Betreff
Abschaffung der Schulbezirke für Grundschulen - Anfrage der SPD-Fraktion vom 08.12.2005 -
Vorlage
WP 04-09 SV 51/114
Aktenzeichen
III/51.1 Schg
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Schule, Sport und Soziales nimmt den Bericht der Verwaltung zur geplanten Abschaffung der Schulbezirke für Grundschulen zur Kenntnis. “

 


Erläuterungen und Begründungen:

Anfrage der SPD-Fraktion

 

Im Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung der Schulbezirke für Grundschulen stellte die SPD-Fraktion in der Sitzung des Ausschusses Schule, Sport und Soziales am 08.12.2005 die Anfrage

Ø      welche möglichen Auswirkungen sich für die Grundschulen ergeben

Ø      ob eine Steuerung der Schülerströme durch den Schulträger weiterhin möglich sei und

Ø      ob es auch in Zukunft eine relativ verlässliche Schulentwicklungsplanung in der Stadt Hilden geben wird (s. Anlage 1).

 

Novellierung des Schulgesetzes

Im Januar 2006 wurde der Referentenentwurf zum Schulgesetz NRW den Verbänden zur Anhörung zugeleitet, daran schließt sich das parlamentarische Verfahren an. Das neue Schulgesetz soll zum kommenden Schuljahr in Kraft treten. Die Eckpunkte zur Novellierung des Schulgesetzes sehen unter anderem vor:

·         Kinder werden künftig zwei Jahre vor der Einschulung auf ihre Sprachfertigkeiten hin getestet; im Bedarfsfall erhalten sie eine Förderung.

·         Eltern werden künftig die Wahl der weiterführenden Schule nicht mehr erzwingen können, wenn ihr Kind offenkundig für die von ihnen gewünschte Schulform nicht geeignet ist.

·         Die Schulzeit bis zum Abitur wird auf zwölf Jahre verkürzt.

·         Die gymnasiale Oberstufe wird reformiert, um ihre allgemeinbildende Funktion zu stärken.

·         Das Arbeits- und Sozialverhalten von Schülern sowie ihr außerunterrichtliches Engagement werden künftig in den Zeugnissen dokumentiert.

·         Die disziplinarischen Rechte der Lehrerinnen und Lehrer werden gestärkt.

·         Die Schulen werden eigenverantwortlich.

·         Die Grund- und Berufsschulbezirke werden abgeschafft.

 

 

Abschaffung der Schulbezirke

 

Nach § 39 Abs. 1 des gültigen Schulgesetzes besuchen Schülerinnen oder Schüler die für ihren Wohnsitz zuständige Schule, soweit Schulbezirke gebildet sind. Diese Regelung soll nunmehr entfallen. Die Schulbezirke sollen nach einer Übergangszeit bis zum Jahr 2008 abgeschafft werden.

 

Nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung sollen die Eltern zukünftig im Rahmen freier Kapazitäten wählen können, an welcher Grundschule sie ihr Kind anmelden. Sie haben einen Anspruch auf Aufnahme ihres Kindes in eine wohnortnächste Grundschule. In diesem Zusammenhang ist auch die vorgesehene Änderung des § 46 Abs. 1 Satz 1 (Ziffer 26 des Referentenentwurfes) zu nennen, wonach die Schulleiterin oder der Schulleiter innerhalb des vom Schulträger hierfür festgelegten Rahmens (insbesondere der Zahl der Parallelklassen pro Jahrgang) über die Aufnahme der Schülerin oder des Schülers entscheidet.

 

Schülerfahrkosten sind auch künftig nur zur nächstgelegenen Schule im Sinne des § 9 Schülerfahrkostenverordnung zu erstatten. Darüber hinausgehende Kosten für die Schülerbeförderung müssten die Eltern und nicht der Schulträger tragen. Einzelheiten sollen in der Schülerfahrkostenverordnung geregelt werden.

 

Schulbezirke stellen nach Auffassung der Kommunen ein wichtiges Steuerungsinstrument dar, um Schülerströme an die bestehenden Raumkapazitäten der Schulen anzupassen.

Die Kommunen beurteilen die geplante Abschaffung der Schulbezirke als sehr problematisch. Eine aktuelle Umfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW unter den Mitgliedsstädten und –gemeinden zeigt, dass annähernd 90% der kommunalen Schulträger erhebliche organisatorische Schwierigkeiten und vermeidbare zusätzliche Kosten erwarten. Sowohl der Schulausschuss des Städte- und Gemeindebundes als auch das Präsidium haben sich einhellig für den Erhalt dieses Steuerungsinstrumentes eingesetzt.

 

Schon heute besucht nicht jedes Kind die für seinen Wohnort zuständige Grundschule. Aus wichtigem Grund sind bereits heute Ausnahmen möglich.

Stichproben bei den Mitgliedskommunen des Städte- und Gemeindebundes haben ergeben, dass der Anteil der Schüler, die eine andere als die eigentlich zuständige Schule besuchen, bei ca. 5 % liegt, d.h. pro 20 Schüler besucht lediglich ein Schüler eine andere Schule. Die überwiegende Zahl der Anträge richtet sich im Übrigen nicht auf den Besuch einer anderen als der zuständigen Schule bei Schuleintritt, sondern auf Verbleib auf der bisherigen Schule in den Fällen eines Wohnortwechsels.

 

Falls die Schulbezirke abgeschafft werden, ist von einer Steigerung der Anzahl der Kinder, die eine andere als die nächstgelegene Schule besuchen, auszugehen. Wie hoch dieser Anteil sein wird, lässt sich derzeit nur schwer abschätzen, zumal sich von Ort zu Ort erhebliche Unterschiede bei dem Wahlverhalten der Eltern ergeben dürften.

 

Es ist allerdings zu erwarten, dass der Anteil um ein Vielfaches höher sein wird als der derzeitige Umfang der genehmigten Anträge auf Besuch einer anderen als der eigentlich zuständigen Schule. Eine sinnvolle Schulentwicklungsplanung durch den Schulträger wird dadurch erheblich erschwert.

 

Einen Kompromissvorschlag sieht der Städte- und Gemeindebund in dem Beschluss der 44. Delegiertenversammlung der KPV/NRW vom 28.10.2005 in Hamm: Die verpflichtende Bildung von Schulbezirken sollte abgeschafft und die Entscheidung hierüber in das Ermessen der Schulträger gestellt werden. Dies ist ein Beitrag zum Standardabbau und zugleich eine Stärkung der immer wieder betonten Verantwortung vor Ort.

 

 

Einbindung in das Gesetzgebungsverfahren

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW hat den Referentenentwurf zur Novellierung des Schulgesetzes mit Schreiben vom 24.01.2006 dem Städte- und Gemeindebund NRW zur Stellungnahme zu geleitet. In einer ersten Einschätzung kommt der Städte- und Gemeindebund zu der grundsätzlichen Aussage, dass der Referentenentwurf zur Novellierung des Gesetzes im Bereich der inneren Schulangelegenheiten eine Reihe von positiven Ansätzen zur Verbesserung der Qualität von Schule zeigt. Begrüßt wird auch, dass die Mitverantwortung der Kommunen als Schulträger für die zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Schulen betont wird.

In krassem Widerspruch dazu werden die Organisationshoheit und die Einflussnahmemöglichkeiten der Schulträger an keiner Stelle gestärkt, sondern im Gegenteil deutlich eingeschränkt. So wird trotz der massiven Kritik des gesamten kommunalen Raums an der Abschaffung der Schulbezirke festgehalten.

Die kommunalen Spitzenverbände waren aufgefordert bis zum 24.02.2006 eine Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetzentwurf (2. Schulrechtsänderungsgesetz) abzugeben. Der Städte- und Gemeindebund hat die begründete Kritik der Kommunen an dem vorliegenden Gesetzentwurf in seine Stellungnahme aufgenommen in der Erwartung, dass im weiteren parlamentarischen Verfahren dies in angemessener Weise Berücksichtigung findet.

 

 

Fazit

Vor einer abschließenden Stellungnahme zur beabsichtigten Abschaffung der Schulbezirke ist das Gesetzgebungsverfahren zunächst abzuwarten. Sobald das 2. Schulrechtsänderungsgesetz vorliegt, wird verwaltungsseitig in Form einer Sitzungsvorlage über die Änderungen und den damit verbundenen Auswirkungen informiert.

Die Auswirkungen des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes und die Handlungsoptionen des Schulträgers sind zudem im Leistungskatalog der Schulentwicklungsplanung enthalten (s. SV 51/112 Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung).

 

 

 

Günter Scheib