Betreff
Antrag auf Erstellung einer Innenbereichssatzung nach § 34 BauGB für die Bebauung an der westlichen Reisholzstraße
Vorlage
WP 09-14 SV 61/059
Aktenzeichen
IV/61.1 Reisholzstraße Groll
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Beschlussfassung wird anheimgestellt.

 


Stand: 01.06.2011

Zusätzliche Erläuterungen und Begründungen:

 

In der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 09.03.2011 informierte die Verwaltung darüber, dass der Kreis Mettmann die Teilnahme an einer vom Stadtentwicklungsausschuss gewünschten Informationsveranstaltung abgelehnt hat.

 

Vor dem Hintergrund, dass in einer Informationsveranstaltung somit nur die Verwaltungsposition zum Thema “Bauen im Außenbereich/ Bestandsschutz“ dargestellt werden könne, diese aber ohnehin aus der Sitzungsvorlage hervorginge, wurde auf Anregung des Bürgermeisters bei den betroffenen Grundstückseigentümern nachgefragt, ob noch Interesse an einer Informationsveranstaltung bestehen würde.

Diese Nachfrage wurde dankenswerter Weise durch die Sprecherin der Antragsteller, Frau Dr. Senzcek, Reisholzstraße 63, übernommen.

 

Im Resultat konnte Frau Dr. Senczek keine einheitliche Tendenz mitteilen, einige Betroffene wünschten sich eine Informationsveranstaltung, andere wiederum nicht.

Deutlich wurde jedoch, dass in vielen Fällen das Bedürfnis vorhanden ist, individuell über die bau- und planungsrechtliche Situation informiert zu werden – ein Sachverhalt, dem eine öffentliche Informationsveranstaltung in einem deutlich größeren Rahmen ohnehin nicht gerecht werden kann.

 

Die Verwaltung hat dann ihrerseits alle betroffenen Eigentümer (Reisholzstraße 31 bis 65) über die Situation unterrichtet und ihnen angeboten, sich in Einzelterminen über die jeweilige Situation des eigenen Gebäudes durch die Verwaltung informieren zu lassen. Entscheidungen über Baumöglichkeiten im planerischen Außenbereich sind ohnehin Einzelfallentscheidungen, so dass hier Einzeltermine die bessere Alternative darstellen.

Ein entsprechendes „Muster“-Anschreiben ist als Anlage der Sitzungsvorlage beigefügt worden.

 

Dieses Angebot einer Einzelberatung hat mit Stand vom 01.06.2011 ein Eigentümer der betroffenen Grundstücke genutzt.

 

Angesichts der bisherigen Diskussion schlägt die Verwaltung vor, den Antrag, für die westliche Reisholzstraße eine Innenbereichssatzung nach § 34 BauGB aufzustellen, abzulehnen.

 

 

gez. H. Thiele
Erläuterungen und Begründungen:

 

Verschiedene Anlieger und Eigentümer an der westlichen Reisholzstraße (Haus-Nummern 31 bis 65; Südseite) haben mit Schreiben vom 03.05.2010 (eingegangen bei der Stadt Hilden am 10.06.2010) den Antrag gestellt, ihre Wohnlage durch die Aufstellung einer Innenbereichssatzung planerisch abzusichern.

 

Da zur Beratung des Antrages umfangreiche Recherchen notwendig waren, wurde in Abstimmung mit der Sprecherin der Antragsteller zunächst der Abschluss der Recherchen und der verwaltungsinternen Abstimmung abgewartet.

 

Ziel der beantragten Satzung soll es sein, den Eigentümern zu ermöglichen

-    die Gebäude bei Bedarf den heutigen Wohnverhältnissen anzupassen;

-    Wintergärten anbauen zu können;

-    die vorhandenen Baulücken füllen zu können;

-    nicht schlechter gestellt zu sein als Bürger vergleichbarer Wohngebiete;

-    Rechtssicherheit zu bekommen.

 

Aus planerischer Sicht stellt sich die Situation folgendermaßen dar:

 

Die Gebäude am westlichen Ende der Reisholzstraße (Stadtgrenze zu Düsseldorf) stellen eine sogenannte „Splittersiedlung“ dar. In etwa vergleichbar sind die Gebäudeansammlungen im Bereich Kesselsweier oder Lodenheide.

 

Der aktuelle Flächennutzungsplan aus 1993 weist den betroffenen Bereich der westlichen Reisholzstraße als „Fläche für die Landwirtschaft“ aus. Nördlich der Reisholzstraße befindet sich eine Kleingartenanlage, westlich schließt sich der Staatsforst Benrath der Stadt Düsseldorf an. Nach Osten hin folgt im Flächennutzungsplan eine als „Gewerbegebiet“ ausgewiesene Fläche. Ebenfalls im FNP dargestellt ist die Trasse einer Hochspannungsleitung mit ihren Schutzstreifen.

 

Es gibt für den betroffenen Bereich keinen Bebauungsplan nach § 30 BauGB, der Bereich liegt auch nicht innerhalb der 1981 aufgestellten „§34-Satzung“ der Stadt Hilden (über die im Zusammenhang bebauten Ortsteile).

Demnach ist der Bereich planerisch nach § 35 BauGB („Außenbereich“) zu beurteilen.

 

Die betroffenen Gebäude an der westlichen Reisholzstraße haben damit „Bestandsschutz“, d.h. nach hiesiger Auslegung können die Gebäude sehr wohl saniert und modernisiert werden (Ziel 1 der Antragsteller).

Ebenso lassen sich unter bestimmten Umständen zusätzliche bauliche Anlagen erstellen, nämlich bei Zustimmung des Kreises Mettmann (Ziel 2 der Antragsteller).

 

Damit liegt Rechtssicherheit vor genauso wie Gleichbehandlung mit vergleichbaren Situationen in Hilden. Lediglich die erwähnten „Baulücken“ können nicht gefüllt werden, da es derzeit nicht planerischer Wille der Stadt Hilden ist, eine Splittersiedlung im Außenbereich zu verfestigen.

 

Die Betrachtung der planerischen Situation aus historischer Sicht zeigt, dass seitens der Stadt Hilden seit mindestens 50 Jahren inhaltlich konsistent gehandelt wird.

 

Mit der durch die Einführung des „Bundesbaugesetzes“ erforderlich gewordenen erstmaligen Aufstellung eines sog. „Baustufen- und Bauzonen-Planes“ im Jahr 1960 gibt es Aussagen zu dem betroffenen Bereich an der westlichen Reisholzstraße.

 

Der Baustufen- und Bauzonen-Plan 1960 weist den Bereich nicht als Baufläche aus; ca. 100m weiter östlich befindet sich die Westgrenze eines als „Kleingewerbegebiet“ dargestellten Bereiches.

 

Im Flächennutzungskonzept der Stadt Hilden aus 1976 ist der Bereich der westlichen Reisholzstraße ebenfalls nicht als Baufläche ausgewiesen; der Siedlungsbereich endet westlich der Gebäude Reisholzstraße 18 (Gewerbe).

 

Die § 34-Satzung der Stadt Hilden aus 1981 weist den Bereich nicht als einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil aus.

 

Der Flächennutzungsplan der Stadt Hilden aus 1993, wie schon erwähnt, weist den Bereich als „Fläche für die Landwirtschaft“ aus.

 

Der Regionalplan des Regierungsbezirkes Düsseldorf (GEP 1999) weist den Bereich als „Freiraum- und Agrarbereich“ in einem „Regionalen Grünzug“ aus.

 

Der Bereich liegt ebenfalls im Geltungsbereich des Landschaftsplanes des Kreises Mettmann. Dieser weist den Bereich zwischen Reisholzstraße und Düsseldorfer Straße als „Rekultivierungsbereich“ aus; das Entwicklungsziel ist „Anreicherung einer Landschaft mit naturnahen Lebensräumen und mit gliedernden und belebenden Elementen im Entwicklungsraum Hülsen“.

 

Der Grünordnungsplan für die Stadt Hilden (GOP 2001) betrachtet den hier betroffenen Bereich als „zusammenhängenden Landschaftsraum“.

 

Konsequenterweise werden Bodenrichtwerte für die westliche Reisholzstraße nicht erfasst.

 

Zu beachten ist allerdings auch, dass die Reisholzstraße in gesamter Länge als „Anliegerstraße“ gewidmet ist. Ebenso wurden in den Jahren 1972/74 Schmutz- und Regenwasserkanäle verlegt.

 

Betroffen von der jetzigen Situation sind nach dem aktuellen Stand des Melderegisters max. 45 Personen. Von knapp dreißig Einzeleigentümern haben sich 12 an dem vorliegenden Antrag beteiligt.

 

Zur Historie der Südseite des westlichen Teils der Reisholzstraße kann folgendes gesagt werden:

 

Die zusammenhängende Gebäudezeile ist im wesentlichen um 1905 herum entstanden, sie erscheinen nach Auskunft des Stadtarchivs erstmals 1907/08 im Adressbuch der Stadt und 1913 erstmals in einer Kartendarstellung.

 

Die meisten dieser Gebäude wurden in spekulativer Absicht durch einen damals in Hilden ansässigen Bauunternehmer erstellt, der der Stadt Hilden dabei auch die Erschließung anderer Bereiche und den Bau dafür erforderlicher Straßen im Hildener Westen in Aussicht stellte.

 

Der folgende 1. Weltkrieg und die sich anschließenden Umwälzungen politischer und wirtschaftlicher Art schlossen dann offenbar eine Weiterführung dieser Pläne aus, sowohl bei der Stadt Hilden als auch bei dem Bauunternehmer.

 

Seit dieser Zeit betrachtet die Stadt Hilden den vom Antrag betroffenen Bereich nicht als Siedlungserweiterungsfläche und handelt entsprechend. In den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts betrachtete die Stadt Hilden den Bereich sogar als „Sanierungsgebiet mit dem Ziel des Rückbaus der Gebäude“ (aufgrund einer Absprache mit der damaligen Bezirksregierung), aufgrund der finanziellen Folgen wurde die Sanierungsmaßnahme jedoch nicht realisiert.

Es blieb bei der Einordnung als Außenbereich.

 

Dabei konnten kleinere Baumaßnahmen gerade auch in den vergangenen zwanzig Jahren jeweils mit einer Ausnahmegenehmigung des Kreises Mettmann umgesetzt werden, während größere Wohnungsneubauten regelmäßig nicht genehmigt wurden.

 

Um den Ansprüchen der Antragsteller entgegen zu kommen, gibt es mehrere Wege.

 

Eine Möglichkeit liegt in der Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes nach § 30 BauGB, der hier ein „Allgemeines Wohngebiet“ ausweisen könnte in Verbindung mit überbaubaren Grundstücksflächen (Baugrenzen), Art und Maß der baulichen Nutzung und den Erschließungs- bzw. Verkehrsflächen.

Die Lage in einem Regionalen Grünzug, die Tatsache, dass der Bereich bisher als Außenbereich nach § 35 BauGB betrachtet wurde und die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen lassen diesen Weg aber nicht als erfolgversprechend erscheinen (Bezirksregierung; Kreis Mettmann).

 

Gleiches gilt für die Aufstellung einer Abrundungssatzung nach § 34 BauGB.

 

Neben der Möglichkeit den heutigen „status quo“ im Sinne von mit dem Kreis Mettmann abgestimmten Einzelfallentscheidungen beizubehalten, besteht auch die Möglichkeit gemäß § 35 Abs. 6 BauGB eine Satzung mit der Zielrichtung aufzustellen, dass Wohnzwecke dienende Vorhaben, die öffentliche Belange nicht beeinträchtigen, nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung eine Splittersiedlung befürchten lassen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden.

 

Aus planerischer Sicht erscheint die Variante am besten, es bei der heutigen Situation „status quo“  zu belassen. Auch nach § 35 BauGB sind, jeweils – auf Grund der Lage im Geltungsbereichs des Landschaftsplans – in Absprache mit dem Kreis Mettmann als Untere Landschaftsbehörde, bestimmte kleinere Baumaßnahmen möglich. Der bauliche Bestandsschutz gilt weiterhin.

Dabei ist zu bedenken, dass es aufgrund der vorhandenen Bebauungsstruktur zwei unterschiedlich zu beurteilende Abschnitte gibt; den Bereich der II-III geschossigen Mehrfamilienhäuser in geschlossener Bauweise sowie den Bereich der I-II geschossigen Einfamilienhäuser.

 

Bisher ist seitens der Stadt Hilden sowohl verwaltungsseitig als auch politisch seit Jahrzehnten klargestellt gewesen, dass der Bebauungszusammenhang des Stadtgebietes westlich der Gewerbebebauung an der Reisholzstraße endet. Tatsächlich ist aus hiesiger Sicht hier auch eine deutlich merkbare Zäsur vorhanden, von einer durchgehenden Bebauung der Reisholzstraße, wie es im Antrag ausgedrückt wird, kann nicht die Rede sein.

 

Es ist bisher nicht beabsichtigt gewesen, hier bis an die Stadtgrenze zu Düsseldorf heran eine Bebauung zuzulassen. Dies sollte auch weiter so bleiben.

Denn die heute vorhandene Splittersiedlung hat im städtischen Zusammenhang betrachtet tatsächlich eine völlig untergeordnete Bedeutung, sowohl hinsichtlich der Zahl der Bewohner als auch der Zahl der Gebäude. Von einer eigenständigen städtebaulichen Wirkung kann nicht die Rede sein; hier ergibt sich die Wirkung alleine aus der Tatsache, dass die Häuserzeile völlig unvermittelt in einem ansonsten freien Landschaftsraum steht, der im wesentlichen bereits durch die Silhouette des Staatsforstes Benrath geprägt wird.

 

 

gez. Horst Thiele