Betreff
Betr.: Künftige Struktur der Stadtentwässerung Hilden
Vorlage
WP 04-09 SV 20/119
Aktenzeichen
II
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Zur Erhaltung langfristiger Gebührenstabilität für die Stadtentwässerung der Stadt Hilden und zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und wirtschaftlichen Abwasserentsorgung in Hilden beschließt der Rat der Stadt:

 

a.

Die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) und die Übertragung des Altanlagevermögens in diese Anstalt (Bestandsanlagen des Kanalnetzes) vorzubereiten.

 

b.

Den Betrieb des Kanalnetzes der Stadtentwässerung Hilden durch eine Abwasser GmbH, als Kooperationsgesellschaft mit einer Minderheitsbeteiligung von 49 % mit einem privaten Partner im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung anzustreben.

 

c.

Die Stadt Hilden bleibt weiterhin Aufgabenträgerin der Abwasserentsorgung.

 

d.

Die Verwaltung wird beauftragt, die entsprechenden Leistungsverzeichnisse für eine europaweite Vergabe vorzubereiten und dem Rat zur abschließenden Beschlussfassung vor der Ausschreibung vorzulegen.

Neben der Qualität der Stadtentwässerung an sich sind in dieser Ausschreibung insbesondere die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als „ ko-Kriterium“ festzuschreiben.

 

e.

Die benötigten Haushaltsmittel für die Rechts- und Transaktionsberatung in Höhe von ca. 400.000,- Euro werden im Rahmen der Haushaltsplanberatung über die Änderungsliste bereitgestellt.

 

 

 

 

 

 

 

Günter Scheib

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

Am 22. November 2006 und am 13. Dezember 2006 hatte die Verwaltung im Haupt- und Finanzausschuss sowie im Rat der Stadt Hilden eine Machbarkeitsstudie für die künftige Entwicklung der Stadtentwässerung Hilden vorgelegt. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie wurde untersucht, ob durch einen strategischen Partner aus dem Bereich der Stadtentwässerung eine langfristige Gebührenstabilität und Leistungsverbesserung für die Stadtentwässerung in Hilden erreicht werden kann. Ebenso wurde geprüft, inwieweit umsatzsteuerliche Nachteile durch eine Strukturänderung für die Zukunft ausgeschlossen werden können.

 

Diese Machbarkeitsstudie wurde erstellt durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die Rechtsanwaltsgesellschaft Beiten Burkhardt.

 

Letztendlich wurde nach intensiver Diskussion und Vortrag der Firma KPMG folgender Beschluss gefasst:

 

Der Bürgermeister wird beauftragt zur Durchführung der Stadtentwässerung in anderer Trägerschaft über die Möglichkeit eines Betreibermodelles, Betriebsüberlassungsmodelles, Betriebsführungsmodelles bzw. Kooperationsmodelles mit Anbietern über die Realisierungsfähigkeit ohne privatisierungsbedingte Gebührenerhöhungen zu verhandeln. Außerdem sollen Erfahrungen anderer Städte abgefragt werden. Über das Ergebnis ist zu berichten.

 

Entsprechend dieses Ratsauftrages wurde ein Markterkundungsverfahren durchgeführt. Die Ergebnisse des Markterkundungsverfahrens sind als Anlage beigefügt.

 

Mit folgenden möglichen strategischen Partnern wurden Gespräche geführt:

Eurawasser

Gelsenwasser

Remondis Aqua

Stadtwerke Düsseldorf

RWE Aqua

Veolia Wasser.

 

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass alle Firmen an einer Zusammenarbeit im Bereich der Stadtentwässerung stark interessiert sind.

 

Hinsichtlich der einzelnen Modelle sind die Firmen flexibel, allerdings wird aus Praktikabilitätsgründen in der Regel eine BetriebsGmbH bevorzugt in der der strategische Partner eine Minderheitsbeteiligung hat. Praktisch sieht es dann so aus, dass es zwei Geschäftsführer in einer solchen GmbH gibt. Ein Geschäftsführer würde durch die Stadt Hilden gestellt (jetziger Leiter des Tiefbauamtes im Nebenamt) und ein Geschäftsführer käme vom strategischen Partner.

 

Die Stadt Hilden hat von Anfang an in den Gesprächen deutlich gemacht, dass ein Verkauf des Kanalnetzes an den strategischen Partner für sie nicht im Vordergrund steht und auch Eigentümerin des Kanalnetzes bleiben will. Von daher ergibt sich die Notwendigkeit, das Kanalnetz aus dem städtischen Haushalt zu separieren. Hier bietet sich an, als reine Besitzgesellschaft eine Anstalt öffentlichen Rechtes zu gründen, die zu 100 % im städtischen Besitz ist.

 

Wie bisher würde der Neuanlagenbau von der Stadt Hilden bei der BetriebsGmbH beauftragt.

 

Um sicherzustellen dass bei Beendigung der Vertragslaufzeit das Kanalnetz in einem gleichwertigen Zustand ist, wird zu Beginn der Vertragslaufzeit eine komplette Kanalbefahrung durchgeführt, der Zustand dokumentiert und festgelegt, wie der Vertragszustand am Ende aussehen muss.

 

Vertragslaufzeiten betragen nach Erfahrung anderer Unternehmen hier zwischen 20 bis 30 Jahre.

 

Die näheren Details sind aus den entsprechenden Schaubildern der Machbarkeitsstudie ersichtlich. Das vorhandene Personal würde mit allen jetzt bestehenden Rechten in die Betriebsgesellschaft überwechseln. Allerdings soll keiner der Bediensteten hierzu gezwungen werden. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit die Kräfte im Rahmen einer sogenannten Beistellung (ähnlich wie bei der ARGE) in diese Gesellschaft abzuordnen. Selbstverständlich werden auch betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

 

Der strategische Partner ist an einer Beteiligung interessiert, da er einerseits auf Grund seines Fach-Knowhows Synergieeffekte und Optimierungspotential sieht, andererseits alle Firmen mit denen entsprechende Gespräche geführt wurden an einer Ausweitung des Geschäftsfeldes im hiesigen Raum interessiert sind. Konkret bedeutet dies, dass Hilden für einen Partner die Basis wäre, von wo aus er weitere Abwasserbetriebe oder Randtätigkeiten in diesem Bereich aquirieren möchte.

 

Desweiteren ist festzuhalten, dass alle Anbieter im Prinzip sowohl ein Betreibermodell, ein Betriebsüberlassungsmodell als auch ein Betriebsführungsmodell eingehen würden. Gegenüber dem Kooperationsmodell haben aber alle drei den Nachteil, dass der Einfluss der Stadt Hilden gegenüber einem Kooperationsmodell mit Mehrheitsbeteiligung geringer ist, so dass auch auf Grund der geführten Gespräche mit anderen Städten letztendlich dieses Modell favorisiert wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Kanalaltvermögen zu 100 % im Besitz der Stadt Hilden bleibt und Neuinvestitionen ausschließlich mit Zustimmung und nach Abstimmung mit der Stadt Hilden durchgeführt werden können und müssen, so dass letztendlich die Stadt das Knowhow des privaten Partners nutzt um den Betrieb noch effizienter und kostengünstiger zu gestalten als er ohnehin in Hilden bereits heute schon ist und auch die Gebührenstabilität und die Qualität des Abwassernetzes langfristig zu sichern.

 

Gemeinsam mit Mitgliedern des Personalrates wurden die Stadtentwässerungsbetriebe Goslar und der Stadtentwässerungsbetrieb Braunschweig besucht. Die Stadt Goslar hat genau dieses Modell umgesetzt, allerdings wird neben dem Kanalnetz auch noch eine Kläranlage betrieben. Die Erfahrungen in Goslar wurden sowohl von der Verwaltung als auch von den betroffenen Mitarbeitern als außerordentlich positiv eingeschätzt. Partner in Goslar ist dort die Eurawasser bereits seit 1996. In Braunschweig wurde das Nutzungsrecht am Kanalnetz für 30 Jahre an eine Betriebsgesellschaft verkauft (dies geschah allerdings vor dem Hintergrund der Haushaltssituation in Braunschweig). Die Investitionen müssen mit der Stadt Hilden abgestimmt werden. Auch hier waren die Mitarbeiter der Verwaltung in Braunschweig weitgehend zufrieden.

 

 

Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern bestand in Braunschweig daher, dass es im gleichen Unternehmen unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen gibt, da dort auch die Verkehrsbetriebe angesiedelt sind, die nach dem TVV und nicht nach dem TVöD die Vergütung richten.

 

An den Besichtigungen in Goslar und Braunschweig hat, wie bereits erwähnt, der Personalrat teilgenommen. Er hatte dort Gelegenheit sowohl die Vorträge der Betriebsführung zu hören, als auch ohne Beteiligung der Verwaltung bilaterale Gespräche mit den Personalräten und betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu führen.

 

Im Vorfeld dieser Sitzungsvorlage wurde mit allen Betroffenen und dem Personalrat ein Informationsgespräch über die geplanten Umstrukturierungen geführt.

In diesem Gespräch wurde darauf hingewiesen, dass selbstverständlich betriebsbedingte Kündigungen bei einem Übergang ausgeschlossen werden, selbstverständlich wurde auch betont, dass alle Mitarbeiter ihre Rechte behalten und auch jederzeit zur „Mutter“ zurückkehren können. Allerdings wurde auch erwähnt, dass dann eine andere Tätigkeit übernommen werden müsste. Außerdem wurde durch den Personaldezernenten auch die Möglichkeit der Personalbeistellung erläutert. Das bedeutet, dass die jetzt vorhandenen Mitarbeiter an die neue Firma „ausgeliehen“ werden, aber dienstrechtlich noch bei der Stadt Hilden beschäftigt sind.

Dies hätte dann für die Mitarbeiter zwar den Vorteil, im Dienste der Stadt Hilden zu sein, allerdings unter Umständen den Nachteil, dass sie an Anreizsystemen für Personal der neuen Firma auch nicht teilhaben können.

 

Insgesamt muss betont werden, dass der Personalrat der Maßnahme eher ablehnend gegenüber steht und die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechtes in rein städtischer Trägerschaft als geeignetes Instrument ansieht. Aus Sicht der Verwaltungsführung fallen dann aber die Synergieeffekte durch die größere Kenntnis eines strategischen Partners weg.

 

Nach Abschluss und Auswertung der Unterlagen hat sich der Verwaltungsvorstand eingehend mit der Situation noch einmal beschäftigt und schlägt dem Rat wie im Beschlussvorschlag aufgezeigt vor, ein Kooperationsmodell wie beschrieben umzusetzen um damit langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und Gebührenstabilität zu gewährleisten.

 

Es besteht auch die Möglichkeit, dass vor einer endgültigen Entscheidung Mitglieder des Rates der Stadt Hilden mit Mitgliedern des Rates der Stadt Goslar, mit den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch mit den Verantwortlichen Gespräche führen, um sich ebenfalls ein persönliches Bild zu machen.

 

Sollte ein entsprechender Beschluss gefasst werden, sind als nächstes die entsprechenden Unterlagen für die Ausschreibungen zu erstellen. Es müssten die Ausarbeitung und Abstimmung eines Leistungsverzeichnisses erstellt werden, die Berechnung der Leistungsentgelte für die zu erbringenden Leistungen der Abwasser GmbH ermittelt werden, daneben müssten die Strukturen einer Abwasser GmbH und einer AöR zur endgültigen Entscheidung durch den Rat erarbeitet werden.

 

Für diese Aufgabenstellung ist die Beratung durch eine Rechtsanwaltskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unerlässlich.

 

Die Beratungskosten hierfür dürften in der Größenordnung von 100.000,- Euro bis  150.000,- Euro liegen. Falls der Rat dann einer tatsächlichen Ausschreibung zustimmt, müssten die entsprechenden technischen Untersuchungen mit den Kanalzuständen erfasst werden. Hierfür würde der größte Bereich des Betrages von 400.000,- Euro verwandt werden müssen. Der Restbetrag würde dann für Ausschreibungsauswertung, Kosten der Vertragsgestaltung und ähnliches benötigt. Wie hoch die Beratungskosten im Endeffekt sind, ist auch davon abhängig, wie viele und welche Bieter sich an einer Ausschreibung beteiligen. Eine Ausschreibung ist unerlässlich, da es sich um eine hoheitliche Aufgabe handelt.

 

Sollte der Rat zu der Erkenntnis kommen, die Abwasserbeseitigung in der jetzigen Form zu belassen, so sollte zumindestens, aus Gründen äußerster Vorsicht, für den Neuanlagenbau eine reine „Kanalbesitzgesellschaft“ gegründet werden um Vorsteuerabzüge auch „rückwirkend“ zu sichern. Für diesen Fall würde dann in einer der nächsten Sitzungen ein entsprechender Gesellschaftsvertrag vorbereitet werden.

 

 

 

 

 

Günter Scheib

 



Finanzielle Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:

ja

 

Produktnummer:

 

Bezeichnung: 

 

Mittel stehen zur Verfügung:

nein

 

Investitions-Nr.:

 

 

Haushaltsjahr

Auszahlung

Einzahlung

Investitions-haushalt

Beschreibung 

ja/nein

2008

ca. 400.000

 

nein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sichtvermerk Kämmerer

 

 



Personelle Auswirkungen

Personelle Auswirkungen

Ja

 

Im Stellenplan enthalten:

Nein

 

Planstelle(n):   Betroffen sind vier Beschäftigte des Bauhofes und fünf Beschäftigte des Tiefbau- und Grünflächenamtes

Sichtvermerk Personaldezernent