Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Abschlussbericht des Institutes e/l/s
zum Projekt Passgenaue erzieherische Hilfen im Bereich der Sozialen Dienste zur
Kenntnis.
Die Verwaltung wird beauftragt, nach Vorliegen der Ergebnisse der
externen Organisationsuntersuchung durch BSL, die Einführung der Instrumente zu
prüfen und ein Umsetzungskonzept zu entwickeln.
Erläuterungen und Begründungen:
Am 19.11.2009 wurden vom Jugendhilfeausschuss, auf der Grundlage der
Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 51/012, Qualitätsstandards für Kernprozesse der Sozialen
Dienste beschlossen. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, das Konzept
der Passgenauen erzieherischen Hilfen modellhaft zu erproben. Das Ergebnis
sollte im Nachgang dem Jugendhilfeausschuss dargestellt werden.
Vier Instrumente zur Optimierung der Steuerung im Bereich der Hilfen zur
Erziehung und der Eingliederungshilfe wurden in 2010 im Rahmen des Projektes
Passgenaue erzieherische Hilfen erprobt:
- Vertiefte Anamnese: Zentrales
Element des „Darmstädter Modells“ ist die Erhöhung der Kontaktintensität
und die konsequente Ausrichtung auf die gemeinsame Entwicklung von Lösungsansätzen.
Hierzu wurde der derzeitige Standard von mindestens drei Kontakten mit der
Familie im Vorfeld einer Entscheidungsfindung auf 6Â - 10 Kontakte angehoben.
- Fragebogen Sozialpädagogische
Diagnostik: Einsatz des vom Landesjugendamt Bayern entwickelten und
wissenschaftlich evaluierten Sozialpädagogischen Diagnosebogens, zur Erhöhung
der Passgenauigkeit der Hilfen. Â Â
- Vorgezogene Hilfeplanfortschreibung zu
Beginn einer Hilfe: Um bei laufenden Hilfen zur Erziehung
frühzeitig Hilfeprozesse nachsteuern zu können, wurde das erste Hilfeplangespräch
bereits ach spätestens 3 Monaten und nicht wie bisher nach 6 Monaten das
zweite HPG terminiert.
- Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung: Zur Prüfung
der Teilhabebeeinträchtigung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a
SGB VIII wurde der Einsatz eines standardisierten Verfahrens des Institutes
für Sozialpädagogische Forschung in Mainz e.V. erprobt werden. In diesen
Verfahren wird die Teilhabebeeinträchtigung in allen relevanten sozialen
Kontexten (Familie, Freunde, Schule, Arbeit etc.) und in der
Alltagsbewältigung systematisch erhoben.
Mit der Evaluation
des Projektes wurde das Institut e/l/s beauftragt. Zur systematischen Auswertung
der Praxiserfahrungen wurden die Familien, die Jugendhilfeträger und die
ASD-Fachkräfte aufgefordert, standardisierte Fragebögen auszufüllen. Die
Auswertungsergebnisse wurden unter Moderation des Institutes e/l/s mit den
Jugendhilfeträgern und den ASD-Fachkräften in getrennten Arbeitsgruppen
diskutiert und bewertet. Der
Abschlussbericht des Institutes e/l/s liegt inzwischen vor.
Eine Unterrichtung
des Jugendhilfeausschusses in 2010 war nicht zu realisieren, da die notwendigen
Fallzahlen für die einzelnen Instrumente nur schwer zu erreichen waren und in
einigen Bereichen (Sozialpädagogische Diagnostik und Teilhabeprüfung) trotz
verlängerter Projektzeit nicht erreicht werden konnten. Drei Gründen sind
hierfür maßgeblich:
1. Die verdichtete
Arbeitssituation im ASD lässt nur wenig Spielraum für den Einsatz neuer, zeitintensiver
Instrumente,
2. originäre
Kinderschutzfälle eigenen sich nur in Ausnahmefällen für den Einsatz der
Instrumente, da hier sehr schnell und z.T. auch gegen den Willen der
Sorgeberechtigten gehandelt werden muss und 3. der Fallverlauf ist nie
hundertprozentig vorherzusagen, so mussten immer wieder Fälle aus dem Projekt
zurückgezogen werden, da sich die Situation inzwischen grundsätzlich verändert
hatte (z.B. Rücknahme des Antrages, vorherige Krisenintervention im Rahmen der
Inobhutnahme, kurzfristige Einsetzung einer Hilfe wegen zugespitzter Krise).
Der
Abschlussbericht des Institutes e/l/s weist aus, dass prinzipiell alle
Instrumente geeignet sind, die Steuerung zu optimieren.
In Bezug auf den
Diagnostikbogen und die Teilhabeprüfung reichen die Fallzahlen nicht aus, um
verlässliche Aussagen treffen zu können. Die Rückmeldungen bezogen auf die
erweiterte Anamnese und die vorgezogene Zielüberprüfung sind dagegen eindeutig
positiv. Bemerkenswert ist hierbei, dass alle Prozessbeteiligten (Familie,
Allgemeiner Sozialdienst, Jugendhilfeträger) den Einsatz dieser Instrumente als
hilfreich für die zielgerichtete Gestaltung des Hilfeprozesses ansehen.
Der im Rahmen der
Befragung ermittelte zeitlicher Mehraufwand beträgt für die erweiterte Anamnese
ca. 7 Stunden und für die vorgezogene Hilfeplanfortschreibung ca. 3 Stunden pro
Fall. Diese Werte stellen die reine Fallzeit, ohne Wege- und Rüstzeiten dar.
Eine
Implementierung der Instrumente im Rahmen der bestehenden Personalressourcen
ist nicht möglich. Die Arbeit im Allgemeinen Sozialdienst unterliegt einer
Arbeitsverdichtung alleine im Bereich der Fallbearbeitung von Hilfen zur
Erziehung von 43% gegenüber 2004. Hinzukommen neue Aufgaben wie die Überprüfung
der nicht wahrgenommen Vorsorgeuntersuchungen und stark erweiterter
Qualitätsstandards.
Nach dem
vorliegenden Abschlussbericht stellen die Instrumente, in unterschiedlicher
Gewichtung und auf der Basis des Rechtsanspruches auf Hilfe zur Erziehung,
erfolgversprechende Ansätze zur weiteren Qualifizierung der Entscheidungs- und
Steuerungsprozesse dar.
Es wird
vorgeschlagen zunächst die Ergebnisse der externen Organisationsuntersuchung
durch BSL abzuwarten, bevor Umsetzungsüberlegungen weiter verfolgt werden.
Grundsätzlich
erscheint es im Sinne der Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Hilfen
sinnvoll und zielführend, den Bereich der Steuerung durch die erprobten
Instrumente sukzessive weiter zu qualifizieren.
Horst Thiele
Finanzielle Auswirkungen Â
Nein
Personelle Auswirkungen
Nein