Betreff
Verfassungsbeschwerde gegen das Einheitslastenabrechnungsgesetz
Vorlage
WP 09-14 SV 20/023
Aktenzeichen
II/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Rat der Stadt Hilden nimmt nach Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss Kenntnis vom Sachstand der Verwaltung zum Thema Kommunalverfassungsbeschwerde gegen das Einheitslastenabrechnungsgesetz und beauftragt die Verwaltung, gemeinschaftlich mit den anderen Beschwerdeführern, Klage vor dem Verfassungsgerichtshof NRW einzulegen.“

 

 

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Mit dem Gesetz über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 wurde auch der Fond „Deutsche Einheit“ als Sondervermögen des Bundes eingerichtet. Zur Abdeckung dieser Schuldendienstverpflichtungen erhält der Fond Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt, die zu 50 % von den „alten“ Bundesländern erstattet werden. Die Länder wiederum haben aus ihrem Anteil an der Umsatzsteuer einen Teil abgetreten.

 

Am Länderbeitrag waren die Gemeinden dann mit durchschnittlich rd. 40 % beteiligt. Über einen fiktiv errechneten Solidarbeitrag haben die Städte dann jeweils über eine erhöhte Gewerbesteuerumlage zunächst ihren Betrag geleistet. Nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahres wurde dann den fiktiven Beträgen den tatsächlichen Ist-Einnahmen bei der Gewerbesteuer gegenüber gestellt mit der Folge, dass die Stadt entweder einen Betrag zurück erhielt oder nachzahlen musste.

 

Diese Abrechnungssystematik wurde allerdings ab dem Haushaltsjahr 2006 aufgegeben. Damit konnten sich etliche Städte, auch die Stadt Hilden, nicht einverstanden erklären, weil im Regelfall  über die fiktiven Beträge zu viel gezahlt wurde.

 

Deshalb wurde der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen angerufen. Dieser hat in seiner Entscheidung am  11. Dezember 2007 dann ausgeführt, dass die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, aber der Landesgesetzgeber aufgefordert wurde, die Überzahlung des kommunalen Beitrages zu den Lasten der Deutschen Einheit im Haushaltsjahr 2006, spätestens im Haushaltsjahr 2008, unter Berücksichtigung von verschiedenen Eckpunkten auszugleichen.

 

Nachdem das Urteil am 11. Dezember 2007 verkündet wurde, wurde der Rat der Stadt Hilden über diese zunächst erfreuliche Entwicklung unterrichtet. Seinerzeit ergaben sich aber schon Befürchtungen, dass in Teilen die Beschwerdeführer – auch die Stadt Hilden – zwar Recht bekommen haben, aber sich im Endeffekt dieses Recht in Euros nicht auswirken dürfte. Wie zu befürchten war, ist dann einige Wochen später genau diese Situation eingetreten, denn das Land Nordrhein-Westfalen hatte das Urteil so umgesetzt, dass entsprechend der Systematik des Gemeindefinanzierungsgesetzes die sogenannte Verbundmasse erhöht und damit im Regelfalle alle die Gemeinden eine Nachzahlung erhielten, die auch Schlüsselzuweisungen bekamen.

 

Die Kuriosität war, dass fast alle am Verfahren beteiligten Städte (inkl. Hilden) teilweise durch den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen Recht bekamen, aber auf Grund der nunmehr durch die Landesregierung vorgenommenen Umsetzung direkt keinen Vorteil hiervon hatten.

 

Zum Jahreswechsel 2007/2008 war dann festzustellen, dass die schlüsselzuweisungsberechtigten Gemeinde im Kreis Mettmann 5,6 Mio. Euro zusätzlich ausgezahlt wurden, die im Endeffekt aber dann noch nicht einmal bei den Umlagegrundlagen zur Anrechnung kamen (Kreisumlage). Vor diesem Hintergrund hat dann auch der Rat in seiner Sitzung am 30.08.2008 entschieden, Verfassungsbeschwerde gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz 2007 einzulegen.

 

In der Folge wurde dann das „Gesetz über die Leistung von Abschlägen im Rahmen der Feinabstimmung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden an den finanziellen Belastungen des Landes Nordrhein-Westfalen aufgrund der Deutschen Einheit“ zur Beratung eingebracht. Auch dieser Gesetzesentwurf wurde vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Interessen der abundanten und nichtabundanten Gemeinden sehr kritisch diskutiert, insbesondere ob eine teilweise Aufteilung über die Schlüsselzuweisungen und über die Allgemeine Investitionspauschale eine gerechte Lösung darstellt.

 

Die gesamten Bemühungen hatten sich bis dato schon ausgezahlt, weil den Fraktionen im März 2008 mitgeteilt werden konnte, dass die Stadt Hilden für den Haushalt 2008 rd. 204.000,- Euro zusätzlich als investive Abschlagszahlung erhalten wird.

 

Weiterhin ergab sich nach Ausführungen des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes, dass es systembedingt weiterhin Gemeinden geben würde, die über die allgemeine Investitionspauschale bzw. über die erhöhten Schlüsselzuweisungen nunmehr einen höheren Erstattungsbetrag bekommen würden, als sie überhaupt in dem entsprechenden Jahr an Solidarbeiträgen gezahlt haben. Alleine dieser Umstand verdeutlicht schon die ungerechte Situation.

 

In der Folge wurde dann auch sehr kontrovers über die Frage diskutiert, in welcher Höhe überhaupt auf Ebene des Landes Überzahlungen durch die Kommunen entstanden sind.

 

Am 04. Februar 2010 hat der Landtag dann das Einheitslastenabrechnungsgesetz in dritter Lesung mehrheitlich angenommen und verabschiedet. Ungeachtet der von den kommunalen Spitzenverbänden und von verschiedenen Sachverständigen bestätigten Bedenken, ist der ursprüngliche Entwurf nicht mehr geändert worden.

 

Erfreulich ist zunächst, dass die Stadt Hilden für die Jahre 2006 bis 2008 insgesamt 3,6 Mio. Euro erhalten hat. Dieser Betrag wurde dann auch in den Haushaltsplan 2010 eingearbeitet. Die hierzu erlassenen Bescheide sind nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden, so dass es im Frühjahr keinen akuten zeitlichen Handlungsdruck gab. Die Thematik wurde dann weiter diskutiert und nach Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände und mehrerer finanzwirtschaftlicher Expertisen wurde belegt, dass die Kosten der Einheit deutlich überzeichnet und daher die Gemeinden überproportional in NRW beteiligt werden.

 

Eine Umfrage beim Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund  hat nun zu dem Ergebnis geführt, dass von den 359 Mitgliedern 166 ihre Bereitschaft zur Verfahrens- oder Finanzierungsbeteiligung erklärt haben.

 

Hieraus alleine lässt sich schon die Bedeutung dieses Verfahrens für die Städte und Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen ableiten.

 

Weil die Stadt Hilden von Anfang an dieses gerichtliche Verfahren mit unterstützt hat und das Ergebnis bisher überaus erfolgreich war, sollte nunmehr auch Verfassungsbeschwerde gegen das Einheitslastenabrechnungsgesetz eingereicht werden. In der Vergangenheit sind die gesamten Verfahrenskosten unter den Beteiligten auf der Basis der Einwohnerzahlen abgerechnet worden, so dass einige Tausend Euro Prozesskosten angefallen sind. Vor dem Hintergrund, dass sich nunmehr viel mehr Gemeinden an diesem Verfahren beteiligen, werden die Kosten gering ausfallen und können aus dem vorhandenen Budget finanziert werden.

 

Da es letztendlich nur besser für die Stadt Hilden werden kann, wird verwaltungsseitig vorgeschlagen, das Verfahren, wie dargestellt, zu unterstützen und Verfassungsbeschwerde einzulegen.

 

 

 

 

 

Horst Thiele

Bürgermeister

 

 



Finanzielle Auswirkungen

 

Produktnummer

011101

Bezeichnung

Rechts- und Versicherungsangelegenheiten

Investitions-Nr.:

 

 

Mittel stehen zur Verfügung:

ja

Lfd. Ansatz bei Sachkonto 542910 Prozess-/Rechts-beistandskosten

 

Haushaltsjahr:

 

 

 

 

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Finanzierung:

 

 

 

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Klausgrete