Betreff
Erstellung einer CO2-Bilanz für Hilden
Antrag der FDP - Fraktion vom 10.07.2019
Vorlage
WP 14-20 SV 66/149
Aktenzeichen
IV/66.3-Hen
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

CO2 trägt nach wissenschaftlicher Ansicht zu einem erheblich beschleunigten Klimawandel bei. Somit ist die Einsparung von CO2 eine der vordringlichsten Aufgaben für den aktiven Klimaschutz. Zusätzliche Maßnahmen, wie z.b. die Pflanzung und Pflege von Bäumen, sind geeignet die Klimabilanz zu verbessern. Während die EU eine  Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 anstrebt, sind wir der Meinung, dass dies nicht schnell genug ist. Dieses Ziel sollte im kleineren Rahmen des Hildener Stadtgebiets wesentlich schneller umgesetzt werden.

 


Antragstext:

 

Der Rat möge beschließen:

Die Verwaltung wird gebeten eine CO2-Bilanz für die Stadt Hilden und ihre Bewohner, sowie die ansässige Wirtschaft zu erstellen und zu veröffentlichen. Weiterhin entwirft die Verwaltung auf Basis dieser Daten einen Maßnahmenkatalog, um die Menge an emittiertem CO2 zu verringern und entsprechende Gegenmaßnahmen zu skizzieren.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Der Antrag wird auch im Stadtentwicklungsausschuss zur Beratung gestellt, da der Antragspunkt „Katalog Klimaschutzmaßnahmen“ ggfls. auch Themen beinhaltet, bei denen die Zuständigkeit des Stadtentwicklungsausschusses gegeben ist.

 

 

1. Thema CO2-Bilanz

Die kommunale CO2-Bilanz gibt an, wie viele Tonnen Kohlendioxid im Gesamtgebiet einer Kommune durchschnittlich pro Einwohner innerhalb eines Jahres (t/E/a) durch Energieverbrauch emittiert werden. Hierin fließen konkrete Angaben ein: z.B. der Energieverbrauch in den kommunalen Liegenschaften, der Strom- und Erdgasverbrauch der Einwohner und des Gewerbes oder die Kfz-Dichte (auch des außerörtlichen Verkehrs). Aus der Addition dieser Daten ergibt sich die in der Kommune emittierte Gesamtmenge CO2 pro Jahr.

 

CO2-Bilanzen müssen seitens der Kommunen erstellt werden, wenn Sie eine Förderung von Integrierten Klimaschutzkonzepten in Anspruch nehmen oder den europaweiten Konvent der Bürgermeister unterzeichnen möchten.

 

Der Rat der Stadt Hilden hatte im Oktober 2011 beschlossen, ein Klimaschutzkonzept für das Stadtgebiet Hilden zu erstellen. Nach Bewilligung  der entsprechenden Fördermittel wurde das Konzept mit Beteiligung von externen Fachbüros erarbeitet und 2013 fertig gestellt. Innerhalb dieses Konzeptes  wurde u.a. eine aktuelle Energie- und CO2 -Bilanz sowie ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, mit dessen Hilfe der CO2 – Ausstoß nachhaltig reduziert werden sollte.

 

Eine Fortschreibung der CO2 –Bilanz hat nicht stattgefunden, da die hierfür erforderlichen regelmäßigen Erhebungen von Verbrauchswerten mit sehr viel Aufwand verbunden sind (wird noch weiter ausgeführt) und es keine politische Beschlussfassung zur Umsetzung der Maßnahmen aus o.a. Konzept gegeben hat.

 

Das Land Nordrhein-Westfalen hat für alle seine Kommunen eine Landeslizenz für das CO2-Bilanzierungstool ECOSPEEDRegion  erworben. Das Tool, mit dem Kommunen eine eigene CO2-Bilanz erstellen können, ist für diese kostenfrei. Im Folgenden soll der Ablauf bei der Erstellung einer kommunalen CO2-Bilanz beschrieben werden (Angaben der Energieagentur .NRW, siehe hierzu auch die Checkliste in der Anlage):

 

Über die Einwohner- und Beschäftigtendaten wird zusammen mit nationalen Kennzahlen eine erste CO2-Bilanz (Startbilanz) berechnet. Die Startbilanz wird dann mit eigenen Verbrauchsdaten kalibriert. Die Startbilanz gibt an, wie die CO2-Bilanz aufgrund der Einwohnerzahl und Beschäftigtenzahlen nach Wirtschaftsbereichen im Bundesdurchschnitt in einer Gemeinde mit dieser Struktur ausfallen müsste. Die Startbilanz berücksichtigt nicht den tatsächlichen lokalen Energieverbrauch. Die Startbilanz ist für jede Kommune seit Frühjahr 2011 verfügbar. Das heißt, dass diese bereits automatisch durch ECOSPEED erstellt wird und für die Kommunen keinen Arbeitsaufwand darstellt. Die Erstellung der Startbilanz erfolgt jährlich durch ECOSPEED.

 

Im nächsten Schritt wird die Startbilanz dann mit Hilfe kommunaler und regionaler Daten verfeinert. Hierbei ist eine eigene Datenerhebung erforderlich. Bei den Daten muss man grundsätzlich unterscheiden zwischen Verbrauchs- und Erzeugungsdaten. Die Verbrauchsdaten untergliedern sich in die leitungsgebundenen und nicht leitungsgebundenen Energieträger. Akteure, die entsprechende Daten vorhalten sind u.a. die Energieversorger/ Netzbetreiber sowie Schornsteinfeger. Weiterhin ist eine entsprechende Datenerhebung im Verkehrsbereich sowie der kommunalen Gebäude/ Flotten notwendig. Die EnergieAgentur.NRW hat entsprechende Datenerhebungshilfen erarbeitet, die unter www.CO2.nrw.de im Bereich Datenerhebung abrufbar sind. Nicht alle Daten können 1 zu 1 für die Bilanzierung mit ECOSPEEDRegion Verwendung finden. Im Bereich Berechnungshilfen sind entsprechende Hilfen zur Umrechnung der erhobenen Daten bereitgestellt.

 

Falls sich mehrere Versorger bzw. Netzbetreiber in einer Kommune befinden ist u.U. eine Einzelabfrage der benötigten Daten durchzuführen. Für die Bilanzierung mit ECOSPEEDRegion finden sowohl Daten der Versorgung, als auch des Netzbetriebs, Verwendung. Durch die Liberalisierung der Energieversorgung gibt es keine eindeutige Zuordnung der Versorger zu bestimmten Gebieten. Über vertragliche Bindungen im Rahmen von Konzessionsverträgen kann aber in der Regel bestimmt werden, welcher Versorger den größten Anteil in einer Kommune hält.

 

Das Zur-Verfügung-Stellen von Daten für die CO2-Bilanzierung ist generell für alle potenzielle Datenlieferanten freiwillig, dies gilt auch für EVU/ Netzbetreiber. Die Erfahrungen zeigen aber, dass viele Energieversorger sehr bereitwillig sind, wenn es um die Unterstützung der Kommunen geht. Von Vorteil ist dabei eine direkte Ansprache der entsprechenden Kommune. Da es sich um datenschutzrelevante Daten handelt, sollte entsprechendes Verständnis aufgebracht werden, dass eine Datenabfrage über Dritte (z.B. Ingenieurbüros) von Seiten der EVUS/ Netzbetreiber eher Skepsis entgegen gebracht wird.

 

Falls Datenlücken bei der Abfrage auftauchen sollten, so ist dies kein Beinbruch. ECOSPEEDRegion bietet die Möglichkeit entsprechend zu inter-/extrapolieren, weiterhin können mit Hilfe der Startbilanz auch einzelne Datenlücken gefüllt werden.

 

Die EnergieAgentur.NRW hat acht Datenerhebungshilfen entwickelt. Diese stehen auf dieser Seite als Excel Download zur Verfügung. Weiterhin werden jährlich die Daten zu den solarthermischen Anlagen auf Basis der Förderprogramme BAFA und Progress. NRW von der EnergieAgentur.NRW aufbereitet und ausgewertet. Weiterhin werden jährlich die Daten des EU-Emissionshandels (Energieintensive Anlagen Unternehmen) ausgewertet und eine Zuordnung nach Branchen sowie Kommunen vorgenommen. Alle zwei Jahre werden Daten der Deutschen Bahn sowie Dritte den Kommunen in ECOSpeedRegion zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus erhält jede Kommune jährlich eine nach Tätigkeiten spezifische Übersicht der Emissionen aus dem Europäischen Emissionshandel (ETS). Diese Daten werden ebenfalls in ECOSPEEDRegion hinterlegt.

 

EnergyMap (www.energymap.info) basiert auf den Meldedaten der EVU im Hinblick auf EEG Anlagen. Das EEG formuliert diesbezüglich eine Meldepflicht für die Netzbetreiber. Die Netzbetreiber veröffentlichen diese Daten auf ihren eigenen Plattformen, es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, dass dies in einem zentralen Datenregister bzw. einer Datenbank erfolgen muss. EnergyMap trägt die veröffentlichungspflichtigen Daten der Netzbetreiber zusammen und prüft sie auf Plausibilität. Insofern haben die Daten aus Sicht der EnergieAgentur.NRW eine gute Qualität. Seit 2012 stellt das LANUV NRW über das Internetportal www.energieatlas.nrw.de die kommunenspezifischen Daten zur erneuerbaren Energie zur Verfügung. Der Energieatlas NRW bietet eine gute Alternative zur Datenbeschaffung hinsichtlich Produktion Strom durch erneuerbare Energie.

 

Standardmäßig werden die Fahrleistungen in der Startbilanz über die Anzahl der Erwerbstätigen und Einwohner berechnet. Wenn Sie keine Verkehrsmodelle zur Abschätzung der Fahrleistungen in Ihrer Region zu Verfügung haben, können Sie alternativ auch über die Anzahl der Fahrzeuge die Fahrleistung für ausgewählte Fahrzeugkategorien berechnen lassen. Dabei wird automatisch die Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge mit einem hinterlegten Faktor für die durchschnittliche Fahrleistung pro Fahrzeug multipliziert. Dieser Faktor entspricht dem Landesdurchschnitt.

 

In der Startbilanz wird eine erste Einschätzung des Energieverbrauchs und der energiebedingten CO2-Emissionen vorgenommen. Sie basiert auf bundesdeutschen Durchschnittswerten, die ein sogenanntes Ländermodell bilden, aus dem die entsprechenden Annahmen für die untersuchte Region abgeleitet werden.

 

Die Endbilanz präzisiert die Ergebnisse der Startbilanz. Es werden, soweit möglich, regionalspezifische Daten in ECOSPEEDRegion eingefügt, um die bundesdeutschen Durchschnittsdaten zu ersetzen:

  • Leitungsgebundene Energieverbräuche nach Verbrauchergruppen
  • Regenerative Stromerzeugung- und Wärmeerzeugung
  • Energieverbräuche Haushalte und Gewerbe (Heizöl, Erdgas, Holz) aus der Feuerstättenstatistik der Schornsteinfeger
  • Zugelassene Kraftfahrzeuge
  • Energieverbräuche der Verwaltung – Gebäude (Strom, Erdgas, Heizöl) und Dienstwagenflotte (Treibstoffe)

 

In der Endbilanz werden die Berechnungen zu den Energieverbräuchen und den daraus resultierenden CO2-Emissionen auf Grundlage der „harten“ regionalspezifischen Daten durchgeführt (Bottom up). In den Bereichen, für die keine regionalspezifischen Daten vorliegen, werden die Daten aus der Startbilanz (Top down) eingesetzt. Die Endbilanz ist in den meisten Fällen ein Berechnungsmix aus bundesdeutschen und regionalen Daten.

 

Die o.g. Ausführungen zeigen, dass die Erstellung einer kommunalen CO2-Bilanz trotz hohem Aufwand mit einer „Unschärfe“ behaftet ist. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich die CO2-Emissionen in Abhängigkeit von Wetterdaten, Konjunktur und anderen Faktoren von Jahr zu Jahr verändern können. Dies ist im Hinblick auf die Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen schwierig. Aus diesem Grund hat sich der Fachgutachter im Klimaschutzkonzept Hilden seinerzeit auch dafür ausgesprochen, die durch umgesetzte Maßnahmen eingesparten CO2-Emissionen einzeln auszuweisen (Integriertes Klimaschutzkonzept für die Stadt Hilden  - Abschlussbericht 2013, Seite 32).

 

Wie beschrieben, ist insbesondere die Datenbeschaffung für eine qualifizierte und belastbare Bilanzerstellung recht  zeitaufwendig. Der Zeitbedarf für die Bilanzerstellung wird auf der Basis der derzeit vorliegenden Informationen auf rd. 150 Stunden Arbeitszeit geschätzt. Die derzeitige Personalbesetzung beim Tiefbau- und Grünflächenamt lässt eine Eigenerstellung der Bilanz nur zu, wenn dann andere reguläre Aufgaben (z.B. Spielgeräteersatzbeschaffung) zurückgestellt werden. Dies kann aus der Sicht der Verwaltung nicht befürwortet werden.

 

Anders sieht es aus, wenn die Stelle eines „Klimaschutzmanagers“ geschaffen wird, der u.a. diese Aufgabenstellung zugewiesen würde. Alternativ ist die Beauftragung eines Fachbüros denkbar. Die hierfür erforderlichen Mittel werden auf ca. 15.000 € geschätzt und müssten zusätzlich bereitgestellt werden.

 

2. Maßnahmenkatalog CO2-Verminderung

Unter Hinweis auf die Haushaltssituation wurde 2013 aus dem Klimaschutzkonzept keine Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen (Prioritätenliste) beschlossen  (SV WP 09-14 SV 66/173).

 

Unabhängig von der damaligen Beschlussfassung wurden in der Folgezeit einige Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept umgesetzt (Fortführung Energiesparmodelle in Schulen und Kitas, Ökoprofit und Energieberatung für Gewerbe und Industrie, Verknüpfung von Fahrrad und ÖPNV (B&R Hilden Süd), Carsharing sowie Mobilpunkte einrichten und verwalten, Stärkung der Elektromobilität, energetische Sanierung städt. Gebäude).

 

In Vertretung

Gez. Norbert Danscheidt

1. Beigeordneter