Betreff
Gleiche Lebenschancen für jedes Kind - Kinderarmut bekämpfen
- Antrag der SPD-Fraktion vom 27.11.2007
Vorlage
WP 04-09 SV 51/321
Aktenzeichen
Dez. III Ga/Ne
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

„Beschlussfassung wird anheim gestellt“.

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

In der Sitzung des Ausschusses für Schule, Sport und Soziales am 27.11.2007 hat die SPD-Fraktion den Antrag „Gleiche Lebenschancen für jedes Kind – Kinderarmut bekämpfen“ vorgelegt, der hiermit zur Beratung gestellt wird. Der Antrag ist als Anlage beigefügt.

 

Danach soll unter anderem ein jährlicher Armuts- und Sozialbericht vorgelegt und ein Armutspräventionskonzept entwickelt werden.

 

Die Landesregierung NRW hat kürzlich einen umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt, der ein differenziertes Bild der sozialen Lage der Bevölkerung in NRW liefert. Erstmals wurde dabei die Schilderung der Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen aufgenommen und mit Analysen zu den Dimensionen Bildung, Erwerbsbeteiligung, Gesundheit und Wohnen verbunden. Im Sozialbericht NRW 2007 wird erstmals auch die kommunale Perspektive in die Berichterstattung des Landes einbezogen. Daran waren die Städte Bielefeld, Bochum, Essen und Oberhausen beteiligt. Dabei hat sich herausgestellt, dass derzeit eine valide Situationsbeschreibung der Entwicklung von Armut in den Städten nur in sehr geringen Ansätzen und unvollständig zu erstellen ist. Auf der kommunalen Ebene fehlen Armutsindikatoren, um Größe und Struktur der von Armut betroffenen oder bedrohten Personen empirisch valide und regelmäßig zu beobachten. Eine einfache Übertragung der einkommensbezogenen Armutsmaße der EU-, Bundes- und Landesebene auf die kommunale Ebene ist damit nicht möglich.

 

Besondere Probleme bestehen zudem aufgrund der weiterhin noch nicht geklärten Datenzugänge der Kommunen zu den Ergebnissen der „SGB II Statistik“ und der bislang weitgehend ungeprüften Datenqualität der neu entstandenen Datenpotentiale. Detaillierte empirische Analysen sind daher nach Darstellung der genannten Kommunen noch nicht empfehlenswert, da sie auch den Anforderungen eines interkommunalen Vergleiches nicht genügen würden.

 

In dem Antrag der SPD-Fraktion werden als weitere Bausteine eines Konzeptes zur Bekämpfung der Kinderarmut genannt:

 

-                     Sicherung der sozialen und kulturellen Teilhabe an Freizeit- und Kulturangeboten für Kinder

-                     Gezielte Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund

-                     Konzept einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik speziell für Eltern mit Kindern

-                     Gesundheitsförderung in Kooperation mit dem Kreis Mettmann

 

Für die kommunale Familienpolitik sind die Möglichkeiten dem strukturellen Armutsrisiko, dem Familien in Deutschland unterliegen, entgegenzuwirken und Familienarmut zu vermeiden, eher begrenzt. Gleichwohl kann die jeweilige Kommune ein familienfreundliches Umfeld im Rahmen ihrer Zuständigkeiten gestalten.

 

Die Stadt Hilden hat in den unterschiedlichsten Bereichen erhebliche Anstrengungen unternommen, Verbesserungen der Lebenslagen von Familien zu erreichen:

 

-                     Die institutionelle Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten und Grundschulen ist eine wichtige Voraussetzung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit. In Hilden ist fast jeder zweite Kindergartenplatz ein Ganztagsplatz. Im Bereich der Grundschulen verfügt die Stadt Hilden mit der verlässlichen Grundschule und der OGATA über ein Betreuungsangebot von über 40%. Die Nachfrage nach OGATA-Plätzen steigt weiter und soll durch eine Erweiterung des Angebotes abgedeckt werden. Im Bereich der Betreuung der Kinder unter drei Jahren wird die Stadt Hilden in diesem Jahr eine Quote von 15% erreichen und damit im Vergleich zu vielen anderen Städten eine sehr gute Infrastruktur anbieten, die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben noch weiter auszubauen ist.

-                     Allgemein zeigt sich eine starke Beziehung zwischen sozialer Herkunft und Lebens- und Bildungschancen der Kinder. Die soziale Selektivität der Bildungsbeteiligung betrifft in besonderem Maße Kinder aus Migrantenfamilien. Hilden hat bereits im Jahr 2005 in dem Strategiepapier „Integration ist machbar“ die Ziele zu einer Verbesserung der Bildungschancen formuliert und seitdem einen erfolgreichen Prozess der Stärkung der Integrationsarbeit initiiert, organisiert und moderiert. Das erste in diesem Rahmen erfolgte KOMM-IN NRW-Projekt 2006/2007 beinhaltete schwerpunktmäßig das Empowerment von Migrantinnen und Migranten. Das aktuelle KOMM-IN Projekt widmet sich dem Schwerpunkt „Förderung der Bildung und Erziehung“ und hat bereits viele positive Maßnahmen angestoßen und auf den Weg gebracht. Das vorhandene Strategiekonzept wird die Basis für die weiteren Handlungsprogramme bilden. Die vorliegenden Vergleiche zeigen im übrigen, dass in Hilden im Vergleich zu Land und Kreis überproportional viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund das Abitur und auch die anderen Schulabschlüsse erreichen. Ein besonderes in Hilden entwickeltes Konzept zum Übergangsmanagement von Schule zum Beruf hilft den Hauptschülerinnen und Hauptschülern unmittelbar nach der Schule einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Hauptschule in Hilden wird zudem in diesem Jahr zu einer Ganztagsschule umgestaltet werden. Auch die anderen Schulformen werden ganztägige Angebote entwickeln. Auch dadurch werden sich die Bildungschancen aller Kinder verbessern. Die Stadt Hilden wird die Schulen mit den entsprechenden Mensen ausstatten, um gute Rahmenbedingungen für diesen Ganztagsunterricht zu gewährleisten.

-                     Benachteiligte Familien mit Kindern erhalten seit langem auch eine besondere finanzielle Unterstützung. So werden die Kosten für die Lernmittel für die Empfänger von Leistungen nach SGB II und SGB XII von der Stadt Hilden übernommen. Seit jeher erhalten diese Personenkreise einen Zuschuss zum Mittagessen ihrer Kinder in den Kindertageseinrichtungen und den Schulen. Elternbeiträge für die Geschwisterkinder im Rahmen der Betreuung der Kindertageseinrichtungen und der Schulen müssen nicht gezahlt werden. Vielfältige Ermäßigungsstrukturen insbesondere bei den Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen unterstützen die Familien in Hilden. Die Stadt Hilden hat ein attraktives Angebot im Rahmen der Familienkarte geschaffen und wird zudem die Ermäßigungsmöglichkeiten für die sozial benachteiligten Familien im Rahmen eines „Itter-Passes“ bündeln. Mit dem Projekt Jeki – Jedem Kind ein Instrument – der Musikschule soll jedem Grundschulkind eine musikalische Erziehung zuteilwerden. Die Stadtbücherei entwickelt ihr Konzept zu einer nachhaltigen Leseförderung mit allen Hildener Schulen weiter. Ein umfassendes Sport- und Bewegungskonzept sorgt dafür, dass übergewichtige Kinder Bewegungsangebote erhalten und insgesamt alle Kinder für den Sport begeistert werden. In diesem Rahmen werden zusätzliche Angebote der Ernährungsberatung entwickelt und auch bereits mit großem Erfolg angeboten. Kinder aus sozial benachteiligten Familien erhalten diese Angebote kostenlos.

 

Die Angebote zur Unterstützung der Familien in Hilden lassen sich sicherlich noch ergänzen, insbesondere wenn es darum geht, die Maßnahmen der freien Träger darzustellen. Die Verwaltung koordiniert die familienpolitischen Angebote und sieht ihre Aufgabe in der wirksamen Vernetzung der örtlichen Projekte. In Kürze wird ein Familienwegweiser allen interessierten Erziehungsberechtigten wertvolle Informationen geben und die wichtigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner benennen.

 

Die Verwaltung wird die vorhandenen Angebote weiter optimieren und neue Maßnahmen auf der Grundlage der bisherigen Planungen und Konzepte entwickeln und den Fachausschüssen zur Beratung und Entscheidung vorlegen.

 

Die Erstellung des hier begehrten Konzeptes einschließlich eines jährlichen Armuts- und Sozialberichtes ist ohne zusätzliche Personalressourcen nicht zu leisten.

 

Das Zentrum für Interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung der Ruhr-Universität Bochum hat in den letzten zwei Jahren für die Städte Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Wesseling jeweils einen Familienbericht erstellt, der die Lebenslagen und Zufriedenheit der Familien analysiert und Handlungsempfehlungen entwickelt. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, ein Angebot von diesem Institut einzuholen und dann im Rahmen der nächsten Sitzung auf dieser Grundlage über den Antrag zu entscheiden.

 

 

 

 

Günter Scheib