Betreff
Betr.: Gewerbeflächen in Hilden: Mittelfristige Angebots- und Nachfragesituation
Vorlage
WP 04-09 SV 23/029
Aktenzeichen
I/23/80-Ku/ws-
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur mittelfristigen Angebots- und Nachfragesituation bei Gewerbeflächen in Hilden zur Kenntnis.“

 

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

1. Angebot an Gewerbeflächen

 

Die Grundlage für die folgenden Darlegungen sind die vom Planungs- und Vermessungsamt in mehrjährigem, regelmäßigem Abstand ermittelten Flächendaten für die Bezirksregierung. Die Angaben
über die nicht-bebauten gewerblichen „Flächenreserven“ auf Ebene des Flächennutzungsplanes zum Stichtag 01.01.2006 – als Bericht an den Regionalrat Düsseldorf – sind in der SV 61/112 dem Stadtentwicklungsausschuss am 07.06.2006 vorgelegt worden. Bei den dort erfassten Gewerbeflächen handelt es sich nicht um die tatsächlich bebaubaren Nettoflächen, sondern jeweils um Bruttoflächen inkl. der Erschließungsflächen und der Grünbereiche. Hinzu kommt, dass das Erkenntnisziel der Aufstellung für den Regionalrat ein anderes ist als eine Auflistung von vermarktbaren Gewerbeflächen aus Sicht der Wirtschaftsförderung. Deutlich wird dies an einem einfachen Beispiel: Die Fa. 3 M verfügt seit Jahrzehnten über ein etwa 45.000 qm großes Grundstück im Bereich Düsseldorfer Straße/Horster Allee. Hierbei handelt es sich um eine betriebliche Erweiterungsfläche. Diese Fläche hat niemals in dieser Zeit der städtischen Wirtschaftsförderung zur Vermarktung und damit zur Ansiedlung neuer Betriebe oder Umsiedlung vorhandener Betriebe zur Verfügung gestanden. Die Bezirksregierung legt jedoch Wert darauf, auch solche „Flächenreserven“ mitgeteilt zu bekommen.

 

Aus diesem Grund ist die Aufstellung des Planungs- und Vermessungsamtes umzustellen, um sie für Zwecke der Wirtschaftsförderung nutzen zu können. Nimmt man aus der genannten Übersicht alle betrieblichen Erweiterungsflächen sowie sonstige Gewerbeflächen mit objektiven Vermarktungshindernissen und
– bei Großflächen – die entsprechenden Erschließungsflächen aus der Berechnung heraus, erhält man die Aufstellung gemäß der Tabelle in der Anlage 1 zu dieser Sitzungsvorlage.

 

Hiernach gibt es in der Stadt Hilden zurzeit rd. 27,6 ha verfügbare Gewerbe-/Industriefläche, verteilt auf 11 Standorte im Stadtgebiet. Es handelt sich überwiegend um kleinere Flächen zwischen 0,2 und 2,2 ha Einzelgröße. Lediglich die Bereiche des früheren Vaillant-Geländes (lfd. Nr. 5 der Tabelle) und der Bereich „Giesenheide/Gewerbepark Nord“ (lfd. Nr. 10 der Tabelle) sind entsprechende großflächigere Einheiten.

 

Bezogen auf die Gesamtsumme aller Gewerbe- und Industrieansiedlungsflächen in Hilden insgesamt machen die 27,6 ha einen Anteil von rd. 9 % aus.

 

Es fällt ferner auf, dass nur 2 Flächen - nämlich der Bereich Giesenheide/Gewerbepark Nord und das ehemalige Güterbahnhofs-Gelände – in städtischer Verfügungsgewalt (hier konkret: GkA Grundstücksgesellschaft) stehen, während alle anderen verfügbaren Flächen sich im Privateigentum befinden. Hier sind einer Einflussnahme seitens der städtischen Wirtschaftsförderung natürlich deutlich engere Grenzen gesetzt, als wenn dieser Anteil höher wäre.

 

Gut die Hälfte (55 %) des Flächenangebots entfällt auf Flächen, die bisher noch nicht gewerblich genutzt waren, die andere (knappe) Hälfte (rd. 45 %) auf die Wiedernutzung von gewerblichen und industriellen Bauflächen.

 

Alle hier aufgeführten gewerblichen Flächen können entweder kurzfristig (bis zu 2 Jahre) oder mittelfristig (2 bis 5 Jahre) baulich genutzt werden. (Voraussetzung für diese Aussage ist, dass der Bebauungsplan bezüglich des ehemaligen Güterbahnhof-Geländes innerhalb eines 2-Jahres-Zeitraumes rechtskräftig werden wird.)

 

Während das ehemalige Güterbahnhofs-Gelände die Nachfrage von Klein- und Mittelbetrieben, teilweise auch in einer frühen Phase ihres Lebenszyklus, beispielsweise kurz nach einer Existenzgründung, abdecken soll und abdecken wird, stellt der Gewerbepark Nord das solide Fundament für alle anderen Flächenbedarfe dar. Durch die Aufteilung in 2 Bauabschnitte kann hier kurzfristig auf Bedarfsänderungen reagiert werden.

 

 

2. Nachfrage nach Gewerbeflächen

 

Die Nachfrage nach bzw. der Bedarf an gewerblichen Bauflächen ist nur unvollkommen zu prognostizieren. Es handelt sich hierbei um eine Größe, die von der Entwicklung zahlreicher anderer Komponenten abhängig ist und auch im Zeitablauf sehr stark schwanken kann. Der Gewerbeflächenbedarf hängt sehr stark von stadtentwicklungspolitischen Grundsatzfragen bzw. deren Beantwortung ab.

 

       -    Will eine Stadt der demografischen Entwicklung durch eine offensive Stadtentwicklungspolitik mit der Schaffung neuer Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten entgegenwirken oder soll eher der Status quo gehalten werden?

       -    Steht die Neuansiedlungsförderung auf der Agenda der Wirtschaftsförderung oder „nur“ eine Bestandspflege?

       -    Wie intensiv machen sich die Auswirkungen des wirtschaftlichen Strukturwandels bemerkbar? In Hilden waren insbesondere die 80er und 90er Jahre geprägt von der notwendigen Kompensation der negativen Auswirkungen des drastischen Strukturwandels.

       -    Welche Branchenstruktur herrscht vor? Ist aus den vorhandenen Branchen und Betrieben eine verstärkte Expansion mit entsprechender Flächennachfrage zu erwarten oder eher eine Konsolidierung?

       -    Gibt es ein attraktives Angebot an jederzeit verfügbaren, erschlossenen Gewerbeflächen?

 

Trotz dieser zahlreichen Unwägbarkeiten, die die Festlegung eines zukünftigen Gewerbeflächenbedarfs erschweren, besteht aus unterschiedlichen Gründen die Notwendigkeit, zumindest eine Trendaussage für die Zukunft zu treffen.

 

       -    Im Rahmen eines Gewerbeflächen-Managements ist durch die Wirtschaftsförderung sicherzustellen, dass zu jeder Zeit die Flächenbedürfnisse von ortsansässigen Betrieben, die eine Erweiterung bzw. Verlagerung innerhalb der Stadt vornehmen müssen, ebenso befriedigt werden können wie die Ansiedlungswünsche auswärtiger Unternehmen. Neuansiedlungsförderung und Bestandspflege sind also kein Gegensatz, sondern die beiden Seiten ein und derselben Medaille.

 

       -    Zum anderen würden zu umfangreiche Flächenausweisungen und Erschließungsmaßnahmen insbesondere städtischer Gewerbegebiete zu einer unnötig hohen Kapitalbindung führen. Ferner sollte eine unnötige Freiraum-Inanspruchnahme durch zu hohe Flächenausweisungen vermieden werden.

 

Es gibt eine Reihe von Schätz- und Berechnungsverfahren zur Ermittlung des zukünftigen Gewerbeflächenbedarfs, so z. B. das GIFPRO-Modell, wonach der gesamte Flächenbedarf in die unterschiedlichsten Bedarfsanlässe (Neugründung, Verlagerung innerhalb der Stadt, Neuansiedlung von außen) aufgeteilt und dann zu einer Gesamtgröße zusammengeführt wird, oder das so genannte verbrauchsbasierte Modell.

 

Dieser letztgenannte Ansatz wird u. a. von der Bezirksregierung Düsseldorf angewandt, da – so
Konze/Münch/Schneiders 2000 –„komplexere Modelle nach Auffassung der Bezirksregierung bei höherem Aufwand nicht zu besseren Ergebnissen führen“ (zitiert nach ILS). Bei dem verbrauchsbasierten Modell wird der in der Vergangenheit realisierte Verbrauch an Gewerbe- und Industrieflächen - ggf. auch „beschleunigt“ oder „gedämpft“ – in die Zukunft verlängert. Dieses Verfahren erscheint auch für die Verhältnisse in Hilden angemessen.

 

Im langjährigen Durchschnitt, nämlich über den Zeitraum von 1983 bis 2005, betrug der jährliche (realisierte) Gewerbeflächenbedarf rd. 2,4 ha. 75 % dieses Flächenbedarfs wurden auf Recycling-Grundstücken realisiert, nur 1/4 durch Inanspruchnahme vorher noch nicht gewerblich genutzter Grundstücke. Hier liegen die Zahlen der städtischen Wirtschaftsförderung zugrunde, die sich auf die Flächen der Stadt bzw. in städtischer Verfügungsgewalt beziehen, die – relativ geringfügigen – Flächenverkäufe unmittelbar von Privat an Privat sind dabei nicht erfasst.

 

Im Zeitablauf hat sich die Flächeninanspruchnahme naturgemäß verändert. Insbesondere die 2. Hälfte der 80er und die 90er Jahre waren in Hilden gekennzeichnet durch einen „Aufholprozess“, um die negativen Auswirkungen des Strukturbruchs in den 80er Jahren zu kompensieren. In jener stürmischen Entwicklungsphase war der Flächenbedarf entsprechend höher, in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends war er vergleichsweise geringer als der genannte Durchschnittswert von 2,4 ha pro Jahr.

 

Als seriöser Schätzwert für den Flächenbedarf des nächsten Jahrzehnts dürfte ein Wert von 1 bis 1,5 ha pro Jahr anzusetzen sein.

 

 

3. Gegenüberstellung von Angebot und Bedarf

 

Es ist erkennbar, dass der Gewerbeflächenbedarf des nächsten Jahrzehnts durch die kurz- und mittelfristig verfügbaren Gewerbeflächen abgedeckt werden kann, auch wenn man berücksichtigt, dass nur ein Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Gewerbeflächen auf Grundstücke entfällt, die in städtischem Eigentum bzw. in städtischer Verfügungsgewalt sind. Die Wirtschaftsförderung ist hier in der Lage, jederzeit die Gewerbeflächennachfrage aus den unterschiedlichsten Anlässen (Expansionen/Verlagerung von Klein- und Mittelbetrieben, Neuansiedlung von Betrieben, die von außerhalb kommen) zu befriedigen. Die Wirtschaftsförderung kann über die „eigenen“ Flächen hinaus auch solche, die sich im Eigentum privater Grundstückseigentümer befinden, anbieten. Eine Neuausweisung zusätzlicher Gewerbegebiete ist nicht erforderlich.