Betreff
Projekt Passgenaue erzieherische Hilfen
Vorlage
WP 09-14 SV 51/132
Aktenzeichen
III/51
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Abschlussbericht des Institutes e/l/s zum Projekt Passgenaue erzieherische Hilfen im Bereich der Sozialen Dienste zur Kenntnis.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, nach Vorliegen der Ergebnisse der externen Organisationsuntersuchung durch BSL, die Einführung der Instrumente zu prüfen und ein Umsetzungskonzept zu entwickeln.

 


Erläuterungen und Begründungen:

Am 19.11.2009 wurden vom Jugendhilfeausschuss, auf der Grundlage der Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 51/012, Qualitätsstandards für Kernprozesse der Sozialen Dienste beschlossen. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, das Konzept der Passgenauen erzieherischen Hilfen modellhaft zu erproben. Das Ergebnis sollte im Nachgang dem Jugendhilfeausschuss dargestellt werden.

 

Vier Instrumente zur Optimierung der Steuerung im Bereich der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe wurden in 2010 im Rahmen des Projektes Passgenaue erzieherische Hilfen erprobt:

 

  1. Vertiefte Anamnese: Zentrales Element des „Darmstädter Modells“ ist die Erhöhung der Kontaktintensität und die konsequente Ausrichtung auf die gemeinsame Entwicklung von Lösungsansätzen. Hierzu wurde der derzeitige Standard von mindestens drei Kontakten mit der Familie im Vorfeld einer Entscheidungsfindung auf 6  - 10 Kontakte angehoben.
  2. Fragebogen Sozialpädagogische Diagnostik: Einsatz des vom Landesjugendamt Bayern entwickelten und wissenschaftlich evaluierten Sozialpädagogischen Diagnosebogens, zur Erhöhung der Passgenauigkeit der Hilfen.   
  3. Vorgezogene Hilfeplanfortschreibung zu Beginn einer Hilfe: Um bei laufenden Hilfen zur Erziehung frühzeitig Hilfeprozesse nachsteuern zu können, wurde das erste Hilfeplangespräch bereits ach spätestens 3 Monaten und nicht wie bisher nach 6 Monaten das zweite HPG terminiert.
  4. Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung: Zur Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII wurde der Einsatz eines standardisierten Verfahrens des Institutes für Sozialpädagogische Forschung in Mainz e.V. erprobt werden. In diesen Verfahren wird die Teilhabebeeinträchtigung in allen relevanten sozialen Kontexten (Familie, Freunde, Schule, Arbeit etc.) und in der Alltagsbewältigung systematisch erhoben.

 

Mit der Evaluation des Projektes wurde das Institut e/l/s beauftragt. Zur systematischen Auswertung der Praxiserfahrungen wurden die Familien, die Jugendhilfeträger und die ASD-Fachkräfte aufgefordert, standardisierte Fragebögen auszufüllen. Die Auswertungsergebnisse wurden unter Moderation des Institutes e/l/s mit den Jugendhilfeträgern und den ASD-Fachkräften in getrennten Arbeitsgruppen diskutiert und bewertet.  Der Abschlussbericht des Institutes e/l/s liegt inzwischen vor.

 

Eine Unterrichtung des Jugendhilfeausschusses in 2010 war nicht zu realisieren, da die notwendigen Fallzahlen für die einzelnen Instrumente nur schwer zu erreichen waren und in einigen Bereichen (Sozialpädagogische Diagnostik und Teilhabeprüfung) trotz verlängerter Projektzeit nicht erreicht werden konnten. Drei Gründen sind hierfür maßgeblich:

1. Die verdichtete Arbeitssituation im ASD lässt nur wenig Spielraum für den Einsatz neuer, zeitintensiver Instrumente,

2. originäre Kinderschutzfälle eigenen sich nur in Ausnahmefällen für den Einsatz der Instrumente, da hier sehr schnell und z.T. auch gegen den Willen der Sorgeberechtigten gehandelt werden muss und 3. der Fallverlauf ist nie hundertprozentig vorherzusagen, so mussten immer wieder Fälle aus dem Projekt zurückgezogen werden, da sich die Situation inzwischen grundsätzlich verändert hatte (z.B. Rücknahme des Antrages, vorherige Krisenintervention im Rahmen der Inobhutnahme, kurzfristige Einsetzung einer Hilfe wegen zugespitzter Krise).

 

Der Abschlussbericht des Institutes e/l/s weist aus, dass prinzipiell alle Instrumente geeignet sind, die Steuerung zu optimieren.

 

In Bezug auf den Diagnostikbogen und die Teilhabeprüfung reichen die Fallzahlen nicht aus, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Die Rückmeldungen bezogen auf die erweiterte Anamnese und die vorgezogene Zielüberprüfung sind dagegen eindeutig positiv. Bemerkenswert ist hierbei, dass alle Prozessbeteiligten (Familie, Allgemeiner Sozialdienst, Jugendhilfeträger) den Einsatz dieser Instrumente als hilfreich für die zielgerichtete Gestaltung des Hilfeprozesses ansehen.

 

Der im Rahmen der Befragung ermittelte zeitlicher Mehraufwand beträgt für die erweiterte Anamnese ca. 7 Stunden und für die vorgezogene Hilfeplanfortschreibung ca. 3 Stunden pro Fall. Diese Werte stellen die reine Fallzeit, ohne Wege- und Rüstzeiten dar.

 

Eine Implementierung der Instrumente im Rahmen der bestehenden Personalressourcen ist nicht möglich. Die Arbeit im Allgemeinen Sozialdienst unterliegt einer Arbeitsverdichtung alleine im Bereich der Fallbearbeitung von Hilfen zur Erziehung von 43% gegenüber 2004. Hinzukommen neue Aufgaben wie die Überprüfung der nicht wahrgenommen Vorsorgeuntersuchungen und stark erweiterter Qualitätsstandards.

 

Nach dem vorliegenden Abschlussbericht stellen die Instrumente, in unterschiedlicher Gewichtung und auf der Basis des Rechtsanspruches auf Hilfe zur Erziehung, erfolgversprechende Ansätze zur weiteren Qualifizierung der Entscheidungs- und Steuerungsprozesse dar.

 

Es wird vorgeschlagen zunächst die Ergebnisse der externen Organisationsuntersuchung durch BSL abzuwarten, bevor Umsetzungsüberlegungen weiter verfolgt werden.

 

Grundsätzlich erscheint es im Sinne der Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Hilfen sinnvoll und zielführend, den Bereich der Steuerung durch die erprobten Instrumente sukzessive weiter zu qualifizieren.

 

 

 

 

Horst Thiele

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen  

Nein


Personelle Auswirkungen

Nein