Erläuterungen zum
Antrag:
E-Fahrzeuge tragen dazu bei, Lärmbelästigung und Luftverschmutzung in den Städten nachhaltig zu reduzieren. Dafür muss eine entsprechende Ladeinfrastruktur ausgebaut werden. Besonders effizient ist dabei die Schaffung wohnungsnaher „Betankungsmöglichkeiten“. Dies kann am einfachsten durch die Installation von Stromanschlüssen in Tiefgaragen sichergestellt werden. Städtebauliche Verträge sollten dafür den rechtlichen Rahmen bieten.
Antragstext:
Die Verwaltung stellt im Rahmen städtebaulicher Verträge sicher, dass beim Bau von Tiefga-ragen Stromanschlüsse für Elektrofahrzeuge geschaffen werden.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Die Fraktion Bündnis 90/Grüne im Rat der
Stadt Hilden beantragt, die Verwaltung solle im Rahmen städtebaulicher Verträge
sicherstellen, dass beim Bau von Tiefgaragen Stromanschlüsse für
Elektrofahrzeuge geschaffen werden.
Dieses Anliegen stößt auf formale und
inhaltliche Hindernisse.
Zu den formalen Hindernissen:
Das Baugesetzbuch eröffnet mit seinem § 11
„Städtebaulicher Vertrag“ die Möglichkeit, Vereinbarungen zum Thema Klimaschutz
zu treffen (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 u. 5 BauGB). Dabei geht es explizit um die
Nutzung erneuerbarer Energien, den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung und um die
Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden.
Voraussetzung für den Abschluss eines
städtebaulichen Vertrages ist zunächst eine städtebauliche Grundkomponente,
d.h. der Vertrag muss sich auf Regelungen des Städtebaurechts beziehen (s.o.).
Ein städtebaulicher Vertrag dient zudem oft
als Ergänzung zu Bebauungsplänen. Im Baugesetzbuch fehlt es allerdings an
konkreten Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan für Aspekte der
Elektromobilität.
In § 9 Abs. 1 BauGB ist abschließend
aufgeführt, welche Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen bestehen.
Elektromobilität (oder hier: Ladesäulen) gehört nicht dazu. Lediglich indirekt
über die Ausweisung „Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung (§ 9 Abs. 1 Nr.
11 BauGB) lassen sich möglicherweise Belange der Elektromobilität
berücksichtigen.
(Private) Tiefgaragen lassen sich jedoch
nicht als (öffentliche) „Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung“ im
Bebauungsplan ausweisen. Also fehlt hier eine Festsetzungsmöglichkeit.
Denn der Bau von Ladestationen für Elektro-Kfz in privaten Tiefgaragen ist kein
städtebaulicher Aspekt, es bestehen keine städtebaulichen Auswirkungen, die
geregelt werden müssten.
Zwar können städtebauliche Vereinbarungen mit
privatrechtlichen Regelungen verbunden werden. Allerdings unterliegen Kommunen
dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und der Grundrechtsbindung der Verwaltung.
Eine Kommune darf also ihre Macht, die ihr in Form der Planungshoheit verliehen
ist, nicht missbrauchen.
D.h., besteht keine Notwendigkeit für den
Abschluss eines städtebaulichen Vertrages zur Umsetzung eines städtebaulichen
Projektes, kann die Stadt einen solchen Vertrag auch nicht von einem Dritten
fordern.
Darüber hinaus wurde bei einer Dienstbesprechung
der Unteren Bauaufsichtsbehörden im Ministerium für Bauen, Wohnen,
Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen am 03.03.2017 das
Thema von Ladestationen in Garagen angesprochen. So enthält auch die neue
Sonderbauverordnung keine Aussagen bezüglich Ladestationen für E-Autos oder
Fahrräder. Diese sind demnach nicht verboten, werden aber auch nicht gefordert.
Jedoch wurde auf der Dienstbesprechung angekündigt, dass eine genaue Regelung
dazu Ende 2017 kommen wird. Diese liegt noch nicht vor.
Dies bedeutet, dass nach derzeitigem Recht
Stromanschlüsse in Tiefgaragen für Elektrofahrzeuge genehmigt werden, wenn
beantragt. Sie können aber seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde auf keiner
Gesetzesgrundlage gefordert werden, wie z.B. Behindertenstellplätze.
Weiterhin sind auch inhaltliche
Hindernisse zu beachten:
- Ladesäulen für
Elektro-Fahrzeuge sind immer noch nicht standardisiert und zudem teuer in
der Montage. Je mehr Ladesäulen in einer Tiefgarage vorgesehen sind, desto
notwendiger wird eine Anpassung der Leitungsinfrastruktur (des
Stromnetzes).
- Ladesäulen in
privaten Tiefgaragen sind naturgemäß zugangsbeschränkt. Gleichzeitig ist
nicht absehbar, ob eine Ladesäule überhaupt genutzt wird (im Haus ist kein
Halter eines Elektro-Kfz) oder ob eine Ladesäule gar nicht ausreicht (im
Haus sind mehr Elektro-Kfz-Halter als Ladesäulen).
- Die Einrichtung von
Ladesäulen in privaten Tiefgaragen ist kostspielig. Gerade in Eigentümergemeinschaften
muss zudem die Einrichtung einer Ladesäule als bauliche Veränderung oder
Modernisierung durch die Eigentümerversammlung genehmigt werden, dies gilt
auch für die Kostenaufteilung. Aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen
wird eine Umsetzung massiv behindert.
- Derzeit kann nicht
geregelt werden, wie der Strom, mit dem Elektro-Kfz an Ladesäulen
„betankt“ werden, erzeugt wurde. Ob also „erneuerbare Energien“ genutzt
werden, ist völlig offen und liegt ganz im Ermessen der Anbieter. Hierin
liegt nicht nur ein schwerwiegender Nachteil bei der Gesamt-Öko-Bilanz von
Elektro-Kfz, sondern auch ein Widerspruch zu der Ermächtigungsgrundlage in
§ 11 BauGB zum städtebaulichen Vertrag.
Aus den vorgenannten Gründen bestehen für die
Verwaltung aktuell keine rechtlichen Möglichkeiten, beim Bau von Tiefgaragen
Stromanschlüsse für Elektrofahrzeuge zu fordern. Die Verwaltung empfiehlt
daher, den Antrag abzulehnen.
gez.
Birgit Alkenings