Beschlussvorschlag:
„Der Wirtschafts- und
Wohnungsbauförderungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
mittelfristigen Angebots- und Nachfragesituation bei Gewerbeflächen in Hilden
zur Kenntnis.“
Erläuterungen und Begründungen:
1. Angebot an Gewerbeflächen
Die Grundlage für die
folgenden Darlegungen sind die vom Planungs- und Vermessungsamt in
mehrjährigem, regelmäßigem Abstand ermittelten Flächendaten für die
Bezirksregierung. Die Angaben
über die nicht-bebauten gewerblichen „Flächenreserven“ auf Ebene des
Flächennutzungsplanes zum Stichtag 01.01.2006 – als Bericht an den Regionalrat
Düsseldorf – sind in der SV 61/112 dem Stadtentwicklungsausschuss am 07.06.2006
vorgelegt worden. Bei den dort erfassten Gewerbeflächen handelt es sich nicht
um die tatsächlich bebaubaren Nettoflächen, sondern jeweils um Bruttoflächen
inkl. der Erschließungsflächen und der Grünbereiche. Hinzu kommt, dass das Erkenntnisziel
der Aufstellung für den Regionalrat ein anderes ist als eine Auflistung von
vermarktbaren Gewerbeflächen aus Sicht der Wirtschaftsförderung. Deutlich wird
dies an einem einfachen Beispiel: Die Fa. 3 M verfügt seit Jahrzehnten über ein
etwa 45.000 qm großes Grundstück im Bereich Düsseldorfer Straße/Horster Allee.
Hierbei handelt es sich um eine betriebliche Erweiterungsfläche. Diese Fläche
hat niemals in dieser Zeit der städtischen Wirtschaftsförderung zur Vermarktung
und damit zur Ansiedlung neuer Betriebe oder Umsiedlung vorhandener Betriebe
zur Verfügung gestanden. Die Bezirksregierung legt jedoch Wert darauf, auch
solche „Flächenreserven“ mitgeteilt zu bekommen.
Aus diesem Grund ist
die Aufstellung des Planungs- und Vermessungsamtes umzustellen, um sie für Zwecke
der Wirtschaftsförderung nutzen zu können. Nimmt man aus der genannten
Übersicht alle betrieblichen Erweiterungsflächen sowie sonstige Gewerbeflächen
mit objektiven Vermarktungshindernissen und
– bei Großflächen – die entsprechenden Erschließungsflächen aus der Berechnung
heraus, erhält man die Aufstellung gemäß der Tabelle in der Anlage 1 zu dieser
Sitzungsvorlage.
Hiernach gibt es in
der Stadt Hilden zurzeit rd. 27,6 ha verfügbare Gewerbe-/Industriefläche, verteilt
auf 11 Standorte im Stadtgebiet. Es handelt sich überwiegend um kleinere
Flächen zwischen 0,2 und 2,2 ha Einzelgröße. Lediglich die Bereiche des
früheren Vaillant-Geländes (lfd. Nr. 5 der Tabelle) und der Bereich
„Giesenheide/Gewerbepark Nord“ (lfd. Nr. 10 der Tabelle) sind entsprechende
großflächigere Einheiten.
Bezogen auf die
Gesamtsumme aller Gewerbe- und Industrieansiedlungsflächen in Hilden insgesamt
machen die 27,6 ha einen Anteil von rd. 9 % aus.
Es fällt ferner auf,
dass nur 2 Flächen - nämlich der Bereich Giesenheide/Gewerbepark Nord und das
ehemalige Güterbahnhofs-Gelände – in städtischer Verfügungsgewalt (hier
konkret: GkA Grundstücksgesellschaft) stehen, während alle anderen verfügbaren
Flächen sich im Privateigentum befinden. Hier sind einer Einflussnahme seitens
der städtischen Wirtschaftsförderung natürlich deutlich engere Grenzen gesetzt,
als wenn dieser Anteil höher wäre.
Gut die Hälfte (55 %)
des Flächenangebots entfällt auf Flächen, die bisher noch nicht gewerblich
genutzt waren, die andere (knappe) Hälfte (rd. 45 %) auf die Wiedernutzung von
gewerblichen und industriellen Bauflächen.
Alle hier
aufgeführten gewerblichen Flächen können entweder kurzfristig (bis zu 2 Jahre)
oder mittelfristig (2 bis 5 Jahre) baulich genutzt werden. (Voraussetzung für
diese Aussage ist, dass der Bebauungsplan bezüglich des ehemaligen
Güterbahnhof-Geländes innerhalb eines 2-Jahres-Zeitraumes rechtskräftig werden
wird.)
Während das ehemalige
Güterbahnhofs-Gelände die Nachfrage von Klein- und Mittelbetrieben, teilweise
auch in einer frühen Phase ihres Lebenszyklus, beispielsweise kurz nach einer
Existenzgründung, abdecken soll und abdecken wird, stellt der Gewerbepark Nord
das solide Fundament für alle anderen Flächenbedarfe dar. Durch die Aufteilung
in 2 Bauabschnitte kann hier kurzfristig auf Bedarfsänderungen reagiert werden.
2. Nachfrage nach
Gewerbeflächen
Die Nachfrage nach
bzw. der Bedarf an gewerblichen Bauflächen ist nur unvollkommen zu prognostizieren.
Es handelt sich hierbei um eine Größe, die von der Entwicklung zahlreicher
anderer Komponenten abhängig ist und auch im Zeitablauf sehr stark schwanken
kann. Der Gewerbeflächenbedarf hängt sehr stark von
stadtentwicklungspolitischen Grundsatzfragen bzw. deren Beantwortung ab.
- Will eine Stadt der demografischen Entwicklung durch eine
offensive Stadtentwicklungspolitik mit der Schaffung neuer Wohn- und
Arbeitsmöglichkeiten entgegenwirken oder soll eher der Status quo gehalten
werden?
- Steht die Neuansiedlungsförderung auf der Agenda der
Wirtschaftsförderung oder „nur“ eine Bestandspflege?
- Wie intensiv machen sich die Auswirkungen des wirtschaftlichen
Strukturwandels bemerkbar? In Hilden waren insbesondere die 80er und 90er Jahre
geprägt von der notwendigen Kompensation der negativen Auswirkungen des
drastischen Strukturwandels.
- Welche Branchenstruktur herrscht vor? Ist aus den vorhandenen
Branchen und Betrieben eine verstärkte Expansion mit entsprechender
Flächennachfrage zu erwarten oder eher eine Konsolidierung?
- Gibt es ein attraktives Angebot an jederzeit verfügbaren,
erschlossenen Gewerbeflächen?
Trotz dieser
zahlreichen Unwägbarkeiten, die die Festlegung eines zukünftigen Gewerbeflächenbedarfs
erschweren, besteht aus unterschiedlichen Gründen die Notwendigkeit, zumindest
eine Trendaussage für die Zukunft zu treffen.
- Im Rahmen eines Gewerbeflächen-Managements ist durch die
Wirtschaftsförderung sicherzustellen, dass zu jeder Zeit die Flächenbedürfnisse
von ortsansässigen Betrieben, die eine Erweiterung bzw. Verlagerung innerhalb
der Stadt vornehmen müssen, ebenso befriedigt werden können wie die
Ansiedlungswünsche auswärtiger Unternehmen. Neuansiedlungsförderung und
Bestandspflege sind also kein Gegensatz, sondern die beiden Seiten ein und
derselben Medaille.
- Zum anderen würden zu umfangreiche Flächenausweisungen und
Erschließungsmaßnahmen insbesondere städtischer Gewerbegebiete zu einer unnötig
hohen Kapitalbindung führen. Ferner sollte eine unnötige
Freiraum-Inanspruchnahme durch zu hohe Flächenausweisungen vermieden werden.
Es gibt eine Reihe
von Schätz- und Berechnungsverfahren zur Ermittlung des zukünftigen Gewerbeflächenbedarfs,
so z. B. das GIFPRO-Modell, wonach der gesamte Flächenbedarf in die unterschiedlichsten
Bedarfsanlässe (Neugründung, Verlagerung innerhalb der Stadt, Neuansiedlung von
außen) aufgeteilt und dann zu einer Gesamtgröße zusammengeführt wird, oder das
so genannte verbrauchsbasierte Modell.
Dieser letztgenannte
Ansatz wird u. a. von der Bezirksregierung Düsseldorf angewandt, da – so
Konze/Münch/Schneiders 2000 –„komplexere Modelle nach Auffassung der
Bezirksregierung bei höherem Aufwand nicht zu besseren Ergebnissen führen“
(zitiert nach ILS). Bei dem verbrauchsbasierten Modell wird der in der
Vergangenheit realisierte Verbrauch an Gewerbe- und Industrieflächen - ggf.
auch „beschleunigt“ oder „gedämpft“ – in die Zukunft verlängert. Dieses
Verfahren erscheint auch für die Verhältnisse in Hilden angemessen.
Im langjährigen
Durchschnitt, nämlich über den Zeitraum von 1983 bis 2005, betrug der jährliche
(realisierte) Gewerbeflächenbedarf rd. 2,4 ha. 75 % dieses Flächenbedarfs
wurden auf Recycling-Grundstücken realisiert, nur 1/4 durch Inanspruchnahme
vorher noch nicht gewerblich genutzter Grundstücke. Hier liegen die Zahlen der
städtischen Wirtschaftsförderung zugrunde, die sich auf die Flächen der Stadt
bzw. in städtischer Verfügungsgewalt beziehen, die – relativ geringfügigen –
Flächenverkäufe unmittelbar von Privat an Privat sind dabei nicht erfasst.
Im Zeitablauf hat
sich die Flächeninanspruchnahme naturgemäß verändert. Insbesondere die 2.
Hälfte der 80er und die 90er Jahre waren in Hilden gekennzeichnet durch einen
„Aufholprozess“, um die negativen Auswirkungen des Strukturbruchs in den 80er
Jahren zu kompensieren. In jener stürmischen Entwicklungsphase war der
Flächenbedarf entsprechend höher, in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends
war er vergleichsweise geringer als der genannte Durchschnittswert von 2,4 ha
pro Jahr.
Als seriöser
Schätzwert für den Flächenbedarf des nächsten Jahrzehnts dürfte ein Wert von 1
bis 1,5 ha pro Jahr anzusetzen sein.
3.
Gegenüberstellung von Angebot und Bedarf
Es ist erkennbar,
dass der Gewerbeflächenbedarf des nächsten Jahrzehnts durch die kurz- und
mittelfristig verfügbaren Gewerbeflächen abgedeckt werden kann, auch wenn man
berücksichtigt, dass nur ein Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden
Gewerbeflächen auf Grundstücke entfällt, die in städtischem Eigentum bzw. in
städtischer Verfügungsgewalt sind. Die Wirtschaftsförderung ist hier in der
Lage, jederzeit die Gewerbeflächennachfrage aus den unterschiedlichsten Anlässen
(Expansionen/Verlagerung von Klein- und Mittelbetrieben, Neuansiedlung von
Betrieben, die von außerhalb kommen) zu befriedigen. Die Wirtschaftsförderung
kann über die „eigenen“ Flächen hinaus auch solche, die sich im Eigentum
privater Grundstückseigentümer befinden, anbieten. Eine Neuausweisung
zusätzlicher Gewerbegebiete ist nicht erforderlich.