Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Elektrotankstellen in Tiefgaragen
Vorlage
WP 14-20 SV 60/043
Aktenzeichen
IV/60.1-bei
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

E-Fahrzeuge tragen dazu bei, Lärmbelästigung und Luftverschmutzung in den Städten nachhaltig zu reduzieren. Dafür muss eine entsprechende Ladeinfrastruktur ausgebaut werden. Besonders effizient ist dabei die Schaffung wohnungsnaher „Betankungsmöglichkeiten“. Dies kann am einfachsten durch die Installation von Stromanschlüssen in Tiefgaragen sichergestellt werden. Städtebauliche Verträge sollten dafür den rechtlichen Rahmen bieten.


Antragstext:

 

Die Verwaltung stellt im Rahmen städtebaulicher Verträge sicher, dass beim Bau von Tiefga-ragen Stromanschlüsse für Elektrofahrzeuge geschaffen werden.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Fraktion Bündnis 90/Grüne im Rat der Stadt Hilden beantragt, die Verwaltung solle im Rahmen städtebaulicher Verträge sicherstellen, dass beim Bau von Tiefgaragen Stromanschlüsse für Elektrofahrzeuge geschaffen werden.

 

Dieses Anliegen stößt auf formale und inhaltliche Hindernisse.

 

Zu den formalen Hindernissen:

 

Das Baugesetzbuch eröffnet mit seinem § 11 „Städtebaulicher Vertrag“ die Möglichkeit, Vereinbarungen zum Thema Klimaschutz zu treffen (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 u. 5 BauGB). Dabei geht es explizit um die Nutzung erneuerbarer Energien, den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung und um die Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden.

 

Voraussetzung für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages ist zunächst eine städtebauliche Grundkomponente, d.h. der Vertrag muss sich auf Regelungen des Städtebaurechts beziehen (s.o.).

 

Ein städtebaulicher Vertrag dient zudem oft als Ergänzung zu Bebauungsplänen. Im Baugesetzbuch fehlt es allerdings an konkreten Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan für Aspekte der Elektromobilität.

 

In § 9 Abs. 1 BauGB ist abschließend aufgeführt, welche Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen bestehen. Elektromobilität (oder hier: Ladesäulen) gehört nicht dazu. Lediglich indirekt über die Ausweisung „Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) lassen sich möglicherweise Belange der Elektromobilität berücksichtigen.

 

(Private) Tiefgaragen lassen sich jedoch nicht als (öffentliche) „Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung“ im Bebauungsplan ausweisen. Also fehlt hier eine Festsetzungsmöglichkeit. Denn der Bau von Ladestationen für Elektro-Kfz in privaten Tiefgaragen ist kein städtebaulicher Aspekt, es bestehen keine städtebaulichen Auswirkungen, die geregelt werden müssten.

 

Zwar können städtebauliche Vereinbarungen mit privatrechtlichen Regelungen verbunden werden. Allerdings unterliegen Kommunen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und der Grundrechtsbindung der Verwaltung. Eine Kommune darf also ihre Macht, die ihr in Form der Planungshoheit verliehen ist, nicht missbrauchen.

 

D.h., besteht keine Notwendigkeit für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages zur Umsetzung eines städtebaulichen Projektes, kann die Stadt einen solchen Vertrag auch nicht von einem Dritten fordern.

 

Darüber hinaus wurde bei einer Dienstbesprechung der Unteren Bauaufsichtsbehörden im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen am 03.03.2017 das Thema von Ladestationen in Garagen angesprochen. So enthält auch die neue Sonderbauverordnung keine Aussagen bezüglich Ladestationen für E-Autos oder Fahrräder. Diese sind demnach nicht verboten, werden aber auch nicht gefordert. Jedoch wurde auf der Dienstbesprechung angekündigt, dass eine genaue Regelung dazu Ende 2017 kommen wird. Diese liegt noch nicht vor.

 

Dies bedeutet, dass nach derzeitigem Recht Stromanschlüsse in Tiefgaragen für Elektrofahrzeuge genehmigt werden, wenn beantragt. Sie können aber seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde auf keiner Gesetzesgrundlage gefordert werden, wie z.B. Behindertenstellplätze.

 

 

Weiterhin sind auch inhaltliche Hindernisse zu beachten:

 

  • Ladesäulen für Elektro-Fahrzeuge sind immer noch nicht standardisiert und zudem teuer in der Montage. Je mehr Ladesäulen in einer Tiefgarage vorgesehen sind, desto notwendiger wird eine Anpassung der Leitungsinfrastruktur (des Stromnetzes).
  • Ladesäulen in privaten Tiefgaragen sind naturgemäß zugangsbeschränkt. Gleichzeitig ist nicht absehbar, ob eine Ladesäule überhaupt genutzt wird (im Haus ist kein Halter eines Elektro-Kfz) oder ob eine Ladesäule gar nicht ausreicht (im Haus sind mehr Elektro-Kfz-Halter als Ladesäulen).
  • Die Einrichtung von Ladesäulen in privaten Tiefgaragen ist kostspielig. Gerade in Eigentümergemeinschaften muss zudem die Einrichtung einer Ladesäule als bauliche Veränderung oder Modernisierung durch die Eigentümerversammlung genehmigt werden, dies gilt auch für die Kostenaufteilung. Aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen wird eine Umsetzung massiv behindert.
  • Derzeit kann nicht geregelt werden, wie der Strom, mit dem Elektro-Kfz an Ladesäulen „betankt“ werden, erzeugt wurde. Ob also „erneuerbare Energien“ genutzt werden, ist völlig offen und liegt ganz im Ermessen der Anbieter. Hierin liegt nicht nur ein schwerwiegender Nachteil bei der Gesamt-Öko-Bilanz von Elektro-Kfz, sondern auch ein Widerspruch zu der Ermächtigungsgrundlage in § 11 BauGB zum städtebaulichen Vertrag.

 

 

Aus den vorgenannten Gründen bestehen für die Verwaltung aktuell keine rechtlichen Möglichkeiten, beim Bau von Tiefgaragen Stromanschlüsse für Elektrofahrzeuge zu fordern. Die Verwaltung empfiehlt daher, den Antrag abzulehnen.

 

 

gez.

Birgit Alkenings