Beschlussvorschlag:
Zur Erhaltung langfristiger Gebührenstabilität für die Stadtentwässerung
der Stadt Hilden und zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und
wirtschaftlichen Abwasserentsorgung in Hilden beschließt der Rat der Stadt:
a.
Die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) und die Übertragung
des Altanlagevermögens in diese Anstalt (Bestandsanlagen des Kanalnetzes)
vorzubereiten.
b.
Den Betrieb des Kanalnetzes der Stadtentwässerung Hilden durch eine
Abwasser GmbH, als Kooperationsgesellschaft mit einer Minderheitsbeteiligung
von 49 % mit einem privaten Partner im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung
anzustreben.
c.
Die Stadt Hilden bleibt weiterhin Aufgabenträgerin der
Abwasserentsorgung.
d.
Die Verwaltung wird beauftragt, die entsprechenden
Leistungsverzeichnisse für eine europaweite Vergabe vorzubereiten und dem Rat
zur abschließenden Beschlussfassung vor der Ausschreibung vorzulegen.
Neben der Qualität der Stadtentwässerung an sich sind in dieser
Ausschreibung insbesondere die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als
„ ko-Kriterium“ festzuschreiben.
e.
Die benötigten Haushaltsmittel für die Rechts- und Transaktionsberatung
in Höhe von ca. 400.000,- Euro werden im Rahmen der Haushaltsplanberatung über
die Änderungsliste bereitgestellt.
Günter Scheib
Erläuterungen und Begründungen:
Am 22. November 2006 und am 13. Dezember 2006 hatte die Verwaltung im
Haupt- und Finanzausschuss sowie im Rat der Stadt Hilden eine
Machbarkeitsstudie für die künftige Entwicklung der Stadtentwässerung Hilden
vorgelegt. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie wurde untersucht, ob durch einen
strategischen Partner aus dem Bereich der Stadtentwässerung eine langfristige Gebührenstabilität
und Leistungsverbesserung für die Stadtentwässerung in Hilden erreicht werden
kann. Ebenso wurde geprüft, inwieweit umsatzsteuerliche Nachteile durch eine
Strukturänderung für die Zukunft ausgeschlossen werden können.
Diese Machbarkeitsstudie wurde erstellt durch die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die Rechtsanwaltsgesellschaft Beiten
Burkhardt.
Letztendlich wurde nach intensiver Diskussion und Vortrag der Firma KPMG
folgender Beschluss gefasst:
Der Bürgermeister wird beauftragt zur Durchführung der Stadtentwässerung
in anderer Trägerschaft über die Möglichkeit eines Betreibermodelles,
Betriebsüberlassungsmodelles, Betriebsführungsmodelles bzw.
Kooperationsmodelles mit Anbietern über die Realisierungsfähigkeit ohne
privatisierungsbedingte Gebührenerhöhungen zu verhandeln. Außerdem sollen
Erfahrungen anderer Städte abgefragt werden. Über das Ergebnis ist zu
berichten.
Entsprechend dieses Ratsauftrages wurde ein Markterkundungsverfahren
durchgeführt. Die Ergebnisse des Markterkundungsverfahrens sind als Anlage
beigefügt.
Mit folgenden möglichen strategischen Partnern wurden Gespräche geführt:
Eurawasser
Gelsenwasser
Remondis Aqua
Stadtwerke Düsseldorf
RWE Aqua
Veolia Wasser.
Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass alle Firmen an einer
Zusammenarbeit im Bereich der Stadtentwässerung stark interessiert sind.
Hinsichtlich der einzelnen Modelle sind die Firmen flexibel, allerdings
wird aus Praktikabilitätsgründen in der Regel eine BetriebsGmbH bevorzugt in
der der strategische Partner eine Minderheitsbeteiligung hat. Praktisch sieht
es dann so aus, dass es zwei Geschäftsführer in einer solchen GmbH gibt. Ein
Geschäftsführer würde durch die Stadt Hilden gestellt (jetziger Leiter des
Tiefbauamtes im Nebenamt) und ein Geschäftsführer käme vom strategischen
Partner.
Die Stadt Hilden hat von Anfang an in den Gesprächen deutlich gemacht,
dass ein Verkauf des Kanalnetzes an den strategischen Partner für sie nicht im
Vordergrund steht und auch Eigentümerin des Kanalnetzes bleiben will. Von daher
ergibt sich die Notwendigkeit, das Kanalnetz aus dem städtischen Haushalt zu
separieren. Hier bietet sich an, als reine Besitzgesellschaft eine Anstalt
öffentlichen Rechtes zu gründen, die zu 100 % im städtischen Besitz ist.
Wie bisher würde der Neuanlagenbau von der Stadt Hilden bei der
BetriebsGmbH beauftragt.
Um sicherzustellen dass bei Beendigung der Vertragslaufzeit das
Kanalnetz in einem gleichwertigen Zustand ist, wird zu Beginn der Vertragslaufzeit
eine komplette Kanalbefahrung durchgeführt, der Zustand dokumentiert und
festgelegt, wie der Vertragszustand am Ende aussehen muss.
Vertragslaufzeiten betragen nach Erfahrung anderer Unternehmen hier
zwischen 20 bis 30 Jahre.
Die näheren Details sind aus den entsprechenden Schaubildern der
Machbarkeitsstudie ersichtlich. Das vorhandene Personal würde mit allen jetzt
bestehenden Rechten in die Betriebsgesellschaft überwechseln. Allerdings soll
keiner der Bediensteten hierzu gezwungen werden. Vielmehr besteht auch die
Möglichkeit die Kräfte im Rahmen einer sogenannten Beistellung (ähnlich wie bei
der ARGE) in diese Gesellschaft abzuordnen. Selbstverständlich werden auch
betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.
Der strategische Partner ist an einer Beteiligung interessiert, da er
einerseits auf Grund seines Fach-Knowhows Synergieeffekte und
Optimierungspotential sieht, andererseits alle Firmen mit denen entsprechende
Gespräche geführt wurden an einer Ausweitung des Geschäftsfeldes im hiesigen
Raum interessiert sind. Konkret bedeutet dies, dass Hilden für einen Partner
die Basis wäre, von wo aus er weitere Abwasserbetriebe oder Randtätigkeiten in
diesem Bereich aquirieren möchte.
Desweiteren ist festzuhalten, dass alle Anbieter im Prinzip sowohl ein
Betreibermodell, ein Betriebsüberlassungsmodell als auch ein
Betriebsführungsmodell eingehen würden. Gegenüber dem Kooperationsmodell haben
aber alle drei den Nachteil, dass der Einfluss der Stadt Hilden gegenüber einem
Kooperationsmodell mit Mehrheitsbeteiligung geringer ist, so dass auch auf
Grund der geführten Gespräche mit anderen Städten letztendlich dieses Modell
favorisiert wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Kanalaltvermögen zu 100 %
im Besitz der Stadt Hilden bleibt und Neuinvestitionen ausschließlich mit
Zustimmung und nach Abstimmung mit der Stadt Hilden durchgeführt werden können
und müssen, so dass letztendlich die Stadt das Knowhow des privaten Partners
nutzt um den Betrieb noch effizienter und kostengünstiger zu gestalten als er
ohnehin in Hilden bereits heute schon ist und auch die Gebührenstabilität und
die Qualität des Abwassernetzes langfristig zu sichern.
Gemeinsam mit Mitgliedern des Personalrates wurden die
Stadtentwässerungsbetriebe Goslar und der Stadtentwässerungsbetrieb
Braunschweig besucht. Die Stadt Goslar hat genau dieses Modell umgesetzt,
allerdings wird neben dem Kanalnetz auch noch eine Kläranlage betrieben. Die
Erfahrungen in Goslar wurden sowohl von der Verwaltung als auch von den
betroffenen Mitarbeitern als außerordentlich positiv eingeschätzt. Partner in
Goslar ist dort die Eurawasser bereits seit 1996. In Braunschweig wurde das
Nutzungsrecht am Kanalnetz für 30 Jahre an eine Betriebsgesellschaft verkauft
(dies geschah allerdings vor dem Hintergrund der Haushaltssituation in
Braunschweig). Die Investitionen müssen mit der Stadt Hilden abgestimmt werden.
Auch hier waren die Mitarbeiter der Verwaltung in Braunschweig weitgehend
zufrieden.
Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern bestand in Braunschweig daher, dass
es im gleichen Unternehmen unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen gibt,
da dort auch die Verkehrsbetriebe angesiedelt sind, die nach dem TVV und nicht
nach dem TVöD die Vergütung richten.
An den Besichtigungen in Goslar und Braunschweig hat, wie bereits
erwähnt, der Personalrat teilgenommen. Er hatte dort Gelegenheit sowohl die
Vorträge der Betriebsführung zu hören, als auch ohne Beteiligung der Verwaltung
bilaterale Gespräche mit den Personalräten und betroffenen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zu führen.
Im Vorfeld dieser Sitzungsvorlage wurde mit allen Betroffenen und dem
Personalrat ein Informationsgespräch über die geplanten Umstrukturierungen
geführt.
In diesem Gespräch wurde darauf hingewiesen, dass selbstverständlich
betriebsbedingte Kündigungen bei einem Übergang ausgeschlossen werden,
selbstverständlich wurde auch betont, dass alle Mitarbeiter ihre Rechte
behalten und auch jederzeit zur „Mutter“ zurückkehren können. Allerdings wurde
auch erwähnt, dass dann eine andere Tätigkeit übernommen werden müsste. Außerdem
wurde durch den Personaldezernenten auch die Möglichkeit der
Personalbeistellung erläutert. Das bedeutet, dass die jetzt vorhandenen
Mitarbeiter an die neue Firma „ausgeliehen“ werden, aber dienstrechtlich noch
bei der Stadt Hilden beschäftigt sind.
Dies hätte dann für die Mitarbeiter zwar den Vorteil, im Dienste der
Stadt Hilden zu sein, allerdings unter Umständen den Nachteil, dass sie an
Anreizsystemen für Personal der neuen Firma auch nicht teilhaben können.
Insgesamt muss betont werden, dass der Personalrat der Maßnahme eher
ablehnend gegenüber steht und die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechtes
in rein städtischer Trägerschaft als geeignetes Instrument ansieht. Aus Sicht
der Verwaltungsführung fallen dann aber die Synergieeffekte durch die größere
Kenntnis eines strategischen Partners weg.
Nach Abschluss und Auswertung der Unterlagen hat sich der
Verwaltungsvorstand eingehend mit der Situation noch einmal beschäftigt und
schlägt dem Rat wie im Beschlussvorschlag aufgezeigt vor, ein
Kooperationsmodell wie beschrieben umzusetzen um damit langfristig die
Wettbewerbsfähigkeit und Gebührenstabilität zu gewährleisten.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass vor einer endgültigen Entscheidung
Mitglieder des Rates der Stadt Hilden mit Mitgliedern des Rates der Stadt
Goslar, mit den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch mit den
Verantwortlichen Gespräche führen, um sich ebenfalls ein persönliches Bild zu machen.
Sollte ein entsprechender Beschluss gefasst werden, sind als nächstes
die entsprechenden Unterlagen für die Ausschreibungen zu erstellen. Es müssten
die Ausarbeitung und Abstimmung eines Leistungsverzeichnisses erstellt werden,
die Berechnung der Leistungsentgelte für die zu erbringenden Leistungen der
Abwasser GmbH ermittelt werden, daneben müssten die Strukturen einer Abwasser
GmbH und einer AöR zur endgültigen Entscheidung durch den Rat erarbeitet werden.
Für diese Aufgabenstellung ist die Beratung durch eine
Rechtsanwaltskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unerlässlich.
Die Beratungskosten hierfür dürften in der Größenordnung von 100.000,-
Euro bis 150.000,- Euro liegen. Falls
der Rat dann einer tatsächlichen Ausschreibung zustimmt, müssten die entsprechenden
technischen Untersuchungen mit den Kanalzuständen erfasst werden. Hierfür würde
der größte Bereich des Betrages von 400.000,- Euro verwandt werden müssen. Der
Restbetrag würde dann für Ausschreibungsauswertung, Kosten der
Vertragsgestaltung und ähnliches benötigt. Wie hoch die Beratungskosten im
Endeffekt sind, ist auch davon abhängig, wie viele und welche Bieter sich an
einer Ausschreibung beteiligen. Eine Ausschreibung ist unerlässlich, da es sich
um eine hoheitliche Aufgabe handelt.
Sollte der Rat zu der Erkenntnis kommen, die Abwasserbeseitigung in der
jetzigen Form zu belassen, so sollte zumindestens, aus Gründen äußerster
Vorsicht, für den Neuanlagenbau eine reine „Kanalbesitzgesellschaft“ gegründet
werden um Vorsteuerabzüge auch „rückwirkend“ zu sichern. Für diesen Fall würde
dann in einer der nächsten Sitzungen ein entsprechender Gesellschaftsvertrag
vorbereitet werden.
Günter Scheib
Personelle Auswirkungen
Personelle Auswirkungen |
Ja |
|
|
Im Stellenplan enthalten: |
Nein |
|
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Planstelle(n): Betroffen sind vier Beschäftigte des
Bauhofes und fünf Beschäftigte des Tiefbau- und Grünflächenamtes |
Sichtvermerk
Personaldezernent |
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