Betreff
Einrichtung eines Familienzentrums
Vorlage
WP 04-09 SV 51/107
Aktenzeichen
III/51.1 - Scgg
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„ Der Jugendhilfeausschuss nimmt den vorliegenden Bericht zur Einrichtung eines Familienzentrums in der städt. Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, zustimmend zur Kenntnis.“

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Zielsetzung

Die Landesregierung NRW hat sich zum Ziel gesetzt, im Kindergartenjahr 2006 / 2007 in jedem Jugendamtsbezirk Nordrhein-Westfalen eine Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum weiterzuentwickeln und mittelfristig jede dritte Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum auszugestalten. Familienzentren sollen

 

Ø      zu einer Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung und Förderung beitragen

Ø      Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Bildungs- und Erziehungsaufgabe stärken sowie

Ø      die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern.

 

Tageseinrichtungen für Kinder sollen zu Knotenpunkten in einem neuen Netzwerk werden, das Familien umfassend berät und unterstützt. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass die vorhandenen Angebote vor Ort stärker miteinander vernetzt und durch die Kindertageseinrichtung gebündelt werden. Um dies zu gewährleisten, kooperieren die Familienzentren mit Familienberatungsstellen, Familienbildungsstätten und anderen Einrichtungen wie z.B. den Familienverbänden und Selbsthilfeorganisationen. Sie sollen frühe Beratung, Information und Hilfe in allen Lebensphasen ermöglichen und Eltern über die Alltagsnähe der Kindertageseinrichtung entsprechende Angebote leichter zugänglich machen. Auch die Einbeziehung weiterer bedarfsorientierter Hilfsangebote für Familien ist denkbar. Dies soll zu einer nachhaltig verbesserten Frühprävention führen und ein Beitrag für mehr Familienfreundlichkeit vor Ort sein. Schließlich kann ein Familienzentrum auch zu einem Ort der Begegnung zwischen den Generationen werden.

 

 

Anforderungen an ein Familienzentrum

Laut Projektbeschreibung des Ministeriums für Generationen, Familien, Frauen und Integration sollten Kindertageseinrichtungen, die sich für die Pilotphase bewerben, neben ihrem Auftrag als Einrichtung der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern – die nachfolgend genannten Grundvoraussetzungen erfüllen:

·         Schriftliche Verankerung von Sprachförderung im Konzept der Einrichtung und Unterbreitung von konkreten Angeboten vorschulischer Sprachförderung,

·         Kooperation mit den örtlichen Familienberatungsstellen, den Familienbildungsstätten, ggfs. den Familienverbänden sowie anderen Einrichtungen der Familienhilfe,

·         Leistung von Hilfe und Unterstützung bei der Vermittlung von Tagesmüttern und Tagesvätern sowie

·         Ausrichtung des Angebots an den Bedingungen des Sozialraums.

Ziel ist, nicht nur eine bessere Förderung der Kinder zu erreichen, sondern Familien als Ganzes zu stärken, indem ihnen die Suche nach Kinderbetreuung, Familien- und Erziehungsberatung oder einem familiennahen Bildungsangebot erleichtert wird.

Eltern und Kinder brauchen in wachsendem Maße Unterstützung bei der Bewältigung der an sie gestellten Anforderungen. Dazu gehört vor allem eine kontinuierliche Förderung in den frühen Lebensjahren. Hier werden die zentralen Weichen für die Lebenschancen der Kinder gestellt. Wir wollen daher Eltern so früh wie möglich die erforderliche Hilfe und Unterstützung umfassend, zielgenau und vor allem unmittelbar zukommen lassen. Das können wir am besten erreichen, wenn wir Eltern dort abholen, wo ihre Kinder betreut werden, in den Tageseinrichtungen für Kinder.

Kindertageseinrichtungen sind besonders geeignet, über Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern hinaus auch als Orte der Familienförderung zu wirken. Sie sind i. d. R. wohnortnah und erfahren eine große Akzeptanz von Eltern. Hier können Eltern angesprochen werden und - wenn erforderlich - frühzeitig Hilfe erfahren. Deshalb wollen wir Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterentwickeln.

 

Was konkret unter dem Begriff Familienzentrum zu verstehen ist, wurde seitens des Landes NRW weitgehend offen gelassen. Aufbauend auf den bereits vorhandenen Kooperationen zwischen Kindertageseinrichtungen und Familienbildung hat das Ministerium 3 Konzeptvorschläge für Familienzentren entwickelt:

 

·         Unter einem Dach

ein fest definiertes Kinderbetreuungs- und familienorientiertes Angebot findet unter Leitung der Kindertageseinrichtung in deren Räumlichkeiten statt.

 

·         Lotse

ein Netzwerk von eigenständigen Angeboten, deren Vermittlung die Kindertageseinrichtung übernimmt.

 

·         Galerie

variable Hilfs- und Beratungsangebote durch verschiedene Träger finden in den Räumlichkeiten der Kindertageseinrichtung statt.

 

Die Konzeptionen vor Ort können Mischformen aus den o.g. Konzeptvorschlägen darstellen.

 

 

Umsetzung in Hilden

Mit der Idee, Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterzuentwickeln, wird jedoch kein völlig neues Modell geschaffen: bereits heute nimmt jede Kindertageseinrichtung Aufgaben wahr, die künftig Grundvoraussetzung für ein Familienzentrum sind.

Dies gilt auch für die 5-gruppige städt. Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße - die Einrichtung lebt bereits seit Jahren die Vernetzung mit anderen Fachdiensten und hat die Familienunterstützung, - beratung und -bildung in die Kindergartenarbeit integriert und erfüllt grundsätzlich bereits zum jetzigen Zeitpunkt die o.g. Grundvoraussetzungen eines Familienzentrums. Aufbauend auf den bewährten Strukturen soll die städt. Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle zu einem Familienzentrum im Sinne des Erlasses weiterentwickelt werden. Die strategischen Partner – etwa Einrichtungen der Bildung, der sozialen Dienste, des Gesundheitswesens, Arbeitgeber und Unternehmen vor Ort etc. – sollen im Rahmen des Kooperations- und Netzwerkgedankens bei der Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum wegen personeller, organisatorischer und finanzieller Synergieeffekte verstärkt eingebunden werden. So kann den unterschiedlichen Voraussetzungen und Begebenheiten vor Ort Rechnung getragen werden. Da die Unterstützung und Förderung der Kinder und Familien nicht mit dem Wechsel des Kindes von der Kindertageseinrichtung zur Grundschule abbrechen darf, ist als weiteren Bestandteil des Familienzentrums die bereits bestehende Kooperation und Vernetzung mit Schulen weiter auszubauen, um eine kontinuierliche Unterstützung und Förderung der Familien zu erreichen.

 

Aufbauend auf den bisherigen Angeboten zur Familienunterstützung, -beratung und -bildung zeichnet sich das künftige Familienzentrum Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, durch folgende Kooperationen und Projekte aus:

 

Ø            Kooperationspartner

·         Gesundheitsamt

(Zahnprophylaxe-Programm, Aktion „Ich geh’ zur U! und Du?“, Elternabende)

·         Kindertageseinrichtungen

·         Grundschulen

·         Musikschule

 

·         Psychologische Beratungsstelle

(Einzelfallhilfe, Kooperationen, Unterstützung der Eltern, Teilnahme an Veranstaltungen)

·         Jugendförderung

(u.a. Mutter-Kind-Gruppen, Väter-Gruppen)

·         Familienunterstützende Dienste

(u.a. Soziale Dienste, Sozialpädagogische Familienhilfe -SPFH-)

·         Kinderschutzbund

(Kurs Starke Eltern – starke Kinder)

·         Volkshochschule Hilden – Haan

·         Polizei

·         Feuerwehr

·         Sportvereinen

 

 

Ø            Projekte

·         Lott’ Jonn

·         Sprachförderung

·         (für Kindergartenkinder und Kinder unter 3 Jahren) Arbeitskreis „Frühwarnsystem – Früherkennung“

·         Projekt „Palme“

·         Projekt „Alltagsbewältigung“

·         Familiencafé

·         Anlaufstelle für Kinder in Not

·         Vermittlung von Tagesmüttern und Tagesvätern

·         Anlaufstelle für Betreuungsservice

 

 

Mit der Ausgestaltung des Familienzentrums Kunterbunt / Traumquelle, Lortzingstraße, wird sich die Verwaltung um die Pilotförderung durch das Land NRW bewerben. Aber auch Kindertageseinrichtungen Freier Träger werden sich zu einem Familienzentrum weiterentwickeln und sich um die Förderung als Pilotprojekt bewerben. Der Verwaltung sind entsprechende Planungen bislang von der Kindertageseinrichtung Sozialpädagogische Einrichtung Mühle e.V. und Ev. Kindertageseinrichtung Die Arche bekannt. Da nur eine der interessierten Einrichtungen als Pilotprojekt seitens des Landes NRW gefördert werden wird, spricht sich die Verwaltung dafür aus, dass Trägervertreter und Leitung der künftigen Familienzentren in Hilden sich zu einer Arbeitsgruppe zusammenschließen, damit die Kenntnisse und Erfahrungen der Piloteinrichtung auch den übrigen Familienzentren zugute kommen. Aufbauend auf die bereits bestehende gute und kollegiale Zusammenarbeit zwischen örtlichem Jugendhilfeträger, Freien Trägern und den Leitungen der Kindertageseinrichtungen kann mit Einführung der Familienzentren die Vernetzung weiter intensiviert werden.

 

 

Antragsverfahren

In einer ersten Pilotphase, die bis zum 31. März 2007 dauert, soll in jedem Jugendamtsbezirk eine bestehende, besonders geeignet erscheinende Kindertageseinrichtung zu einem Familienzentrum weiterentwickelt werden. Bereits bestehende Strukturen sollen dabei genutzt werden. Die Umsetzungsphase beginnt am 15. Mai 2006. Alle Jugendämter, Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, Kirchen und gewerbliche Träger sind aufgefordert, sich bis zum 31. März 2006 als Piloteinrichtung zu bewerben.

Nach Durchführung der Pilotphase ist an die Vergabe eines Gütesiegels gedacht, welches dann das Grundmodell der Landesregierung darstellen soll. Die Jugendämter sollen beim Aufbau von Familienzentren durch Beraterteams unterstützt werden - parallel dazu sind regelmäßige Fachdialoge sowie Coaching und Fortbildung geplant. Damit verbunden ist die Erarbeitung von fachlichen Standards für ein Gütesiegel „Familienzentrum“, das nach Abschluss der Pilotphase im Mai 2007 allen erfolgreich arbeitenden Einrichtungen verliehen werden soll. Die besten 25 Einrichtungen werden prämiert und mit einem Geldpreis ausgezeichnet. Die Auswahl trifft eine unabhängige Jury.

 

 

 

Fazit

Die Landesförderung für Familienzentren umfasst lediglich eine Prozessbegleitung für die ausgewählten Piloteinrichtungen – Landesmittel für Personal- und Sachkosten der Familienzentren sind nicht vorgesehen. Die Konzeption des Familienzentrums Kunterbunt / Traumquelle geht folglich von der Zielsetzung aus, keine zusätzlichen Personalkapazitäten und Haushaltsmittel für Sachausgaben einzubringen. 

 

Nach Einschätzung der Verwaltung erfordert ein weitergehender Ausbau des Familienzentrums jedoch zusätzliche Personalressourcen und Etatmittel. Diese Kostensteigerungen in personeller und sachlicher Hinsicht können aber nicht durch die Gemeinde finanziert werden – vielmehr ist eine dauerhafte und ausreichende Finanzierung durch das Land NRW zu fordern.

Angesichts der angespannten finanziellen Haushaltssituation (aller Kommunen) ist die Förderung von Familienzentren durch das Land NRW über ein Modellprojekt hinaus zwingend erforderlich, da die Umsetzung dieses Vorhabens durch die Kommunen nur bei einer angemessenen und dauerhaften Beteiligung des Landes realisiert werden kann. Wünschenswert wäre die Verankerung der Bestimmungen über Familienzentren im GTK, um eine dauerhafte Finanzierungs- und Planungssicherheit zu gewährleisten.

 

Eine Kostensteigerung soll trotz Ausbau der bestehenden Angebotsvielfalt im Rahmen der Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtung Kunterbunt / Traumquelle grundsätzlich vermieden werden. Im Haushalt 2006 sind keine zusätzlichen Finanzmittel für ein Familienzentrum veranschlagt.

 

 

 

 

 

Günter Scheib