Sitzung: 13.12.2017 Rat der Stadt Hilden
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 41, Nein: 3
Vorlage: WP 14-20 SV 61/148
Geänderter Beschlussvorschlag im
Stadtentwicklungsausschuss am 20.09.2017:
Der Rat der Stadt Hilden beschließt nach gemeinsamer
Vorberatung im Stadtentwicklungsausschuss und im Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss:
1. Die Stellungnahmen, welche in der zweiten
Beteiligungsphase der Träger öffentlicher Belange eingegangen sind, wie folgt
abzuhandeln:
1.1 Schreiben
vom 09.03.2017 von der Stadt Langenfeld:
·
Die
Stadt Langenfeld begrüßt die Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzeptes
(EHK) der Stadt Hilden, übt jedoch auch Kritik an den Inhalten. So wird darauf
hingewiesen, dass die Stadt Hilden bei der Fortschreibung des Langenfelder
EHK´s Anstoß an der „Verkaufsflächenexpansion“ genommen habe, nun allerdings ebenfalls
ein hohes Verkaufsflächenwachstum der vergangenen Jahre im Gutachten
nachgewiesen wird.
Sowohl in Hilden als auch in
Langenfeld ist in den letzten zehn bis 15 Jahren eine dynamische
Einzelhandelsentwicklung zu konstatieren, die so nicht vorauszusehen war und
auch nicht mehr mit der Einwohnerentwicklung korreliert. Ursächlich dafür sind
primär die Trends im bundesweiten Einzelhandel, die durch die Entwicklung neuer
Betriebstypen geprägt werden und die sich im Zeitvergleich oftmals durch einen
Rückgang der Betriebszahl bei gleichzeitigem Verkaufsflächenwachstum
dokumentieren lassen. Das Umsatzwachstum des Einzelhandels ist dabei oft nur
unterproportional zum Verkaufsflächenwachstum.
Ebenfalls haben beide Städte
gemeinsam, dass sie über eine überdurchschnittlich attraktive Innenstadt
verfügen, die aufgrund ihrer Standortrahmenbedingungen auch im Fokus nationaler
und internationaler Filialisten stehen. Die verkehrliche Anbindung der
verschiedenen Einzelhandelsstandorte in Hilden und Langenfeld ist ebenfalls als
gut zu bewerten.
Schließlich sind die
tatsächlichen Entwicklungen in Hilden und Langenfeld zumindest vergleichbar:
Der Lebensmitteleinzelhandel expandiert sowohl durch Bestandserweiterungen als
auch Neuansiedlungen, Fachmärkte mit zentrenrelevanten Sortimenten konnten
angesiedelt werden (in der Innenstadt!), und die Marktbedeutung im Bereich des
Bau- und Gartenmarktbedarfs wurde ausgebaut.
Ein Alleinstellungsmerkmal
weist die Stadt Hilden schließlich im Möbeleinzelhandel auf. Ein
strukturprägendes und inhabergeführtes Möbelhaus, das mittlerweile einen neuen
Eigentümer hat und im Zuge dessen modernisiert und vergrößert wird sowie
ergänzende Möbelfachmärkte begründen eine regionale Ausstrahlung, die sich auch
in der Zentralität widerspiegelt. Die dargestellten Kaufkraftzuflüsse in diesem
nicht zentrenrelevanten Sortiment sind aus Sicht der Nachbarkommunen
verständlicherweise schmerzlich, begründen sich jedoch maßgeblich durch eine
Standortentwicklung in der Vergangenheit. Anders zu bewerten wären
vergleichbare Kaufkraftzuflüsse im Bereich der zentren- oder nahversorgungsrelevanten
Sortimente.
·
Weiter
weißt die Stadt Langenfeld auf die hohe Zentralitätsziffer der Stadt Hilden hin
und kritisiert den damit verbundenen Kaufkraftzufluss der umliegenden
Gemeinden. In Folge dessen sollte das EHK der Stadt Hilden nun aus Sicht der
Stadt Langenfeld eher Handlungsempfehlungen zum Abbau von offensichtlichen
Überkapazitäten entwickeln. Für eine weitere Vergrößerung der Verkaufsflächen
sei selbst im Falle eines Bevölkerungswachstums keinerlei Raum.
Die Stadt Hilden ist erfreut
über die leistungsstarke Positionierung ihres Einzelhandel, hat gleichwohl
Verständnis für die „Sorge“ der Nachbarkommunen hinsichtlich der Zentralität
von > 1,3. Im Hinblick auf die Fortentwicklung des Einzelhandels kann es
jedoch nicht das Ziel der Stadt Hilden sein, Einzelhandel abzubauen, um eine
Senkung der Zentralität herbeizuführen. Vielmehr wird eine Erhaltung des Status
quo angestrebt, der durch eine konzentrierte Abgrenzung des zentralen
Versorgungsbereichs Innenstadt und nur marginale sortimentsbezogene
Entwicklungsspielräume gekennzeichnet wird. Wie im vorangegangenen Punkt
erläutert, weist Hilden aufgrund des Sortiments „Möbel“ eine überdurchschnittliche
Zentralitätsziffer auf. Würde man dieses Sortiment aus der Berechnung heraus
nehmen, so würde sich die Zentralität von Hilden im normalen Rahmen bewegen.
Im Vergleich mit den Inhalten
des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt Langenfeld werden in der
Hildener Innenstadt aber keine konkreten Ansiedlungen verfolgt. Die
Kennzeichnung der Potenzialflächen zeigt Standorte auf, die zukünftig – nach
einer vorhabenbezogenen städtebaulichen Einzelfallprüfung – ggf. für
Einzelhandelsentwicklungen in Betracht kommen können.
·
In der
ersten Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurde der Zwischenbericht
noch als Folienpräsentation dargestellt. Die Stadt Langenfeld merkte in Ihrem
Schreiben an, dass dies keine geeignete Ausführung darstelle, da sich dabei
nicht alle Inhalte direkt erschließen würden.
Die Präsentation wurde im
Rahmen einer frühzeitigen Beteiligung versandt. Mit Vorliegen der
Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts in Gutachtenform
(Endbericht) erfolgte eine erneute Beteiligung der Nachbarkommunen. Damit ist
dieser Hinweis hinfällig.
·
Zuletzt
schrieb der Vertreter der Stadt Langenfeld, dass die Abgrenzungen des zentralen
Versorgungsbereiches Innenstadt und des Nahversorgungszentrums Nord nicht
eindeutig sei.
Zudem sei die Ausweisung des zentralen
Versorgungsbereiches Ost als schützenswerter Bereich aus fachlicher Sicht nur
schwer nachvollziehbar.
Im Gutachten Fortschreibung
des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden wird die
Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt (gestrichelte Linie)
dargestellt, die Kennzeichnung der Abgrenzung aus dem Jahr 2005 (durchgezogene
Linie) entfällt. Die Legendendarstellung für das Nahversorgungszentrum Nord war
in der Folienpräsentation tatsächlich irreführend und wurde für den Endbericht angepasst.
[Erläuterung: Die gestrichelte
rote Linie stellt die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs dar, die
blaue Schraffierung eine Fläche, die einer städtebaulichen Umstrukturierung
gewidmet werden kann.]
Auch für das
Nahversorgungszentrum Ost erfolgt im Gutachten Fortschreibung des
Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden eine Kommentierung
der Abgrenzung bzw. eine Empfehlung der Fortentwicklung.
Das Schreiben wird zur Kenntnis genommen.
1.2 Schreiben
vom 09.03.2017 von der Stadt Langenfeld:
·
In
diesem Schreiben wird auf die ausführliche vorangegangene Stellungnahme mit der
Bitte verwiesen, diese in die abschließende politische Beratung zur
Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden
einzubringen.
Dieser Bitte ist die Stadt Hilden in Punkt 1.1 nachgekommen.
1.3 Schreiben vom 25.08.2017 von der Stadt Solingen:
· Die Stadt Solingen befürwortet die turnusmäßige Überarbeitung kommunaler Einzelhandelskonzepte, jedoch werden in diesem Schreiben auch Befürchtungen geäußert.
Es wird eingangs erläutert, dass unter Berücksichtigung der bereits hohen Attraktivität des Einzelhandelsstandortes Hilden und dem hohen Kaufkraftzufluss, die in dem Endbericht zusätzlich aufgezeigten verkaufsflächenbezogenen Erweiterungsspielräume überschätzt würden.
Richtig ist, dass bei der modellhaften
Berechnung der Verkaufsflächenentwicklungsspielräume bis 2030 moderate und im
Vergleich zur aktuellen Leistungsfähigkeit des Einzelhandelsstandorts
tendenziell unterdurchschnittliche Flächenproduktivitäten angesetzt wurden.
Dies ist damit zu begründen, dass die Gutachter derzeit weder Angebotsdefizite
in der Stadt Hilden erkannt haben, noch konkrete und leistungsfähige Einzelhandelsvorhaben
projektiert sind, die mit einer bestimmten Flächenproduktivität bewertet werden
könnten. Dies wird auf Seite 35 des Gutachtens ausdrücklich als Annahme der
Berechnung unterstellt. Vielmehr zeugen die errechneten Entwicklungsspielräume
bis maximal 3.160 m² Verkaufsfläche von der Annahme einer tendenziell
(betriebsbezogen) kleinteiligen, arrondierenden Entwicklung ohne
leistungsstarke Magnetbetriebe, z. B. in den derzeit leerstehenden
Ladeneinheiten der innerstädtischen Randbereiche. Die moderaten
Flächenproduktivitäten orientieren sich zudem an der derzeitigen Zentralität
und dem Niveau der Kaufkraftzuflüsse nach Hilden. Diese Werte werden zukünftig,
insbesondere unter der Annahme einer kleinteiligen Entwicklung, nicht
proportional zu einer möglichen Angebotsausweitung erhöht werden können,
sondern vielmehr ist eine Veränderung der stadtinternen Kaufkraftbewegungen zu
erwarten.
· Klärungsbedarf ergäbe sich aus Sicht der Stadt Solingen zudem hinsichtlich der Herleitung der aktuellen Kaufkraftbindungsquoten, die augenscheinlich in Teilen für Hilden zu niedrig eingeschätzt wurden. Anlass für diese Vermutung bieten dabei die aufgeführten Bindungsquoten, welche deutlich von den Ergebnissen der telefonischen Haushaltsbefragung abweichen würden.
Die auf Seite 35 dargestellten
warengruppenspezifischen Kaufkraftbindungsquoten stehen im engen Zusammenhang
mit den Umsatz- und Kaufkraftberechnungen für den Einzelhandelsstandort Hilden.
Die Bürgerbefragung zum Einkaufsverhalten bildet eine wichtige
Informationsgrundlage für diese Bewertungen. Jedoch ist die Frage nach dem
bevorzugten Einkaufsort für die verschiedenen Sortimente nicht direkt in die
Berechnung der warengruppenspezifischen Kaufkraftbindungen zu überführen. Dies
begründet sich mit dem spezifischen Antwortverhalten der Bewohnerschaft, sodass
häufige oder zuletzt aufgesuchte Einkaufsorte tendenziell überproportional
genannt werden. Auch beeinflussen Magnetbetriebe einer Einzelhandelsbranche,
die an einem prominenten Standort platziert sind oder häufig Werbung betreiben,
die Angaben der Bürger. Zudem werden die „bevorzugten“ und nicht alle
Einkaufsorte abgefragt, und es erfolgt eine Gewichtung in Bezug auf die
ausgegebenen Beträge. Der Anteil der Hildener Bewohnerschaft, der sich
bevorzugt an einem Einkaufsstandort versorgt, ist somit nicht gleichzusetzen
mit dem Kaufkraftanteil, der an diesem Ort ausgegeben wird.
· Darauffolgend wird die Verkleinerung des zentralen Versorgungsbereiches als sinnvoll empfunden, die zusätzlich ausgewiesenen Potentialflächen als zukünftige Entwicklungsspielräume aber in Zweifel gezogen. Es sei aus Sicht der Stadt Solingen in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass zukünftige, großflächige Ansiedlungsvorhaben in diesen Potentialbereichen laut aufgeführter Bewertungsmatrix ohne Einzelfallprüfung möglich wären.
Auf Seite 57 des Gutachtens sind für die
potenziellen Einzelhandelsentwicklungsflächen drei grundsätzliche Annahmen
gesetzt worden: Weder ist eine konkrete Planung vorgesehen (1.), noch wird ein
Angebotsdefizit in der Hildener Innenstadt erkannt, das in einer konkreten
Entwicklungsempfehlung resultiert (2.), und eine Entwicklung soll grundsätzlich
an eine Einzelfallprüfung der städtebaulichen Auswirkungen gebunden werden
(3.). Eine solche Prüfung ist nie auf die Gemarkung der Standortkommune zu
begrenzen, sondern die Auswahl des Untersuchungsgebiets hat sich stets an der voraussichtlichen
Ausstrahlung des geplanten Vorhabens und der Wettbewerbssituation zu
orientieren. Die Annahme der Stadt Solingen, dass Einzelhandelsansiedlungen und
-erweiterungen ohne Einzelfallprüfung möglich wären, ist demnach nicht
zutreffend und deckt sich keinesfalls mit dem vom Gutachter vorgeschlagenen
Vorgehen.
· Anschließend wird die gutachterlich befürwortete Weiterentwicklung des Nahversorgungszentrums Ost, trotz des geringen Einwohnerpotentials im zugehörigen Einzugsgebiet, kritisiert. Dabei werden auftretende Tragfähigkeitsdefizite von Einzelhandelsstandorten in Solingen Ohligs wie auch in integrierten, wohnortnahen Nahversorgungsstandorten der Stadt Solingen befürchtet.
Die Zentrenentwicklung in Hilden sowie die
Sicherung der Nahversorgung sind zwei übergeordnete Ziele der Hildener
Einzelhandelsentwicklung. In dem betreffenden Stadtteil ist dem
Nahversorgungszentrum Ost dahingehend eine besondere Bedeutung beizumessen. Vor
dem Hintergrund eines durch die Stadt Hilden vor einigen Jahren erkannten
Versorgungsdefizits ist der heute als Nahversorgungszentrum qualifizierte Einzelhandelsstandort
das Ergebnis einer geplanten Entwicklung. Um die Funktionsfähigkeit des
Standorts zu stabilisieren und maßstäblich (vgl. Ansiedlungsleitlinien
auf Seite 100) auszubauen, sind aus Sicht des Gutachters Tragfähigkeitsdefizite
an anderen, nicht schützenswerten Einzelhandelsstandorten in Kauf zu nehmen.
Die Befürchtung der Stadt Solingen, dass
damit eine Gefährdung des Stadtteilzentrums Ohligs sowie integrierter
wohnortnaher Nahversorgungsstandorte in Solingen akzeptiert würden, lässt sich
jedoch entkräften, da die Entwicklungsempfehlung ausdrücklich an die Bewertung
gebunden ist, dass eine Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche und der
wohnortnahen Versorgung auszuschließen ist. Auch hier gilt (vgl. 3. vorheriger
Punkt Abhandlung), dass die Überprüfung dieser Auswirkungen selbstverständlich
nicht nur auf das Hildener Stadtgebiet zu konzentrieren ist.
· Abschließend wird darum gebeten, detaillierte Erläuterungen zu diesem Abwägungsprozess zu erhalten und auch weiterhin bei einer interkommunalen Abstimmung zukünftiger Vorhaben einbezogen zu werden.
Auch zukünftig wird die Stadt Hilden die
Nachbarkommunen in Bauleitplanverfahren zur Ansiedlung und Erweiterung von
Einzelhandelsvorhaben sachgerecht beteiligen. Die Sitzungsvorlage wird nach
Ratsbeschluss mit dem Abstimmungsergebnis den beteiligten Trägern öffentlicher Belange
zugesandt.
Die Hinweise der Stadt Solingen werden
zur Kenntnis genommen.
2. Die Fortschreibung des Einzelhandels- und
Nahversorgungskonzept der Stadt Hilden (Stand: Juni 2017) als verbindliche
Leitlinie für die Einzelhandelsentwicklung in Hilden.