Beschlussvorschlag:
„ Der Jugendhilfeausschuss nimmt den vorliegenden Bericht zur
Einrichtung eines Familienzentrums in der städt. Kindertageseinrichtung
Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, zustimmend zur Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Zielsetzung
Die Landesregierung
NRW hat sich zum Ziel gesetzt, im Kindergartenjahr 2006 / 2007 in jedem
Jugendamtsbezirk Nordrhein-Westfalen eine
Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum weiterzuentwickeln und
mittelfristig jede dritte Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum auszugestalten.
Familienzentren sollen
Ø zu einer Qualitätssteigerung in der frühkindlichen
Bildung und Förderung beitragen
Ø Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Bildungs-
und Erziehungsaufgabe stärken sowie
Ø die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
sichern.
Tageseinrichtungen für
Kinder sollen zu Knotenpunkten in einem neuen Netzwerk werden, das Familien
umfassend berät und unterstützt. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass die
vorhandenen Angebote vor Ort stärker miteinander vernetzt und durch die
Kindertageseinrichtung gebündelt werden. Um dies zu gewährleisten, kooperieren
die Familienzentren mit Familienberatungsstellen, Familienbildungsstätten und
anderen Einrichtungen wie z.B. den Familienverbänden und
Selbsthilfeorganisationen. Sie sollen frühe Beratung, Information und Hilfe in
allen Lebensphasen ermöglichen und Eltern über die Alltagsnähe der
Kindertageseinrichtung entsprechende Angebote leichter zugänglich machen. Auch
die Einbeziehung weiterer bedarfsorientierter Hilfsangebote für Familien ist
denkbar. Dies soll zu einer nachhaltig verbesserten Frühprävention führen und
ein Beitrag für mehr Familienfreundlichkeit vor Ort sein. Schließlich kann ein
Familienzentrum auch zu einem Ort der Begegnung zwischen den Generationen werden.
Anforderungen an ein
Familienzentrum
Laut Projektbeschreibung
des Ministeriums für Generationen, Familien, Frauen und Integration sollten
Kindertageseinrichtungen, die sich für die Pilotphase bewerben, neben ihrem
Auftrag als Einrichtung der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern – die
nachfolgend genannten Grundvoraussetzungen erfüllen:
·
Schriftliche
Verankerung von Sprachförderung im Konzept der Einrichtung und Unterbreitung
von konkreten Angeboten vorschulischer Sprachförderung,
·
Kooperation
mit den örtlichen Familienberatungsstellen, den Familienbildungsstätten, ggfs.
den Familienverbänden sowie anderen Einrichtungen der Familienhilfe,
·
Leistung
von Hilfe und Unterstützung bei der Vermittlung von Tagesmüttern und
Tagesvätern sowie
·
Ausrichtung
des Angebots an den Bedingungen des Sozialraums.
Ziel ist, nicht
nur eine bessere Förderung der Kinder zu erreichen, sondern Familien als Ganzes
zu stärken, indem ihnen die Suche nach Kinderbetreuung, Familien- und
Erziehungsberatung oder einem familiennahen Bildungsangebot erleichtert wird.
Eltern und
Kinder brauchen in wachsendem Maße Unterstützung bei der Bewältigung der an sie
gestellten Anforderungen. Dazu gehört vor allem eine kontinuierliche Förderung
in den frühen Lebensjahren. Hier werden die zentralen Weichen für die
Lebenschancen der Kinder gestellt. Wir wollen daher Eltern so früh wie möglich
die erforderliche Hilfe und Unterstützung umfassend, zielgenau und vor allem
unmittelbar zukommen lassen. Das können wir am besten erreichen, wenn wir
Eltern dort abholen, wo ihre Kinder betreut werden, in den Tageseinrichtungen
für Kinder.
Kindertageseinrichtungen
sind besonders geeignet, über Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern
hinaus auch als Orte der Familienförderung zu wirken. Sie sind i. d. R.
wohnortnah und erfahren eine große Akzeptanz von Eltern. Hier können Eltern
angesprochen werden und - wenn erforderlich - frühzeitig Hilfe erfahren.
Deshalb wollen wir Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren
weiterentwickeln.
Was konkret
unter dem Begriff Familienzentrum zu verstehen ist, wurde seitens des Landes
NRW weitgehend offen gelassen. Aufbauend auf den bereits vorhandenen
Kooperationen zwischen Kindertageseinrichtungen und Familienbildung hat das
Ministerium 3 Konzeptvorschläge für Familienzentren entwickelt:
·
Unter einem Dach
ein
fest definiertes Kinderbetreuungs- und familienorientiertes Angebot findet
unter Leitung der Kindertageseinrichtung in deren Räumlichkeiten statt.
·
Lotse
ein
Netzwerk von eigenständigen Angeboten, deren Vermittlung die Kindertageseinrichtung
übernimmt.
·
Galerie
variable
Hilfs- und Beratungsangebote durch verschiedene Träger finden in den
Räumlichkeiten der Kindertageseinrichtung statt.
Die
Konzeptionen vor Ort können Mischformen aus den o.g. Konzeptvorschlägen
darstellen.
Umsetzung in Hilden
Mit der Idee,
Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterzuentwickeln, wird jedoch kein völlig neues Modell geschaffen:
bereits heute nimmt jede Kindertageseinrichtung Aufgaben wahr, die künftig
Grundvoraussetzung für ein Familienzentrum sind.
Dies gilt auch für
die 5-gruppige städt.
Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße - die
Einrichtung lebt bereits seit Jahren die Vernetzung mit anderen Fachdiensten
und hat die Familienunterstützung, - beratung und -bildung in die Kindergartenarbeit
integriert und erfüllt grundsätzlich bereits zum jetzigen Zeitpunkt die o.g.
Grundvoraussetzungen eines Familienzentrums. Aufbauend auf den bewährten
Strukturen soll die städt. Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle zu
einem Familienzentrum im Sinne des Erlasses weiterentwickelt werden. Die
strategischen Partner – etwa Einrichtungen der Bildung, der sozialen Dienste,
des Gesundheitswesens, Arbeitgeber und Unternehmen vor Ort etc. – sollen im
Rahmen des Kooperations- und
Netzwerkgedankens bei der Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtung zu
einem Familienzentrum wegen personeller, organisatorischer und finanzieller
Synergieeffekte verstärkt eingebunden werden. So kann den unterschiedlichen
Voraussetzungen und Begebenheiten vor Ort Rechnung getragen werden. Da die
Unterstützung und Förderung der Kinder und Familien nicht mit dem Wechsel des
Kindes von der Kindertageseinrichtung zur Grundschule abbrechen darf, ist als
weiteren Bestandteil des Familienzentrums die bereits bestehende Kooperation
und Vernetzung mit Schulen weiter auszubauen, um eine kontinuierliche
Unterstützung und Förderung der Familien zu erreichen.
Aufbauend auf den
bisherigen Angeboten zur Familienunterstützung, -beratung und -bildung zeichnet
sich das künftige Familienzentrum
Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, durch folgende Kooperationen und
Projekte aus:
Ø
Kooperationspartner
·
Gesundheitsamt
(Zahnprophylaxe-Programm,
Aktion „Ich geh’ zur U! und Du?“, Elternabende)
·
Kindertageseinrichtungen
·
Grundschulen
·
Musikschule
·
Psychologische
Beratungsstelle
(Einzelfallhilfe,
Kooperationen, Unterstützung der Eltern, Teilnahme an Veranstaltungen)
·
Jugendförderung
(u.a.
Mutter-Kind-Gruppen, Väter-Gruppen)
·
Familienunterstützende
Dienste
(u.a.
Soziale Dienste, Sozialpädagogische Familienhilfe -SPFH-)
·
Kinderschutzbund
(Kurs
Starke Eltern – starke Kinder)
·
Volkshochschule
Hilden – Haan
·
Polizei
·
Feuerwehr
·
Sportvereinen
Ø
Projekte
·
Lott’
Jonn
·
Sprachförderung
·
(für
Kindergartenkinder und Kinder unter 3 Jahren) Arbeitskreis „Frühwarnsystem –
Früherkennung“
·
Projekt
„Palme“
·
Projekt
„Alltagsbewältigung“
·
Familiencafé
·
Anlaufstelle
für Kinder in Not
·
Vermittlung
von Tagesmüttern und Tagesvätern
·
Anlaufstelle
für Betreuungsservice
Mit der Ausgestaltung
des Familienzentrums Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, wird sich die
Verwaltung um die Pilotförderung durch das Land NRW bewerben. Aber auch Kindertageseinrichtungen
Freier Träger werden sich zu einem Familienzentrum weiterentwickeln und sich um
die Förderung als Pilotprojekt bewerben. Der Verwaltung sind entsprechende
Planungen bislang von der Kindertageseinrichtung Sozialpädagogische Einrichtung
Mühle e.V. und Ev. Kindertageseinrichtung Die Arche bekannt. Da nur eine der
interessierten Einrichtungen als Pilotprojekt seitens des Landes NRW gefördert
werden wird, spricht sich die Verwaltung dafür aus, dass Trägervertreter und
Leitung der künftigen Familienzentren in Hilden sich zu einer Arbeitsgruppe
zusammenschließen, damit die Kenntnisse und Erfahrungen der Piloteinrichtung
auch den übrigen Familienzentren zugute kommen. Aufbauend auf die bereits
bestehende gute und kollegiale Zusammenarbeit zwischen örtlichem
Jugendhilfeträger, Freien Trägern und den Leitungen der Kindertageseinrichtungen
kann mit Einführung der Familienzentren die Vernetzung weiter intensiviert werden.
Antragsverfahren
In einer ersten Pilotphase, die bis zum 31. März 2007 dauert, soll in
jedem Jugendamtsbezirk eine bestehende, besonders geeignet erscheinende
Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum weiterentwickelt werden.
Bereits bestehende Strukturen sollen dabei genutzt werden. Die Umsetzungsphase beginnt am 15. Mai 2006.
Alle Jugendämter, Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, Kirchen und
gewerbliche Träger sind aufgefordert, sich bis zum 31. März 2006 als
Piloteinrichtung zu bewerben.
Nach Durchführung der Pilotphase ist an die Vergabe eines Gütesiegels gedacht, welches dann das
Grundmodell der Landesregierung darstellen soll. Die Jugendämter sollen beim
Aufbau von Familienzentren durch Beraterteams unterstützt werden - parallel
dazu sind regelmäßige Fachdialoge sowie Coaching und Fortbildung geplant. Damit
verbunden ist die Erarbeitung von fachlichen Standards für ein Gütesiegel
„Familienzentrum“, das nach Abschluss der Pilotphase im Mai 2007 allen
erfolgreich arbeitenden Einrichtungen verliehen werden soll. Die besten 25
Einrichtungen werden prämiert und mit einem Geldpreis ausgezeichnet. Die
Auswahl trifft eine unabhängige Jury.
Fazit
Die Landesförderung
für Familienzentren umfasst lediglich eine Prozessbegleitung
für die ausgewählten Piloteinrichtungen – Landesmittel
für Personal- und Sachkosten der Familienzentren sind nicht vorgesehen. Die Konzeption des Familienzentrums Kunterbunt /
Traumquelle geht folglich von der Zielsetzung aus, keine zusätzlichen
Personalkapazitäten und Haushaltsmittel für Sachausgaben einzubringen.
Nach Einschätzung der
Verwaltung erfordert ein weitergehender Ausbau des Familienzentrums jedoch
zusätzliche Personalressourcen und Etatmittel. Diese Kostensteigerungen in personeller und sachlicher Hinsicht können
aber nicht durch die Gemeinde finanziert werden – vielmehr ist eine dauerhafte und ausreichende Finanzierung
durch das Land NRW zu fordern.
Angesichts der
angespannten finanziellen Haushaltssituation (aller Kommunen) ist die Förderung
von Familienzentren durch das Land NRW über ein Modellprojekt hinaus zwingend
erforderlich, da die Umsetzung dieses Vorhabens durch die Kommunen nur bei
einer angemessenen und dauerhaften Beteiligung des Landes realisiert werden
kann. Wünschenswert wäre die Verankerung der Bestimmungen über Familienzentren
im GTK, um eine dauerhafte Finanzierungs- und Planungssicherheit zu gewährleisten.
Eine Kostensteigerung
soll trotz Ausbau der bestehenden Angebotsvielfalt im Rahmen der Weiterentwicklung
der Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle grundsätzlich vermieden
werden. Im Haushalt 2006 sind keine
zusätzlichen Finanzmittel für ein Familienzentrum veranschlagt.
Günter Scheib