Betreff
EU-Jahr 2010: Vorstellung des Projektes "lernTUMdenken" - Teilhabe und Migration.
Vorlage
WP 09-14 SV 51/033
Aktenzeichen
51sw
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Vorstellung des Projektes „.lernTUMdenken“- Teilhabe und Migration, das im Rahmen des EU-Jahres 2010 (gegen Armut und soziale Ausgrenzung) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird, zur Kenntnis.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

 

Das europäische Jahr 2010

Das europäische Jahr 2010 steht unter dem Motto „gegen Armut und soziale Ausgrenzung“.

Die nationale Durchführungsstelle des europäischen Jahres in Deutschland ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Von hier aus wurde im Spätsommer 2009 ein Förderaufruf zur Beteiligung der Akteure auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gestartet, um die Planung und Durchsetzung des Europäischen Jahres 2010 sicherzustellen.

 

Projekte, die für eine Förderung in Frage kommen, mussten sich in folgenden Gesamtzusammenhang einordnen lassen:

Ø                  Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die vielfältigen Ursachen und Auswirkungen von Armut und sozialer Ausgrenzung

Ø                  Entwicklung neuer Ansätze für eine bessere Eingliederung sozial Benachteiligter

Ø                  Die Projekte sollen eine nachhaltige Wirkung auch über das Jahr 2010 hinaus erzielen

 

Nähere Informationen zum Europäischen Jahr sind unter www.mit-neuem–Mut.de zu finden.

 

 

Das Hildener Projekt .lernTUMdenken

Insgesamt wurden zur Förderung der Projekte deutschlandweit 1,25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Von den 800 eingegangenen Anträgen wurden 40 für eine Förderung empfohlen; darunter das Hildener Projekt „.lernTUMdenken – Teilhabe und Migration“ des Amtes für Jugend, Schule und Sport. Es geht um den Aufbau eines interkulturellen Beratungs-Settings zur besseren Erreichbarkeit und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Familien mit Migrationshintergrund.

 

Beantragt und aktuell bewilligt wurde eine Zuwendung von 30.015,61 Euro, zusätzliche Eigenmittel in Höhe von 5.427,48 Euro sind durch die Kommune aufzubringen, indem sie zum einen Arbeitszeiten des eigenen Personals (in Höhe von 3427,00 €) zur Verfügung stellt. Zum anderen müssen 2.000 € zusätzlich für die Herrichtung eines Arbeitsplatz bereitgestellt werden, der auch nach Ende des Projektzeitraums genutzt werden wird.

 

Das Projekt beginnt am 01.02.2010 und muss bis zum 31.12.2010 abgeschlossen sein. Im Anschluss sollen erfolgreiche Projektergebnisse auch auf andere (benachteiligte) Zielgruppen übertragen und dauerhaft implementiert werden.

 

Hintergrund des Projektes

Die Stadt Hilden hat Mitte 2008 eine Familienbefragung (über die Bochumer Faktor Familie GmbH) in Auftrag gegeben; erste Ergebnisse liegen in Form eines Tabellenbandes aktuell vor. Es kristallisiert sich heraus, dass Familien mit Migrationshintergrund einen besonderen Unterstützungsbedarf haben: Beratungsangebote sind wenig bekannt und bleiben dementsprechend ungenutzt, Hilfe im Alltag ist überdurchschnittlich häufig nicht vorhanden. Allgemein zeigt sich, dass die Angebotsstruktur in Hilden verbessert werden muss – es braucht mehr gezielte Angebote und eine optimierte Öffentlichkeits­arbeit, die Familien besser erreicht und gut informiert.

Das im Rahmen des Europäischen Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung beantragte Projekt fügt sich passgenau an den im Familienbericht reklamierten Bedarf im Migrationsbereich an; eine spezielle Fokussierung an dieser Stelle ist wünschenswert. Erfolgreiche Projektanteile des „lernTUMdenken“-Projektes sollen im Nachgang auch auf weitere Zielgruppen ausgedehnt werden und werden darüber hinaus in die bereits vorhandenen Module, die der Bildungskoordinator bearbeitet, eingepflegt und gegebenenfalls in ein eigenständiges Modul umgewandelt. An dieser Stelle geht es auch um die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Unterstützungsbedürfnisse ungeachtet des Migrationshintergrundes.

 

 

Aufbau des Projektes

 

 

1. Projektziel und seine Einordnung in ein Themenfeld des Europäischen Jahres

 

Das Projekt hat das übergeordnete Ziel, eine interkulturelle Kommunikations- und Animationsstruktur aufzubauen und zu entfalten, mit deren Hilfe die Bildungs- und Entwicklungsqualität für Heranwachsende unabhängig von ihrer sozialen, ethnischen und kulturellen Herkunft maßgeblich verbessert werden kann. Um dieses Ziel erreichen zu können, wird zunächst ein besonderes Augenmerk auf Familien mit Migrationshintergrund gerichtet, denn:

-       Sie werden von den gängigen Hilfe- und Unterstützungssystemen nicht ausreichend angesprochen und oft nicht erreicht

-       Es existiert eine große Unwissenheit über migrationsspezifische Bedarfe und keine effektive Ansprache seitens der professionellen Vertreter der Institutionen

-       Kinder aus Migrationsfamilien durchlaufen überdurchschnittlich häufig schlechte Bildungskarrieren

Um den kausalen Zusammenhang zwischen Herkunft und Entwicklungsweg nachhaltig aufzulösen, sind 3 Säulen notwendig zu bearbeiten:

 

 

1) Information

Entwicklung eines transparenten, leicht zugänglichen Informationssystems

Die Stadt Hilden hat sich zum Ziel gesetzt, bereits mit Beginn der Schwangerschaft ein gut aufbereitetes, fundiertes Wissen an den wegweisenden Stationen der Kindesentwicklung zu den Familien zu transportieren. Hierzu soll ein Elternhandbuch in Ringbuchformat mit Ergänzungslieferungen in regelmäßigen Abständen, welches allen Familien zu Gute kommt erstellt werden.  

 

Teilziel 1:

Für (werdende) Eltern mit Migrationshintergrund sollen diese Informationen sprachlich und kulturell aufbereitet werden, außerdem sollen spezifische Möglichkeiten besserer Vermittlung herausgearbeitet werden.

 

 

2) Beratung

Entwicklung eines dialogisch ausgerichteten Beratungs-Settings

In Hilden gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Beratungsinstanzen und Unterstützungssysteme – viele von ihnen sind darauf ausgelegt, das man den Weg zu ihnen findet. Familien mit Migrationshintergrund finden diesen Weg oft nicht; sei es aus Unsicherheit oder Unwissenheit oder, weil es ihnen widerstrebt, Hilfe anzunehmen. Es braucht an dieser Stelle dringend eine Vermittlungsinstanz, die sich auf sprachliche und kulturelle Besonderheiten versteht. Es geht darum, Bedarfe zu ermitteln, Hürden auf beiden Seiten abzubauen und Beratungsansätze zu öffnen, damit sie für Familien mit Migrationshintergrund zugänglicher werden.

 

Teilziel 2:

Weiterentwicklung der Hildener Beratungsangebote zu einem kultursensiblen Beratungssystem.

 

 

3) Elternentlastende Unterstützungsangebote 

Entwicklung einer bedarfsorientierten, niedrigschwelligen Angebotspalette

Insgesamt ist die Hildener Angebotslandschaft für Familien bunt und vielfältig – spezielle Angebote, die den Migrationshintergrund berücksichtigen, sind allerdings nicht systematisch ausgebaut. Notwendig ist eine Angebotsreihe, die auf evaluierte Bedarfe reagiert (siehe Beratungs-Setting). Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen dann mit sämtlichen Hildener Bildungsträgern kommuniziert werden und sich für das Jahr 2011 in einem regulären Veranstaltungskalender wieder finden.

 

 

 

Teilziel 3:

Aufbau einer Veranstaltungsreihe für Eltern mit Migrationshintergrund mit mindestens 3 im Rahmen des Projektes durchgeführten Angeboten im Jahr 2010. Organisation von mindestens 10 aus der übermittelten Nachfrage resultierenden Veranstaltungen durch örtliche Bildungsträger für das Jahr 2011.

 

 

Mit diesem 3-Säulen-Programm sollen Kinder mit Migrationshintergrund vor Armutsrisiken geschützt und ihre soziale Integration gesichert werden. Es lässt sich damit eindeutig dem Themenfeld „Jedes Kind ist wichtig – Entwicklungschancen verbessern“ zuordnen.

Die drei skizzierten Säulen bedingen sich in ihrer Ausgestaltung gegenseitig, verlaufen quer zueinander und lassen sich in Konsequenz nicht getrennt voneinander betrachten. Innerhalb der Säulenstruktur gibt es folgende konkrete Projektinhalte:

 

 

 

2. Konkrete Ausgestaltung des Projektes

 

Eine zentrale Stellung nimmt ein interkultureller Berater mit Migrationshintergrund ein, der den Brückenschlag zwischen den Welten zu vollführen in der Lage ist. Er kennt die informellen Strukturen „seiner“ Landsleute, ist jedoch gleichzeitig mit dem deutschen Bildungs-, Hilfe- und Unterstützungssystem vertraut. Er wird von allen Seiten sowohl menschlich respektiert, als auch in seiner Funktion anerkannt und geschätzt. Da ein solcher Mensch nur authentisch für den deutschen und je für seinen eigenen Kulturkreis sein kann, beginnt die konkrete Ausgestaltung des Projektes mit der größten ethnischen Gruppe, die in Hilden zu Hause ist: der islamischen Gruppe. In den Fokus genommen werden dabei sowohl der türkische, als auch der marokkanische Kulturkreis. Hierzu werden Fachkräfte beschäftigt die über einen diesbezüglichen Migrationshintergrund und vielfältige Erfahrungen in der Integrationsarbeit haben. .

 

Die interkulturellen Berater werden das Projekt zum Auftakt in den drei jährlich in Hilden stattfindenden Stadtteilkonferenzen vorstellen, Impulse aufnehmen und Beteiligungsmöglichkeiten aufzeigen. Interessierte aus Einrichtungen und Institutionen können über die Stadtteilkonferenzen hinaus regelmäßig per Newsletter informiert werden und/oder im Internet unter

www.bildung-hilden.de in einem dort eingerichteten Forum mitdenken und diskutieren.

 

Erstellung, Aufbereitung und Vermittlung von Informationsmaterialien

Die interkulturellen Berater sind an der Planung und Gestaltung einer Multimedia-CD, die das Hildener Beratungs- und Unterstützungssystem mit vielerlei Hilfsmitteln leicht verständlich abbilden soll, maßgeblich beteiligt. Die CD soll Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen erreichen und mehrsprachig sein.

 

In Zusammenarbeit mit den Sozialen Diensten der Stadt Hilden soll ein Faltblatt für Gynäkologenpraxen, das an schwangere Frauen verteilt werden soll, entworfen werden. Mit dem Faltblatt sollen das Elternhandbuch und wichtige Beratungsstellen beworben werden.

 

Darüber hinaus existieren in Hilden bereits einige Andockpunkte, durch die Familien mit und ohne Migrationshintergrund auf ihrem Elternweg begleitet werden (Babybegrüßung, Anschreiben zum Besuch einer Kindertagesstätte, in der Schuleingangsphase, etc.). Diese kultursensibel aufzuarbeiten und weitere geeignete Anknüpfungspunkte zu finden, ist Aufgabe des Projektes.

 

 

 

 

 

 

Interkulturelle Schulungen

Fachkräfte brauchen Informationen, um Verständnis für kulturelle Spezifika im alltäglichen Umgang mit Migration zu erlangen. Im Besonderen braucht es Fingerspitzengefühl im Umgang mit Migranten und Migrantinnen in beratungsrelevanten Lebenssituationen. Hierzu sollen interkulturelle Schulungen für interessierte Fachkräfte organisiert werden.

Im Aufbau eines BeratungsSettings spielen die interkulturellen Schulungen eine große Rolle, wenn es um die konkreten Beratungssituationen, aber auch wenn es um Argumente für die Vermittlung in die entsprechenden Institutionen geht.

 

 

Aufbau eines kultursensiblen  Beratungs-Settings

Wie schafft man einen Zugang zu professioneller Beratung? Und wie begleitet und unterstützt man Entwicklungswege und Bildungsbiographien im Alltag? Für den niedrigschwelligen Ansatz macht der interkulturelle Berater mobil: Er besucht die Orte, an denen sich Menschen mit Migrationshintergrund aufhalten, hält Kontakt, hört zu und ermittelt Bedarfe. Nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“ ermittelt er, was die Menschen im Sozialraum sich an Hilfestellung wünschen; er baut einen Freiwilligenpool auf (Hilfe bei Veranstaltungen, Übersetzungen, Lernpaten, etc.), auf den er im konkreten Fall zurückgreifen wird.

 

An festen Tagen an einem festen Ort ist er erreichbar (Schule, Moschee, Jugendzentrum), um Erstberatungen durchzuführen. Und hier entsteht der Zugang zur professionellen Beratung: Der interkulturelle Berater knüpft Kontakte zwischen Beratungsstellen und Ratsuchenden. Die Überleitung wird im Nachgang evaluiert und ggf. modifiziert.

 

 

Planung und Durchführung von Veranstaltungen

Durch seine transparente, lebensweltorientierte Herangehensweise wirkt der interkulturelle Berater wie ein Radar im Sozialraum. Er entwickelt eine gute Kenntnis darüber, für welche Bildungs- und Erziehungsrelevanten Themen eine große Nachfrage besteht. Im 2. Teil des Projektes wird es im 6-Wochen-Turnus insgesamt 3 Veranstaltungen in Form von Elternseminaren geben, die als Antwort auf diese Nachfrage zu verstehen sind.

 

Im Jahr 2011 soll diese Reihe ihre Fortsetzung finden, indem auf ein bestehendes Instrumentarium zurückgegriffen wird: Eine Vielzahl von Kursangeboten für Familien in Hilden werden bereits in einer Broschüre zusammengetragen: „Hilda“ erscheint jährlich und besteht aus einem großen Redaktionskreis verschiedener Institutionen und Einrichtungen, die ihre Angebote für Eltern und Kinder entlang des Erziehungs-, Entwicklungs- und Bildungsweges gebündelt haben.

 

Für die Erstellung des Kursangebotes 2011 wird der interkulturelle Berater miteinbezogen; seine Vorstellungen und Ideen sollen in konkreten Kursangeboten ihren Ausdruck finden.

 

 

Fazit:

Das Projekt „.lernTUMdenken“ - Teilhabe und Migration hat Vorbildcharakter und wurde auch vor diesem Hintergrund aus über 800 Projektanträgen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgewählt. Hilden nutzt diese Chance der Förderung, um einen neuen Baustein im Unterstützungssegment zu erarbeiten und so die Teilhabechancen von Kindern, Jugendlichen und Familien zu verbessern. Analog zur Vorgehensweise im Bildungsnetzwerk sollen mit Hilfe der EU-Fördergelder neue Strukturen geschaffen, implementiert und erprobt werden und bei Erfolg in der Fläche installiert werden. Auch mit diesem Projekt nähert sich das Amt für Jugend, Schule und Sport seinem im Rahmen des Bildungsnetzwerk explizit formulierten Anspruchs an: „Kein Kind, kein Jugendlicher, keine Familie darf verloren gehen – Chancengerechtigkeit für Alle“.

 

Der Jugendhilfeausschuss wird über den weiteren Projektverlauf unterrichtet werden.  

 

 

gez. Horst Thiele


Finanzielle Auswirkungen  

Produktnummer

060201

Bezeichnung

Förderung von Kindern und Jugendlichen

Investitions-Nr.:

 

 

Mittel stehen zur Verfügung:

nein

 

 

Haushaltsjahr:

2010

 

 

 

Der Mehrbedarf besteht für folgendes Produkt:

Kostenstelle

Kostenträger

Konto

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Deckung ist durch folgendes Produkt gewährleistet:

Kostenstelle

Kostenträger

Konto

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finanzierung:

siehe Änderungsliste zum Haushaltsplan 2010

 

 

Vermerk Kämmerer:

 

gesehen

in Vertretung Danscheidt

 

 

 


Personelle Auswirkungen

 

Im Stellenplan enthalten:

Nein

 

 

Planstelle(n):

8-monatige Aufstockung einer EG 9 (S11) Stelle um 9 Stunden/pro Monat. Die Finanzierung erfolgt durch die eingeworbenen Fördergelder.

 

 

Vermerk Personaldezernent