Beschluss zur Wohnbaulandentwicklung
Beschlussvorschlag:
Der Rat
beschließt nach Vorberatung im Stadtentwicklungsausschuss:
Durch die
folgenden Maßnahmen soll Hilden in der Konkurrenz der Region ´Mittlerer Niederrhein
/ Düsseldorf´ attraktiv bleiben, um insbesondere umzugswillige Hildener in
Hilden zu halten, aber auch durch Zuzüge neue Bürgerinnen und Bürger zu
gewinnen:
1. Die Stadt Hilden strebt
an, auf den demographischen Wandel im Bereich des Städtebaus in Form der
„Aktiven Bestandspflege“ zu reagieren.
2. Die Verwaltung wird
beauftragt, die Stresstestflächen Ü70 im Rahmen einer überschlägigen
städtebaulichen Voruntersuchung zu begutachten.
Dem Stadtentwicklungsausschuss sind die Ergebnisse der überschlägigen Untersuchungen
vorzulegen, damit er ggfs. die Erstellung von städtebaulichen Rahmenplänen für
einzelne Flächen in Auftrag geben kann.
3. Auch künftig ist in Hilden
die Ausweisung von Neubauflächen notwendig.
Zusätzlich zu dem normalen Wohnungsneubau der letzten Jahre sind gemäß einem
Zielgruppen-Mix Wohnbaulandflächen auszuweisen, die bis zum Jahr 2025 zu einem
Neubau von zusätzlich 500 Wohneinheiten führen.
Als Flächen sind vorrangig die im Strategischen Stadtentwicklungskonzept
benannten Flächen 1, 3, 4, 5, 8, 11, 16 und 19 – ggfs. in der Abwägung
zu anderen Belangen in verkleinerter Form – für eine neue Bebauung anzustreben.
Im Einzelfall können auch andere Flächen als Neubaugebiete ausgewiesen werden.
4. Die Stadt Hilden strebt
an, ihre neuen Wohnbau-Grundstücke durch Baulandmodelle der Zielgruppe „Junge
Familie“ zur Verfügung zu stellen.
Die Verwaltung wird beauftragt, entsprechende Konzepte mit zugeordneten,
vermarktbaren Grundstücken dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.
5. Bis auf die Potentialfläche 17 werden im neu aufzustellenden Flächennutzungsplan alle untersuchten Potentialflächen – ggfs. in der Abwägung zu anderen Belangen in verkleinerter Form – als Wohnbauflächen dargestellt.
6. Die Verwaltung wird
beauftragt, in Form eines „Monitoring“ die weitere Bevölkerungsentwicklung
sowie die Entwicklungen im Wohnungsbestand sowie im Wohnumfeld zu beobachten.
Erläuterungen und Begründungen:
Neben vielen sozialen Fragestellungen, die mit den absehbaren demographischen Entwicklungen verbunden sind, muss sich auch die Stadtplanung mit der Frage auseinandersetzen, ob und wenn ja, welche Flächen in Hilden für Wohnbaulandprojekte zur Verfügung gestellt werden sollen. Zur Vorbereitung der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans der Stadt Hilden wurde das Büro Planersocietät, Dortmund beauftragt, unter besonderer Berücksichtigung der demographischen Entwicklung und der absehbaren fiskalischen Folgen ein Konzept zu entwickeln, welche Wohnbaulandpotentiale die Stadt Hilden bis 2025 realisieren sollte.
In der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 14.07.2010 wurde der Entwurf des Strategischen Stadtentwicklungskonzepts mit dem thematischen Schwerpunkt: Wohnbaulandentwicklung vorgestellt.
Wie in der damaligen Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 61/046 vorgeschlagen, wurde in der Folgezeit der Berichtsentwurf weiter verwaltungsintern analysiert und bewertet.
Außerdem wurde der Entwurf in einem öffentlichen Bürgerforum am 10.09.2010 vorgestellt und diskutiert. Das Protokoll des Bürgerforums liegt dieser Sitzungsvorlage bei.
Auch suchten einzelne interessierte Bürger den unmittelbaren Kontakt mit dem beauftragten Planungsbüro sowie der Stadtverwaltung, um über die im Berichtsentwurf dargestellten Ergebnisse zu sprechen.
Im Ergebnis führte dieser Diskussionsprozess zu einer Fortschreibung des Berichtsentwurfs.
Der Entwurf wurde von dem beauftragten Büro Planersocietät, Dortmund neben einzelnen redaktionellen Änderungen und Korrekturen (u.a. wurde die Darstellung der Karten vergrößert) überarbeitet.
Wesentliche Änderungen wurden im Bereich der Erreichbarkeitsanalyse vorgenommen, deren Datengrundlage verändert wurde und die im Text nunmehr ausführlicher begründet wird.
Diese Überarbeitung setzt sich in der Bewertung der Wohnbaupotentialflächen fort. Hier wurde die Tabelle 12 (ehemalig 13) überarbeitet. U.a. wurden die Bewertungskriterien konkretisiert und ergänzt. Dadurch änderte sich in Einzelfällen auch die Empfehlung des Gutachters zu den Potentialflächen. Sie finden die Tabelle auf Seite 89 des in der Anlage beigefügten Abschlussberichts zum Strategischen Stadtentwicklungskonzept.
Die Fortschreibung des Entwurfs inkl. der Diskussionen führte dazu, dass der Gutachter in seiner Abschlussempfehlung zum "Zielgruppen-Mix" die Fläche 4 "Hintergelände Altes Helmholtz" aufgenommen und dafür die Fläche 7 "Am Strauch/Zur Verlach/Kölner Straße" herausgenommen hat (siehe Kapitel 7.3 [S. 108ff] des Abschlussberichts). Die Fläche 4 musste – insbesondere auf Grund der Überarbeitung der Erreichbarkeitsanalyse – gegenüber dem im Juni vorgestellten Entwurf des Stadtentwicklungskonzepts wesentlich besser beurteilt werden, die Fläche 7 im Gegensatz schlechter (vergl. Tabelle 12 auf Seite 89 des Abschlussberichts).
Der Gutachter empfiehlt, sich in den nächsten Jahren – neben der wesentlich wichtigeren Pflege des Bestands – insbesondere mit der Entwicklung folgender Potentialflächen auseinander zu setzen, da Neubau trotzdem erforderlich ist (Die Reihenfolge der Auflistung ist keine Darstellung evtl. Prioritäten, sondern orientiert sich an der Nummerierung des Gutachters!):
- Fläche 1: westlich der Hofstraße / nördlich der Karnaper Str. (Bebauungsplan Nr. 139)
- Fläche 3: An der Walder Straße zwischen den Hausnummern Walder Straße 364 und 386 / südlich der Einmündung Dürerweg
- Fläche 4: Im rückwärtigen Bereich des Weiterbildungszentrum Altes Helmholtz, Gerresheimer Str. 20, 20a und 20b und der Grundstücke Augustastraße 14-24 (Bebauungsplan Nr. 236A)
- Fläche 5: Walder Straße 14 bis 26 (Bebauungsplan Nr. 165A)
- Fläche 8: Hofstraße 123 bis 127 (ehemalige Wäscherei Pauli)
- Fläche 11: Im rückwärtigen Bereich der Grundstücke Lievenstraße 8 bis 16
- Fläche 16: Im Bereich Am Wiedenhof / Kunibertstraße / Lindenstraße (ehemalige Albert-Schweitzer-Hauptschule und Fabricius-Sporthalle)
- Fläche 19: Im Bereich Bahnhofsallee / Benrather Straße / Poststraße (Bebauungsplan Nr. 10C)
Durch die Entwicklung von Flächen, die sich entweder im
Eigentum der Stadt Hilden befinden oder im Eigentum einer dem Gemeinwohl
verpflichteten Einrichtung, besteht auch die Möglichkeit, die Baulandpreise für
Neubau und Altbau zu beeinflussen.
Unstrittig ist, dass Hilden ein sehr hohes Baulandpreisniveau im Vergleich zu
den südlichen und östlichen Nachbarkommunen aufweist. Viele Hildener Familien –
so wird es im Familienbericht dokumentiert – müssen einen wesentlichen Teil –
tlw. mehr als 50 % – ihres Einkommens für ihre Wohnung aufbringen.
Jüngere Haushalte in der Familiengründungsphase sind in der
Regel einkommensschwächer.
Bei einem Forschungsprojekt des Instituts für Landes- und
Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes NRW (ILS) im Jahr 2005/2006
wurden die Wohnortwechsel in der Stadtregion Wuppertal / Solingen / Remscheid
sowie der Nachbarkommunen (u.a. die Stadt Hilden) untersucht. Hierbei wurde
sehr deutlich, dass das wesentliche Kriterium für die Entscheidung für einen
neuen Wohnort, die Kosten sind. In Hilden haben 53 % der Befragten dieses
Kriterium als sehr wichtig und weitere 37 % als wichtig – also insgesamt 90 % von
den Antwortern, die in den Jahren 2002 bis 2004 nach Hilden gezogen sind und
zum Zeitpunkt der Befragung noch in Hilden lebten – beurteilt. (Die Ergebnisse
dieser Untersuchung wurden vom ILS in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses
am 06.06.2007 vorgestellt).
Voraussetzung für die Beeinflussung des Baulandpreisniveaus ist, dass das
bisherige Streben nach der maximalen Rendite beschränkt wird. Die Stadt Hilden
könnte hier die Rolle des Vorreiters übernehmen.
Deshalb empfiehlt der Gutachter über ein Baulandmodell (z.B. Einheimischenmodell,
Baugruppenmodell) neue Wege zur zielgruppenorientierten Vermarktung städtischer
Grundstücke zu finden (vergl. Seite 112 des Abschlussberichts).
Bei eventuellen größeren Neubaugebieten – so der Ratschlag des Gutachters – soll auch künftig eine kleinteilige, d.h. eine mit Einfamilienhäusern (ggfs. in Form von Einzel-, Doppel- und/oder Reihenhäusern) und Mehrfamilienhäusern durchmischte Siedlungsstruktur angestrebt werden (vergl. Seite 111 des Abschlussberichts).
Für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans ist wichtig, dass der Gutachter empfiehlt, so gut wie alle untersuchten Wohnbaulandpotentialflächen im Flächennutzungsplan – ggfs. in der Abwägung zu anderen Belangen in verkleinerter Form – als Reserveflächen für künftige Wohnbauflächen darzustellen. Die Fläche 17 im Bereich Richrather Straße / Weißdornweg / Stadtgrenze sollte jedoch – nach Einschätzung der Verwaltung – auf Grund der sehr schlechten Gesamtbewertung (vergl. Tabelle 12, Seite 89 des Abschlussberichts) und insbesondere der Altlastenproblematik sowie der Stadtrandlage nicht als Reservefläche für Wohnbauland zur Verfügung gestellt werden.
Neben der Beurteilung von Flächen, die ggfs. für neue
flächige Wohnungsbauprojekte erstmals erschlossen werden können, wird im
Abschlussbericht zum Stadtentwicklungskonzept empfohlen sich auch dem heutigen
Wohnungsbestand zu widmen und hier vorhandene Potentiale „zu heben“ (Kapitel
4.3 auf Seite 70 ff sowie Seite 111 des Abschlussberichts).
Im Bericht wird erläutert, dass in absehbarer Zeit eine Vielzahl von „alten“
Einfamilienhäusern und Wohnungen verkauft und gekauft werden wollen. Eine
Auswertung ergab, dass heute in Hilden 235 Immobilien vorhanden sind, die
ausschließlich von 1 bis 2 Personen bewohnt werden, die älter als 80 Jahre alt
sind. Bei 821 Immobilien sind die 1 bis 2 Bewohner älter als 70 Jahre, bei 1689
älter als 60 Jahre.
In folgenden Bereichen / Baublöcken sind heute je Fläche mindestens 11 Adressen vorhanden, unter denen im Melderegister maximal zwei Personen gemeldet sind, die beide mindestens 70 Jahre alt sind (= Stresstestflächen Ü70):
- Baublock: Grünewald / Steinauer Straße / Marienweg / Wohlauer Straße (inkl. Oderstraße)
- Baublock: Schalbruch / Gerresheimer Straße / Wuppertaler Stadtwerke Leitung / Heinrich-Lersch-Straße
- Bereich: Brucknerstraße / Gustav-Mahler-Straße
- Baublock: Taubenstraße / Schlichterweg / Zwirnerweg / Hummelster Str. / Hochdahler Straße (ohne die Straße Am alten Sportplatz)
- Bereich: Engelbertstraße
- Baublock: Tizianweg / Raffaelweg / Dürerweg / Walder Straße (inkl. Käthe-Kollwitz-Weg)
- Bereich: Am Eichelkamp / Breddert
- Baublock: Ohligser Weg / Kiefernweg / Narzissenweg / Kirschenweg (inkl. Tulpenweg)
- Bereich: Rochowstraße / Topsweg
- Bereich: Verbindungsstraße / Klusenstraße / Karnaper Straße (ohne Eichendorffhof)
- Baublock: Meide / Schalbruch / nördliche Herderstraße
- Baublock: Gustav-Mahler-Straße / Furtwänglerstraße
- Bereich: Verdistraße
- Baublock: Hochdahler Straße / Am Jägersteig / Biesenstraße (inkl. Auf der Hübben)
- Baublock: Rubensweg / Kalstert / Dürerweg / Raffaelweg / Walder Straße / Tizianweg (inkl. Merianweg)
- Baublock: Feuerbachweg / Holbeinweg / Walder Straße / Noldeweg
- Bereich: Menzelweg / Barlachweg
- Bereich: Weidenweg / Erikaweg
- Baublock: Lehmkuhler Weg / Heideweg / Erikaweg
Der Gutachter empfiehlt diese Bereiche im Rahmen einer städtebaulichen Voruntersuchung auf ihre Zukunftsfähigkeit und die Notwendigkeit und/oder Möglichkeit städtischer Einflussnahmen zu prüfen. Nach Einschätzung des Gutachters sind auf Grundlage seiner überschlägigen Untersuchungsergebnisse die als erste Gruppe zusammengestellten Flächen vorrangig zu untersuchen (Abb. 75 auf Seite 74 des Abschlussberichts). Aber innerhalb der jeweiligen Gruppe stellt die Reihenfolge der Auflistung keine Darstellung evtl. Prioritäten dar.
Die Verwaltung schlägt vor, in einem nächsten Analyse-Schritt die benannten Stresstestflächen in einem städtebaulichen Kurz-Check näher zu beleuchten. Auf dieser Basis kann dann der Stadtentwicklungsausschuss und/oder Rat entscheiden, ob für einzelne oder alle der Flächen städtebauliche Rahmenpläne erstellt werden sollen. Bezüglich Form, Inhalte und Wirkungen solcher Rahmenpläne wird auf die Erfahrungen des Rahmenplans „Nördliche Unterstadt“ für den Bereich Benrather Straße / Eisenbahntrasse / Körnerstraße / Ellerstraße verwiesen.
Eine weitere Möglichkeit, sich mit dem Bestand auseinanderzusetzen und evtl. heute nicht bekannte vorhandene Defizite festzustellen, besteht – wie im Handlungskonzept zum Familienbericht vorgeschlagen – darin, die vom Amt für Jugend, Schule und Sport organisierten Stadtteilkonferenzen um das Thema Wohnumfeldgestaltung zu erweitern. Hier können Bürger und Mitarbeiter des Baudezernates ohne konkreten Planungsanlass ins Gespräch kommen. Die Bürger haben die Möglichkeit ihre Kritik und ihre Wünsche zu artikulieren, die Fachleute ggfs. direkt hierzu Stellung zu nehmen.
Nach Auswertung der Vorschläge des Gutachters empfiehlt die Verwaltung, den formulierten Beschlussvorschlag als Leitlinie für die künftigen städtebaulichen Diskussionen zu beschließen.
gez. Horst Thiele