Betreff
Sachstandsbericht unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Vorlage
WP 14-20 SV 51/217
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht zu den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zur Kenntnis.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Integration von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland ist weiterhin eine große Herausforderung. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurden ab dem 01.11.2015 den Kommunen über einen Verteilschlüssel zugewiesen. Zuvor waren die Kommunen zuständig, in denen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge das erste Mal offiziell deutschen Boden betraten, hiervon waren insbesondere die grenznahen Städte betroffen. Ab November 2015 wurden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auch der Stadt Hilden  zugewiesen. Die Aufnahmequote betrug im April 2016 36 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Ausreichende Unterbringungsmöglichkeiten und Erfahrungen in der Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge waren nicht vorhanden. Gemeinsam mit der AG Wohlfahrt (SPE Mühle, Diakonisches Werk Hilden und SKFM) gelang es in kurzer Zeit, ein provisorisches, aber schon pädagogisch qualifiziertes Betreuungssetting aufzubauen. In angemieteten Räumen des Sozialamtes wurde eine Betreuungsmöglichkeit für 18 Jugendliche geschaffen. Die Betreuung übernahmen vor allem pädagogische Fachkräfte der SPE Mühle und des Diakonischen Werkes. Der SKFM und das Diakonische Werk stellten darüber hinaus erhebliche Personalressourcen für die Vormundschaften zur Verfügung. Andere Träger übernahmen in enger Kooperation die sogenannten Clearingprozesse. Weitere Betreuungsmöglichkeiten konnten unter anderem durch Gastfamilien geschaffen werden.

 

Fast drei Jahre später hat sich die Situation deutlich verändert. Die Dynamik der Neuzuweisungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ließ bereits in 2017 nach. In 2017 wurden 9 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und in 2018, bis zum 31.08.2018, 2 Jugendliche aus Guinea und Gambia, beide 17 Jahre alt, zugewiesen. Die Anzahl der aktuell im Rahmen der Jugendhilfe betreuten Jugendlichen und Heranwachsenden beträgt 32. Hiervon sind  25 stationär untergebracht und  7 werden ambulant betreut. Die aktuelle Aufnahmequote ist 31.

 

Die Begleitung und Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wurde im Laufe der Jahre deutlich professionalisiert. Standards wurden gemeinsam (weiter-)entwickelt und die Kooperation der einzelnen Akteure (UmA-Fachstelle, Wohngruppe, Vormünder und Wirtschaftlicher Jugendhilfe) durch fortlaufendes Schnittstellenmanagement immer weiter optimiert. Dieser Prozess wurde und wird maßgeblich durch regelmäßige Austauschtreffen (Netzwerk junge Flüchtlinge, Arbeitskreis der Praktiker und themenspezifische Treffen) und gemeinsame Fortbildungen, u.a. zu den Themen Ausländerrecht und Umgang mit Traumata, unterstützt.

 

Die zunächst provisorische Wohngruppe der AG Wohlfahrt ging in die Leitung der SPE Mühle über. Sie zog im Juni 2017 in die Oststraße. Ausgehend von den  nachlassenden Zuweisungen wurde Ende 2017 gemeinsam von der SPE Mühle und der Stadt beschlossen, die Wohngruppe über einen längeren Zeitraum zurückzubauen und zum Jahresende 2018 zu schließen. Hierfür wurde ein Steuerungsarbeitskreis eingerichtet. Die Wohngruppe auf der Oststraße konnte im Juni 2018 aufgelöst werden. Die verbliebenen Jugendlichen werden in zwei Wohngemeinschaften weiter betreut. Die Betreuung einer der Wohngemeinschaften wurde von der SPE Mühle zum 01.08.2018 an die Bergische Diakonie Aprath übertragen. Die noch von der SPE Mühle betreute Wohngemeinschaft wird zum 31.12.2018  aufgelöst.

 

Die unter Leitung von TeamZukunft betreuten ehemaligen Wohngemeinschaften im Kilvertzhof werden  seit dem 01.11.2017 durch den Träger in neuen Räumlichkeiten in Hilden und Düsseldorf fortgeführt.

 

 


Aktuelle Situation

 

 

Altersstruktur der derzeit betreuten unbegleiteten Flüchtlinge

 

Alter

 

Anzahl

16

 

1

17

 

9

18

 

17

19

 

4

20

 

1

 

Verteilung der Herkunftsländer

 

 

Herkunftsland

 

Anzahl

Afghanistan

11

 

Guinea

9

 

Syrien

4

 

Iran

2

 

Gambia

2

 

Eritrea

2

 

Somalia

1

 

Tadschikistan

1

 

 


Schulische und berufliche Integration

 

Von den 18 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen der SPE Mühle konnten 9 in Ausbildung vermittelt werden (Industriekaufmann, Koch, Mechatroniker, Umzugsfachkraft, Metallbauer, Straßenbauer, Paketzusteller, Anlagenelektroniker, Mechatroniker).

 

Aktuell stellt sich die Schul- und Ausbildungssituation wie folgt dar:

 

Anzahl

Schule/ Ausbildung/ Tätigkeit

 

20

 

Berufskolleg

4

 

Gymnasium

2

 

Realschule

1

 

Gebärdenschule

2

 

Ausbildung zum Packmitteltechnologe

1

 

Paketzusteller

1

 

Bundesfreiwilligendienst

1

 

Keine Tätigkeit

 

Aufenthaltsstatus

 

Die aktuell betreuten unbegleiteten Flüchtlinge haben folgenden Aufenthaltsstatus:

 

Anzahl

Aufenthaltsstatus

 

23

Duldung

 

6

Anerkennung

 

 

3

Von Abschiebung unmittelbar bedroht

 

 

Dauer der Hilfe

 

Vom 01.01.2017 – 31.08.2018 konnte für 12 Volljährige die Jugendhilfe beendet werden.

 

Alter

Anzahl

 

Anschluss

18

3

 

Eigene Wohnung

18

6

 

Städtische Asylunterkunft

19

3

 

Städtische Asylunterkunft

 

 

Zusammenfassung

 

Die Integration vieler junger Flüchtlinge in Hilden ist auf einem guten Weg. Dies ist dem außerordentlich engagierten Einsatz aller Beteiligten zu verdanken, der es ermöglichte, bereits früh pädagogisch qualifizierte Betreuungsrahmen für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aufzubauen, Qualitäts- und Prozessstandards weiterzuentwickeln und immer wieder gute Lösungen für schwierige Situationen zu finden. Ein besonderer Dank gilt hier den engagierten Mitarbeiter*innen und den Leitungen der AG Wohlfahrt, den anderen unterstützenden Jugendhilfeträgern und der UmA-Fachstelle inklusive der wirtschaftlichen Jugendhilfe.

 

 Zukünftige Herausforderungen

 

Trotz der sinkenden Zuweisungsdynamik werden heute noch 32 unbegleitete  minderjährige Flüchtlinge in Hilden betreut. Zielsetzung ist, diese Jugendlichen und Heranwachsenden weiterhin professionell und engagiert auf dem Weg zur einer gelingenden Integration oder einer anderen Lebensperspektive zu unterstützen.

 

Zentrale Herausforderungen sind zurzeit folgende Bereiche:

 

Therapeutische Unterstützung

Mit steigender Betreuungsdauer wird in vielen Fällen deutlich, dass die jungen Flüchtlinge einen hohen therapeutischen Unterstützungsbedarf haben.  Die ausreichende Bearbeitung traumatischer Erfahrungen ist eine wichtige Voraussetzung für die gelingende soziale Teilhabe und damit die Integration.  Zurzeit sind 5 junge Flüchtlinge therapeutisch angebunden. Im Lauf der Jahre konnte auch in diesem Bereich ein funktionierendes Netzwerk aufgebaut werden. Die Kapazitäten reichen jedoch nicht aus. 

 

Bleibestatus

Der Bleibestatus ist weiterhin  für viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ungeklärt. Damit einhergehen große Unsicherheiten und Begrenzungen bei der Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

 

Refinanzierung

Die Kosten für die Betreuung von den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen werden vom Landesjugendamt nach Prüfung erstattet. Das Landesjugendamt prüft verstärkt die Gewährung von Hilfen für junge Volljährige. In vielen Fällen kann die Hilfe für junge Flüchtlinge verantwortungsvoll nicht mit Vollendung des 18. Lebensjahres eingestellt werden, da weiterhin ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht. Hilfen für junge Volljährige werden in Hilden im Rahmen eines Fachteams mit Leitung und Wirtschaftlicher Jugendhilfe fachlich beraten und beschlossen. Noch nicht absehbar ist, ob das Landesjugendamt die Kostenübernahme in Einzelfällen ablehnen wird. Gegebenenfalls wird es zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Landesjugendamt kommen müssen.

 

UmA-Fachstelle

Die fachliche Kompetenz der Fachstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Sozialen Diensten hat einen erheblichen Anteil an der effektiven Betreuungsleistung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Hierfür stehen zurzeit 1,5 Vollzeitäquivalente befristet bis zum 31.05.2019 zur Verfügung. Eine Verlängerung der Stellen ist zur Gewährleistung der Betreuung der unbegleiteten jungen Flüchtlinge erforderlich. Der notwendige Stellenumfang wird ermittelt. Eine entsprechende Sitzungsvorlage soll in den kommenden JHA eingebracht werden. 

 

gez.

Birgit Alkenings