Betreff
Antrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen JHA 3.3.21 - Versorgungslage Kita-Plätze
Vorlage
WP 20-25 SV 51/056
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Aus diesen vielfältigen Gründen bitten die GRÜNEN die Verwaltung, bis zum nächsten JHA einen konkreten Zeitplan vorzulegen, aus dem hervorgeht, bis wann wie viele neue Kita-Plätze zur Verfügung stehen, wie der Mangel an Plätzen in der Übergangszeit, und ab wann dieser, mit welchen Maßnahmen überbrückt werden soll.

 

 


Antragstext:

 

Die Versorgungslage mit Kita-Plätzen ist in Hilden seit Jahren fortschreitend desaströs defizitär:

 

  • 117 Überbelegungen in allen öffentlichen und privaten Kitas
  • Wartezeiten für Eltern von z.T. mehr als 6 Monaten
  • 44 Kinder sind z.Z. ohne Betreuungsplatz
  • Kinder, die unterjährig zuziehen haben trotz gesetzlichem Anspruch keine Chance auf einen Platz
  • Wachsende Nachfrage nach Kita-Plätzen durch Baumaßnahmen und gemäß der aktuellen Bevölkerungszahl
  • Hinzu kommt die Verpflichtung zur Rückzahlung von Landesmitteln in Höhe von ca. 100.000 € wegen fehlendem Fachpersonal

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Verwaltung tritt der Einschätzung einer desaströsen Versorgungslage in Hilden deutlich entgegen. Die Einschätzung aller verantwortlich Handelnden in der Verwaltung ist, dass die Unterversorgung mit Kindergartenplätzen einen durchaus kritischen Zustand darstellt, der keinerlei Anlass zu einer Bagatellisierung bietet, sich der Einschätzung „fortschreitend desaströs“ jedoch klar entzieht.

 

Das seit Jahren bewährte Instrument der Verwaltung zur strategischen Steuerung ist eine jährlich fortgeschriebene und inhaltlich aufwändige Fortschreibung der Kindertagesstättenbedarfsplanung, die auch Grundlage für die Beantragungen des Folgejahres darstellt. Der strukturelle Mangel an Plätzen wird in dieser Bedarfsplanung regelmäßig benannt und die Notwendigkeit eines nachhaltigen Ausbaus, einschließlich der Handlungsoptionen, aufgeführt. Allen politischen und fachlich handelnden Akteuren steht dieses Analysetool zur Verfügung.  

 

Die Haupthemmnisse sind die Langwierigkeit von Bau(entscheidungs)prozessen im dichten Siedlungsraum Hildens und der anhaltende Personalnotstand. Diese wurden immer wieder thematisiert und dazu auch erfolgreiche Lösungsansätze entwickelt. Es braucht allerdings Zeit bis die Lösungen wirken. Sie können das gesamtgesellschaftliche Defizit auf dem Berufsmarkt der Erzieher*innen nur zum Teil kompensieren.

 

Eine objektive Betrachtung der zentralen statistischen Parameter der Kitabedarfsplanung macht aber auch deutlich:

 

  • Einen kontinuierlichen Anstieg der Betreuungsquote U 3 seit 2014 auf 57,42% bei einer Landesvorgabe von 35 %!
  • Einen kontinuierlichen Anstieg der Platzzahlen U 3 seit 2014 auf 623 Plätze
  • Einen leichten Anstieg der Platzzahlen seit 2014 in der Ü 3 Versorgung auf 1458 Plätze
  • Einen (sprunghaften) Rückgang der Versorgungsquote Ü 3 auf 94,8 % (Demografischer Wandel)

 

Versorgungsquote seit 01.08.2014

Kinder im Alter von null bis drei Jahren in Prozent (Landesvorgabe 35 %)

 


Entwicklung der Platzzahlen seit dem 01.08.2014

Kinder im Alter von null bis drei Jahren

 

 

Versorgungsquote von Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Eintritt der Schulpflicht seit dem 01.08.2014

 


Entwicklung der Platzzahlen in Kindertageseinrichtungen für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Eintritt der Schulpflicht seit dem 01.08.2014

 

 

 

Einvernehmen besteht in der Einschätzung, dass die hier aufgeführten Entwicklungen bei weitem nicht ausreichen und einer weiteren Verschlechterung der Ü 3 Quote unbedingt entgegengewirkt werden muss. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass Hilden im kommunalen Umfeld damit nicht alleine steht und eine Vielzahl Kommunen erhebliche strukturelle Schwierigkeiten haben, Versorgungsquoten signifikant zu erhöhen. Ziel der Verwaltung muss es daher sein, die Anzahl der unversorgten Familien deutlich zu reduzieren und die Überbelegungen zurückzufahren, um eine höhere Bildungsqualität zu gewährleisten.

 

Der Verwaltung ist es durch hohen individuellen Einsatz aber auch bislang gelungen, die Mangelware Betreuung zumindest gerecht zu verwalten und unzumutbaren Härtefällen entgegenzuwirken. Das Fehlen von anhängigen Rechtsstreitigkeiten in diesem Feld dokumentiert diese Feststellung. 

 

Dem Wunsch der Antragsteller nach einem detaillierten Zeitplan für die kommenden 4-5 Jahre und den daraus ableitbaren Handlungsnotwendigkeiten kann die Verwaltung an dieser Stelle nicht entsprechen. Zu viele Parameter sind für die Verwaltung dafür aktuell nicht einschätzbar.

 

Dazu zählen:

 

·       Verbindliche Bauzeitenplanungen

·       Erschließung von zusätzlichen Bauflächen in Hilden

·       Bereitschaft der Träger bei Ausbau und Umbau der Kitalandschaft zu kooperieren

·       Besserstellung des ErzieherInnenberufsbildes, bessere Vergütung, Ende des Personalnotstandes

·       Veränderte Betreuungswünsche nach der Coronapandemie

·       Demografische Entwicklungen

 

Das Fachamt konzentriert daher ihre endlichen Ressourcen zunächst auf ein kurz- bis mittelfristiges Managen der krisenhaften Entwicklung. Ziel ist es, alle verfügbaren Optionen so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen, um eine weitere Verschlechterung insbesondere der Ü 3 Quote zu verhindern.

 

 

Zum 01.08.2021 werden die Wander-Wald- und Erlebnisgruppen der Städt. Kita „Pusteblume“ und der Kita „Nordlichter“ eröffnet. An beiden Standorten ist es gelungen, entsprechendes Personal zu finden. Leider bleibt auch unter Einbezug dieser Plätze weiterhin ein Mangel zu verwalten. Aktuell sind 94 unversorgte Kinder über drei Jahre (davon 9 im Alter von 4,5 Jahren und älter) zu verzeichnen. Das entspricht im Wesentlichen der Quote vor einem Jahr.

 

Grundsätzlich ist der Bedarf seit mehreren Jahren bekannt und es bestand grundsätzlich ein Konsens darüber, dass weitere Plätze, mindestens für den Bereich der Kinder über drei Jahre, geschaffen werden müssen. Es gestaltete sich als schwierig in Hilden ein geeignetes Grundstück zu finden, das ausreichend Raum für eine größere Kita >= 4 Gruppen und möglichst auch ein großes Einzugsgebiet mit einer guten Verkehrsanbindung bietet. Dies ist mit dem Standort am Holterhöfchen 18 gelungen. Die Inbetriebnahme ist weiterhin für die erste Hälfte 2023 mit 5 Gruppen geplant. Ein Raumprogramm liegt bereits abgestimmt mit dem Landschaftsverband Rheinland vor. Die dort geplanten 90 Plätze für Kinder über drei Jahren wird die o.g. prekäre Versorgungssituation erheblich entlasten, jedoch nicht zum Abbau von 117 Überbelegungen führen. Mindestens 3 weitere Kita-Gruppen (Gruppenform 1, 2 - 6 Jahre, 20 Plätze) sind erforderlich, um 50% der Überbelegungen abzubauen. In Hilden Nord, am Standort des Grundschulverbundes Beethovenstraße, ist eine weitere Maßnahme geplant. Die Verwaltung wird nun eine Machbarkeitsstudie starten. Der Raumbedarf von Kita und Schule sind benannt, es gilt verschiedene Baualternativen am Standort zu eruieren (genauer Baubereich, Neubau Turnhalle ja/nein, Abriss von Bestandsgebäuden ja/nein usw.).

 

Eine erste Rückmeldung aus dem Amt für Gebäudemanagement prognostiziert unter Einbezug aller Projekte der Stadt Hilden den Beginn dieses Projektes nicht vor 2025. Des Weiteren bleibt noch zu prüfen, ob tatsächlich der Neubau der Schulgebäude mit einem Kita-Neubau als „Haus des Lernens“ realisiert werden kann.

 

Über die Bildung einer amtsübergreifenden Lenkungsgruppe Betreuung und Bildung zur strategischen Steuerung wird aktuell nachgedacht, um dort ggf. alle Bildungs- und Betreuungsformen (Kita, Tagespflege, OGS und Gebundener Ganztag) beraten zu können. So könnten alle entscheidungskritischen Fragen dieses Themenkomplexes zentral bewertet werden. Die Lenkungsgruppe könnte sich mit allen baurechtlichen, bautechnischen, personellen und finanziellen Grundsatzfragen befassen und u.a. auch eine Konsequenz aus dem Familienbericht darstellen.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister

 

 

 

 

 

Klimarelevanz:

keine