Beschlussvorschlag:
„Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht
zum Hildener Präventionsmodell zur Verhinderung von Jugendkriminalität zur
Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
Das HIP-Modell (Hildener Präventionsmodell
zur Verhinderung von Jugendkriminalität) ist ein Kooperationsprojekt zwischen
der Jugendgerichtshilfe Hilden, den Jugendsacharbeitern der Polizei Hilden und
der Staatsanwaltschaft Düsseldorf.
Der
Hintergrund
Nach Kenntnis der
Jugendkriminalitätsstatistik für das Jahr 2001 mit den hohen Zahlen von jugendlichen
Straftätern fanden zwischen Vertretern der Jugendhilfe und der Polizei Hilden
Überlegungen zur weiteren Prävention zugeschnitten auf die kommunalen
Strukturen statt. Dabei wurde die gemeinsame Idee des HIP-Modells geboren, das
aus 3 Bausteinen besteht. Ausgangspunkt war das Remscheider Modell.
In Hilden wurde zunächst untersucht, welche
jungen Straftäter die Hauptprobleme darstellen. Dies sind die Ersttäter, die in
die delinquente Gefährdung abrutschen, die Mehrfachtäter, die zu kriminalisieren
drohen und delinquente Kinder.
Auf dem Hintergrund dieser Zielgruppen wurden
die 3 Bausteine des HIP-Modells als eine Präventionsantwort auf die Delinquenz
entwickelt. Das Remscheider Modell wäre für Hilden zu personalintensiv und
angesichts dessen, das Jugendkriminalität als vorübergehende Episode wissenschaftlich
nachgewiesen ist, zu hoch angesetzt. Das HIP-Modell ist maßgeschneidert, da es
sich nur um die gefährdeten Kinder und Jugendlichen kümmert. Die anderen
durchlaufen das übliche rechtsstaatliche Verfahren.
Die
Idee
Ausgehend vom Zahlenmaterial und unter
Berücksichtigung des pädagogischen Zieles, welches auch durch den gesetzlichen
Auftrag unterstützt wird, eine möglichst kurzfristige und zeitlich nahe an der
Tat orientierte Reaktion auf das delinquente Verhalten zu gewährleisten, wurden
Überlegungen angestellt, auf welcher Weise man diesen Auftrag, unter
Berücksichtigung der steigenden Zahlen, gerecht werden kann.
Über einen Zeitraum von ca. einem Monat
sammeln die Jugendsachbearbeiter der Polizei
die Vorgänge, die für den Diversionstag in Frage kommen. Grundsätzlich
sollen – gemäß Diversionserlass – nur die Beschuldigten in den Diversionstag
einfließen, die erstmalig bis max. zum 3. Mal kriminalpolizeilich in
Erscheinung getreten sind. Absolute Bagatellfälle von Ersttätern werden hier
nicht behandelt.
Es wurde festgelegt, dass es sich bei den
Straftaten um Delikte aus dem Eigentumsbereich, kleinere Verkehrsstrafsachen,
Erschleichen von Leistungen, Sachbeschädigungen (Graffiti), Körperverletzung,
Beleidigungen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz handeln sollte.
Die Liste mit den entsprechenden Personalien
wird an die Staatsanwaltschaft sowie an die Jugendgerichtshilfe weitergegeben.
Die Staatsanwaltschaft ihrerseits bringt zum Diversionstermin eine
entsprechende Anzahl von Akten und Aktenzeichen für die im Vorhinein versandten
Fälle mit.
Die Jugendlichen und ein
Erziehungsberechtigter werden zu diesem Termin zur Vernehmung durch die Polizei
ins Polizeigebäude vorgeladen. Das Erscheinen eines Erziehungsberechtigten ist
zwingend zur Durchführung des Termins notwendig und wird in der polizeilichen
Ladung auch deutlich gemacht. Die Teilnahme ist unabdingbare Voraussetzung,
damit auch den Eltern gegenüber dokumentiert werden kann, dass sie ihren
Kindern gegenüber eine Verpflichtung haben.
Im normalen Verlauf eines Strafverfahrens
kommt es häufig vor, dass Eltern ihre Kinder nicht begleiten, da sie
tatsächliche oder auch vermeintliche Hinderungsgründe anführen, die dazu führen,
dass die Jugendlichen unbegleitet das Verfahren allein bewältigen müssen. Dies
führt in Einzelfällen dazu, dass die Eltern erst nach mehreren Straftaten von
den Auffälligkeiten der Kinder erfahren. Nicht selten verheimlichen die
Jugendlichen ihre Straftaten.
Die Jugendlichen sollen dann von den
Polizeibeamten vernommen werden, wobei diese Vernehmung auch direkt
niedergeschrieben und vom Jugendlichen unterschrieben wird. Der vernehmende
Polizeibeamte gibt dann den Vorgang dem Vertreter der Jugendgerichtshilfe
weiter, der seinerseits ein Gespräch mit dem Jugendlichen und dem
Erziehungsberechtigten führt. Danach wendet sich der Jugendgerichtshelfer an
den Staatsanwalt und gibt diesem einen kurzen Eindruck des Gespräches wieder und
teilt weiterhin einen Vorschlag von Seiten der Jugendgerichtshilfe zur Maßnahme
mit.
Im Anschluss teilt der Staatsanwalt dem
Jugendlichen und dem Erziehungsberechtigten die Entscheidung mit. Im Falle
einer noch abzuleistenden Auflage wird dem Jugendlichen vor Ort eine geeignete
Einsatzstelle mitgeteilt, dazu werden Adressen und Telefonnummern ausgehändigt.
In der Regel sollen die Auflagen so bemessen sein, dass es möglich ist, die
Auflage binnen vier Wochen abzuleisten. Der Nachweis über die Erfüllung der
Auflage soll bei der Jugendgerichtshilfe erbracht werden, so dass dann ggf.
noch ein abschließendes Gespräch geführt werden kann. Danach wird die Erfüllung
an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, so dass das Strafverfahren nunmehr
endgültig eingestellt werden kann.
Die
Durchführung
Im Februar 2004 fand der erste von
mittlerweile neun Diversionsterminen statt. Insgesamt wurden bislang 55 Verfahren
bearbeitet mit folgenden Delikten:
4 12
x Körperverletzung
4 11
x Ladendiebstahl
4 6 x Fahren
ohne Fahrerlaubnis
4 9 x Sachbeschädigung
4 1 x Beförderungserschleichung
4 2 x Betrug
4 3 x Diebstahl
4 3 x
Räuberische Erpressung
4 4 x Verstoß
gegen das Betäubungsmittelgesetz
4
2 x Raub
4
1 x Bedrohung
4
1 x Urkundenfälschung
Es gab folgende Auflagen:
4 33
x Arbeitsstunden
4 16
x Täter-Opfer-Ausgleich,
Entschuldigungsbrief, Wiedergutmachung
4 4 x Gespräche
in der Drogenberatung
4 2 x Verkehrskurs
4
2 x Geldbuße
4
1 x § 45,1 JGG, Einstellung
nach Ermahnung
4
1 x keine Erledigung durch
HIP, da neue Straftat
Vier Jugendliche sind nicht zum Termin
erschienen. Bei zwei Jugendlichen wurde Anklage erhoben. Ein Jugendlicher hat
sich entschuldigt und hat nachträglich an einem Täter-Opfer-Ausgleich
teilgenommen, deshalb wurde von der Staatsanwaltschaft keine Anklage erhoben.
Bei einer Jugendlichen, die nicht zum Termin erschienen ist, wurde das
Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft nach § 45,1 JGG eingestellt. Die
Quote der Jugendlichen die entgegen der Absprache ihre Auflage nicht oder nicht
vollständig abgeleistet haben, ist mit zwei Personen als gering anzusehen. Dies
ist darauf zurückzuführen, dass die Eltern in das Verfahren integriert sind und
entsprechend im Nachgang auf die Jugendlichen einwirken.
Bemerkenswert und durchaus als Erfolg ist
bislang zu bewerten, dass nur vier Jugendliche, die bisher an dem Diversionstag
teilgenommen haben, danach noch in Erscheinung getreten sind.
Die höhere Anzahl von Maßnahmen im Verhältnis
zu den gesamten Verfahren erklärt sich dadurch, dass manche Jugendliche z.B.
zusätzlich zu den Sozialstunden noch an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilnehmen
mussten.
Auswertung
Aufgrund der guten Organisation war es
möglich, die Gespräche mit der notwendigen Intensität und Ruhe führen zu
können. Im Auswertungsgespräch haben alle Beteiligten sich zufrieden über die
Diversionstage geäußert. Positiv hervorgehoben wurde die gute Kommunikation
untereinander.
Im Rahmen der bisher mit den Jugendlichen
geführten Gespräche wurde deutlich, dass dieses Verfahren auch durch die
Jugendlichen befürwortet wird, da diese deutlich zum Ausdruck brachten, es als
positiv zu erleben, dass das Verfahren nach relativ kurzer Zeit nahezu
vollständig abgeschlossen werden kann.
Positiv wurde von allen Beteiligten auch
hervorgehoben, dass es aufgrund der "kurzen Wege" und der Interaktion
unter den Beteiligten gelingt, eine Reaktion der Staatsanwaltschaft zu erarbeiten,
die den betreffenden Jugendlichen möglichst angemessen erreicht und insofern
"maßgeschneidert" werden kann.
Der Forderung des Gesetzgebers, eine zeitlich
an der Tat orientierte Reaktion vorzunehmen, wird in diesem Verfahren außerdem
Rechnung getragen.
Im Auswertungsgespräch mit Polizei und
Staatsanwaltschaft wurde vereinbart, dass zukünftig der Diversionstag mit den
Städten Langenfeld und Monheim, die zum gleichen Amtsgerichtsbezirk gehören,
durchgeführt wird. Somit werden die Verfahren für einen Diversionstag erhöht
und insbesondere die Effizienz für die Staatsanwaltschaft gesteigert. Seit dem
01.02.2005 findet der Diversionstag in der Polizeidienststelle Langenfeld
statt.
Günter Scheib