementar- und Primarbereich dient einer frühen, optimalen Förderung der
Kinder. Ziel dabei ist es auch, jedem einzelnen Kind einen gelingenden Übergang
zur Grundschule zu ermöglichen. Die Grundschule knüpft an Ihre wichtige
Bildungs- und Erziehungsarbeit an und fördert die Fähigkeit der Kinder weiter.
Das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder (MSJK) hat ein für alle
Beteiligten handhabbares Verfahren entwickelt, das einen eingeschränkten
Datenaustausch zwischen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen mit
Einwilligung der Eltern ermöglicht.
Die Lehrkräfte der Grundschulen werden und sollen auch künftig intensiv
kooperieren und regelmäßig zu gemeinsamen Gesprächen zusammenkommen. Dabei
stehen die gegenseitige Information über das Bildungs- und Erziehungsgeschehen,
die Darstellung des jeweils eigenen Arbeitsansatzes und seiner Zielsetzung
sowie der Austausch über Formen praktischer Zusammenarbeit, regelmäßige
gegenseitige Hospitationen oder Besuche und gegebenenfalls gemeinsame Projekte im
Mittelpunkt.
Anforderungen an die Bildungsdokumentation
Ø
Die Dokumentation des Bildungsprozesses gemäß der
Bildungsvereinbarung bedarf in jedem Fall der schriftlichen
Einverständniserklärung der Eltern. Verweigern die Eltern die Zustimmung, ist
der Weg zu einer Bildungsdokumentation versperrt.
Ø
Die Eltern sind bei der Aufnahme über den Zweck der
Dokumentation zu informieren.
Ø
Die Eltern haben jederzeit das Recht, der
Dokumentation zu widersprechen, Einblick in Dokumentation zu nehmen, ihre
Herausgabe zu fordern oder die bereits erteilte Einwilligung zur Dokumentation
zurückzunehmen.
Ø
Die Eltern werden darüber hinaus informiert, dass
sich aus der Verweigerung ihrer Zustimmung zur Dokumentation oder einer nachträglichen
Rücknahme der Zustimmung keine Nachteile ergeben.
Ø
Schriftliche Aufzeichnungen von Beobachtungen,
Auswertungen und Planungen der pädagogischen Konsequenzen gehören zum
beruflichen Handwerkszeug der pädagogischen Fachkraft. Auch wenn die Eltern ihr
Einverständnis zur Bildungsdokumentation verweigern, dürfen entsprechende
Aufzeichnungen zur eigenen Verwendung und fachlichen Planung der pädagogischen
Mitarbeiterin angelegt werden.
Ø
Die Bildungsdokumentation soll in erster Linie die
Weiterentwicklung der Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen des Kindes
herausstellen und beschreiben. In der Bildungsdokumentation sollen die Formulierungen
so gewählt werden, dass Stigmatisierungen ausgeschlossen sind und die
wertschätzende Haltung gegenüber dem Kind und seinen Entwicklungsschritten zum
Ausdruck kommt. Eine positive Grundtendenz soll erkennbar sein.
Ø
Da Bildungsdokumentationen personenbezogene und
persönliche Daten und Arbeitsunterlagen beinhalten, sind sie immer unter
Verschluss zu halten.
Bildungsdokumentation
in städtischen Kindertageseinrichtungen
Auf der Grundlage
der am 1. August 2003 in Kraft getretenen
Bildungsvereinbarung NRW und der vom Ministerium entwickelten Arbeitshilfe für
die Umsetzung der Bildungsvereinbarung in Tageseinrichtungen für Kinder haben
die Fachberaterin und die Leiterinnen der Städt. Kindertageseinrichtungen in
einer Arbeitsgruppe eine für alle städt.
Kindertageseinrichtungen verbindliche Form der Dokumentation entwickelt.
In den städt. Kindertageseinrichtungen wird für jedes Kind
ein „Baumbuch“ angelegt, in dem aufgezeigt wird, wie weit das Kind mit seinem
Lernen gekommen ist und welche Ziele es schon erreicht hat. Dabei werden die Stärken,
nicht die Mängel dokumentiert. Denn: „Jedes Kind soll in seinem eigenen Tempo
klettern dürfen und in dem Takt lernen, wie sich Interesse und Reife einfinden.”
Diese Dokumentation ist ein wichtiges Werkzeug der Pädagogen, um die
Entwicklung des Kindes und die eigene Arbeit zu reflektieren, sie bildet eine
Unterlage für individuelle Förderpläne und erleichtert den Übergang vom
Kindergarten in die Grundschule. Darüber hinaus kann das Kind mit Hilfe einer
solchen Dokumentation seiner eigene Entwicklung und seinem eigenen Lernen
folgen.
Zum Ende seiner
Kindergartenzeit erhält jedes Kindergartenkind – sofern die Eltern der Bildungsdokumentation
zugestimmt haben – seine Bildungsdokumentation.
Zum Inhalt der
Bildungsdokumentation zählen:
Ø Eine Kurzfassung
der Konzeption hinsichtlich der Zielsetzung der pädagogischen Arbeit und damit
der „Besonderheit“ dieser Kindertageseinrichtung
Ø Ein Steckbrief des
Kindes mit Bilden
Ø Beschreibung
seiner Kindergartenzeit
Ø Ein Photo „seines“
Kindergartens
Ø Ein Bild „seiner“
Kindergartengruppe
Ø Beschreibung, was
das Kind besonders gut kann
Ø Projekte und
Aktionen, an denen das Kind während seiner Kindergartenzeit teilgenommen hat
Ø Darstellung, die
seine Entwicklung sichtbar machen (z.B. Zeichnungen, Kleine Geschichten,
Foto’s, Schneideübungen
Ø Die 5 Bäume des
Wissens und des Könnens:
1.
Bildungsbereich Bewegung
2.
Bildungsbereich Natur und Kulturelle Umwelt
3.
Bildungsbereich Spiel, Gestalten und Medien
4.
Bildungsbereich Sprache und Kommunikation
5.
Bildungsbereich Soziale und emotionale Kompetenz
Der Baum des Wissens und des Könnens ist in 3 verschiedene Farbbereiche
eingeteilt:
Rosa 4 Jahre
Gelb 5 Jahre
Grün 6 Jahre
Die farbliche Kennzeichnung macht deutlich, zu welchem Zeitpunkt das
Kind die jeweilige Fähigkeit erreicht hat: alle Fähigkeiten, die das Kind nach
seinem vierten Geburtstag schon beherrschte, werden mit einem Textmarker
pinkfarben angestrichen, nach seinem fünften Geburtstag gelb und nach seinem
sechsten Geburtstag grün. So kann man sehen, was das Kind schon früh konnte oder
womit es sich in seiner Entwicklung noch etwas Zeit gelassen hat.
Alle städtischen
Kindertageseinrichtungen verwenden bei den Bildungsdokumentationen den gleichen
Aufbau.
Zur Verdeutlichung
ist die Bildungsdokumentation von Max
Mustermann dieser Sitzungsvorlage beigefügt.
Günter Scheib