Betreff
Vom Strategiepapier "Integration ist machbar!" bis heute
Vorlage
WP 09-14 SV 50/019
Aktenzeichen
III/50.2-wo
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Integrationsrat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis“


Erläuterungen und Begründungen:

 

Migration und Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft gehören zum selbstverständlichen Erscheinungsbild der Stadt Hilden. Wie in den meisten anderen deutschen Städten auch ist die zahlenmäßige Verteilung bestimmter Herkunftsländer maßgeblich geprägt durch die Anwerbung sogenannter Gastarbeiter in den 50er und 60er Jahren, die Aufnahme von Spätaussiedlern und jüdischen Emigranten aus Osteuropa und Vorderasien, in kleinerem Maße auch durch Akademiker, die nach Deutschland kamen, um ein Studium zu absolvieren und die sich dann dafür entschieden, hier zu bleiben – auch durch Menschen, die in Deutschland politisches Asyl fanden und durch Kriegsflüchtlinge.

 

Wenn heute von Integration die Rede ist, werden auch die in Deutschland geborenen Abkömmlinge dieser Personengruppen in die Überlegungen mit einbezogen – sie werden als Menschen mit Migrationshintergrund oder Zuwanderungsgeschichte bezeichnet.

 

Die Stadt Hilden hat sich frühzeitig für die in ihr lebenden Migrantinnen und Migranten engagiert,

lange bevor im Jahr 2005 das Strategiepapier „Integration ist machbar!“ durch den Rat der Stadt Hilden verabschiedet wurde und lange bevor der Begriff der Integration verwandt wurde, um Zuständigkeiten, Dienststellen oder Projekte dieses Zusammenhangs expressis verbis zu benennen.

 

Die inhaltlichen und strukturellen Veränderungen, die seit Verabschiedung des Strategiepapiers umgesetzt wurden, stehen in der Kontinuität eines kooperativen, partnerschaftlichen und weltoffenen Klimas in Hilden. Beispiele für die lange Tradition der Hildener Integrationsarbeit sind:

 

  • Einführung eines Ausländerbeirates Jahre vor der gesetzlichen Pflicht
  • Seit Jahren bestehende Förderung von Migrantenvereinen durch die Stadt
  • Seit Jahren bestehende „Ausländerberatungsstelle“ (heute Integrationsbüro) in der Stadtverwaltung
  • Seit über 20 Jahren die Durchführung des „Fest der Völker“
  • Kooperative Umsetzung der Planungen für den Bau der Moschee
  • Betreuung der in Hilden lebenden Flüchtlinge, Spätaussiedler und jüdischen Emigranten durch sozialpädagogische Fachkräfte

 

Für eine „strategische Ausrichtung“ der Integrationsarbeit, wie sie durch das Strategiepapier „Integration ist machbar!“ intendiert wurde, gab es also im Jahr 2005 denkbar günstige Voraussetzungen. Die Notwendigkeit für die Schaffung einer konzeptionellen Grundlage ergab sich aus der gewonnenen Erkenntnis, dass Integration nicht allein „eine Sache von Zeit“ ist, in Anbetracht der Tatsache, dass auch in Deutschland geborene Kinder von Zugewanderten häufig Sprachdefizite, und im Durchschnitt auch niedrigere Bildungsabschlüsse und geringere Zukunftschancen aufwiesen und aufweisen.

 

Außer diesen auch in Hilden feststellbaren Fakten sorgten zudem überregionale und internationale Ereignisse (z.B. „11. September 2001“) für eine gesellschaftliche Debatte um „Parallelgesellschaften“ und „Integrationsunwilligkeit“, in deren Focus Migrantinnen und Migranten verhältnismäßig plötzlich gerieten.

 

Indem immer mehr Menschen aus „Anwerbeländern“ ins Rentenalter kamen und in Deutschland blieben, wurde deutlich, dass die ursprüngliche Idee eines vorübergehenden Aufenthalts zu Erwerbszwecken nicht der Realität entsprach:

Menschen fühlten sich in Deutschland zu Hause, und es kamen Kinder zur Welt, die Deutschland als ihre Heimat betrachteten.

 

Diese Tatsache machte Änderungen der Begrifflichkeiten erforderlich:

Das Wort „Ausländer“ war kein geeigneter Begriff mehr, um die Realität von Menschen zu beschreiben, deren Aufenthalt auf Dauer angelegt ist, und ist in Zusammenhang mit eingebürgerten Personen schlichtweg falsch.

 

Die Begriffe „Migranten“, „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte“ werden seit geraumer Zeit verwandt, wenn von Menschen die Rede ist, die aus anderen Ländern nach Deutschland kamen, oder von Menschen, von denen mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft ist.

 

Integrationsarbeit auf konzeptioneller Grundlage führte zwangsläufig auch zu anderen neuen Begrifflichkeiten, die die vielfältigen Aspekte von „Integration“ verdeutlichen. Diese Begrifflichkeiten finden sich im Strategiepapier „Integration ist machbar!“

 

Der Begriff der „Querschnittsaufgabe“ ist ein solcher Begriff, der von zentraler Bedeutung ist.

Die Aussage „Integration ist eine Querschnittsaufgabe“, wie sie im Strategiepapier „Integration ist machbar“ getroffen wird, betont die Notwendigkeit der Dezentralisierung von Integrationsarbeit. „Integration“ ist das Ziel der Gesamtverwaltung und nicht ein Bürgerservice wie andere, die in unterschiedlichen Ämtern angesiedelt sind.

 

Unter der Überschrift „Integration ist eine Querschnittsaufgabe“ wurden in Hilden seit Verabschiedung des Strategiepapiers folgende Schritte umgesetzt:

 

  • Einrichtung eines Integrationsbüros, von dem aus die Integrationsarbeit gesteuert wird. Von hier wird ein Newsletter heraus gegeben, der über Aktuelles in Bezug auf „Integration“ und „Migration“ in Hilden berichtet. Hierdurch werden ca. 800 Adressaten erreicht.
  • In der Verwaltung wurde ein Steuerungskreis „Integration“ eingerichtet, in dem ämterübergreifend beraten wird.
  • Die Amtsleitungen der Verwaltung wurden durch den Bürgermeister zu Integrationbeauftragten für ihre Ämter ernannt.
  • Die Stadt hat die Stelle eines interkulturellen Beraters eingerichtet, an den sich Institutionen und Einzelpersonen wenden können.
  • In der Stadtbücherei ist eine Kollegin ausdrücklich zuständig für Angelegenheiten, die „Integration“ betreffen.
  • Seit dem Jahr 2006 gibt es den „Maßnahmenkatalog Integration“, ein Budget, aus dem jährlich Integrationsprojekte von Ämtern und freien Trägern ermöglicht oder bezuschusst werden. Seit 2006 wurden so über 60 Angebote und Maßnahmen zur Integration durch Sport, kulturelle Aktivitäten, die Menschen verbinden, ein Wegweiser für ältere Migrantinnen und Migranten, Sprachförderangebote, interkulturelle Schulungen gefördert – kurz: es wurden alle gesellschaftlichen Bereiche erreicht, Jung und Alt, Frau und Mann.
  • „Interkulturelle Kompetenz“ ist Thema in der Ausbildung bei der Stadt Hilden.
  • Entwicklung eines Integrationsmonitorings, eines Kennzahlensystems, das die Entwicklung von „Integration“ abbildet (nach einer Erprobung und einigen Modifikationen werden Zahlen noch in 2010 veröffentlicht).
  • Jährliche Verleihung des Förderpreises Integration.
  • Unterstützung neuer Migrantenselbstorganisationen, die sich ausdrücklich im Bereich Bildung engagieren.
  • Aufbau des Integrationsportals www.integration.hilden.de .

 

 

Ermöglicht wurde die Umsetzung dieser Schritte maßgeblich durch die Durchführung von KOMM-IN NRW Projekten, die vom Land Nordrhein-Westfalen bewilligt wurden.

 

Seit 2006 hat die Stadt Hilden vom Land 5 Förderzusagen erhalten, mit denen eine Fördersumme von insgesamt € 175.000,-- verbunden ist. Mit KOMM-IN Projekten wird der Aufbau von Strukturen gefördert, die eine Nachhaltigkeit in der Integrationsarbeit gewährleisten.

 

Im Jahr 2008 gewann die Stadt Hilden den Landespreis Integration mit einer Projektidee aus dem Stadtarchiv: Für die Realisierung der Video-Dokumentation „Wie war das noch damals? Geschichten der Zuwanderung“ erhielt die Stadt € 12.000,-- aus der Landeskasse.

 

Die Instrumentarien und Strukturen, die seit der Umsetzung des Strategiepapiers „Integration ist machbar!“ auf den Weg gebracht wurden, haben wirkungsvoll die Integration von zugewanderten Menschen  gefördert. Neben dieser individuellen Förderung ist ein Netzwerk von Akteuren entstanden, die der Integration in Hilden ein Gesicht geben und die dazu beitragen, dass in Hilden Weltoffenheit gelebt wird.

 

 

 

gez. Horst Thiele

Bürgermeister