Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht zum Ausbau der Zusammenarbeit
der Psychologischen Beratungsstelle mit den Familienzentren zur Kenntnis.
Erläuterungen und Begründungen:
Ende 2010 gab es
erstmals durch das Land NRW eine zweckgebundene Zusatzförderung für
Familienberatungsstellen für die Kooperation mit Familienzentren. Durch diese
zusätzlichen Landesmittel in Kombination mit Eigenleistung war es schrittweise möglich,
das Engagement der Psychologischen Beratungsstelle in Familienzentren und
Kindertagesstätten in Hilden und in Haan bis auf 14,5 Wochenstunden zu erhöhen. Dieses Engagement dient zwei Zielen. Zum Einen
sollten Familien mit Beratungsbedarf noch besser erreicht werden, zum Anderen
sollte die Verankerung der Psychologischen Beratungsstelle bei den jeweiligen
Kooperationspartnern verbessert werden. Um die bereitgestellten Mittel
nachhaltig zu verwenden, wurden mit insgesamt zehn Einrichtungen in Hilden und
in Haan bedarfsorientierte Angebote mit erhöhter personeller Präsenz vor Ort
entwickelt.
Es wurden für die
jeweiligen Einrichtungen passgenaue Kooperationsweisen aufgebaut, wodurch
teilweise kontinuierliche, teilweise zeitlich abgeschlossene, (potentiell)
wiederkehrende Maßnahmen entstanden. Das Spektrum der Projektarbeit erstreckt
sich von Fortbildungen für Erzieherinnen und Teamentwicklung, über
Fallsupervision oder Einzelberatungen der pädagogischen Fachkräfte in Form von
anonymen Fallbesprechungen, bis hin zu individueller Beratung von Eltern vor
Ort. Begleitend wurde eine Fragebogenevaluation durchgeführt, die positive Effekte
bei den unterstützten Erziehern und Erzieherinnen und für die Vermittlung von
Familien zur Beratungsstelle nachweisen konnte.
Als zentrale
Effekte der eingeschlagenen Projektarbeit kristallisierte sich neben der
Stärkung des eigenen pädagogischen Selbstverständnisses der Erziehungskräfte
für ihre jeweilige Zusammenarbeit gerade auch mit den Eltern der von ihnen
betreuten Kinder heraus, dass insgesamt ein lebendigeres verändertes
Verständnis für die Kinder und Eltern entwickelt werden konnte, das es den Fachkräften
ermöglichte, leichter Zugang zu den Familien zu finden, bzw. die passenden
Interventionen zu gestalten oder passende Hilfen zu installieren. Aufgrund der
häufigeren direkten Zusammenarbeit vor Ort wuchsen durch das Projekt auch
Transparenz und Wertschätzung zwischen Erziehern und Erzieherinnen einerseits
und Beratern und Beraterinnen der Beratungsstelle andererseits.
Für die Zukunft
kann gesagt werden, dass gelungene Kooperation mit Familienzentren und Kindertagesstätten
und das frühe Erreichen von Familien lebendige Prozesse sind, die ständige
Pflege und Adaption an sich verändernde Rahmenbedingungen benötigen. Dies ist
nur zu erreichen, wenn die Psychologische Beratungsstelle weiterhin in engem
Kontakt und direktem Vor-Ort-Dialog mit den Familienzentren und
Kindertagesstätten stehen kann. Den dadurch entstehenden zeitintensiven
Anforderungen im Alltagsgeschäft einer Beratungsstelle nachzukommen, stellt
eine kontinuierliche Herausforderung dar, der die Psychologische
Beratungsstelle nur mit gesicherten, zusätzlichen Personalressourcen gerecht
werden kann. Im Rahmen des Projektes war dies durch befristet zur Verfügung
stehende personelle Ressourcen möglich.
Projektbericht
1.1
Zur Ausgangslage
Im September 2010 konnten die schon länger
bestehenden Bestrebungen, existierende Kooperationen zwischen der
Psychologischen Beratungsstelle und Familienzentren zu intensivieren, und
Kindertagestätten auf dem Weg zum Familienzentrum zu begleiten, durch die
Ausschüttung von zusätzlichen zweckgebundenen Landesmitteln für die Kooperation
mit Familienzentren konkretisiert werden. Zum damaligen Zeitpunkt gab es
Kooperationsvereinbarungen mit sechs Familienzentren und fallweise
Zusammenarbeit mit mehreren Kindertagesstätten. Im Rahmen der bestehenden
Kooperationen wurden in den Familienzentren offene Sprechstunden, Elternabende
und Informationsveranstaltungen angeboten. Die in der Regel monatlich
stattfindenden offenen Sprechstunden wurden
äußerst unterschiedlich stark nachgefragt, teilweise fielen sie Mangels
Nachfrage auch aus. Die jährlich, bzw. halbjährlich, stattfindenden
Eltern- und Informationsveranstaltungen waren üblicherweise gut besucht. Die
Arbeit der pädagogischen Fachkräfte wurde in zwei Familienzentren turnusmäßig
durch Fallsupervision unterstützt.
Durch Verbindung der zusätzlichen
Landesmittel mit einer gezielten Umwidmung
eines begrenzten Stundenkontingents aus dem bestehenden Personalschlüssel
der Beratungsstelle wurde es nun erstmals
möglich, das Engagement der Psychologischen Beratungsstelle speziell in
und für Familienzentren und Kindertagesstätten weiterzuentwickeln.
1.2
Zielsetzung
In der Reflexion der
bisherigen Erfahrungen mit unterschiedlichen Angeboten in FamilienÂzentren wurden die folgenden Ziele für das Projekt
herausgearbeitet. An erster Stelle steht die bessere Erreichbarkeit von
Familien, das heißt idealerweise ein Kennlern-Kontakt zwischen der Psychologischen
Beratungsstelle und den Eltern schon vor dem Auftreten etwaiger Problemlagen, zumindest
jedoch vor einer Verfestigung derartiger Probleme. Eltern soll der Zugang zu
Beratung erleichtert werden indem die Psychologische Beratungsstelle dorthin
geht, wo sie sich vertraut fühlen. Zudem soll Beratung „entmystifiziert“
werden, indem sie als ein freies und offenes Angebot rund um Familie und
Erziehung positioniert wird. Nicht Probleme sollen die „Eintrittskarte“ sein,
sondern ein allgemeines Interesse an der Entwicklung von Kindern und dem
Wohlergehen von Familie.
Ein weiteres wichtiges
Ziel ist die verbesserte Etablierung der Psychologischen Beratungsstelle bei den Kooperationspartnern. Eine erhöhte
Präsenz vor Ort und eine erhöhte Transparenz der Psychologischen
Beratungsstelle sollen die pädagogischen Fachkräfte als wesentliche Multiplikatoren
verstärkt einbinden. Dazu gehört auch, dass Teams und Leitungen Rat und Hilfe
im Umgang mit problematischen Fällen durch die Psychologische Beratungsstelle
erfahren, und vom Erfahrungsschatz der Erziehungsberaterinnen profitieren
können.
Für beide Ziele gilt, dass die
Psychologische Beratungsstelle mit einer erhöhten Präsenz in den Einrichtungen
nicht nur weiter einem zeitgemäßen Verständnis von Beratungsarbeit (vgl. Abschnitt
1.3) folgt, sondern auch bisher weniger erreichten Zielgruppen den Zugang zu
sozialräumlich orientierten, aufsuchenden Angeboten leichter machen will. Unter
Berücksichtigung eines zielgerichteten Verwendens kommunaler Mittel werden
dabei Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf verstärkt in den Blick
genommen. Mit dem Projekt verfolgt die Psychologische Beratungsstelle des
Weiteren das Ziel, im Zuge des Auftrages der Kommune Haan, Haaner Familien den
Zugang zu den Angeboten der Psychologischen Beratungsstelle noch weiter zu
vereinfachen.
1.3
Grundlegende konzeptionelle Ãœberlegungen
Das Selbstverständnis von Erziehungsberatung
ist in den letzten Jahren geformt durch eine intensive Debatte um deren
inhaltliche Gestaltung. Dazu gehören die Forderung nach einer Öffnung, ein Verstärken der zugehenden Arbeit, und der
Einsatz von Methoden, die im Sinne eines lebensweltorientierten Ansatzes
das soziale Umfeld der Ratsuchenden vermehrt berücksichtigen und mit
einbeziehen. (vgl. dazu Schilling/Stöbe-Blossey 2008: Familienzentren NRW: Die
Perspektive der Erziehungsberatungsstellen. Arbeitsbericht 5 der wissenschaftlichen
Begleitung.) Der Stellenwert eines präventiven Arbeitens und eines frühzeitigen
Zugangs zu Familien, bevor sich Probleme verfestigen, ist deutlich gestiegen und wird politisch
eingefordert. Diese Entwicklung stellt für Erziehungsberatungsstellen
eine Herausforderung dar, auf die angemessen reagiert werden muss, sofern es
nicht schon geschehen oder vorweg genommen wurde.
Diese Entwicklung schlägt sich auch im
Leitbild des Amtes für Jugend, Schule und Sport der Stadt Hilden nieder – „Kein
Kind, kein Jugendlicher, keine Familie darf verloren gehen“. Dort wird der
Anspruch formuliert, dass den unterschiedlichen Lebenslagen und -formen und den
zielgruppenspezifischen Bedürfnissen der Bürger angemessen Rechnung getragen
wird. Das bedeutet lebensweltorientierte und niederschwellige Angebote und
Zugänge zu Angeboten für Familien.
Der Zugang über die
Kindertageseinrichtung spielt dabei eine wesentliche Rolle: „Gefordert ist die präventiv ausgerichtete und
sozialräumlich orientierte Kooperation erzieherischer Hilfen, um Kind und
Eltern so früh wie möglich zu erreichen. Dabei sollte es nicht primär um die
Schaffung neuer Institutionen und Hilfeformen gehen, sondern die vorhandenen
Dienste sollten intensiv vernetzt werden, um innerhalb der bestehenden
Infrastruktur Synergieeffekte zu erzielen.“ (Pellander/Glatthaar-Eickens/Wolkahof
2004: ERIK. Erziehungshilfe, Rat und Information im Kindergarten. In:
Hundsalz/Menne (Hrsg.), Jahrbuch für Erziehungsberatung Band 5, S. 64)
Beratung als ein
Angebot mit niederschwelligem Zugang über Familienzentren und Kindertageseinrichtungen zugänglich zu machen, fordert von der
Psychologische Beratungsstelle auch das Engagement in Kindertageseinrichtungen,
die ein Entwicklungspotential zum FZ in sich tragen.
„Viele Beratungsstellen arbeiten mit
weiteren Kindertageseinrichtungen eng zusammen, die demnächst zum
Familienzentrum ausgebaut werden sollen. Sie verweisen jedoch darauf, dass
nicht nur Familienzentren auf ihre Leistungen zurückgreifen können sollten,
sondern auch die sonstigen Kindertageseinrichtungen.“ (Schilling/Stöbe-Blossey
2008: Familienzentren NRW: Die Perspektive der Erziehungsberatungsstellen.
Arbeitsbericht 5 der wissenschaftlichen Begleitung, S. 22)Â
2
Rahmen des Gesamtprojektes in Hilden und
Haan
2.1
Konkretisierung des Projektkonzepts
Im Rahmen der ersten Projektphase wurde eine
Konzeption zur Bedarfsermittlung in den Familienzentren entwickelt. Dabei ging
es darum, die o.g. vorab definierten Ziele mit dem jeweiligen Bedarf der
einzelnen Familienzentren zu verknüpfen. Die Intensivierung der Kooperationen
sollte auf diesem Weg gerade nicht zu einer höheren Arbeitsbelastung der
einzelnen Kita-Teams führen. Stattdessen sollte über die weitere Unterstützung
für die Familien hinaus auch eine Stärkung und Entlastung der Fachkräfte in den
Kitas in ihrer eigenen Arbeit mit den Familien erreicht werden.
Diese Konzeption folgt dem Grundgedanken,
bedarfs- und prozessorientierte Angebote für die einzelnen Familienzentren zu
entwickeln, die das jeweilige Profil der Einrichtung berücksichtigen. Von
ebenso großer Bedeutung für einen größtmöglichen Ertrag aus den Angeboten wurde
ein Aufgreifen und Anknüpfen an geschehene oder anstehende Veränderungen in den
einzelnen Einrichtungen angesehen. Alle Angebote, die in der zweiten Phase für
die Einrichtungen entwickelt wurden, orientieren sich an den weiter oben
formulierten Zielen. Der Nutzen für die Familien in Hilden und Haan stellt die
Variable dar, auf deren Grundlage entschieden wurde, ob ein Angebot zustande
kam und wie es konkret ausgeformt wurde.
Um die definierten
Ziele zu erreichen, wurden eine erhöhte Präsenz der Psychologischen Beratungsstelle in den Einrichtungen, ein
Schulterschluss der Fachkräfte von Beratungsstelle und Familienzentrum bzw.
Kindertageseinrichtung, und ein niederschwelliger Zugang zu Beratung und Hilfen
als die drei tragenden Säulen festgelegt. In diesem Sinne wurden sowohl weitere
Möglichkeiten zur Beratung von Familien vor Ort, als auch unterstützende
Angebote für die Fachteams entwickelt. Im Weiteren werden die Angebote
detaillierter dargestellt.
2.2
Finanzielle/Personelle Rahmenbedingungen
Die Ende Oktober 2010 erstmals als einmalige
Förderung ausgeschütteten Landesmittel mit Zweckbindung an die Kooperation der
Beratungsstelle mit den Familienzentren zweckgebundenen Landesmittel in Höhe
von 9560 EUR sollten zunächst entsprechend der Zweckbindung in ein nach den
beschriebenen Konzeptlinien entworfenes zeitlich eng begrenztes Projekt mit
Laufzeit von Ende Oktober 2010 bis Ende 2010 einfließen. Wegen der enormen
Kurzfristigkeit konnten viele der interessierten Familienzentren und Kitas das
Angebot nicht bis Ende 2010 nutzen, was zur Ãœbertragung der Restgelder und
Fortsetzung des Projekts bis Ende Mai 2011 führte.
Aufgrund der positiven Resonanzen auf die
dann erfolgten Maßnahmen in den Einrichtungen wurde eine Fortschreibung und
Ausweitung des Projekts mit Laufzeit bis mindestens Ende 2011 entwickelt.
Zusammen mit aus dem allgemeinen Personalschlüssel der Beratungsstelle in den
Projektschwerpunkt umgewidmeten neun, aktuell drei Wochenstunden konnte aus den
Restfördergeldern schließlich noch für die zweite Jahreshälfte 2011 ein
Gesamtkontingent von 14,5 Wochenstunden dem Projekt zugeordnet werden.
Für November 2011 ist inzwischen wieder eine
einmalige Sonderförderung des Landes für die Kooperationen in Aussicht
gestellt, die nach dem im bisherigen Projekt beschriebenen Prozedere eine
Fortschreibung des Projekts auch noch bis 2012 möglich machen könnten.
2.3
Qualitätssicherung durch Evaluation bei den
Kooperationspartnern
Qualitätssicherung und die Überprüfbarkeit
von der Akzeptanz und Wirksamkeit von Angeboten wurde in der Projektarbeit für
ebenso wichtig gehalten wie das Aufspüren einer Nachhaltigkeit der entwickelten
Angebote. Daher wurde ein Fragebogen mit 70 Fragen entwickelt, der ausgewählten
Einrichtungen zuging und vier Felder untersucht:
–
Erfahrungen
und Zufriedenheit mit der bisherigen Kooperation;
–
Die
Erreichbarkeit von Familien, die Unterstützungsbedarf signalisieren,
in der täglichen pädagogischen Arbeit;
–
Umgang
mit Arbeitsbelastungen;
–
Feedback
zu den Angeboten der Psychologischen Beratungsstelle im Rahmen des Projektes.
Die wesentlichen
Ergebnisse dieser Evaluation werden in Abschnitt 4 dargestellt.
3
Verlauf des Gesamtprojektes
Im Rahmen des Projektes wurden insgesamt
fünf Familienzentren und fünf Kindertagesstätten mit einem
Entwicklungspotential zum Familienzentrum intensiv begleitet. Für die Kommune
Hilden sind es die Familienzentren „Kunterbunt/Traumquelle“, „St. Konrad“ und
„Zur Verlach“, sowie die Kindertagesstätten „Rappelkiste“ und „St.
Christophorus“. Für die Kommune Haan sind es das Familienzentrum „Alleezwerge“
und das Familienzentrum „Haus für Familien“, sowie die Kindertagesstätten
„Private Kindergruppe Haan Guttentag-Loben-Straße“, „Private Kindergruppe Haan
Bachstraße“, und die „Evangelische KiTa Gruiten“. Das Spektrum der
Projektarbeit erstreckt sich von Fortbildungen für Erzieherinnen und
Teamentwicklung, über Fallsupervision oder Einzelberatungen der pädagogischen
Fachkräfte in Form von anonymen Fallbesprechungen, bis hin zu individueller
Beratung von Eltern vor Ort. Individuelle Beratung wird vor allem von Eltern
mit Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten genutzt. Dies ist auch der Hauptgrund
für Anfragen aus Teams nach Fallbesprechungen.
3.1
Kommune Hilden
Als zu Beginn des Projektes die
Möglichkeiten von Unterstützung in den Teams vorgestellt wurden, fragten zwei
Familienzentren in Hilden vorrangig Begleitung bei Teamentwicklungsprozessen
an. Entsprechende Prozesse konnten zufriedenstellend beendet werden. Dabei
zeigte sich, dass die Teams durch die Impulse der Arbeit sehr gut in der Lage
waren, autonome Lösungen zu entwickeln und angestoßene Prozesse alleine
fortzuführen. In Abgrenzung von allgemeinen Teamsupervisionsleistungen, die den
Rahmen der geförderten Kooperationen überschreiten würden, dienten alle diese
Teamentwicklungsprozesse spezifisch auch der Stärkung der Kompetenzen der erzieherischen
Fachkräfte für die Arbeit mit den Familien im Vor- und Umfeld einer möglichen
Beratung durch die Beratungsstelle.
Bei der Arbeit mit dem Familienzentrum
„Kunterbunt/Traumquelle“ zeigte sich, dass die besondere Betreuungsintensität
eines Teils der dort angebundenen Familien zu einer steigenden Nachfrage nach
kooperativen Fallbesprechungen vor Ort führte, was dann im Rahmen des Projektes
gut und ausreichend erfüllt werden konnte. Aus dieser Arbeit entwickelten sich
wie zu erwarten einige längere Einzelberatungsprozesse, die dann auch in den
noch geschützteren Rahmen der Psychologischen Beratungsstelle verlagert werden
konnten.
In zwei Einrichtungen gab es eine größere
Zahl besonders belasteter Familien, welche durch Beratungsgespräche vor Ort
niederschwellig erreicht werden konnten, einige befinden sich weiter in derzeit
noch nicht abgeschlossenen Beratungsprozessen in der Beratungsstelle. Für das erfolgreiche
Erreichen von Familien war dabei außerordentlich wichtig, dass sich die
Mitarbeiterin der Psychologischen Beratungsstelle nicht nur in den jeweiligen
Teams vorgestellt hat, sondern sich auch viel Zeit genommen hat, in den
einzelnen Gruppen zu sein und sich dadurch als Gesprächspartnerin in einem „inoffiziellen“
Rahmen anzubieten. Auf der Basis einer jetzt vier- bis sechswöchig eingerichteten
Präsenz der Mitarbeiterin kann mit weiterer Zunahme an Neufällen der
beschriebenen Qualität gerechnet werden.
Neben dieser neuen Vermittlungsarbeit für
die Familien suchten die Hildener Kindertagesstätten ebenfalls Unterstützung in
der eigenen Arbeit mit schwierigen Fällen, dabei handelte es sich in der Regel
um verhaltensauffällige Kinder. Einige stellten eine starke Belastungsprobe für
die jeweiligen Gruppen dar. Es zeichnet die professionelle Haltung der
Fachkräfte aus, sich in solchen Fällen kompetente Unterstützung zu holen.
3.2
Kommune Haan
Eine Einrichtung in Haan ging einen anderen
Weg beim Umgang mit schwierigen Kindern, und fragte einen Fortbildungstag zu
diesem Thema an. Dieser wurde von dem Projektmitarbeiter derart konzipiert,
dass neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen die Arbeit an konkreten Fällen
im Vordergrund stand. Dieses Vorgehen war für das Team außerordentlich
ertragreich. Deutlich wurde jedoch auch, dass im Einzugsgebiet des
Familienzentrums viele belastete Familien leben.
Die anderen beiden Kindertagesstätten, mit denen
im Rahmen des Projektes derzeit noch intensiver gearbeitet wird, zeigen beide
ein hohes Entwicklungspotential zu Familienzentren. Von einer Einrichtung
wurden ausschließlich Fallbesprechungen angefragt, während in der anderen
Einrichtung das zweigleisige Modell der Unterstützung der Fachkräfte durch
Fallbesprechungen und die individuelle Beratung von Eltern vor Ort zum Tragen
kommt. Auch in Gruiten ist das Klientel der Eltern heterogen, wie anderorts
sind es belastete oder auch arme Familien, die Beratung vor Ort anfragen.
Nach den Sommerferien 2011 konnte
schließlich auch noch ein zusätzliches Angebot für Haan-Ost vereinbart werden.
Das Familienzentrum „Haus für Familien“ Am Bandenfeld wird durch
Fall-Supervision in der Arbeit mit Kindern und Familien durch die
Psychologische Beratungsstelle unterstützt.
Die Arbeit der Psychologischen
Beratungsstelle in Haan macht noch einmal deutlich, dass es wirksame
Ansprechpartnerinnen vor Ort braucht, damit Familien erfolgreich erreicht
werden können. Für einige Familien stellt der Weg nach Hilden eine große Hürde
dar, anderen bietet er die gesuchte Anonymität. Für die Präsenz der
Psychologischen Beratungsstelle in der Kommune Haan bedeutet dies, dass der
enge Schulterschluss mit den Leiterinnen der jeweiligen Einrichtungen sorgfältig
gepflegt wird.
4
Auswertung der Evaluation
Wie oben unter Abschnitt 2.3 beschrieben,
wurden die Fachkräfte in den bis zum Frühjahr 2011 im Rahmen des Projekts
unterstützten Einrichtungen mit Hilfe eines Fragebogens nach ihren Erfahrungen
mit der Kooperation, nach der Erreichbarkeit der Familien, nach ihrem Ungang
mit ihren Arbeitsbelastungen und nach Feedback zu den projektbezogenen
Angeboten der Psychologischen Beratungsstelle befragt.
Von den 28 ausgegebenen Fragebögen kamen 19 fristgerecht
und ausgefüllt zurück in die Psychologische Beratungsstelle. Die Rücklaufquote
betrug somit knapp 70%, und zeigt, dass die Befragung von den Fachkräften sehr
ernst genommen wurde.
Zur Zufriedenheit mit der bisherigen
Kooperation zeichnet sich ein insgesamt sehr positives Bild. Alle Befragten
geben an, die Möglichkeiten, die sich für ihre Arbeit aus der Kooperation mit
der Psychologische Beratungsstelle ergeben, gut zu kennen. 79% nutzen diese
Möglichkeiten in ihrer täglichen Arbeit. Allerdings zeigt sich, dass knapp 53%
noch nie Familien in die Psychologische Beratungsstelle „überwiesen“ haben.
Auch wenn die Untersuchung nicht abbildet, ob dies an evtl. nicht bestehendem
Bedarf liegt, wurde das Ergebnis als Anregung aufgenommen, Teams noch einmal
deutlich dazu zu ermutigen.
Auch die Antworten zu der Erreichbarkeit von
Familien, die Unterstützungsbedarf signalisieren, fallen durchweg positiv aus.
58% geben an, auch indirekte Äußerungen nach Unterstützungsbedarf zu erkennen
und aufzugreifen, 90% der Fachkräfte haben eine klare Orientierung, wann sie
sich Unterstützung durch die Psychologische Beratungsstelle holen können. Für
74% ist es ganz selbstverständlich, bei Bedarf Eltern zu einem Besuch in der
Psychologischen Beratungsstelle zu raten. Hilden und Haan verfügen somit über
ein Netz sehr kompetenter Erzieherinnen, die einen frühen Zugang zu Familien ermöglichen.
90% der Befragten haben die Angebote, die
die Psychologische Beratungsstelle im Rahmen des Projektes in den Einrichtungen
durchgeführt hat, als hilfreich für ihre Arbeit erlebt. Rund 58% fühlten sich
noch zwei Wochen später gestärkt, für ebenfalls rund 58% waren die initiierten
Veränderungen noch zum Zeitpunkt der Befragung sicht- oder spürbar. Für knapp
32% hat sich durch die Angebote die Haltung gegenüber Eltern positiv verändern
können. 100% wünschen sich weitere, vergleichbare Angebote. Diese Ergebnisse
zeigen zum einen, dass die Angebote passgenau für die einzelnen Teams
entwickelt wurden, zum anderen, dass die anspruchsvolle Arbeit der Fachkräfte
in Familienzentren und Kindertageseinrichtungen durch flankierende fachliche
Begleitung gestützt und genährt werden kann.
5
Ausblick und Empfehlung
Das angestrebte Ziel, Eltern durch die
Präsenz der Psychologischen Beratungsstelle in Familienzentren und
Kindertagesstätten einen niederschwelligen Zugang zu Beratungsleistungen zu ermöglichen,
ließ sich in allen Fällen einlösen. Dadurch und durch die verbesserte
Einbindung der pädagogischen Fachkräfte als Ansprechpartnerinnen und
Multiplikatorinnen für die Angebote der Psychologischen Beratungsstelle, ist
die Erreichbarkeit von Familien noch einmal gesteigert worden. Es sind vor
allem Eltern in schwierigen sozialen Situationen, die sich Beratung im Familienzentrum
oder der Kindertageseinrichtung wünschen.
Die gut verdienenden und sozial gut
situierten Eltern fragen eher Bildungsangebote für ihre Kinder nach. Im Sinne
des Leitbildes des Amtes für Jugend, Schule und Sport der Stadt Hilden muss
somit eine intensive Arbeit in den Familienzentren und Kindertagesstätten weiter
möglich gemacht werden.
Die Erfahrungen, die wir im Laufe des Projektes sammeln konnten, machen deutlich, dass jede Einrichtung und auch jede Kommune passende Lösungen braucht. Vor diesem Hintergrund muss auch die immer noch äußert unterschiedliche Akzeptanz einer offenen Sprechstunde in den verschiedenen Familienzentren gesehen werden. Hier wirken mannigfaltige Faktoren zusammen, die von der Art der „Einladung“, über das diesbezügliche Engagement der Fachkräfte, bis hin zu möglicherweise ganz banalen Einflussfaktoren wie der jeweiligen Witterung am Sprechstundentag oder der aktuellen persönlichen Befindlichkeit der betroffenen Eltern reicht. Der Sinn und Nutzen einer offenen Sprechstunde muss für jede Einrichtung einzeln geprüft und beantwortet werden.
Dass eine unterschiedliche Akzeptanz von offenen Sprechstunden eine Normalität in der Kooperation zwischen Beratungsstellen und Familienzentren darstellt, zeigt auch die pädQuis Untersuchung: „Die stärkere Präsenz der Beratungsstellen bzw. ihrer Ansprechpartner/innen in den Familienzentren ist mit teilweise hohem Arbeitsaufwand für die Beratungseinrichtungen verbunden. Ob sich der Aufwand aus Sicht der Beratungsstellen lohnt, ist ihren Angaben zufolge ambivalent zu beantworten. Zwar sind zwei Drittel der Erziehungsberatungsstellen mit der Inanspruchnahme der Sprechstunden in den Familienzentren zufrieden (66,4%), ein Zehntel machte hierzu keine Angaben. Diejenigen, die nicht zufrieden sind (24,2%), nannten hierfür hauptsächlich die folgenden Gründe: Mitunter sei die Anonymität der Eltern nicht ausreichend gewahrt, die Sprechstunde sollte prinzipiell ohne eine Einbeziehung der Erzieher/innen erfolgen. Die Hemmschwelle sei daher recht hoch. Von Eltern würde es immer noch „als Makel erlebt, Beratung in Anspruch zu nehmen“. Das Angebot werde sehr unterschiedlich nachgefragt, es müsse erst noch bekannter werden und sich etablieren. Auch sei es besser, bedarfsbezogene Termine zu verabreden, wenn keine starke regelmäßige Nutzung erkennbar ist oder sich die Eltern erst an den niederschwelligen Zugang gewöhnen müssten. Kritisiert wird in solchen Fällen das Verhältnis von Aufwand und Ertrag: Die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen in den Familienzentren stehe nicht im Verhältnis zum Verlust an Beratungszeit in der Beratungsstelle, und das Interesse der Eltern ist im Verhältnis zu den vorgehaltenen Zeiten und Bemühungen, ihnen das Angebot nahe zu bringen, eher verhalten.“ (Schilling/Stöbe-Blossey 2008: Familienzentren NRW: Die Perspektive der Erziehungsberatungsstellen. Arbeitsbericht 5 der wissenschaftlichen Begleitung, S. 28)
Durch die Projektarbeit entstand außerdem
eine verstärkte Entlastung der pädagogischen Fachkräfte im Umgang mit
Problemfällen, was unmittelbar den betroffenen Familien zu Gute kommt. Im Zuge
der Entlastung entstand jedes Mal ein verändertes Verständnis für die Kinder
und Eltern, das es den Fachkräften ermöglichte, leichter Zugang zu ihnen zu
finden, bzw. die passenden Interventionen zu gestalten oder passende Hilfen zu
installieren. Positiv betonen möchten wir die im Laufe des Projektes noch
stärker gewordene wechselseitige Wertschätzung der Arbeit von Erzieherinnen
einerseits und Erziehungsberaterinnen andererseits.
Gelungene Kooperation mit Familienzentren
und Kindertagesstätten und Wege zum schnellen Erreichen von Familien
anzubieten, sind lebendige Prozesse, die ständige Pflege und Adaption an sich
verändernde Rahmenbedingungen benötigen. Dies ist nur zu erreichen, wenn die Psychologische
Beratungsstelle weiterhin in engem Kontakt und lebendigem Dialog mit den Familienzentren
und Kindertagesstätten steht. Dieser zeitintensiven Anforderung im Alltagsgeschäft
einer Beratungsstelle nachzukommen, stellt eine große Herausforderung dar.
Hinzu kommt, dass mit weiter erleichtertem und schnellerem Zugang zu
Erziehungsberatung durch die Arbeit in den Familienzentren auch die Nachfrage
nach Beratung steigt. Im Rahmen des beschriebenen Projekts konnten dafür
begrenzt und befristet personelle Ressourcen erweitert werden, mittelfristig
wird es hier aber auch um eine Verstetigung des Personalschlüssels gehen, will
man die Entstehung von weiter reichenden Beratungsengpässen verhindern.
Horst Thiele
Finanzielle Auswirkungen Â
Nein
Personelle Auswirkungen
Nein