Betreff
Investitionen in Betreuung, Bildung und Erziehung
Vorlage
WP 04-09 SV 51/081
Aktenzeichen
III/51.1-Schg
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Der Jugendhilfeausschuss und der Ausschuss für Schule, Sport und Soziales nehmen den vorliegenden Bericht über die Investitionen in Betreuung, Bildung und Erziehung zustimmend zur Kenntnis.“

 


Erläuterungen und Begründungen:

Vor dem Hintergrund des demographischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels und der Ergebnisse der international vergleichenden Pisa-Studie findet gegenwärtig auf allen politischen Ebenen und in der breiten Öffentlichkeit eine intensive Diskussion über die Qualität des Schul- und Bildungswesens sowie über notwendige Konsequenzen statt. In diesem Zusammenhang werden auch die Stärkung der Erziehungsverantwortung der Eltern und das notwendige wechselseitige Zusammenwirken zwischen Eltern und Erziehungs- und Bildungsinstitutionen angemahnt. Gleichzeitig werden unter familienpolitischen Aspekten die Möglichkeiten diskutiert, die Rahmenbedingungen für eine quantitative Ausweitung des Kinderbetreuungsangebots und eine inhaltliche Verbesserung der Erziehungs-, Bildungs- und Bereuungsleistungen institutionalisierter Kinderbetreuung nachhaltig umzugestalten.

Im Zusammenhang mit dieser Diskussion sind Stellenwert und Ausbaustand ganztägiger Erziehung, Bildung und Betreuung in den Mittelpunkt gerückt. Dabei geht es insbesondere um folgende Bereiche:

 

  • Bedarfsgerechte Sicherung und Verbesserung von Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Alter unter drei Jahren außerhalb der eigenen Familie,
  • Verbesserte Versorgung mit Ganztagesplätzen für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt bzw. bedarfsgerechter Erhalt der vorhandenen Plätze neben der Vollversorgung mit Regelplätzen in Kindertageseinrichtungen,
  • Erfüllung des Bildungsauftrages und Qualifizierung des Personals,
  • Neugestaltung des Übergangs vom Kindergarten zur Schule,
  • Ausbau von Ganztagsangeboten für Kinder im Schulalter,
  • Integration sportlicher, kultureller, musischer und sozialer Angebote in das Bildungsangebot der Schule und der Kindertagesstätten.

 

Die Zukunft fordert umfassende Maßnahmen und Reformen zur Steigerung der Qualität des Bildungswesens sowie zur Sicherstellung von Chancengleichheit in der Bildung. In den vergangenen Jahren waren in Hilden alle Vorschläge und Maßnahmen darauf ausgerichtet, nicht nur eine zeitgemäße Infrastruktur im Bereich von Betreuung, Bildung und Erziehung zu schaffen, sondern auch die Chancen im Rahmen der Konkurrenzfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten für den Standort Hilden zu nutzen, in dem man sich aktiv und initiativ an der Gestaltung und Umsetzung von Reformmaßnahmen beteiligt hat.

Die Verlässlichkeit von Betreuung, Bildung und Erziehung sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Familie, Beruf und Kinder sind neben der Weiterentwicklung der Qualität des gesamten Bildungswesens einschließlich des vorschulischen Bereichs ein gesamtgesellschaftliches Ziel.

 

Während infolge des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz im Bereich der drei- bis sechsjährigen Kinder eine nahezu flächendeckende Versorgung bei der Bereitstellung von Betreuungsplätzen erreicht war, bestanden bis Ende 2004 erhebliche Defizite insbesondere bei den unter Dreijährigen und zum Teil auch bei Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter.

Die Erwerbstätigenquote von Müttern ist deutlich höher als das vorhandene Betreuungsangebot für unter Dreijährige und für Schulkinder. Dies machte ein Handeln in der Frage der Ganztagsbetreuung insgesamt und einen Ausbau an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren und im schulischen Bereich erforderlich. Zur finanziellen Förderung des Auf- und Ausbaus von Ganztagsschulen hat die Bundesregierung das Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" aufgelegt. Bleibt zu hoffen, dass insbesondere zur Verbesserung der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ebenfalls eine finanzielle Unterstützung durch Bund und Land beschlossen wird.

Gleichwohl haben Eltern für die Erziehung und sichere Betreuung ihrer Kinder die vorrangige Verantwortung tragen. Um Müttern und Vätern eine angemessene Teilhabe am Erwerbs- und Familienleben zu ermöglichen, wird ein Ausbau der Ganztagsbetreuung seit einiger Zeit verstärkt gefordert.

 

 

1.         Betreuung, Bildung und Erziehung für Kinder von 4 Monaten bis 14 Jahren

Das breite Spektrum der vorhandenen Betreuungsangebote ist geprägt von unterschiedlichen Trägern und Organisationsformen. Die Angebote werden in der Regel differenziert nach dem Lebensalter der Kinder, nach der Art der Betreuung (Personal, Zeitumfang, Gruppengröße) und nach speziellen inhaltlichen Zielsetzungen und konzeptionellen Ansätzen.

Folgende Einrichtungen gibt es vor allem für die Kinder bis zum sechsten Lebensjahr:

·         Tagespflegestellen

·         Betreuungsnester

·         Kleine altersgemischte Gruppen

·         Kindergartengruppen (geteilte Öffnungszeit)

·         Kindertagesstättengruppen (Betreuung über Mittag)

Die Betreuung im Grundschulalter für die sechs- bis zehnjährigen Kinder erfolgt künftig vor allem durch:

·         Verlässliche Grundschule

·         Offene Ganztagsgrundschule

·         Ganztag in Hauptschulen und Förderschulen

·         Dreizehn Plus für die Sekundarstufe I

Betrieblich geförderte Initiativen gibt es in Hilden bislang nur in Form des in Zusammenarbeit mit der Firma Qiagen entwickelten Betreuungsnest. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Betreuungsform unter Beachtung der gesellschaftspolitischen und wirtschaftspolitischen Bedeutung zunehmen wird.

Darüber hinaus sind die kommerziellen Angebote der Kinderbetreuung aufzuführen. Dazu zählen nicht nur die Angebote von z.B. Kaufhäusern, Restaurants für ihre Kundinnen und Kunden bzw. von Hotels im Rahmen eines Urlaubsaufenthalts. Zunehmend gibt es private Anbieter, die Hilfen bei der Vermittlung anbieten bzw. Kinderbetreuungspakete für jede Nachfrage bereithalten. Dass sich dieser Markt verstärkt entwickelt, ist u.a. auf veränderte Arbeitszeitanforderungen zurück zu führen. Auf diese Weise werden (noch) bestehende Unzulänglichkeiten und Defizite des vorhandenen Angebots kompensiert. Zielperspektive der Verwaltung ist die Weiterentwicklung der Zentralen Anlaufstelle für Kinderbetreuung (ZAK) zu einem Kinderinformationssystem, um einige Leistungen der privatwirtschaftlich orientierten Anbietern der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

 

1.1       Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern unter drei Jahren

Festzustellen ist, dass der bestehende Bedarf an Erziehungs- und Betreuungsmöglichkeiten in Kindertageseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren bis 2004 bei weitem nicht abgedeckt war. Im vergangenen Jahr hat sich die Stadt Hilden das Ziel gesetzt, die Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren weiter zu entwickeln und umfangreich auszubauen. Bislang gab es in Hilden – ähnlich wie im gesamten Land Nordrhein-Westfalen – für ca. 2,7 % aller Kinder unter drei Jahren nur ein geringes entsprechendes Angebot. Die Weiterentwicklung der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsangebote erforderte zunächst eine genaue Bedarfsanalyse. Mit Hilfe der Gesellschaft zur Beratung sozialer Innovation und Informationstechnologie (GEBIT) aus Münster wurden die Eltern aller Kinder unter drei Jahren in der Stadt Hilden nach dem Bedarf der Betreuung gefragt. Dabei zeigte sich eine enorm große Nachfrage und eine sehr hohe Erwartungshaltung aller Erziehungsberechtigten. Von der Verwaltung wurde daraufhin in enger Abstimmung mit dem Landschaftsverband Rheinland und den einzelnen Trägern ein Konzept erarbeitet, mit dem schon in diesem Jahr fast 100 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in Hilden geschaffen werden. Die Versorgungsquote erhöht sich damit auf fast 8%. Möglich wurde dies durch einen „Mix“ von klassischen Betreuungsformen und neuen innovativen Projekten. So werden zusätzliche altersgemischte Gruppen eingerichtet und die Anzahl der Tagespflegeplätze vergrößert. Freiwerdende Kindergartenplätze werden entsprechend genutzt.

 

Neu dagegen ist die in Hilden gemeinsam mit dem Landschaftsverband entwickelte und bislang noch nicht praktizierte Betreuungsform „Betreuungsnest in einer Kindertageseinrichtung“. Bei dieser Betreuungsform handelt es sich um eine nach § 45 KJHG erlaubnispflichtige Einrichtung, die leider im GTK NRW noch nicht vorgesehen ist und damit auch nicht unter die Betriebskostenförderung fällt. Das in Hilden konzipierte „Betreuungsnest“ basiert auf dem vom damaligen Ministerium für Schule, Jugend und Kinder angekündigten Sonderprogramm für zweijährige Kinder, das ab dem Kindergartenjahr 2006/2007 umgesetzt werden sollte. Die Stadt Hilden hat für das „Betreuungsnest“ folgende Standards definiert:

 

-                     Das Betreuungsnest wird einer Kindertageseinrichtung angegliedert und untersteht der Leiterin der Kindertageseinrichtung.

 

-                     Das Betreuungsnest wird in die Konzeption der Einrichtung eingebunden.

-                     Der Träger beschäftigt als Betreuungsperson eine ausgebildete Erzieherin, Ausfallzeiten werden über die Kindertageseinrichtung abgedeckt.

-                     Der Kindertageseinrichtung steht ein separater Betreuungsraum für das Betreuungsnest zur Verfügung.

 

-                     Der Betreuungsrahmen umfasst mindestens sieben Stunden pro Tag, mindestens 35 Wochenstunden.

 

-                     Es werden sechs Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren betreut; wenn die Kinder drei Jahre alt werden, wechseln sie in die Kindergartengruppe.

 

Die Stadt Hilden finanziert die Einrichtung von fünf Betreuungsnestern zum 01.09.2005 ohne Landesmittel. Neben den Personalkosten sind es Sachkosten und ein einmaliger Einrichtungszuschuss, insgesamt ca. 43.000,-- € pro Gruppe. Als ein ganz besonderes Modell ist die Einrichtung eines Betreuungsnestes in der Firma Qiagen in Hilden zu sehen, die sich an den Personalkosten beteiligt und die die Betreuungsräume in ihrer Firma bereitstellt und entsprechend hergerichtet hat. Die Kosten für die Unterhaltung der Betreuungsräume werden ebenfalls von dem Unternehmen finanziert. Träger dieses Betreuungsnestes ist die Sozialpädagogische Einrichtung Mühle e.V.. Weiterhin eröffneten zum 01.09.2005 folgende Kindertageseinrichtungen ebenfalls ein Betreuungsnest

 

·         Städt. Kindertageseinrichtung Kunterbunt, Lortzingstraße

·         Städt. Kindertageseinrichtung Rappelkiste, Augustastraße

·         Kindertageseinrichtung der SPE-Mühle

·         Ev. Kindertageseinrichtung Sonnenschein, Kalstert

 

Damit ist auch für den Bereich der Betreuungsangebote für Kinder zwischen 2 und 3 Jahren sowohl die in Hilden praktizierte Trägervielfalt gewährleistet als auch eine wohnortnahe Versorgung sichergestellt.

 

Der Betreuungsbedarf für Kinder unter 3 Jahren muss nicht ausschließlich über Kindertageseinrichtungen abgedeckt werden, wenngleich sich die überwiegende Mehrheit der Eltern sich einen Platz in einer Kindertageseinrichtung für ihre Kleinkinder wünschen. Die Tagespflege ist als ergänzendes Angebot zu fördern und zu qualifizieren. Im zweiten Halbjahr 2005 wurden sechs zusätzliche Tagespflegestellen  eingerichtet und Qualifizierungsmaßnahmen gefördert. Damit hat sich die Zahl der Tagespflegestellen von ehemals 19 auf 25 Plätze erhöht.

 

Wenngleich in Nordrhein-Westfalen nach wie vor eine Kontingentierung für die Umwandlung von Kindergartengruppen besteht, waren die Anträge auf Umwandlung von Kindergartengruppen in Kleine Altersgemischte Gruppen erfolgreich: Der Landschaftsverband Rheinland hat zugestimmt, dass in der Kindertageseinrichtung der AWO Kolpingstraße und der Ev. Kindertageseinrichtung Die Arche, Schulstraße, zum 01.09.2005 jeweils eine Kindergartengruppe in eine Kleine altersgemischte Gruppe umgewandelt wird.  Die Kleine altersgemischte Gruppe bietet 15 Plätze für Kinder im Alter von 4 Monaten bis zum Beginn der Schulpflicht.

Das aus verschiedenen Bausteinen bestehende Betreuungskonzept für Kinder unter 3 Jahren wird noch ergänzt durch die Umwandlung einer Hortgruppe in eine Kleine altersgemischte Gruppe (Kinder ab 4 Monate bis 6 Jahre) bei der Kindertageseinrichtung der  Sozialpädagogischen Einrichtung Mühle e.V..

 

Im Kindergartenjahr 2005 / 2006 verfügt die Stadt Hilden somit über insgesamt 4 Kleine altersgemischte Gruppen, in denen Kinder zwischen 4 Monaten und 6 Jahren gemeinsam betreut werden.

 

 

1.2       Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten

- Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren in Kindertageseinrichtungen -

Nachdem der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für dreijährige Kinder bis zum Schuleintritt Ende der 90ziger Jahre realisiert war, zielten die Überlegungen auf einen Ausbau der Möglichkeiten zur ganztägigen Erziehung, Bildung und Betreuung. Den Bedürfnissen aufgrund der personellen, materiellen und sozialen Umwelt der Kinder tragen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung und in den Tageseinrichtungen Rechnung durch vielfältige Angebote und Maßnahmen. Ziel des Lernprozesses ist die Aneignung von Basiswissen und –fähigkeiten im musischen, naturwissenschaftlichen, sprachlichen und motorischen Bereich sowie die Vermittlung sozialer Verhaltensweisen. Dieser Zielsetzung wird durch Projekte, die allen Kindertageseinrichtungen als Multiplikator angeboten werden, Rechnung getragen, so z.B. durch Lott Jonn, Gesunde Ernährung, Sprachförderung. Der steigende Anteil der Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund verdeutlicht auch die zunehmende Bedeutung der sprachlichen Förderung. In Hilden werden daher die Sprachfördermaßnahmen kontinuierlich dem wachsenden Bedarf angepasst und auch die Eltern der Kinder in die Sprachförderung einbezogen.

 

Die Zahl der Kindergartenplätze für die Gruppe der 3 bis 6jährigen korrespondierte in den vergangenen Jahren immer mit der Nachfragequote. Nachdem Mitte der 90ziger Jahre das Betreuungsangebot für diese Altersgruppe stark ausgebaut werden musste, war 1998 / 1999 ein Nachfragerückgang in erheblichem Maße bei einzelnen Kindergartengruppen – 1-gruppige Einrichtungen bzw. Einrichtungen am Ortsrand - zu verzeichnen, sodass aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Förderung der Betriebskosten 3 Kindergartengruppen geschlossen werden mussten und Kindergartengruppen mit geteilter Öffnungszeit in Tagesstättengruppen (damit Abbau von 5 Plätzen je Gruppe) umgewandelt werden konnten. Durch eine Zunahme der Geburtenrate erhöhte sich die Nachfrage in den kommenden Jahren erneut, sodass Kindergartengruppen befristet einzurichten waren und dank der guten Zusammenarbeit mit den Freien Trägern und Leitungen von Kindertageseinrichtungen ca. 130 Betreuungsplätze durch Überbelegung bereitgestellt und damit der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz gewährleistet werden konnte. Seit nunmehr 2 Jahren können die Überbelegungsplätze kontinuierlich abgebaut werden und zum Ende des Kindergartenjahres 2004 / 2005 konnte die auf 3 Jahre befristet eingerichtete Kindergartengruppe in der Städt. Kindertageseinrichtung Mäusenest geschlossen werden. Die dadurch freigewordenen städtischen Mittel wurden zur Finanzierung von Betreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren eingesetzt (s. hierzu SV 51/04 - Gruppenumwandlungen in kleine altersgemischte Gruppe, Betreuungsnester, Tagespflege).

Gemäß Bevölkerungsprognose für die Stadt Hilden bis zum Jahre 2020 wird die Geburtenrate um annähernd 13 Prozent zurückgehen. Die Herausforderung für die kommenden Jahre wird sein, das Betreuungsangebot diesen veränderten Bedarf anzupassen. Die sinkende Geburtenrate läst einen kontinuierlichen schrittweise und einrichtungsverträglichen Abbau von Kindergartenplätzen in Form von Gruppenumwandlungen (Kindergartengruppen in kleine altersgemischte Gruppen) oder Gruppenabbau zu.

Festzustellen ist, dass der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz in Hilden erfüllt wird und dass sich die prognostizierte Entwicklung bei den Kindergartenbedarfszahlen bestätigt.

 

 

1.3       Ausbau von Ganztagsangeboten für Schulkindern im Alter von 6 - 14 Jahren

Die Stadt Hilden hat ein bedarfsorientiertes umfassendes Angebot für Schüler sowohl der Grundschule als auch der Sekundarstufe I eingerichtet, dass sowohl die Verlässliche Grundschule mit derzeit 360 Plätzen und die Offene Ganztagsgrundschule mit 325 Plätzen zzgl. geplanten 200 Plätzen für den Primarbereich als auch das Dreizehn Plus Programm für die Sekundarstufe I mit 80 Plätzen umfasst. Hinzu kommen aktuell 160 Hortplätze (ehem. 200) und 20 Plätze in großen altersgemischten Gruppen.

 

Offene Ganztagsgrundschule und Ganztag an Haupt- und Förderschulen

Der Ausbau schulischer Ganztagsangebote bietet die Möglichkeit zur Qualitätssteigerung durch erweiterte Bildungs- und Fördermöglichkeiten sowohl für benachteiligte und leistungsschwächere als auch für hochbegabte Schülerinnen und Schüler. Darüber hinaus kann die flächendeckende und in der Regel wohnungsnahe schulische Infrastruktur zur Verbesserung der Angebote unter familienpolitischen Gesichtspunkten genutzt werden. Leitbild der Schule ist ein pädagogisches Konzept, das von einem erweiterten, ganzheitlich ausgerichteten Bildungsbegriff ausgeht. Unterricht und Lernen, gezielte Fördermaßnahmen für Leistungsschwächere und Benachteiligte wie auch für Hochbegabte sowie vielfältige Angebote zum Beispiel in den Bereichen der künstlerisch-musischen Bildung oder des Sports werden im Rahmen der Ganztagsangebote sinnvoll kombiniert und gestaltet. Es geht hier also vor allem auch um neue Formen der Zusammenarbeit vor Ort: Träger sozialer, kultureller u.a. Einrichtungen sowie die Sportvereine sind gefordert, sich an der Ausgestaltung von Ganztagsschulen zu beteiligen.

Mit dem Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ des Bundes soll die Schaffung einer modernen Infrastruktur im Ganztagsschulbereich unterstützt und der Anstoß für ein bedarfsorientiertes Angebot gegeben werden.

 

Der Ausbau eines Systems ganztägiger Bildung und Betreuung im Schulbereich hat Auswirkungen auf die bestehenden Hortangebote. Ein Nebeneinander des derzeitigen Hortsystems neben einem voll ausgebauten Ganztagsschulsystem ist weder sinnvoll noch finanzierbar. Die Schülertreffs (Sit) wurden bereits zum Schuljahr 2004 / 2005 geschlossen, die Hortgruppen werden schrittweise abgebaut, sodass zum Schuljahr 2007 / 2008 nur noch 20 Hortplätze in großen altersgemischten Gruppen und Bildungs- und Betreuungsangebote in den Grundschulen angeboten werden (Verlässliche Grundschule und Offene Ganztagsgrundschule).

Im nächsten Schritt beabsichtigt die Landesregierung NRW die Einführung des Ganztags an Haupt- und Förderschulen mit Beginn des 2. Schulhalbjahres 2005 / 2006. Damit wird dann die bisherige Entwicklung, Bildungs- und Betreuungsangebote auf Schule zu konzentrieren, konsequent fortgesetzt.

 

Hinsichtlich der Ausgestaltung dieser schulischen Angebote bei gleichzeitigem Abbau der Hortgruppen wird auf die Sitzungsvorlagen Nr. 51/67 Offene Ganztagsgrundschule – Sachstandsbericht und Erweiterung des Angebotes – und Nr. 51/83 Ganztag an Hauptschulen verwiesen.

 

Betreuungsmaßnahme “Verlässliche Grundschule von 8 bis 13 Uhr“

Das Betreuungsangebot “Verlässliche Grundschule“ richtet sich an die Altersgruppe der 6 - 10-jährigen Grundschüler und gewährleistet eine verlässliche Betreuung an Unterrichtstagen bis ca. 13.00 Uhr. Dieses Betreuungsangebot basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Grundschule und dem Amt für Jugend, Schule und Sport.

Die Konzeption für die Betreuungsmaßnahmen im Bereich der verlässlichen Grundschule hat sich in den vergangenen Jahren gut bewährt. Nachdem schon frühzeitig ein flächendeckendes Angebot (mindestens eine Gruppe je Schule) von allen Grundschulen sichergestellt war, wurde das Angebot in den Folgejahren weiter ausgebaut (bis zu 560 Plätze in 28 Gruppen). Mit dem Ausbau der Offenen Ganztagsgrundschule ging die Nachfrage jedoch zurück, sodass derzeit noch 18 Gruppen bestehen, in denen ca. 360 Kinder betreut werden - dies entspricht ca. 18 % aller Grundschulkinder.

Der Landeszuschuss und die Elternbeiträge decken nahezu die Aufwendungen, sodass die finanzielle Belastung für diese Betreuungsform seitens der Stadt Hilden sehr gering ist (ca. 500 Euro je Gruppe / je Schuljahr).

 

Programm „Dreizehn Plus“ - Verlässliche Ganztagsangebote in der Sekundarstufe I –

Zum Schuljahr 2005/ 2006 bestehen 4 Gruppen mit 80 Plätzen im Rahmen des Dreizehn Plus Programms zur Verfügung, die durch Landesmittel, städtische Mittel und Elternbeiträge finanziert werden. Träger der Maßnahmen sind die Freizeitgemeinschaft Behinderte und Nichtbehinderte e.V., Kath. Kirchengemeinde St. Konrad und der Förderverein des Städt. Helmholtz-Gymnasiums. Der Finanzanteil der Stadt Hilden an dieser Betreuungsform beträgt ca. 20.000 je Gruppe.

 

 

 

2.         Finanzbedarf für Betreuung, Bildung und Erziehung

Familien und Kinder haben eine Schlüsselbedeutung für die Attraktivität eines Standortes. Junge Familien binden sich an Standorte, die nicht nur Ausbildungs- und Arbeitsplätze bieten, sondern auch familiengerechte Wohnverhältnisse und Lebensqualität aufweisen. Familienfreundliche Lebensbedingungen erhöhen deshalb die Attraktivität der Kommune für Familien und für ansiedlungswillige Betriebe. Ein Abwanderungstrend von Familien hätte Folgen für die Infrastruktur, für die wirtschaftliche Standortattraktivität und für die Leistungsfähigkeit des Haushalts der Kommune. Erforderlich ist deshalb eine familienverträgliche Ausrichtung, da die Kommunen untereinander im Wettbewerb stehen. Jede Kommune ist darauf angewiesen, dass Standortentscheidungen zu ihren Gunsten ausfallen:

·         Standortentscheidungen der Familien, die zuwandern, aber ebenso wegziehen können;

·         Standortentscheidungen von Unternehmen, bei denen auch die sog. "weichen Standortfaktoren" (zu denen auch die Lebensqualität für Familien zählt) eine wesentliche Rolle spielen.

Menschen treffen die Entscheidung, wo sie gerne leben, nicht nur individuell. Alle Menschen sind in soziale Netzwerke aus Familie, Freundschaften und Nachbarschaften eingebunden. Junge Eltern entscheiden sich gemeinsam für den Verbleib in der Gemeinde oder für den Wegzug. Neben dem Angebot an Erwerbsmöglichkeiten spielen dabei auch die Möglichkeiten einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung, die Wohnsituation, das kulturelle und soziale Angebot u.a.m. eine große Rolle.

Die Stadt Hilden hat erkannt, dass Familien einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Abwanderung belastet den Finanzhaushalt unmittelbar und in hohem Maße. Abwanderungstendenzen verschärfen letztlich die demografische Entwicklung. Umgekehrt kann die Entwicklung und Umsetzung von familienfreundlichen Maßnahmen dazu beitragen, die Kommune insbesondere für junge Familien zu einem attraktiven Ort mit einer hohen Lebensqualität zu machen.

 

Die Stadt Hilden hat sich dieser Herausforderung gestellt und die Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangeboten in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und den sich ändernden Bedarfen angepasst.

Die Ausgaben für Betreuung, Bildung und Erziehungen wurden bezogen auf die Jahre 1996 und 2005 bzw. 2007 ermittelt und der Anzahl der Plätze gegenübergestellt. Hierbei wurde von folgender durchschnittlicher Netto-Belastung je Platz seitens der Stadt Hilden ausgegangen:

 

 

 

 

Städt. Kostenanteil je Platz

 

1.                  Kinder von 4 Mon. Bis 3 Jahren

·         Betreuungsnester                                                     7.500 Euro

·         Kleine altersgemischte Gruppe                                            8.610 Euro

 

2.                  Kinder von 3 bis Jahren

·         Kindergartengruppe / Kindertagesstättengruppe                 1.910 Euro

 

3.                  Kinder von 6 bis 14 Jahren

·         Hortgruppe                                                                2.630 Euro

·         Schülertreff (Sit)                                                        1.375 Euro

·         Verlässliche Grundschule (8 bis 13.00 Uhr)                  25 Euro

·         Offene Ganztagsgrundschule                                              1.370 Euro

·         Dreizehn Plus Sekundarstufe                                              1.000 Euro

 

 

Anhand der nachfolgenden Gegenüberstellung des städtischen Finanzbedarfs in den Jahren 1996 und 2005 wird deutlich, dass es in den vergangenen Jahren gelungen ist, zahlreiche zusätzliche Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangebote mit einem hohen Qualitätsstandard zuschaffen bei einer verträglichen Steigerung des städtischen Zuschusses.

 

Im Vergleich der Jahre 1996 und 2005 wurden die Angebote von 2.190 Plätzen mit einem Netto-Finanzbedarf von 3.921.100 Euro auf 2.580 Plätze mit einem Netto-Finanzbedarf von 4.539.400 Euro gesteigert. Bezogen auf das Jahr 2007 ist aufgrund des weiteren Ausbaus der Offenen Ganztagsgrundschule bei gleichzeitiger geplanter Schließung von Hortgruppen und prognostizierter Schließung einer Kindergartengruppe von einem Betreuungsangebot von 2.595 Plätzen und einer Netto-Belastung der Stadt Hilden von 4.344.850 Euro auszugehen.

 

Die durchschnittlichen Kosten je Platz haben sich sogar von 1.790 Euro im Jahr 1996 auf 1.760 Euro im Jahr 2005 verringert und werden sich voraussichtlich im Jahr 2007 sogar auf 1.674 Euro verringern.

Der städtische Kostenanteil je Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsplatz ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 

3.         Fazit

Langfristiges Ziel ist der Ausbau eines bedarfsgerechten und qualitätsorientierten Gesamtsystems ganztägiger Angebote in Hilden, bestehend aus Ganztagsangeboten an Schulen sowie entsprechenden Angeboten der Jugendhilfe in Kindertageseinrichtungen. Dies erfordert ein vernetztes Arbeiten von Jugendhilfe und Schule sowie der musischen und kulturellen Bildung.

Dies stellt nicht nur angesichts der bestehenden Haushaltsprobleme von Bund und Land eine gewaltige Herausforderung dar, sondern ist nur durch ein Zusammenwirken aller Beteiligten mittelfristig zu realisieren.

 

Die Aufgabe der kommenden Jahre wird sein, die Betreuungsangebote an die sich wandelnden Bedürfnisse der Eltern und Kinder anzupassen. So steigt beispielsweise die Zahl der Kinder mit zusätzlichem Förderbedarf aufgrund von Verhaltens-, Kommunikations- und Sprachproblemen erheblich. Gleiches gilt für den Integrationsbedarf von Kindern ausländischer Herkunft oder von behinderten Kindern.

Die Strukturen und Rahmenbedingungen für Kinderbetreuung haben zum einen dazu beigetragen, dass für Erzieherinnen neue Arbeitsplätze entstanden. Zum anderen ermöglicht die verlässliche Ganztagsbetreuung Eltern einen sicheren Rahmen, um Pläne der beruflichen Weiterbildung oder die Aufnahme der Erwerbstätigkeit zu realisieren. Denn von Familienfreundlichkeit profitieren nicht nur die Familien selbst, sondern alle: die Kommunen, die Unternehmen, das öffentliche und gesellschaftliche Leben insgesamt. Familien sind auf günstige Rahmenbedingungen angewiesen: sie brauchen bedarfsgerechte Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitsplätze, günstige Wohnbedingungen, ein anregendes kulturelles Umfeld und vieles mehr. Familienfreundlichkeit berührt viele Handlungsfelder und kann nur in der Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Freien Trägern und der Wirtschaft entstehen. Familienfreundlichkeit bringt Kommunen letztlich Gewinn: Familien wollen dort leben, wo sie gute Rahmenbedingungen vorfinden, Lebensqualität für Familien stoppt Abwanderung und macht eine Stadt attraktiver.

Familienfreundlichkeit ist ein Standortfaktor im Wettbewerb der Kommunen.

 

Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung ist die Flexibilität der Betreuungsangebote entscheidend. Arbeitszeiten werden immer flexibler, Wochenend-, Abend- und Nachtarbeit sowie Teilzeitbeschäftigung nehmen zu. Teilzeittätigkeiten beschränken sich immer weniger auf den Vormittag. Wechselnde Zeiten sind für eine große Zahl von Arbeitsplätzen charakteristisch.

Die Herausforderung der nächsten Jahre ist, das Bildungs- und Betreuungsangebot an die vorhandenen Lebensbedingungen anzupassen. Kinderbetreuung ist aber weit mehr als eine Entlastung der Eltern: Sie unterstützt den Entwicklungs- und Lernprozess der Kinder und trägt zu ihrem Wohlbefinden bei. Qualitativ hochwertige Angebote sind eine Chance für Kinder. Eine bedarfsgerechte Angebotsvielfalt muss den unterschiedlichen Lebenslagen und Anforderungen von Familien und Kindern gerecht werden. Dies bedeutet ein abgestimmtes Nebeneinander von kommunalen Einrichtungen und Einrichtungen der freien Träger, Tagesmüttern und freiwilligem Engagement.

 

Kinderbetreuung wird bisher häufig unter Kostengesichtspunkten öffentlicher oder privater Haushalte betrachtet. Vor dem Hintergrund sozialen Wandels und der demographischen Entwicklung ist der Blick zunehmend auf die gesellschaftlichen Vorteile zurichten. So zeigen Gutachten, dass sich Investitionen in Kinderbetreuung rentieren und der Nutzen gegenüber den Kosten deutlich überwiegt.

 

Eine neue Herausforderung stellt sich den Kindertageseinrichtungen, in dem die Anforderungen an Flexibilisierung mit pädagogischen Standards in Einklang zu bringen sind. Für Eltern ist dies eine unbedingte Notwendigkeit, denn nur dann kann auf der einen Seite den Bedürfnissen der Kinder nach Zuwendung, Betreuung, Bildung und Erziehung nachgekommen und auf der anderen Seite eine Anpassung zeitlicher Anforderungen im Lebensalltag von Familien erreicht werden. Ausreichende und befriedigende Kinderbetreuungsangebote sind allen Eltern anzubieten. Nötig sind dafür verschiedenartige Formen der Tagesbetreuung für Kinder, die den kindlichen Bedürfnissen entsprechen und die außerdem zur Ergänzung und zum Ausgleich von familienbedingten Anforderungen und Defiziten (z.B. gefährdetes soziales Milieu, rückständige sprachliche Entwicklung) beitragen.

 

Seit 1996 wurden neue Angebotsformen für Betreuung, Bildung und Erziehung geschaffen und gleichzeitig vorhandene Angebote den veränderten Lebensbedingungen angepasst. Die bedarfsorientierte Angebotsstruktur  führt zu einem erheblichen Anstieg der Bildungs- und Betreuungsplätze (405 Plätze), dem ein zusätzlicher Finanzbedarf von 423.750 Euro gegenübersteht – die Kosten je Platz können sogar gesenkt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Offene Ganztagsgrundschule in Hilden mit einem hohen Qualitätsstandard geschaffen wurde, für die vergleichsweise geringe Landesmittel (615 Euro je Platz) gewährt werden. Der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter 3 Jahren erfolgt bislang ohne Landesmittel. Der Forderung und Notwendigkeit, lebensweltorientierte Angebote für Kinder unter 3 Jahren zu schaffen, müssen sich alle Institutionen des öffentlichen Lebens stellen. Dies bedingt auch eine gemeinsame Finanzierung des bedarfsgerechten und qualitätsorientierten Gesamtsystems.

Bleibt zu hoffen, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen dieser Notwendigkeit bewusst wird und die Bemühungen der Kommune, bedarfsorientierte Angebote zur Unterstützung der Familien und zur Förderung der Kinder zu schaffen, auch finanziell unterstützt.

 

 


Finanzielle Auswirkungen  

Finanzielle Auswirkungen

Ja

 

Haushaltstelle:

                                              

Bezeichnung:

 

Kosten                                   

 

Folgekosten                           

vorgesehen im

 

 

Haushaltsjahr

 

 

Mittel stehen zur Verfügung

Finanzierung:

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