Beschluss: mit geändertem Beschlussvorschlag mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 1

geänderter Beschlussvorschlag:

 

 

Der Rat der Stadt Hilden beschließt nach gemeinsamer Vorberatung im Stadtentwicklungsausschuss und im Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss:

 

1.       Die Stellungnahmen, welche in der zweiten Beteiligungsphase der Träger öffentlicher Belange eingegangen sind, wie folgt abzuhandeln:

 

1.1     Schreiben vom 09.03.2017 von der Stadt Langenfeld:

·         Die Stadt Langenfeld begrüßt die Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzeptes (EHK) der Stadt Hilden, übt jedoch auch Kritik an den Inhalten. So wird darauf hingewiesen, dass die Stadt Hilden bei der Fortschreibung des Langenfelder EHK´s Anstoß an der „Verkaufsflächenexpansion“ genommen habe, nun allerdings ebenfalls ein hohes Verkaufsflächenwachstum der vergangenen Jahre im Gutachten nachgewiesen wird.

 

Sowohl in Hilden als auch in Langenfeld ist in den letzten zehn bis 15 Jahren eine dynamische Einzelhandelsentwicklung zu konstatieren, die so nicht vorauszusehen war und auch nicht mehr mit der Einwohnerentwicklung korreliert. Ursächlich dafür sind primär die Trends im bundesweiten Einzelhandel, die durch die Entwicklung neuer Betriebstypen geprägt werden und die sich im Zeitvergleich oftmals durch einen Rückgang der Betriebszahl bei gleichzeitigem Verkaufsflächenwachstum dokumentieren lassen. Das Umsatzwachstum des Einzelhandels ist dabei oft nur unterproportional zum Verkaufsflächenwachstum.

 

Ebenfalls haben beide Städte gemeinsam, dass sie über eine überdurchschnittlich attraktive Innenstadt verfügen, die aufgrund ihrer Standortrahmenbedingungen auch im Fokus nationaler und internationaler Filialisten stehen. Die verkehrliche Anbindung der verschiedenen Einzelhandelsstandorte in Hilden und Langenfeld ist ebenfalls als gut zu bewerten.

Schließlich sind die tatsächlichen Entwicklungen in Hilden und Langenfeld zumindest vergleichbar: Der Lebensmitteleinzelhandel expandiert sowohl durch Bestandserweiterungen als auch Neuansiedlungen, Fachmärkte mit zentrenrelevanten Sortimenten konnten angesiedelt werden (in der Innenstadt!), und die Marktbedeutung im Bereich des Bau- und Gartenmarktbedarfs wurde ausgebaut.

 

Ein Alleinstellungsmerkmal weist die Stadt Hilden schließlich im Möbeleinzelhandel auf. Ein strukturprägendes und inhabergeführtes Möbelhaus, das mittlerweile einen neuen Eigentümer hat und im Zuge dessen modernisiert und vergrößert wird sowie ergänzende Möbelfachmärkte begründen eine regionale Ausstrahlung, die sich auch in der Zentralität widerspiegelt. Die dargestellten Kaufkraftzuflüsse in diesem nicht zentrenrelevanten Sortiment sind aus Sicht der Nachbarkommunen verständlicherweise schmerzlich, begründen sich jedoch maßgeblich durch eine Standortentwicklung in der Vergangenheit. Anders zu bewerten wären vergleichbare Kaufkraftzuflüsse im Bereich der zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimente.

 

·         Weiter weißt die Stadt Langenfeld auf die hohe Zentralitätsziffer der Stadt Hilden hin und kritisiert den damit verbundenen Kaufkraftzufluss der umliegenden Gemeinden. In Folge dessen sollte das EHK der Stadt Hilden nun aus Sicht der Stadt Langenfeld eher Handlungsempfehlungen zum Abbau von offensichtlichen Überkapazitäten entwickeln. Für eine weitere Vergrößerung der Verkaufsflächen sei selbst im Falle eines Bevölkerungswachstums keinerlei Raum.

 

Die Stadt Hilden ist erfreut über die leistungsstarke Positionierung ihres Einzelhandel, hat gleichwohl Verständnis für die „Sorge“ der Nachbarkommunen hinsichtlich der Zentralität von > 1,3. Im Hinblick auf die Fortentwicklung des Einzelhandels kann es jedoch nicht das Ziel der Stadt Hilden sein, Einzelhandel abzubauen, um eine Senkung der Zentralität herbeizuführen. Vielmehr wird eine Erhaltung des Status quo angestrebt, der durch eine konzentrierte Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt und nur marginale sortimentsbezogene Entwicklungsspielräume gekennzeichnet wird. Wie im vorangegangenen Punkt erläutert, weist Hilden aufgrund des Sortiments „Möbel“ eine überdurchschnittliche Zentralitätsziffer auf. Würde man dieses Sortiment aus der Berechnung heraus nehmen, so würde sich die Zentralität von Hilden im normalen Rahmen bewegen.

Im Vergleich mit den Inhalten des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt Langenfeld werden in der Hildener Innenstadt aber keine konkreten Ansiedlungen verfolgt. Die Kennzeichnung der Potenzialflächen zeigt Standorte auf, die zukünftig – nach einer vorhabenbezogenen städtebaulichen Einzelfallprüfung – ggf. für Einzelhandelsentwicklungen in Betracht kommen können.

 

·         In der ersten Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurde der Zwischenbericht noch als Folienpräsentation dargestellt. Die Stadt Langenfeld merkte in Ihrem Schreiben an, dass dies keine geeignete Ausführung darstelle, da sich dabei nicht alle Inhalte direkt erschließen würden.

 

Die Präsentation wurde im Rahmen einer frühzeitigen Beteiligung versandt. Mit Vorliegen der Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts in Gutachtenform (Endbericht) erfolgte eine erneute Beteiligung der Nachbarkommunen. Damit ist dieser Hinweis hinfällig.

 

·         Zuletzt schrieb der Vertreter der Stadt Langenfeld, dass die Abgrenzungen des zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt und des Nahversorgungszentrums Nord nicht eindeutig sei.

Zudem sei die Ausweisung des zentralen Versorgungsbereiches Ost als schützenswerter Bereich aus fachlicher Sicht nur schwer nachvollziehbar.

 

Im Gutachten Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden wird die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt (gestrichelte Linie) dargestellt, die Kennzeichnung der Abgrenzung aus dem Jahr 2005 (durchgezogene Linie) entfällt. Die Legendendarstellung für das Nahversorgungszentrum Nord war in der Folienpräsentation tatsächlich irreführend und wurde für den Endbericht angepasst.

[Erläuterung: Die gestrichelte rote Linie stellt die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs dar, die blaue Schraffierung eine Fläche, die einer städtebaulichen Umstrukturierung gewidmet werden kann.]

 

Auch für das Nahversorgungszentrum Ost erfolgt im Gutachten Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden eine Kommentierung der Abgrenzung bzw. eine Empfehlung der Fortentwicklung.

 

Das Schreiben wird zur Kenntnis genommen.

 

1.2     Schreiben vom 09.03.2017 von der Stadt Langenfeld:

·         In diesem Schreiben wird auf die ausführliche vorangegangene Stellungnahme mit der Bitte verwiesen, diese in die abschließende politische Beratung zur Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzepts der Stadt Hilden einzubringen.

 

Dieser Bitte ist die Stadt Hilden in Punkt 1.1 nachgekommen.

 

1.3     Schreiben vom 25.08.2017 von der Stadt Solingen:

·         Die Stadt Solingen befürwortet die turnusmäßige Überarbeitung kommunaler Einzelhandelskonzepte, jedoch werden in diesem Schreiben auch Befürchtungen geäußert.

Es wird eingangs erläutert, dass unter Berücksichtigung der bereits hohen Attraktivität des Einzelhandelsstandortes Hilden und dem hohen Kaufkraftzufluss, die in dem Endbericht zusätzlich aufgezeigten verkaufsflächenbezogenen Erweiterungsspielräume überschätzt würden.

 

Richtig ist, dass bei der modellhaften Berechnung der Verkaufsflächenentwicklungsspielräume bis 2030 moderate und im Vergleich zur aktuellen Leistungsfähigkeit des Einzelhandelsstandorts tendenziell unterdurchschnittliche Flächenproduktivitäten angesetzt wurden. Dies ist damit zu begründen, dass die Gutachter derzeit weder Angebotsdefizite in der Stadt Hilden erkannt haben, noch konkrete und leistungsfähige Einzelhandelsvorhaben projektiert sind, die mit einer bestimmten Flächenproduktivität bewertet werden könnten. Dies wird auf Seite 35 des Gutachtens ausdrücklich als Annahme der Berechnung unterstellt. Vielmehr zeugen die errechneten Entwicklungsspielräume bis maximal 3.160 m² Verkaufsfläche von der Annahme einer tendenziell (betriebsbezogen) kleinteiligen, arrondierenden Entwicklung ohne leistungsstarke Magnetbetriebe, z. B. in den derzeit leerstehenden Ladeneinheiten der innerstädtischen Randbereiche. Die moderaten Flächenproduktivitäten orientieren sich zudem an der derzeitigen Zentralität und dem Niveau der Kaufkraftzuflüsse nach Hilden. Diese Werte werden zukünftig, insbesondere unter der Annahme einer kleinteiligen Entwicklung, nicht proportional zu einer möglichen Angebotsausweitung erhöht werden können, sondern vielmehr ist eine Veränderung der stadtinternen Kaufkraftbewegungen zu erwarten.

 

·         Klärungsbedarf ergäbe sich aus Sicht der Stadt Solingen zudem hinsichtlich der Herleitung der aktuellen Kaufkraftbindungsquoten, die augenscheinlich in Teilen für Hilden zu niedrig eingeschätzt wurden. Anlass für diese Vermutung bieten dabei die aufgeführten Bindungsquoten, welche deutlich von den Ergebnissen der telefonischen Haushaltsbefragung abweichen würden.

 

Die auf Seite 35 dargestellten warengruppenspezifischen Kaufkraftbindungsquoten stehen im engen Zusammenhang mit den Umsatz- und Kaufkraftberechnungen für den Einzelhandelsstandort Hilden. Die Bürgerbefragung zum Einkaufsverhalten bildet eine wichtige Informationsgrundlage für diese Bewertungen. Jedoch ist die Frage nach dem bevorzugten Einkaufsort für die verschiedenen Sortimente nicht direkt in die Berechnung der warengruppenspezifischen Kaufkraftbindungen zu überführen. Dies begründet sich mit dem spezifischen Antwortverhalten der Bewohnerschaft, sodass häufige oder zuletzt aufgesuchte Einkaufsorte tendenziell überproportional genannt werden. Auch beeinflussen Magnetbetriebe einer Einzelhandelsbranche, die an einem prominenten Standort platziert sind oder häufig Werbung betreiben, die Angaben der Bürger. Zudem werden die „bevorzugten“ und nicht alle Einkaufsorte abgefragt, und es erfolgt eine Gewichtung in Bezug auf die ausgegebenen Beträge. Der Anteil der Hildener Bewohnerschaft, der sich bevorzugt an einem Einkaufsstandort versorgt, ist somit nicht gleichzusetzen mit dem Kaufkraftanteil, der an diesem Ort ausgegeben wird.

 

·         Darauffolgend wird die Verkleinerung des zentralen Versorgungsbereiches als sinnvoll empfunden, die zusätzlich ausgewiesenen Potentialflächen als zukünftige Entwicklungsspielräume aber in Zweifel gezogen. Es sei aus Sicht der Stadt Solingen in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass zukünftige, großflächige Ansiedlungsvorhaben in diesen Potentialbereichen laut aufgeführter Bewertungsmatrix ohne Einzelfallprüfung möglich wären.

 

Auf Seite 57 des Gutachtens sind für die potenziellen Einzelhandelsentwicklungsflächen drei grundsätzliche Annahmen gesetzt worden: Weder ist eine konkrete Planung vorgesehen (1.), noch wird ein Angebotsdefizit in der Hildener Innenstadt erkannt, das in einer konkreten Entwicklungsempfehlung resultiert (2.), und eine Entwicklung soll grundsätzlich an eine Einzelfallprüfung der städtebaulichen Auswirkungen gebunden werden (3.). Eine solche Prüfung ist nie auf die Gemarkung der Standortkommune zu begrenzen, sondern die Auswahl des Untersuchungsgebiets hat sich stets an der voraussichtlichen Ausstrahlung des geplanten Vorhabens und der Wettbewerbssituation zu orientieren. Die Annahme der Stadt Solingen, dass Einzelhandelsansiedlungen und -erweiterungen ohne Einzelfallprüfung möglich wären, ist demnach nicht zutreffend und deckt sich keinesfalls mit dem vom Gutachter vorgeschlagenen Vorgehen.

 

·         Anschließend wird die gutachterlich befürwortete Weiterentwicklung des Nahversorgungszentrums Ost, trotz des geringen Einwohnerpotentials im zugehörigen Einzugsgebiet, kritisiert. Dabei werden auftretende Tragfähigkeitsdefizite von Einzelhandelsstandorten in Solingen Ohligs wie auch in integrierten, wohnortnahen Nahversorgungsstandorten der Stadt Solingen befürchtet.

 

Die Zentrenentwicklung in Hilden sowie die Sicherung der Nahversorgung sind zwei übergeordnete Ziele der Hildener Einzelhandelsentwicklung. In dem betreffenden Stadtteil ist dem Nahversorgungszentrum Ost dahingehend eine besondere Bedeutung beizumessen. Vor dem Hintergrund eines durch die Stadt Hilden vor einigen Jahren erkannten Versorgungsdefizits ist der heute als Nahversorgungszentrum qualifizierte Einzelhandelsstandort das Ergebnis einer geplanten Entwicklung. Um die Funktionsfähigkeit des Standorts zu stabilisieren und maßstäblich (vgl. Ansiedlungsleitlinien auf Seite 100) auszubauen, sind aus Sicht des Gutachters Tragfähigkeitsdefizite an anderen, nicht schützenswerten Einzelhandelsstandorten in Kauf zu nehmen.

Die Befürchtung der Stadt Solingen, dass damit eine Gefährdung des Stadtteilzentrums Ohligs sowie integrierter wohnortnaher Nahversorgungsstandorte in Solingen akzeptiert würden, lässt sich jedoch entkräften, da die Entwicklungsempfehlung ausdrücklich an die Bewertung gebunden ist, dass eine Beeinträchtigung zentraler Versorgungsbereiche und der wohnortnahen Versorgung auszuschließen ist. Auch hier gilt (vgl. 3. vorheriger Punkt Abhandlung), dass die Überprüfung dieser Auswirkungen selbstverständlich nicht nur auf das Hildener Stadtgebiet zu konzentrieren ist.

 

·         Abschließend wird darum gebeten, detaillierte Erläuterungen zu diesem Abwägungsprozess zu erhalten und auch weiterhin bei einer interkommunalen Abstimmung zukünftiger Vorhaben einbezogen zu werden.

 

Auch zukünftig wird die Stadt Hilden die Nachbarkommunen in Bauleitplanverfahren zur Ansiedlung und Erweiterung von Einzelhandelsvorhaben sachgerecht beteiligen. Die Sitzungsvorlage wird nach Ratsbeschluss mit dem Abstimmungsergebnis den beteiligten Trägern öffentlicher Belange zugesandt.

 

          Die Hinweise der Stadt Solingen werden zur Kenntnis genommen.


2.       Die Fortschreibung des Einzelhandels- und Nahversorgungskonzept der Stadt Hilden (Stand: Juni 2017) als verbindliche Leitlinie für die Einzelhandelsentwicklung in Hilden.